Normale Zinsen gehen gar nicht

Wir wissen, dass es nur mit Tiefstzinsen möglich ist, unser Schuldengebäude vor dem Einsturz zu bewahren. Thorsten Polleit hat das nochmals vorgerechnet:

  • “Die Staatsschuldenquote (also Schulden dividiert durch das Bruttoinlandsprodukt [BIP]), sq., erklärt sich wie folgt: bto: Das ist jetzt keine neue Erkenntnis, aber eine gute Erinnerung.

Quelle: Polleit, focus.de

  • wobei pd = Primärdefizitquote (also Staatsausgaben minus Staatseinnahmen ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen, und dieser Betrag geteilt durch das BIP), i = Zins, g = Wirtschaftswachstum und t steht für das betreffende Jahr.”
  • Wenn der Zins höher ist als das Wachstum, dann steigt die Schuldenquote im Zeitablauf an. Genau dieser Effekt wurde von den Geldpolitiken in den letzten Jahren bekämpft: Sie haben den Nominalzins unter die Wachstumsrate der Volkswirtschaften gedrückt und dadurch wurde der Anstieg der Schuldenquote gebremst.” bto: Das nennt man finanzielle Repression und wurde bereits nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA und anderen Ländern so durchgesetzt.
  • Würde der Zins steigen, so würde der Druck auf die Haushalte zu sparen zunehmen. (…) Die Tabelle zeigt für verschiedene Verschuldungsstände und Zinssätze die jeweils resultierende Zinsbelastung. Beträgt die Verschuldung zum Beispiel 100 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), und liegt der Zins bei vier Prozent, so beläuft sich die Zinslast auf vier Prozent des BIP.” bto: Das gilt übrigens nicht nur für die Staatsschulden, sondern für die Gesamtverschuldung eines Landes. So eine Rechnung habe ich 2010 erstmals für das manager magazin gemacht. Seither sind die Zinsen natürlich deutlich gedrückt worden. Allerdings ist das Wachstum auch sehr tief.

 

Quelle: Polleit, focus.de

  • Zusätzlich zum Schuldenproblem gibt es noch einen weiteren Grund, warum das Anheben der Zinsen ein politisch unliebsames Unterfangen ist: Die volkswirtschaftliche Produktions- und Beschäftigungsstruktur hat sich längst an die niedrigen Zinsen gewöhnt, und sie gerät unter Druck, sobald die Zinsen.” bto: Das liegt daran, dass auch der Privatsektor fast überall zu hoch verschuldet ist, Überkapazitäten bestehen und sich die Investitionen nicht rechnen, wenn die Zinsen höher sind.
  • Ein Zinsanstieg ist nicht ohne eine unerwünschte Konjunktureintrübung oder gar handfeste Wirtschaftskrise zu haben. Das scheint zusätzlich zur Verschuldungsproblematik der zweite wesentliche Grund zu sein, warum die Fed (und übrigens auch alle anderen Zentralbanken) sich derart schwertun, den Zinsen aus den Tiefen wieder in die Höhe zu befördern.” bto: Wobei es fast danach aussieht, als würden die Märkte höhere Zinsen erzwingen. Wenn sie das Vertrauen, in die Fähigkeit der Schuldner zu zahlen, verlieren, könnten gerade die Anleihen relativ schlechterer Schuldner unter Druck kommen.

→ FOCUS ONLINE: “Schuldenformel zeigt, was wirklich hinter den Mini-Zinsen der Zentralbanken steckt”, 29. März 2017