Negativzins in Deutschland verschärft das Problem

Daniel Gross mit einem sehr interessanten Kommentar bei der FINANZ und WIRTSCHAFT. Kernaussage: Die Negativzinsen nutzen den Schuldnern (bto: nicht überraschend!) und schaden den Gläubigern (bto: ebenfalls nicht überraschend). Das ist ja das Ziel! Es geht um die Umverteilung von Gläubigern zu Schuldnern. Das Problem, welches Gross beschreibt, ist die Tatsache, dass diese nicht mehr im selben Land sitzen, sondern in verschiedenen Ländern – mit erheblichen Folgen:

  • „Während die USA und Grossbritannien inzwischen ausreichend stark wachsen, um ihre lockere Geldpolitik zu beenden und die Zinsen zu erhöhen, verstärken die Eurozone und Japan ihre quantitative Lockerung und drücken die langfristigen Leitzinsen weiter ins Negative. Wie lässt sich dieser Unterschied erklären?“ – bto: naja. UK und USA sind noch weit davon weg, die lockere Politik zu beenden.
  • „Die Antwort lautet kurz und prägnant: Schulden. Die USA und Grossbritannien weisen seit Jahrzehnten Leistungsbilanzdefizite auf und sind daher Schuldnerländer, während die Eurozone und Japan Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaftet haben und daher Gläubiger sind.“ – bto: Eurozone ist breit gefasst, faktisch ist das Deutschland.
  • „Da negative Zinsen Schuldner begünstigen und Gläubigern schaden, löste ihre Einführung nach der Weltwirtschaftskrise in den USA und Grossbritannien eine Erholung aus, hatte jedoch in der Eurozone und Japan kaum Auswirkungen.“ – bto: Er meint übrigens mit ‚Weltwirtschaftskrise‘ die Krise seit 2009. 
  • Inzwischen haben weltweit die meisten Gläubigerländer – Länder mit dauerhaft hohen Leistungsbilanzüberschüssen – negative Zinsen eingeführt. Nutzen bringt das kaum.“ – bto: klar. Wir müssen auch nicht entschulden!
  • „(…) in einer Volkswirtschaft mit einer grossen Netto-Auslandsvermögensposition gibt es naturgemäss mehr Gläubiger als Schuldner. Für ein Land mit hohen Auslandsschulden gilt das Gegenteil. Die Wirksamkeit der Geldpolitik am unteren Ende des Zinsspektrums müsste sich daher für Gläubiger- und Schuldnerländer unterscheiden.“ – bto: genau! Eigentlich muss es heißen, die Geldpolitik muss anders sein. 
  • Diese Auseinanderentwicklung läuft auch innerhalb der Eurozone ab. Obwohl die Eurozone insgesamt eine Gläubigervolkswirtschaft ist, umfasst sie auch Schuldnerländer. Diese Länder – wie etwa Spanien und Portugal – weisen nun kleine Leistungsbilanzüberschüsse auf und bauen allmählich ihre Schulden ab. Doch bei den traditionellen Gläubigerländern sind die Leistungsbilanzüberschüsse derart gestiegen, dass die Schuldner-Gläubiger-Asymmetrie weiter zunimmt. (…) Insbesondere ist Deutschlands Leistungsbilanzüberschuss seit Beginn der Finanzkrise auf fast 8 % des BIP gestiegen.“ – bto: Der Überschuss ist meines Erachtens bekanntlich ein massives Beispiel für Selbstschädigung. Wir verkaufen auf Kredit, der dann nicht bedient wird. Wie blöd!
  • Die Notenbanker in den Gläubigerländern müssen aufhören, zu versuchen, ihre Volkswirtschaften durch eine weitere potenziell kontraproduktive Lockerung der Geldpolitik zu manipulieren. Stattdessen sollten sie zulassen, dass die Erholung ihren Verlauf nimmt, selbst, wenn das langsam abläuft, und warten, dass der von den gefallenen Ölpreisen ausgehende Basiseffekt verschwindet.“ – bto: Tja, er meint Schweden, die Schweiz aber letztlich auch Deutschland. Diese Länder sollten keine Negativzinsen haben, sondern abwarten, bis die ‚Erholung ihren Verlauf nimmt‘. Haha. Diese Länder brauchen auch keine Negativzinsen. Was ist denn der Klartext? Die Schweiz und Schweden sollen eine drastische Aufwertung der eigenen Währung zulassen, weil alle, die noch denken können, in ihre Währungen flüchten. Dabei kollabiert dann die eigene Exportwirtschaft. Tun sie es nicht, sammeln sie gigantische Währungsreserven und geben damit dem Ausland Kredit, der dann wertlos wird. Nebenher explodieren die Immobilienpreise, weil Kredite unschlagbar billig sind.
  • „EZB-Präsident Mario Draghi hat vor kurzem zugegeben, dass der aktuelle geldpolitische Ansatz im heutigen globalen Kontext ineffektiv sein könnte. Doch mehr von derselben Medizin zu versprechen, ist nicht die Antwort.“ – bto: O. k., da bin ich ja voll dabei!

Nur, die Gläubigerländer sollen nicht weiter die Zinsen senken. Verstehe ich. Doch entweder geht es nicht (D) oder es hat fatale Konsequenzen (SW/CH). Doch es geht doch darum, die Gläubiger zu enteignen. Was ist also das So-what? Gross beschreibt ein Problem richtig, aber präsentiert keine Lösung. Wie soll er auch? Sind doch die Schulden nicht nur ein Verteilungsproblem zwischen Ländern, sondern ein Problem für alle. Was er fordert, geht nur, wenn wir die Schulden bereinigen. Dazu hat er nichts gesagt.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: „Was die Komplexität lehrt“, 5. Februar 2016