Negativzinsen killen das Bankensystem

Heute morgen hatten wir unter den 12 Thesen zur negativen Wirkung von Negativzinsen auch den Niedergang des Bankensystems. Auf diesen weist auch die WELT in einem Beitrag hin. Er sit nicht neu, zeigt aber wie sich das Thema immer mehr in das allgemeine Bewusstsein “hineinfrisst”. Beruhigend dürfte das nicht wirken und damit auch nicht konjunkturbelebend.

  • “In diesen Tagen dreht sich dabei alles um die Zahl 80. Genau dort verläuft eine wichtige Unterstützungslinie beim europäischen Bankenindex EuroStoxx Banks. In den düstersten Tagen der Finanzkrise hat die Marke gehalten, und sie hatte Bestand in der europäischen Schuldenkrise. (…)  Sollte der Chart nach unten durchbrechen, erwarten nicht wenige Experten eine Kernschmelze bei Bankaktien, eine Art Lehman-Moment.” – bto: nur diesmal nicht bei einer Bank, sondern gleich bei mehreren. Es ist unerfreulicherweise so, dass auch deutsche Banken nicht gerade top dastehen, wie wir immer wieder besprochen haben.
  • “„Der EuroStoxx Bankenindex ist der schlimmste Chart der Welt“, sagt Raoul Pal, Gründer des Finanzdienstes Realvision. „Einen Markt mit einem derart kritischen Muster habe ich noch nie gesehen.“ Wenn die Aktienkurse weiter fallen sollten, könnte es zu einer großen Kapitalflucht kommen. (…) Die Deutsche Bank etwa gehört in diesem Jahr erneut zu den großen Verlierern der Branche. Die Aktie hat in diesem Jahr bereits 13,9 Prozent an Wert verloren und in dieser Woche ein Mehr-Dekaden-Tief markiert.” – bto: wobei man natürlich sagen könnte, dass die Probleme hausgemacht sind. Aber richtig ist, dass ein Null-Zins-Umfeld nicht bei der Genesung hilft. Man kann zwar die Gebühren erhöhen – hat die Bank gerade mal wieder gemacht – aber letztlich ist das Kleinvieh, oder um mit der Sprache der Deutschbanker zu sprechen: Peanuts.

Quelle: Die WELT

  • “Dem Kurssturz an den Börsen könnte schlimmstenfalls eine Panikreaktion der Kunden und Geschäftspartner folgen. Damit das nicht passiert, braucht es Vertrauen. Ein Signal, dass im Notfall ein Retter einspringt. So war es auch bei den drei vorangegangenen Dramen, als der Bankenindex die Marke von 80 zu durchbrechen drohte. Und es deutet sich an, dass es auch diesmal so kommen könnte.” – bto: aha. Dabei haben doch die Politiker geschworen, der Steuerzahler müsste nie wieder…..okay, keiner hat das wirklich geglaubt…
  • “(dass) die Zinsstrukturkurve immer flacher wird (…)  erschwert den Banken (…) das Geschäft. Sie leihen sich häufig kurzfristig Geld und verleihen dies langfristig an ihre Kunden. Aus der Differenz zwischen langlaufenden und kurzfristigen Zinsen machen sie Gewinn. Wenn der Unterschied aber fast null ist, lässt sich mit dieser sogenannten Fristentransformation nichts mehr verdienen.” – bto: und da helfen eben die Gebühren nicht richtig.
  • “Der größte Gewinnvernichter ist jedoch die EZB selbst. Nach Berechnungen (…) haben die europäischen Banken seit Einführung der Minuszinsen im Jahr 2014 insgesamt 21 Milliarden Euro an Strafzinsen an die Notenbank zahlen müssen. Die Hauptlast lag demnach bei den Banken in Deutschland, Frankreich und den Beneluxstaaten. Derzeit werden etwa 7,5 Milliarden Euro jährlich fällig. Sollte die EZB den Einlagenzins um weitere 20 Basispunkte senken, müssten die Banken den Berechnungen zufolge weitere 5,6 Milliarden Euro zahlen. Die Deutsche Bank, die jetzt bereits unter der EZB-Politik ganz besonders leidet, wäre abermals der größte Verlierer. Fast die Hälfte des prognostizierten Vorsteuergewinns wäre dahin, sollten die Währungshüter die Banken nicht entlasten.” – bto: in den USA zahlt die Fed den Banken übrigens pro Jahr rund 40 Milliarden US-Dollar Zinsen. Wenn man also US-Banken und europäische Banken vergleicht, muss man die Ergebnisse entsprechend bereinigen. Immerhin rund 50 Milliarden Euro ist der Unterschied alleine aufgrund der Notenbankpolitik.
  • “„Die wirkliche Bedrohung für die weltweiten Finanzmärkte ist nicht der Handelskrieg zwischen den USA und China, sondern die Implosion, die sich im Zeitlupentempo auf dem europäischen Bankensektor abspielt“, sagt Charles Gave vom unabhängigen Analysehaus Gavekal Research. (…) Auch diesmal will Gave nicht ausschließen, dass die EZB angesichts der Bedrohungslage zu drastischen Mitteln greifen könnte. Etwa, indem sie anfangen würde, europäische Bankaktien direkt zu kaufen. „Das Ergebnis wäre nicht so sehr Verstaatlichung, sondern Europäisierung“, so der US-Experte. „Das mag nach europäischen Verträgen verboten sein, aber das hat die Technokraten vorher auch nicht aufgehalten. Für sie zählt der Traum von der Integration, nicht die Mittel.“ Skeptisch stimmt ihn indes, dass die Stärke des Rückpralls von der magischen 80er-Marke immer weiter zurückgegangen ist. (…) Er rät Anlegern zu einer drastischen Maßnahme: „Verkaufen Sie alle Finanzwerte.“ Denn ein Einbruch in der Euro-Zone werde weltweit den Sektor in Turbulenzen stürzen.” – bto: GavelKal haben wir hier ja auch immer wieder zitiert. Inhaltlich bin ich ohnehin mit ihm einer Meinung und rate seit Beginn dieses Blogs – demnächst unglaubliche sechs Jahre (!) – die Finge von Bankwerten zu lassen

→ welt.de: “Die Angst vor dem Kollaps”, 17. August 2019