“Klimaneutrales Deutschland 2045” – ohne Budget­restriktion und tech­nische Realisierbarkeit

Die Vorgänger-Studie habe ich bei bto bereits besprochen. Da war sogar von einem “Wirtschaftswunder” die Rede:

Klimaneutrales Deutsch­land soll „Wirtschafts­wunder“ aus­lösen

Mein Fazit damals:

  • Viele Zahlen: nur eine einzige mit einem Euro-Zeichen und diese auch noch von anderen übernommen.
  • Viele Behauptungen: individuelle Mobilität unverändert, solange man ÖPNV nutzt oder zu Fuß geht.
  • „Neues Wirtschaftswunder“ versprechen, aber die wirtschaftlichen Folgen nicht beachten.
  • Carbon Capture Technologien propagieren, die politisch aber rundweg abgelehnt werden.
  • Der Umbau der Wirtschaft verursacht CO2. Wenn wir neue Gebäude, Bahnlinien, Windkraftanlagen etc. bauen, verursacht das CO2 und das wird völlig ausgeblendet. Also nicht nur die Kosten werden vernachlässigt, sondern auch die Klimafolgen des Umbaus.

Hier also nun die Aktualisierung mit Blick auf das Ziel 2045 statt 2050:

Zunächst das Bild bis 2030:

Dazu dann Folgendes:

  • Bis zum Jahr 2030 können die Emissionen in der Energiewirtschaft um 207 Millionen Tonnen CO2-Äq gesenkt werden. Erreichbar wird dies in erster Linie durch einen Kohleausstieg bis zum Jahr 2030 und einen stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung. Hinzu kommt ab Ende der 2020er-Jahre die beginnende Wasserstoffnutzung in Kraftwerken und KWK- Anlagen. Es wird angenommen, dass der frühere Kohleausstieg im Kontext mit einer Verschärfung des EU-Minderungsziels auf 55 Prozent und einer Anpassung des EU ETS erfolgen wird. Die dann höheren Kosten für CO2-Zertifikate beschleunigen die Beendigung der Kohleverstromung.“ – bto: Das ist ganz wichtig und bringt den Parteien, wie wir gesehen haben, auch Punkte im DIW-Ranking. Wie genau das gelingen soll, werden wir in der Studie hoffentlich noch lesen.
  • Mit der zunehmenden Elektrifizierung in allen Sektoren steigt der Stromverbrauch bis 2030 gegenüber 2018 um 51 Terawattstunden beziehungsweise 9 Prozent. Die Erneuerbaren Energien erreichen 2030 einen Anteil von etwa 70 Prozent am Bruttostromverbrauch. Ausgebaut werden hierfür die Offshore-Windkraft auf 25 Gigawatt, die Onshore-Windkraft auf 80 Gigawatt und die Photovoltaik auf 150 Gigawatt.“ – bto: Das klingt sehr gut. Liegt allerdings weit über der bisherigen Ausbauleistung und dürfte auch mit Kosten verbunden sein.
  • In der Industrie werden in den zentralen Grundstoffindustrien zur Erreichung der Klimaziele neue Prozesse etabliert. Unterstützend wirkt dabei, dass ohnehin etwa 50 Prozent der zentralen Industrieanlagen der deutschen Grundstoffindustrie in den nächsten zehn Jahren zur Reinvestition an- stehen. Vorreiter könnte die Stahlindustrie sein. Hier können ans Ende ihrer Lebenszeit kommende Hochöfen durch Direktreduktionsanlagen ersetzt werden, die vorwiegend mit Wasserstoff und kleineren Anteilen Erdgas (später Biomasse) betrieben werden.“ – bto: Diese Verfahren sind in Entwicklung und derzeit extrem teuer. Der erforderliche grüne Wasserstoff ist nicht vorhanden.
  • Zusätzliche Minderungen im Gebäudebereich werden bis 2030 erreicht durch die Veränderung der Heizungsstruktur, den Ausbau der Wärmenetze sowie eine gegenüber 2015 um etwa 50 Prozent erhöhte energetische Sanierungsrate. Wärmepumpen gewinnen beim Einbau neuer Heizungen bis Mitte der 2020er-Jahre große Marktanteile, insbesondere im Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser. Im Jahr 2030 werden sechs Millionen Wärmepumpen eingesetzt. Grüne Fernwärme gewinnt in urbanen Räumen eine stärkere Bedeutung.“ – bto: Wie konkret die Sanierungsrate um 50 Prozent gesteigert wird, muss noch erklärt werden. Abgesehen von den Kosten – schlägt sich das auch in geringeren Verbräuchen nieder? Denn in der Praxis freuen sich die Bewohner, wenn es wärmer ist, der Verbrauch an Öl etc. ist also nicht gesunken.
  • Im Verkehr findet bis 2030 eine Trendwende statt. Dabei bleibt die persönliche Mobilität vollständig erhalten, aber sie verändert sich. Die Menschen fahren deutlich mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Rad, und sie gehen mehr zu Fuß. Im Jahr 2030 werden bereits 14 Millionen Elektro-Pkw (inkl. Plug-in-Hybride) im Bestand sein. Güter werden verstärkt auf der Schiene transportiert und es wird fast ein Drittel der Fahrleistung im Straßengüterverkehr über elektrische Lkw mit Batterien, Oberleitungen und Brennstoffzellen erbracht.“ – bto: Die Methodik ist diese: Man nimmt einen Verbrauch an und dann wird einfach behauptet, dass dieser durch Erneuerbare Energien gedeckt wird. Es gibt hierbei nie ein Problem. Denn es ist einfach nur eine Frage der angenommenen Erzeugungskapazitäten.
  • Mit den dargestellten Maßnahmen können von 1990 bis 2030 zwei Drittel der notwendigen THG-Einsparung bis zur Klimaneutralität erreicht werden. Für das letzte Drittel müssen die eingeschlagenen Pfade nach 2030 konsequent und zügig weiterverfolgt werden, damit das Ziel bereits 2045 erreicht werden kann. Gegenüber der Studie ‘Klimaneutrales Deutschland 2050’, die für diesen letzten Schritt einen Zeitraum von 20 Jahren ansetzte, reduziert sich die zur Verfügung stehende Zeit um ein Viertel. Maßnahmen müssen also schneller umgesetzt, neue Techniken, Antriebe und Verfahren schneller eingesetzt und die notwendige neue Infrastruktur schneller zur Verfügung gestellt werden.“ – bto: Es ist leicht, Kapazitäten anzunehmen. Es ist nicht so leicht (und vor allem nicht billig) diese zu schaffen!

Es geht also um eine noch schnellere, noch radikalere Umstellung:

  • Im Bereich der Energiewirtschaft werden Erneuerbare Energien stärker und schneller ausgebaut. Der Stromverbrauch steigt von 2030 bis 2045 vor allem durch die weitere Elektrifizierung sowie die steigende Herstellung von Wasserstoff um 50 Prozent auf etwa 1.000 Terawattstun- den. (…) Um den Strombedarf der Klimaneutralität bereits im Jahr 2045 zu decken, ist deshalb ein schnellerer und stärkerer Ausbau der Windenergie und Photovoltaik in den Jahren nach 2030 erforderlich. Die im Jahr 2045 benötigte installierte Leistung von Photovoltaikanlagen beträgt 385 Gigawatt, gegenüber dem Vergleichsjahr in der Studie ‘Klimaneutrales Deutschland 2050’ bedeutet dies eine Steigerung um 70 Gigawatt. Auch für die Windkraft sind nochmals höhere Ausbaukorridore notwendig. Für Wind an Land ist im Jahr 2045 eine Erzeugungskapazität von 145 Gigawatt erforderlich, und der Ausbau von Wind auf See auf 70 Gigawatt muss auf das Jahr 2045 vorgezogen werden.“ – bto: Und wiederum ist es einfach, diese Kapazitäten anzunehmen. Deutlich schwerer ist es, diese zu bauen – abgesehen davon, dass Kapazität nicht gleichzusetzen ist mit Erzeugung.
  • In der Industrie setzt sich der Trend hin zu Strom und Wasserstoff sowie teilweise Biomasse als Energieträger fort, sodass die Industrie bis zum Jahr 2040 weitestgehend klimaneutral ist. (…) Beschleunigt gegenüber der Studie ‘Klimaneutrales Deutschland 2050’ erfolgt die Versorgung der großen Wärmebedarfe im Industriebereich mit Biomasse. Parallel dazu nimmt auch der Ausbau des CO2-Netzes in Deutschland ab dem Jahr 2035 schneller an Fahrt auf und kann so bis zum Jahr 2045 abgeschlossen werden. Zwischen 2030 und 2040 werden industrielle CO2-Quellen mit einer Abscheidemenge von jährlich 30 Millionen Tonnen CO2 mit dem CO2-Netz erschlossen, bis 2045 steigt die jährlich eingespeicherte Menge noch einmal auf 52 Millionen Tonnen.“ – bto: Da haben wir sie, die Annahme. Und so kann man natürlich eine Studie erstellen, die „beweist“, dass es möglich wäre.

Natürlich geht das nur mit einer deutlichen Senkung des Primärenergiebedarfs:

  • Im Szenario ‘Klimaneutrales Deutschland 2050’ halbiert sich im Zeitraum von 2018 bis 2050 der Primärenergieverbrauch, also der Energiegehalt aller in Deutschland direkt oder zur Umwandlung in Sekundärenergieträger genutzten Energieträger. Der Primärenergieverbrauch geht von heute ungefähr 13.000 Petajoule (PJ) auf etwa 6.500 PJ zurück. Mit dem aktuellen Szenario wird diese Halbierung des Primärenergieverbrauchs bereits im Jahr 2045 erreicht. Die Gründe hierfür sind in beiden Szenarien sinkende Verluste bei der Energieumwandlung und der deutliche Rückgang des Endenergieverbrauchs.“ – bto: Weniger Umwandlungsverluste kann ich nachvollziehen, die deutliche Senkung des Endenergieverbrauchs ist hingegen spannend. Denn es bedeutet wohl Sparmaßnahmen.  
  • Die Erzeugung in Deutschland erfolgt im Jahr 2045 (…) vollständig klimaneutral, das Stromsystem basiert dann zu 100 Prozent auf Erneuerbaren Energien. Erneuerbare Energien inklusive Wasserkraft und Biomasse decken dann 89 Prozent des Stromverbrauchs direkt, 6 Prozent entfallen auf Gaskraftwerke, die aus Erneuerbaren Energien erzeugten Wasserstoff als Brennstoff nutzen. Die restlichen 5 Prozent werden durch zwischengespeicherten oder importierten Strom gedeckt. Das Stromsystem wird bis zum Jahr 2045 sehr flexibel und kann auch bei hohen fluktuierenden Anteilen effizient genutzt werden. Dies wird einerseits erreicht durch einen noch schnelleren Ausbau der Batteriespeicher sowie einen intensiveren Stromhandel mit dem Ausland. Andererseits wird auch der Stromverbrauch flexibilisiert: für die Elektromobilität, für den Einsatz von Wärmepumpen und für Elektrolyseure.“ – bto: Abgesehen davon, dass dies sehr ineffizient sein wird, stellt sich die Frage, wie die Speicherung gelingen soll. Das wird hier mal so angenommen, aber die technische Frage ist ungelöst. Die große Unbekannte ist die Anpassung des Bedarfs, zum Beispiel indem man die Wärmepumpen abschalten kann.
  • Der saisonale Ausgleich erfolgt im Wesentlichen durch die Erzeugung und Rückverstromung von Wasserstoff sowie durch die Nutzung der großen Speicherkraftwerke in Skandinavien und in den Alpen. Im Vergleich zu heute können durch Stromexporte in diese Länder die Speicherstände – insbesondere im Sommer und Herbst – geschont werden und somit im Winter mehr Strom zur Verfügung stellen.“ – bto: Ich erinnere an die Dimensionen. Die Schweiz hat bekanntlich nicht genügend Kapazitäten für sich selbst:
    Die wahren Kosten der Photo­voltaik am Bei­spiel der Schweiz
  • Und natürlich spielt Wasserstoff eine ganz große Rolle: „Insgesamt ergibt sich für 2045 ein Bedarf an Wasserstoff und sonstigen synthetischen Brennstoffen und Feedstocks in Höhe von 422 Terawattstunden, von denen 326 Terawattstunden importiert werden.“ – bto: woher?
  • Im Vergleich zur Vergangenheit beschleunigt sich der Ausbau der Photovoltaik und Windenergie. In der Dekade bis 2030 beträgt der mittlere jährliche Bruttozubau 10 Gigawatt bei Photovoltaik, 4,5 Gigawatt bei Wind an Land und knapp 2 Gigawatt bei Offshore-Wind. (…) Im Vergleich zu anderen Studien ergeben sich damit für 2045 vergleichsweise niedrige Volllaststunden von 2.200 bei Onshore- Windenergie und etwa 3.700 im Offshore-Bereich. Letztere können auch nur mit einer relativ niedrigen Bebauungsdichte erreicht werden, da auch Offshore-Windparks sich untereinander durch Effekte wie Windverschattung und Wirbelbildung beeinflussen können.“ – bto: Wie viel der Fläche Deutschlands wird damit bebaut und ist das realistisch? Sind die Volllast-Stunden jetzt realistischer?

  • Essenziell für die Dekarbonisierung des Stromsektors ist ein rasches Auslaufen der Kohleverstromung. Der steigende Preis für CO2-Zertifikate in Kombination mit niedrigen Erdgaspreisen führt in diesem Szenario dazu, dass die bis dahin verbliebenen Kohlekraftwerke Ende der 2020er-Jahre wirtschaftlich unter Druck geraten und vom Netz gehen. Im Szenario KN2045 steigt bis zum Jahr 2030 die Stromerzeugung aus Erdgas von heute rund 80 Terawattstunden auf etwa 130 Terawattstunden.“ – bto: Nun, zurzeit ist Erdgas so teuer, dass es sich lohnt, mehr Kohle zu verfeuern: Zur Abwechslung Fakten zur Klimapolitik
  • Die technischen Lösungen aus dem aktuellen Szenario KN2045 entsprechen dabei denen des Szenarios KN2050, sie werden allerdings im Szenario KN2045 beschleunigt ausgebaut und um- gesetzt, um mit dem schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien Schritt zu halten. So wird das Lastmanagement in der Industrie weiter ausgebaut, um den Stromverbrauch zeitlich zu verlagern. Dies ermöglicht einerseits, kurzzeitige Lastspitzen zu mindern und andererseits, Erzeugungsspitzen Erneuerbarer Energien besser zu nutzen.“ – bto: Hat man das den Gewerkschaften schon mitgeteilt, dass man nunmehr hohe zeitliche Flexibilität der Arbeitskräfte erwartet?
  • Parallel hierzu wird die Leistung an Speichern deutlich erhöht. Hierzu zählen sowohl zentrale Batteriespeicher als auch Heimspeicher in Kombination mit PV-Anlagen in Haushalten sowie den Strommarktsignalen folgende Anteile der E-Fahrzeuge und Haushalte. Dies sind beispielsweise Autos oder Wärmepumpen, die ihren Strom- beziehungsweise Wärmespeicher flexibel – gesteuert über den Strompreis und damit vom Stromangebot und vom Netzzustand – laden oder aufheizen. Diese Speicher tragen mit ihrem Potenzial zum Lastmanagement entscheidend zur Integration der erneuerbaren Stromproduktion und auch zur Reduktion der Residuallastspitzen bei.“ – bto: Wir wissen aber, dass Tätigkeiten wie Kochen ziemlich viel Leistung verlangen, weshalb es eben mit Speichern nicht möglich sein wird, Dunkelflauten etc. zu überbrücken. Das bedeutet, man könnte hier auch schreiben – ein (technisches) Wunder geschieht.
  • Strom ist 2045 der dominante Energieträger in der Industrie und baut seinen Anteil bis dahin auf etwa 53 Prozent aus. Letztendlich bleibt die zusätzliche Anwendung von Strom jedoch aufgrund der absoluten Knappheit beschränkt.“ – bto: „Absolute Knappheit“ klingt nicht nach einem Szenario mit Puffer.
  • CO2-Abscheidung und -Speicherung nimmt im Szenario KN2045 eine wichtige Rolle ein: Bereits 2030 werden – wie im Szenario KN2050 – 1,2 Millionen Tonnen CO2 an günstig gelegenen Standorten der Zementindustrie abgeschieden, abtransportiert und in geeigneten CO2-Lagerstätten im europäischen Ausland (zum Beispiel: Niederlande, Norwegen) gespeichert. Nach 2030 werden Standorte der Primärstahlerzeugung sowie die großen Chemieparks Schritt für Schritt an ein zukünftiges CO2-Netz angeschlossen. Dort wird CO2-Abscheidung gezielt mit dem Einsatz biogener Energieträger kombiniert (BECCS), um negative Emissionen zu erzielen.“ – bto: Interessanterweise wird dieser enorm wichtige Punkt im Programm der GRÜNEN nicht angesprochen und spielt in der Beurteilung der Klimaprogramme der Parteien durch das DIW keine Rolle.
  • Die deutsche Stahlindustrie steht vor der Herausforderung, die emissionsintensive Hochofenroute zu verlassen. Während innerhalb der EU in anderen Ländern auch alternative Wege beschrieben werden, konzentrieren sich die in Deutschland produzierenden Standorte inzwischen auf Direktreduktionsanlagen als neuen Weg zur Reduktion von Eisenoxid zu Roheisen (hier: Direct Reduced Iron, DRI). Im ersten Schritt können Direktreduktionsanlagen mit Erdgas betrieben werden, was bereits eine CO2-Minderung von rund 66 Prozent gegenüber der Hochofenroute ermöglicht. Mittelfristig können dann ohne signifikante Umrüstung steigende Anteile an Wasserstoff beigemischt werden – so kann fossiles Erdgas sukzessive ersetzt werden. Die voraussichtlichen Produktionskosten für DRI-Stahl auf Basis von erneuerbarem Wasserstoff liegen auch 2050 mit knapp 600 Euro pro Tonne deutlich über den heutigen Produktionskosten in der Hochofenroute (knapp 400 Euro/t).“ – bto: Dann gibt es keine deutsche Stahlindustrie mehr. Einfach deshalb, weil es an anderen Standorten deutlich günstiger sein wird, Stahl zu erzeugen. Dauerhafte Subventionen sind denkbar. Allerdings gibt es Probleme mit Handelsverträgen und auch der EU, wenn es innerhalb der EU günstigere Standorte gibt. Diese werden die Subventionen nicht tolerieren.
  • Die angestrebte Reduktion der THG-Emissionen im Gebäudesektor ist anspruchsvoll, aber erreichbar. Eine große Herausforderung ist die lange Lebensdauer der Wärmeerzeuger und der Bauteile der Gebäudehüllen. Diese hat zur Folge, dass jedes Jahr nur ein geringer Anteil des Gebäude- und Anlagenbestands ersetzt oder modernisiert wird. (…) Wie im Szenario KN2050 sind auch im Szenario KN2045 die Umstellung der Wärmeversorgung sowie die Verbesserung der Effizienz bei Gebäudehüllen und Anlagen die beiden zentralen Maßnahmen zur Erreichung des Reduktionsziels. Auch im Szenario KN2045 werden ab 2025 keine neuen Wärmeerzeuger auf Basis von Heizöl oder Gas installiert. Zusätzlich wird im Szenario KN2045 die Nutzungsdauer fossiler Wärmeerzeuger auf maximale 20 Jahre beschränkt. Als Konsequenz fallen bis 2045 die fossilen Wärmerzeuger nahezu vollständig aus der Wärmeversorgung. Demgegenüber gewinnen die elektrische Wärmepumpe und Wärmenetze stark an Bedeutung.“ – bto: Auch hier gibt es technische Fragen, die ungelöst sind. Es wird einfach angenommen, dass sich alle Gebäude ertüchtigen lassen.
  • Gemäß einer aktuellen Erhebung des Instituts Wohnen und Umwelt (IWU) zur Sanierungstätigkeit wurden bei Ein- und Zweifamilienhäusern (EZFH) im Zeitraum 2010 bis 2016 jährlich rund 1,4 Prozent der Altbauten energetisch saniert, bei Mehrfamilienhäusern (MFH) rund 1,6 Prozent (IWU 2018). Umgerechnet auf den gesamten Gebäudebestand, also inklusive der Gebäude mit Bau- jahr jünger als 1978, ergeben sich jährliche Sanierungsraten von rund 1 Prozent bei den EZFH und annähernd 1,4 Prozent bei den MFH. Die einzelnen Bauteile zeigen deutliche Unterschiede bei der Sanierungshäufigkeit. Vergleichsweise hoch sind im Altbau die jährlichen Modernisie- rungsraten bei den Bauteilen Fenster (circa 2,5 Prozent) und Dach-/Obergeschoss (2,3 Prozent). Bei Fassaden beträgt der Anteil hingegen nur 1,1 Prozent, bei den Böden sogar weniger als 1 Prozent. Aufgrund der geringen jährlichen Modernisierungsraten verbessern die Sanierungsmaßnahmen nur langsam die energetische Qualität des Gebäudebestands und der Raumwärmeverbrauch nimmt nur langsam ab.“ – bto: Andere Studien messen gar keinen Rückgang des Wärmeverbrauchs.
  • Im Szenario KN2045 wird die Sanierungsaktivität deutlich angehoben. Bis zum Jahr 2030 steigt sie gleich stark wie im Szenario KN2050, nach 2030 fällt der Anstieg stärker aus. Die jährlichen Sanierungsraten steigen bei EZFH auf annähernd 1,7 Prozent und bei MFH und NWG auf über 1,8 Prozent. Dabei beziehen sich die Raten jeweils auf den Gesamtbestand. Bei den NWG wird ein zu den MFH vergleichbarer Anstieg der Sanierungsrate unterstellt.“ – bto: Warum sollte jetzt plötzlich mehr saniert werden? Wer bezahlt das und vor allem, wie rechnet sich das?
  • Die Zahl der betriebenen Wärmepumpen erhöht sich von knapp 1 Millionen Anlagen im Jahr 2018 über rund 6 Millionen Anlagen im Jahr 2030 auf über 14 Millionen Anlagen im Jahr 2045. Die eingebauten Wärmepumpen werden im Zeitverlauf aufgrund von technischen Weiterentwicklungen und Optimierungen zusehends effizienter. (…) Ein zunehmender Anteil der elektrischen Wärmepumpen wird flexibel gesteuert und der Betrieb dem Angebot an fluktuierender Stromerzeugung aus Windenergie und Photovoltaik angepasst.“ – bto: Man kann also nur heizen, wenn die Sonne scheint. Hm.
  • Beim Verkehr sieht es so aus: „Das Verkehrsangebot wird er- weitert und multimodales Verkehrsverhalten erleichtert. Die Mobilitätswende führt dabei nicht zu weniger Mobilität, sondern zu einer anderen Qualität von Mobilität. Das bedeutet, dass die Verkehrsnachfrage je Einwohner in etwa konstant bleibt, aber Wege auf umweltverträgliche Verkehrsmittel verlagert und gebündelt werden. So verringern sich die Verkehrsaufwände mit dem privaten Pkw und Mobilität wird mit den Erfordernissen des Klimaschutzes in Einklang gebracht.“ – bto: Das klingt zunächst harmlos, doch was ist damit gemeint?
  • Der öffentliche Verkehr (ÖV) verdoppelt sich nahezu bis 2035 im Mittel über alle Regionen und nimmt danach weiter zu, wobei eine Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr (MIV) stattfindet. (…) Der Radverkehr wächst bis zum Jahr 2050 insgesamt um 80 Prozent (…) Der Fußverkehr wächst bis zur Mitte des Jahrhunderts um insgesamt 28 Prozent.“ – bto: Da haben wir die Umerziehung. Weil die Chinesen nicht mehr Fahrrad fahren, sind wir dran. Nein, auch ich fahre Fahrrad und ich laufe ebenso viel zu Fuß.
  • Eine Verdopplung des Schienengüterverkehrs sollte angestrebt werden (…) Bis zum Jahr 2030 werden davon 190 Mrd. tkm und bis zum Jahr 2045 220 Mrd. tkm realisiert. Notwendig dafür ist eine enge Verzahnung von Deutschlandtakt und dem Ausbau der Infrastrukturkapazitäten.“ – bto: Ich habe in der Studie nicht gesehen, dass der mit diesem Ausbau verbundene CO2-Ausstoß irgendwo berücksichtigt wurde. Und wir wissen ja: Bauen ist sehr CO2-intensiv.

In der Studie geht es dann noch um viele weitere Sektoren und Maßnahmen.

Erneut taucht in der Studie nichts auf zu den Themen:

  • CO2-Ausstoß durch den Umbau.
  • Technische Machbarkeit – Speicherung, Wasserstoff, Flächenbedarf.
  • Kosten des Umbaus.
  • Wer die Kosten tragen soll.
  • Wie viel der Industrie wir dann noch haben.

Es ist nichts anderes als ein großes Excel-Sheet mit Energiebedarfen und -quellen, die stimmig gemacht wurden, ohne sie auf die Realisierbarkeit in der echten Welt – der Welt mit Budgetrestriktionen, des Wettbewerbs abzugleichen sowie mit anderen Aufgaben der Staaten.

Doch das ist nur eine einfache Kritik. Morgen kommt an dieser Stelle die Kritik der Ingenieure.

agora-verkehrswende.de (PDF): „Klimaneutrales Deutschland 2045″