Man fragt sich wirk­lich: Warum machen wir das mit?

Thomas Straubhaar, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, hat im letzten Oktober einen interessanten Kommentar in der WELT veröffentlicht. Dabei hat er das auf den Punkt gebracht, was ich mich auch gefragt habe: „Es ist verstörend, dass eine Politik der gewollten Energieverknappung so große Akzeptanz im Land findet.“

Nicht nur das. Auch die Deindustrialisierung wird bereitwillig in Kauf genommen.

  • „Angesagt sind Frieren, Kaltduschen und Blackouts. Es sind Folgen einer Energiepolitik, die aus alten Technologien ausstieg, jedoch neuen Alternativen den Einstieg erschwerte oder gar verwehrte – wie etwa dem Fracking.“ – bto: … so wahr.
  • „So hat sich beispielsweise im Wahlkampf niemand offensiv und nachhaltig für eine Nutzung der gigantischen Erdgasvorkommen in Niedersachsen stark gemacht. Noch befremdlicher wirkt, dass die Gesellschaft den Weg in die Energiekrise zwar fürchtet, aber dennoch Askese gegenüber pragmatischen Laufzeitverlängerungen bestehender Anlagen vorzieht.“ – bto: Naja, in Umfragen nicht, aber man nimmt die Regierung hin.
  • „Für nahezu alle ist es nicht mehr eine Frage, ob die Lichter ausgehen, die Wohnungen kalt bleiben, die Teuerung die Kaufkraft von Renten, Löhnen und Ersparnissen auffrisst und der Wohlstand verloren geht. Lediglich interessieren das Wann und das Wo der Entbehrungen, wie lange eine Rezession dauern wird und wie tief die Verluste sein werden.“ – bto: Schulterzucken des zuständigen Ministers inklusive…
  • „Knappheit soll nicht durch eine noch weitere Zurückhaltung beim Energiekonsum überwunden werden. Sie lässt sich weit wirkungsvoller durch eine Ausweitung des Energieangebots beseitigen. Es gibt lange schon so viele so kluge Ideen, wie sich weit mehr Energie als heute und auch in absehbarer Zukunft benötigt wird, gewinnen lässt. Und die gute Nachricht lautet, dass gerade deutsche Spitzenforschung gangbare Verfahren gefunden hat, um die mit fossiler Energie oder Kernkraft einhergehenden Klima-, Umwelt- oder Radioaktivitätsrisiken substanziell zu mindern oder gar vollständig zu beseitigen.“ – bto: Das aber ist „pfui“. Dann kann man nicht mehr mit Angst und Neid auf Stimmenfang gehen.
  • „So hat beispielsweise das Potsdamer Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) künstliche Huminstoffe entwickelt. Aus Bioabfällen wie Grünschnitt, Laubabfällen oder Baumrinde ließe sich durch ein spezielles ‚Kochrezept‘ ein Produktgemisch herstellen, das die Bodenqualität verbessert. In Masse produziert und weltweit den Böden hinzugefügt, könnte damit enorm viel CO2 gebunden (und dessen negativen Folgen neutralisiert) werden – nämlich etwa die ‚Menge, die in den letzten zehn Jahren zusätzlich von der Menschheit emittiert wurde‘, so Markus Antonietti, Direktor am MPIKG.“  – bto: wow. Und es ist nur ein Beispiel.
  • „Nicht auf mehr Wachstum zu setzen, ist ein Wagnis. Sondern auf mehr Wachstum zu verzichten, ist das Risiko – und zwar nicht etwa nur für die Ökonomie, sondern auch für die Ökologie. Es gibt in Deutschland mehr als genügend Wissen, wie sich Energie effizienter einsetzen, nachhaltig und ohne negative Folgen für Klima, Umwelt und kommende Generationen produzieren und nutzen lässt – ohne jedes schlechte Gewissen gegenüber Natur und Kindeskindern.“ – bto: Außerdem kann man damit Geld verdienen und Arbeitsplätze schaffen!
  • „Technologien zur Qualitätsverbesserung von Luft, Wasser, Böden und damit Klima und Umwelt zu entwickeln, sie in industriellen Produktionsverfahren alltäglich nutzbar zu machen und die dadurch erzeugten ökologischen Kernkompetenzen auch ökonomisch erfolgreich weltweit zu exportieren, ist der mit Abstand größte, nachhaltigste und wirkmächtigste Beitrag, den Deutschland für eine bessere Zukunft aller leisten kann.“ – bto: So wäre es. Das wird aber von den Ideologen und einer Bevölkerung, die sich insgesamt als letzte Generation sieht, verhindert.

welt.de (Anmeldung erforderlich): „Die Ära der Energieverknappung – und die klaglose Akzeptanz der Deutschen“, 11. Oktober 2022