Könnte dem Terror das Geld ausgehen?

Saudi-Arabien ist bekanntlich einer der größten Finanziers des Terrors. Doch solange wir im Westen vom Wohlwollen des größten Ölexporteurs abhängig waren, haben wir nicht so genau hingeschaut und lieber Waffen geliefert und kooperiert. Auch das großzügige Angebot, den Bau von 200 (oder waren es mehr?) Moscheen in Deutschland zu finanzieren, wurde hier nicht groß kommentiert. Genauso wie wir nicht gefragt haben, weshalb nicht auch Saudi-Arabien Flüchtlinge aufnimmt. Egal.

Schon vor einiger Zeit haben wir hier besprochen, dass den Saudis zwar nicht das Geld ausgeht, aber dass sie zumindest ihre Ersparnisse anknabbern müssen, wollen sie die Höhe ihrer Ausgaben halten, trotz des tiefen Ölpreises. Dies hat auch Auswirkungen auf die Vermögenspreise im Westen. (Aber keine Sorge, dafür kaufen ja dann die Notenbanken mehr!)

Die FuW hat zur Lage in Saudi-Arabien wieder ein paar nette Charts zusammengetragen:

Der Staatshaushalt ist in den tiefroten Bereich gerutscht, wie die folgende Grafik veranschaulicht (Quelle: Société Générale). Das passiert, wenn man den Ölmarkt schwemmt, Krieg führt und die eigene Bevölkerung mit Geldgeschenken ruhigstellt.

Deshalb geht ja auch der Internationale Währungsfonds davon aus, dass Saudi-Arabiens Staatsschulden bis 2020 auf gut 40 Prozent des BIP steigen, wie die folgende Grafik zeigt (Quelle: CLSA):

Ist natürlich noch kein Problem. Denn zum einen wären die Schulden immer noch gering im internationalen Vergleich und zudem verfügt das Land über erhebliche Vermögenswerte, die dann noch etwas schneller abgebaut werden. Aber wozu hat man denn Ersparnisse, wenn nicht für die Notzeiten?

Die Währungsreserven der saudischen Zentralbank sinken, wie die folgende Grafik verdeutlicht (Quelle: Société Générale):

Die FuW spekuliert konsequent, dass die Saudis die Bindung an den US-Dollar nicht aufrecht halten können. Auch das wäre nicht so schlimm.

Interessant wird es vor allem dadurch, dass sich der Ölmarkt grundlegend ändert, wie Martin Wolf in der FT zusammenfasst:

  • Öl ist nicht knapp und wird auch nicht knapp werden. In den letzten 35 Jahren wurde eine Billion Fässer Öl verbraucht – und ungefähr die gleiche Menge wieder gefunden.
  • Das Angebot ist weitaus flexibler als in der Vergangenheit, was für geringere Preissprünge spricht. Der Preis bleibt dann eher bei 50 als bei 80 US-Dollar/Fass.
  • Die USA sind unabhängig von Importen, weshalb sie auch das Interesse am Nahen und Mittleren Osten verlieren könnten. Dies hätte erhebliche strategische Folgen.
  • Hauptimporteure werden in Zukunft Indien und China sein, für die die Region damit an Bedeutung gewinnt. – bto: was natürlich zur Frage führt, weshalb wir dort in den Krieg ziehen, noch dazu in einen, den wir – selbst nach unserer Einschätzung – nicht gewinnen können, der mindestens zehn Jahre dauert und den wir gegen einen demografisch weit überlegenen Gegner führen?
  • Öl könnte damit so billig bleiben, dass es nicht genügt, auf den technischen Fortschritt bei den Alternativtechnologien zu setzen, will man das Klima retten.

Fazit: wenn Öl dauerhaft billig bleibt und zudem in anderen Regionen eine größere Bedeutung hat als in den USA (und aus anderen Gründen vielleicht auch bei uns), könnte es zu einer ganz anderen Lage im Nahen und Mittleren Osten kommen, nicht unbedingt friedlicher angesichts der Demografie, aber mit weniger Finanzmittel. Zugleich dürften Staaten, die heute ihre demografische Bombe noch mit Geldgeschenken unter Kontrolle haben, ins Chaos abgleiten. Was für mich noch mehr die Frage aufwirft, wie intelligent es wirklich ist, sich vor Ort einzumischen.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: „Neun Charts, die den Saudis den Schlaf rauben“, 27. November 2015

→ FT (Anmeldung erforderlich): „Understanding the new global oil economy“, 1. Dezember 2015