Nullzinsen als Normalität?

Adair Turner, der schon früh die Monetarisierung der faulen Schulden durch die Notenbanken in die Diskussion gebracht hat, diskutiert in einem Beitrag die Modern Monetary Theory und erinnert gleich zu Beginn: “The valid insight behind “modern monetary theory” – that governments and central banks together can always create nominal demand – was explained by Milton Friedman in 1948. But it is vital also to understand that excessive monetary finance is hugely harmful, and it is dangerous to view it as a costless way to solve long-term challenges.” Klar, es gibt halt keinen Free Lunch.

Doch nun zur Argumentation:

  • “…developed-economy interest rates are stuck far below pre-crisis levels and likely to remain so. Germany’s ten-year bond yield of -0.02% (as of March 23) signals market expectations that the European Central Bank will maintain zero policy rates not just until 2020 (the official ECB forward guidance) but to 2030. Japanese bond yields imply zero or negative interest rates for even longer. And while ten-year yields in the United States and the United Kingdom are just above 1% and 2.4%, respectively, both of these suggest minimal or no increases in policy rates for another decade.” – bto: natürlich, denn alle wissen, dass wir nur mit kostenlosem Geld die Illusion werthaltiger Forderungen aufrecht erhalten können.
  • “In this new normal, still more unorthodox policies – including forms of monetary finance – may in some countries be needed to maintain reasonable growth.” – bto: so ist es, was die Frage aufwirft, wie das im Euroraum funktionieren kann, bedeutet es doch eine massive Umverteilung zwischen Ländern.
  • “…large-scale fiscal stimulus was the only way to achieve even anemic growth. Britain’s public-finance deficit grew to 10.1% of GDP in 2009, the US deficit ballooned to 12.17%, and even the eurozone’s increased to 6.3%. But the inevitable rise in public debt led many governments to conclude that these large deficits must soon be curtailed. Fiscal austerity, combined with continued private deleveraging, led to inflation rates stuck below target, disappointing growth in real wages, and a populist political backlash.” – bto: dennoch sind die Schulden weiter schneller gewachsen als die Wirtschaft!
  • “Some, , broke the ultimate policy taboo and suggested that we might need to consider monetary finance of increased fiscal deficits. Former Federal Reserve Chairman Ben Bernanke argued that as long as the quantity of such finance was determined by independent central banks, useful stimulus could be achieved without excessive inflation.” – bto: vor allem weil wir es mit einem erheblichen deflationären Druck wegen der Schulden zu tun haben.
  • By 2018, forecasts of global growth and inflation had risen significantly, and central banks and markets were again focused on the long anticipated “exit” from unorthodox policies. It is vital to understand what drove this sudden improvementThe answer is simple: massive fiscal expansion, which in two major economies was partly or wholly financed by central bank money. The US fiscal deficit rose from 3.9% of GDP in 2015 to 4.7% in 2018 and a projected 5.0% in 2019: China’s grew from below 1% in 2014 to over 4%, and Japan’s remained around 4%, abandoning previous plans for a reduction to zero by 2020. And while the US fiscal expansion was financed by bond sales to the private sector, in China the central bank indirectly financed large bond purchases by commercial banks, while in Japan, the entire net increase in public debt is financed by central bank purchases of government bonds. The global economy recovered because the world’s three largest economies rejected the idea that high public debt burdens made further fiscal expansion impossible.” – bto: das Problem ist natürlich schon, dass es sich nur um einen temporären Schub handelt.
  • But the impact of that stimulus has faded. (…) So we are back to facing the same question as in 2016: What to do if stagnation threatens when interest rates are already close to zero? Among the proposed answers are variants of monetary finance. Proponents of “modern monetary theory” argue that money-financed fiscal expenditure should be the normal mechanism for managing nominal demand: and the “Green New Deal” presents monetary finance as one option for financing socially and environmentally desirable investment.” – bto: so ist es und so wird es kommen.
  • Faced with slow growth, political discontent, and large inherited debt burdens, monetary finance cannot be a taboo option. In Japan, permanent monetary finance is already occurring, even though the central bank denies it. The challenge is to ensure that it is used only within disciplines such as Bernanke proposed, rather than assuming that pre-crisis normality will return any time soon.” – bto: und die Frage bleibt: wie kann die EZB da mitmachen?
Kommentare (21) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. MFK
    MFK sagte:

    Was hier verschwiegen wird, ist, dass Turner auch sehr deutlich die Risiken seiner Lösungsvorschläge aufzeigt. “Helikopter Money is technically possible.” Man darf dieses Intrument allerdings nur maßvoll anwenden, so Turner. “Once you tell politicians that this is possible they want to do this all the time.” Und genau hier wird dieses Instrument scheitern. Man muss sich nur Habeck als Bundeskanzler und Claudia Roth als Finanzministerin vorstellen. Selbst wenn man weniger polemisch denkt, gibt es genug Personen, die Turners Bedenken umsetzen. Turners Vorschlag, hier die Zentralbank als Bremse zu installieren, ist von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Zentralbanken sind nicht neutral, weil die handelnden Personen von Parteipolitikern eingesetzt werden.

    Das folgende Interview mit Turner ist kurz und prägnant:
    https://www.youtube.com/watch?v=quI7JcYCmmM

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      Eigentlich ist es doch ganz simpel:

      Unsere demokratischen Gesellschaften sind alle auf den Grundprinzipien von Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit aufgebaut, und wir haben Verfassungen, die staatlicher Macht eng gesetzte und genau definierte Grenzen setzen.

      Wer hält es für eine gute Idee, dem Staat ein Werkzeug in die Hand zu geben, das ihm durch unbegrenzte Geldschöpfung das Ausüben von unendlich großer Macht ermöglicht? Ist das Verzweiflung? Oder blanker Wahnsinn?

      Antworten
      • Kermit der Laubfrosch
        Kermit der Laubfrosch sagte:

        @Ott: Weder Verzweiflung noch Wahnsinn, sondern DEMOKRATIE.
        Aber das verstehen Sie wahrscheinlich nicht, obwohl es doch so simpel ist …

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Kermit

        Oh, wie schön, hier kommt was Grünes von links außen angehüpft!

        Halten Sie es wirklich für “Demokratie”, wenn sich das Volk Politiker wählt, die unbegrenzt Geld schöpfen, damit irgendwelche sinnlosen Projekte wie in Berlin oder auch einfach nur Freibier für alle (vegan, mit CO2-freiem Schaum) finanzieren und am Ende das Vertrauen in die Währung so weit erschüttern dass die staatliche Ordnung zusammenbricht?

        Zumindest im deutschen Grundgesetz ist festgelegt, dass bestimmte Strukturprinzipien unseres Staates (Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die föderale Struktur mit Bundesländern und auch das Sozialstaatsprinzip) nie abgeschafft werden können – selbst dann nicht, wenn die entsprechenden Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat für entsprechende Grundgesetzänderungen stimmen. Das war die Lehre aus dem Ende der Weimarer Republik und den Umbau des Staates in die Nazi-Diktatur, aber dieser Sicherungsmechanismus funktioniert gegen durchgeknallte Linksextremisten natürlich genau so gut. Eine Mehrheit bei Bundestagswahlen und Landtagswahlen reicht nicht, um die Demokratie abzuschaffen, selbst bei 90% für die Marxistisch-Leninistische Partei nicht.

        Sie bekommen eine Menge Probleme mit den Strukturprinzipien unseres Grundgesetzes, wenn Sie ernsthaft MMT zur Finanzierung nutzen. Was ist zum Beispiel das Budgetrecht des Parlaments noch in der Praxis wert, wenn die Exekutive so viel Geld schöpfen kann wie sie will? Ist dann immer noch Gewaltenteilung gewährleistet?

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ MFK

      Ich kann es nur immer wieder sagen:

      Turner ist brillant als Ökonom, u. a. weil er in unerbittlicher Makellosigkeit das fundamentale Problem darlegt:

      Können wir – einerseits – angesichts der desaströsen Situation (anhaltende Jugendarbeitslosigkeit in hohen zweistelligen Zahlen, sich vertiefender Spaltung der Gesellschaften etc., etc.) die Monetarisierung VERWEIGERN, wenn es die einzige vernünftige Möglichkeit ist, aus der Überschuldungskrise einigermaßen unbeschadet herauszukommen

      und

      dürfen wir sie – andererseits – ERGREIFEN, wenn die erhebliche politische Gefahr besteht, dass Missbrauch bis zum Ruin der Gesellschaft damit betrieben wird?

      Es gibt keinen rationalen Ausweg aus dieser Alternative, der die Chance verträglich mit dem Risiko verbindet.

      Vermutlich wird es einen praktischen geben und der heißt:

      Das Instrument einsetzen.

      Es ist technisch problemlos machbar, auch darauf verweist Turner.

      Damit sind wir beim politischen Problem.

      Ich sehe das genauso wie Sie.

      Einem J. Weidmann z. B. , der als Bundesbankpräsident eigenständig die Dosierung festlegen dürfte, würde ich verantwortlichen Umgang mit dem Finanzierungsinstrument zutrauen.

      Er würde aber nicht Bundesbankpräsident werden.

      Leute wie Habeck und andere würden genauso skrupellos die entscheidenden Posten besetzen wie Trump es tut.

      Ich will hier nicht wiederholen, was ich am anderen Thread geschrieben habe, sage aber noch einmal:

      Es würde genügend Agitatoren in der Medienlandschaft geben, die den Boden dafür bereiten, dass Massenbewegungen die Politik gewaltig unter Druck setzen können, um im gewünschten Sinne bedient zu werden.

      Nichts leichter als das – Geld drucken kostet NICHTS.

      Antworten
  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    An den Ausführungen A. Turners ist interessant, was er gerade einmal streift, aber nicht zu Ende denkt.

    Es geht ihm nur um die Fiskalpolitik und ihre Finanzierung.

    Wie agiert die Fiskalpolitik in der alten Normalität mit deutlich höheren Langzeitzinsen und Wachstumsraten verglichen mit der neuen Normalität bei z. T. nominal und real negativen Langzeitzinsen und geringeren Wachstumsraten?

    Im Prinzip gibt es keinen Unterschied insoweit eine BEGRENZUNG der Schuldenaufnahme und damit auch eine Begrenzung der Finanzierungsmöglichkeiten vorliegen.

    Was heißt es, wenn die Begrenzung durch die Monetarisierung der Fiskalpolitik wegfällt?

    Laut Turner:

    >Proponents of “modern monetary theory” argue that money-financed fiscal expenditure should be the normal mechanism for managing nominal demand>

    Wenn SO – als NORMALER Mechanismus realisiert –, dann sind wir zumindest bezüglich der Finanzpolitik mit Schaffung nominaler Nachfrage wieder bei der alten Normalität.

    Und das funktional NACHHALTIG.

    Das wird POSITIVE Auswirkungen auch auf die Privatwirtschaft haben, zu erkennen an den höheren Wachstumsraten der Gesamtwirtschaft.

    Alles bestens?

    Nicht ganz, denn:

    > the “Green New Deal” presents monetary finance as one option for financing socially and environmentally desirable investment.“>

    Dazu hätte man gern etwas mehr von Turner gehört.

    Ohne hier eine weitere Diskussionsrunde zu Klimawandel und Energiewende anzetteln zu wollen, darf man einmal fragen:

    Kann Turner ausschließen, dass „desirable investment“ auch DESTRUKTIVES Investment sein kann, etwa durch den ERZWUNGENEN Technologiewandel oder BEDIENTE Sozialstrukturen, was längerfristig NICHT zu mehr Wachstum führt?

    Er kann es nicht ausschließen.

    Aber einer wie er, um eine gute Antwort nicht verlegen, würde sagen:

    Man kann es NIE ausschließen, egal, wie die Fiskalpolitik finanziert wird.

    Das ist richtig, aber keine gute Antwort, wenn die Fiskalpolitik potenziell UNBEGRENZT mit dem NORMALEN Mechanismus der Monetarisierung auch nachhaltig DESTRUKTIVE Investitionen tätigen kann.

    Das ist eine OPTION, über die debattiert werden müsste, wenn man über die Umstellung der Staatsfinanzierung redet.

    Der Klimaaktivist Turner sollte dieser Diskussion nicht ausweichen.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      Ein richtiger Staatsgläubiger, wie offenbar auch Turner einer ist, obwohl ich ihn lange Zeit als vernünftiger eingeschätzt habe, würde entgegnen, dass man fehlgeschlagene Investitionsprojekte des Staates immer irgendwie reparieren kann – und zur Finanzierung dessen druckt man einfach noch mehr frisches Geld. Problem gelöst. ;)

      Antworten
  3. Bakwahn
    Bakwahn sagte:

    Was ist denn jetzt in diesem Zusammenhang – mit Verlaub gefragt – mit Italien?

    Italien wurde von Stelter vor ein paar Monaten als Pleite- und Austrittskandidat gehandelt. Stelter war sich sicher, daß für Italien das Jahr 2019 zum Schicksalsjahr wird. Italien habe für das Jahr 2019 einen Refinanzierungsbedarf von 400 Milliarden Taler. Das könne Italien unmöglich stemmen. Anscheinend doch! Nirgends ist zu lesen, daß Italien irgendwie Schwierigkeiten hätte, an Geld zu kommen. Italien refinanziert diese Summe so locker, als käme diese Summe aus irgendeiner vergessenen Portokasse. Dank EZB hahahaha

    Nun sagte vor ein paar Tagen Salvini ganz kess frisch, fromm, fröhlich, frei etwa sinngemäß:
    Wir wären doch Vollpfosten, wenn wir die Eurozone verlassen würden. Es ist im Euroverbund dank EZB noch nie so einfach, an so viel kostenloses Geld zu kommen. Wir bekommen ungezählte Milliarden geschenkt. Das ist wunderbar. Ein dreifach Hoch dem, der diese EZB schuf.

    Das Durchwursteln mit Nullzins-und Negativzinspolitik, Staats-, Banken- und Zombiefirmenfinanzierung wird munter weitergehen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben die auch noch in 12, in 15 Jahren hahahahaha

    Live aus der Düsseldorfer Universitätsbibliothek
    Felix Haller – seit 2013 alternativ

    Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      @Bakwahn:

      Erstens ist das Jahr 2019 noch lange nicht vorbei und zweitens würde ich die Europawahlen erst einmal noch abwarten wollen. Wenn genügend EU-skeptische Abgeordnete ins Parlament einziehen, wird sich die Struktur der “ever-closer-union” verändern. Ich denke zwar, dass es mit Italiens Straucheln auch noch 2020 oder 2021 werden kann, aber gelöst bzw. kleiner werden die Probleme m.E. nicht.

      Antworten
    • Dieter Krause
      Dieter Krause sagte:

      Die Amerikaner, als echte Demokratie, in der alle politischen Fragen – auch und gerade Geldfragen – öffentlich stets neu verhandelt werden, waren schon immer viel stärker der Meinung, dass Geld – gut demokratisch – allen Bürgern gleich stark nutzen sollte (in Deutschland gibt es hier ein immer noch viel zu starkes Obrigkeitsdenken: Regierung sagt – Bürger murrt höchstens ein bisschen und macht dann). – Man schaue sich dort nur mal die beinharte Debatte um Gold- oder Silberdollarprägung gegen Ende des 19. Jahrhunderts an (siehe unten)! Bezogen auf Deutschland: Sparpolitik von Merkel = Menschheitsverbrechen und Komplott von Banken und Rentiers? Wäre doch mal eine richtig gute Debatte in Deutschland oder? Man sollte es ihr wirklich mal auf den Tisch im Bundeskanzleramt nageln!

      Gesetze und Entwicklung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in den USA

      Coinage Act of 1873 – The Crime of 1873???
      Inhalt des Gesetzes: Silberdollar wird von Liste der in den USA zu prägenden Münzen gestrichen [Demonetization of Silver]; ab sofort gibt es nur noch silberne Scheidemünzen [subsidary coins]

      Wo ist da das „Verbrechen“??? → Sichtweise 1873: es gibt keins!
      Coinage Act war lediglich Verwaltungsakt zur Harmonisierung und Vereinfachung der bestehenden Münzgesetze
      Anerkennung bestehender Tatsachen: seit über 30 Jahren waren keine Silberdollar mehr in Umlauf (USA auf de facto Goldstandard); Prägung war nicht lohnenswert, daher wurden keine geprägt
      Gesetzesvorlage wurde lange und ohne nennenswerte Gegenstimmen in Senat und Kongress debattiert; keinerlei öffentliches Interesse

      → 1876 Agitation der Inflationisten: Coinage Act wird im Nachhinein zum Verbrechen an der Menschheit und Komplott reicher Bankiers erklärt – Weshalb???
      Silberpreis war inzwischen stark gefallen – WARUM???
      Entdeckung von Silber in Nevada
      Übergang vieler europäischer Staaten (u.a. Deutschland 1871) zum Goldstandard – warfen ihre Silbervorräte auf den Markt und schwächere Nachfrage
      über freie Prägung von Silberdollar wäre Ausweitung der Geldmenge und Ende der Deflation möglich – aber: aufgrund von Coinage Act von 1873 freie Prägung von Silber nicht mehr möglich!

      Bland Allison Act von 1878 verpflichtet Regierung zum Kauf von Silber in bestimmtem Wert (mindesten 200 000 Dollar, höchstens 400 000 Dollar monatlich) und erlaubt Prägung des Silberdollar wieder
      wird über Veto des Präsidenten (Hayes) hinweg verabschiedet; überwältigende Mehrheit dafür
      Wirkung: keine – Deflation geht weiter, Gresham’s Law greift nicht – WARUM???
      Silbermenge ist zu klein, um eine Wirkung zu zeigen
      Zeit schnellen Wirtschaftswachstums, höhere Geldmenge wird einfach absorbiert
      Regierung nutzt Haushaltsüberschüsse, um Anleihen aus dem Bürgerkrieg auszuzahlen und aus dem Umlauf zu nehmen (verringert damit gleichzeitig die Geldmenge)
      weder Inflationisten noch Kontraktionisten sind zufrieden
      Inflationisten: pro = sehen Gesetz als Schritt in die richtige Richtung, aber zu wenig (wollen keine Mengenbegrenzung)
      Kontraktionisten: kontra = wollen Abschaffung des Gesetzes; befürchten bei weiter sinkendem Silberpreis doch Inflation

      Sherman Silver Purchase Act von 1890 verpflichtet Regierung zum Kauf von mehr Silber (4,5 Mio. Unzen monatlich; praktisch die gesamt Ausbeute der Silberminen auf dem Gebiet der USA) und Ausgabe von Münzen für die gesamte Menge
      politischer Handel – konservative Republikaner stimmten zu, weil sie im Tausch dafür den McKinley Zoll durchsetzen konnten
      eingebautes „Sicherheitsventil“ – Silberkäufe sind jetzt an Menge, nicht mehr an Preis gebunden (sonst würde ein fallender Silberpreis automatisch höhere Silberkäufe = höhere Geldmenge bedeuten!)
      Wirkung: Goldreserven der Regierung schwinden; de facto Goldstandard ist bedroht
      Cleveland (überzeugter Anhänger des Goldstandard) verlangt Abschaffung des Gesetzes – 1893 wird Sherman Silver Purchase Act aufgehoben

      Currency Act von 1900 – USA wechseln offiziell zum Goldstandard; Gold allein wird gesetzliches Zahlungsmittel
      trotz Goldstandard kommt es zu Umkehr des Preistrends und Ende der Deflation (von 1896 bis 1914 steigt Preislevel um 50%)
      WARUM?
      starke Erhöhung der Goldmenge durch neue Goldfunde (Südafrika, Yukon, Alaska)
      Entwicklung des Zyanidverfahrens (erlaubt effizientere Ausbeutung des Erzes; auch Erze mit geringerem Goldgehalt jetzt profitabel)
      https://de.wikibooks.org/wiki/Wirtschaft_USA/_US-Wirtschaftsgeschichte_1860_-_1914/_Bimetallismus_versus_Goldstandard_im_letzten_Drittel_des_19._Jh.

      Antworten
  4. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    „bto: das Problem ist natürlich schon, dass es sich nur um einen temporären Schub handelt.“

    Von daher benötigen wir ja einen permanenten Schub in Form einer regelmäßigen dosierten Injektion, wenn die Ökonomie in reifen Volkswirtschaften selber kein eigenes Insulin mehr produziert.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
      • markus
        markus sagte:

        Aber Investitionen in Immobilien und Immobilienpreissteigerungen geschehen doch aufgrund der ungleichen Vermögensverteilung.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ MFK

        Wenn Sie noch einmal genau lesen, dann werden Sie feststellen, dass Immobilien bei mir in Punkt 2 enthalten sind (Immobilien = unproduktive Bestandsassets). Und wenn Sie Turner ebenfalls gelesen haben sollten, dann schauen Sie doch einfach noch mal bei Seite 175 ff. vorbei. Die zentralen Punkte beim Kapitel FIXING FUNDAMENTALS lauten:

        Real Estate and Instability
        Rising Inequality
        Global Imbalances (insbesondere mit dem Verweis auf die deutschen LB-Überschüsse)

        LG Michael Stöcker

    • Peter Haberler
      Peter Haberler sagte:

      Das Geldpolitische Manifest gefällt mir, eine einfache und gerechte Lösung, die sich rasch umsetzen läßt. (Anm: 300€ pro Kopf würde fast schon dem jetzigen Lohnsteuereinnahmen sämtlicher Euroländer entsprechen)
      Langfristig hat für mich die Lohnsteuer und die Steuer auf Unternehmensgewinne keine Zukunft und man sollte schon deren Abschaffung planen zum Beispiel durch eine automatisierte Steuer der Eurogeldflüsse (würde Finanztransaktionen mitabdecken). Auf jeden Fall muss die Wertschöpfung aus dem EU Markt besteuert werden und nicht der Unternehmenssitz, das macht in einer globalisierten Welt wenig Sinn, ebenso wie die Einkommensteuer, da die Reichen sich einfach anderswo melden -> dto. Vermögens und Erbschaftssteuer. Mit Abschaffung der Steuern auf Unternehmensgewinne müsste HGB überarbeitet werden, damit Bewertungen und Gewinne der Unternehmen steigen und eine ordentliche Marktkapitalisierung alla USA/China durchgeführt werden. Auch Pensionsfonds etc. müssten einen Teil in Aktien anlegen, etc,etc. Rechtlich sind einige Aufgaben zu erledigen, aber dann pfeift das Werkl schon … (siehe USA und China ;-)

      Antworten
    • Dieter Krause
      Dieter Krause sagte:

      Ich schiebe Ihren Vorschlag, Herr Stöcker – samt dem Artikel von Adair Turner von PROJECT SYNDICATE (“Die Weltwirtschaft erholte sich, weil sich die drei weltgrößten Volkswirtschaften von der Vorstellung verabschiedet hatten, dass hohe öffentliche Schuldenlasten eine weitere fiskalische Expansion unmöglich machten.” – Wie sieht das gleich noch mal die “sparsame schwäbische Hausfrau” Merkel, diese Eurozonen-Sparterroristin?) sowie zwei ähnlichen Studien an die EU-Kommission weiter! EU-Kommissinschef Juncker muss auf seine paar letzten Tage in Brüssel auf niemanden mehr Rücksicht nehmen – für die EU-Staaten-Haushalts-planungen der nächsten Jahre (und die der EU-Kommission von 2021 bis 2027) könnte das aber wirklich interessant sein! Vor allem auch dann, wenn die Amerikaner es konsequent ab 2021 für ihren GREEN NEW DEAL und einem ebenso möglichen INFRASTRUCTURE DEAL (unter einem neuen demokratischen Präsidenten) vormachen werden. Die Amerikaner hatten jedenfalls noch nie diese deutsche Schuldenphobie – ich glaube, die nennen die dort schon THE GERMAN DISEASE!

      Antworten

Ihr Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreibe einen Kommentar zu Michael Stöcker Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.