«Money for Nothing»

Ein Leser wies mich auf diesen Kommentar in der FINANZ und WIRTSCHAFT hin. Wenn Geld nichts mehr kostet, sind Schulden unbegrenzt tragbar, so die knappe Zusammenfassung. Stimmt. Aber stimmt es wirklich dauerhaft?

  • “Die entwickelte Welt scheint sich auf ein langfristiges Nullzinsszenario zuzubewegen.”
  • “Streng genommen werden die Nullsätze nur für nominale, mittelfristige Schulden angesetzt, die als risikolos gelten. Aber in der gesamten Eurozone betragen die Zinsen annähernd null – bzw. liegen für einen erheblichen Teil der Staatsschulden sogar im negativen Bereich –, und es ist davon auszugehen, dass dies für einige Zeit so bleiben wird.”
  • “Ein sehr niedriger – oder sogar negativer – Nominalzins könnte einem Sparer eine positive Realrendite bescheren, wenn die Preise entsprechend sinken. Sparer in Japan haben von diesem Phänomen länger als ein Jahrzehnt profitiert und höhere Realrenditen eingestrichen als Sparer in den USA (…)”
  • “In einem Szenario mit Zinsen von null oder fast null haben Gläubiger einen Anreiz, eine sogenannte Extend-and-Pretend-Strategie zu fahren, also ihre fällig werdenden Schulden zu verlängern, sodass sie ihre Probleme noch etwas länger verdecken können. Weil die Schulden zu derart niedrigen Zinsen refinanziert werden können, ist das Anschlussfinanzierungsrisiko sehr gering, sodass die Schuldner, die unter normalen Umständen als insolvent gelten würden, sehr viel länger weitermachen können als unter normalen Umständen.”
  • “Denn wenn eine Schuld zu einem Zins von null unbegrenzt refinanziert werden kann, spielt das keine Rolle – und niemand ist tatsächlich zahlungsunfähig. Die Schuld wird faktisch unbefristet.”
  • “Die Erfahrung in Japan illustriert dies perfekt. Bei mehr als 200 % des Bruttoinlandprodukts schien der Berg der Staatsschulden unüberwindlich. Aber die Bedienung dieser Schulden kostete nur 1 bis 2 % des Bruttoinlandprodukts (…)”
  • Kurz gesagt, wenn die Zinsen niedrig genug sind, ist jedes Verhältnis zwischen Schulden und Bruttoinlandprodukt zu bewältigen.”
  • “Tatsächlich untergraben Zinsen gegen null die Vorstellung eines «Schuldenüberhangs» in Ländern wie Griechenland, Irland, Portugal oder Spanien. Obwohl diese Länder während des Kreditbooms, der 2008 endete, eine hohe Schuldenlast angehäuft haben, sind die Kosten für die Schuldenbedienung doch zu niedrig, um die Auswirkungen zu haben, die man normalerweise erwarten würde, wie Reduzierung der Einkommen, Verhinderung der Rückkehr zum Wachstum und Erzeugung von Ungewissheit unter Investoren.”

“Staatsschulden spielen im globalen Finanzsystem zweifelsohne eine Rolle. Aber in einem Nullzinsszenario muss diese Rolle neu bewertet werden.” ‒ bto: Ja, das stimmt. Solange aber die Schulden weiter schneller wachsen als das Einkommen, droht dennoch der Zeitpunkt, an dem es nicht mehr weitergeht ‒ weil die Sparer aus dem System fliehen. Erste Zeichen dafür gibt es schon.

FINANZ und WIRTSCHAFT: «Money for Nothing», 20. April 2015