Konjunktur: Schluss mit Pessimismus! Deutschland steht vor einem goldenen Zeitalter

Gestern war ich – gewohnt – skeptisch und fragte nach den Auslösern für ein Ende des Aufschwungs und damit der Party an den Börsen. Und das bei neuen Höchstständen!

Wie falsch ich liege, beweist DIE WELT mit einem optimistischen Beitrag. Gar ein „goldenes Zeitalter“ wird uns angekündigt. Die Argumente sind so falsch nicht:

  • „Für großes Erstaunen bei den führenden Ökonomen aus Banken und Forschungsinstituten sorgen (…) die jüngsten Wirtschaftsdaten des Kontinents. Die Experten haben sichtlich Probleme, die guten Zahlen zu erklären, gleichzeitig kommen sie gar nicht hinterher, ihre Prognosen anzuheben.“ – bto: hm. Das ist doch angesichts billigen Öls, billigen Geldes, schwachen Euros und aufgestauter Nachfrage nicht so ungewöhnlich. Frage ist doch eher, wie lange hält es an?
  • „‚Für eine Volkswirtschaft, deren Dynamik wohl noch hinter jener der Antarktis liegt, und die von einer Existenzkrise in die nächste stürzt, muss man die derzeitige Performance der Euro-Zone wohl spektakulär nennen‘, sagt Greg Fuzesi, Ökonom bei der amerikanischen Großbank JP Morgan.“ – bto: schönes Bild.
  • Der deutsche Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte im März überraschend um gleich 1,2 auf 112,3 Punkte. Die Stimmung unter den deutschen Firmenchefs ist damit so gut wie seit fast sechs Jahren nicht mehr.“ – bto: Das ist mit Blick auf die obigen Fakten so auch recht.Problem ist nur: Noch mehr Exporte machen uns nicht gerade beliebt in der Welt.
  • „Es sieht so aus, als würde sich die deutsche Konjunktur in einem goldenen Zyklus befinden, der gar nicht mehr enden will“, jubelte Carsten Brzeski, Chefökonom bei der Ing-Diba in Frankfurt.“ – bto: was richtig traurig ist, dass wir von diesem Wohlstand, der entstehen könnte, gar nichts haben! Wir verplempern das Geld in schlechten Investitionen im Ausland (Stichwort Target2).
  • Besonders in der exportabhängigen Industrie verbesserte sich die Stimmung. ‚Die deutschen Unternehmen wischen potenzielle Risiken wie den Brexit, Trump oder Le Pen beiseite. Stattdessen konzentrieren sie sich auf das Handfeste, nämlich auf die steigende Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus den Schwellenländern‘ (…).” – bto: Das dürfte in Washington, Paris, Rom und Madrid bestimmt mit Freude gesehen werden!
  • „Und sollte es auch anderswo in der Euro-Zone aufwärtsgehen, könnte sich daraus ein längerer Aufschwung entwickeln, der weit über das erste Quartal hinaus trägt.“ – bto: Marine Le Pen hat keine Chance. Das Zwischenhoch der Konjunktur vereitelt jede Revolution. Aber es ist nur Zeit gekauft worden.
  • „Der niedrig bewertete Euro und die lockere Geldpolitik in der Euro-Zone könnten damit der Wirtschaft in der Euro-Zone zu einem kräftigeren Aufschwung verhelfen. Die Unternehmen in der Währungsunion erwirtschaften zum ersten Mal seit Langem in der Summe wieder deutlich steigende Gewinne.(…) Die hohen Erwartungen deuteten darauf hin, dass stärker in Maschinen und andere Ausrüstungen investiert werden könnte.“ – bto: Das habe ich von Unternehmensvertretern auch gehört. Damit sind es gute Nachrichten für 2017.
  • „Allerdings steht der Ifo-Index im Kontrast zu den harten Wirtschaftszahlen, die zuletzt veröffentlicht worden waren. So hat sich der private Konsum deutlich verlangsamt, die Einzelhandelsumsätze im Januar waren rückläufig. Auch die Auftragseingänge in der Industrie hatten ein ganz anderes Bild vom Zustand der deutschen Wirtschaft gezeichnet. Sie waren so stark gefallen wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr.“ – bto: Ich denke dennoch, es spricht viel für ein gutes 2017.
  • „Vielleicht ist der Honeymoon der Ökonomen mit Deutschland und der Euro-Zone tatsächlich schon bald wieder vorbei. Am Mittwoch dürfte die britische Premierministerin Theresa May den offiziellen Antrag für den Austritt Großbritanniens aus der EU.Dann beginnt eine Reise ins Ungewisse, und die Volkswirte könnten wieder ihr gewohntes düsteres Bild von Europa bekommen.“ – bto: Daran scheitert der Aufschwung nicht. Die Gefahren drohen mehr aus China und den steigenden Zinsen.

bto: Leider wird auch ein gutes 2017 nichts an den grundlegenden Problemen ändern: schlechte Demografie, geringe Produktivitätsfortschritte (wobei Investitionen schon etwas bewirken könnten), hohe Schulden und zunehmende politischen Spannungen.

„welt.de: “Deutschland steht vor einer goldenen Epoche – und keiner merkt’s?, 27. März 2017