Klimaklagen zulasten der Armen?

Ich halte überhaupt nichts von Gerichten als Instanz für Klimapolitik, geht es doch um ein Thema und Maßnahmen, die gesellschaftlich breit getragen werden müssen. Letztlich dürfte es zu massiven Gegenreaktionen führen und den postulierten Zielen der Kläger schaden.

Damit nicht genug. Es ist auch eine Strategie gegen die Armen der Welt, meint zumindest Björn Lomborg, Präsident des Copenhagen Consensus Centers und Visiting Fellow an der Hoover Institution der Stanford University:

  • Trotz großer Sorgen um das Klima sind die meisten Wähler nicht bereit, die Billionen Euro auszugeben, die nötig wären, um Emissionen drastisch zu senken. Deshalb verfolgen Klimaschützer eine neue Strategie: Klimapolitik durch Gerichte zu erzwingen. Weltweit zählen die Vereinten Nationen (UN) mindestens 1550 solcher Klimaklagen in 38 Ländern – oft von jungen Menschen eingereicht, die sich auf die Angst um ihre Zukunft berufen.“ – bto: Wenn sie wirklich Angst haben wollen, sollten sie sich anschauen, wie Schulden und Misswirtschaft ihren Wohlstand unterminieren. Am Ende werden sie keines der Ziele erreichen und gerade in Europa einen relativen (und absoluten?) Niedergang erleben.
  • „(Das von) US-Präsident Joe Biden (…) kürzlich gemachte medial gepriesenes Gelöbnis, die einst von Barack Obama versprochenen Reduktionen zu verdoppeln, wird dem Klima selbst bei vollständiger Umsetzung und Beibehaltung über dieses Jahrhundert nur wenig nutzen. Nach dem UN-Standard-Klimamodell wird Bidens Versprechen die globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts höchstes um 0,04 Grad senken.“ – bto: Jetzt überlegen wir mal, was unsere Maßnahmen bewirken. Nein, deshalb sollten wir nicht nichts machen, aber wir sollten intelligent vorgehen.
  • Bidens Versprechen kostet jeden Amerikaner 1500 Dollar im Jahr, während Umfragen zeigen, dass die meisten nicht bereit sind, mehr als 24 Dollar jährlich für den Klimaschutz auszugeben. Das ist unhaltbar, genauso wie die französische Öko-Steuer, welche 2018 zu jahrelangen Protesten der Gelbwesten führte und letztendlich wieder abgeschafft wurde.“ – bto: Wenn bei uns die Arbeitsplätze verloren gehen und die Bürger noch weniger in der Tasche haben, dürfte es auch bei uns zu Unmut kommen. Andererseits sind wir erfahrungsgemäß besonders leidensbereit …
  • Siegreiche Gerichtsverfahren, wie in den Niederlanden 2019 oder das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vergangenen Monat, können jedoch den politischen Prozess umgehen und eine härtere Klimapolitik erzwingen als ursprünglich von Wählern und Regierungen vorgesehen. Viele Verfahren berufen sich darauf, dass der Klimawandel jungen Menschen ihre Zukunft raube. Das ist die alarmistische Darstellung in den Medien, welche von Politikern unterfüttert wird, die behaupten, der Klimawandel sei eine ‘existenzielle Bedrohung’.“ – bto: Wo man auch hinschaut, man liest nur noch „Klimakrise“, verbunden mit Forderungen nach massiven Eingriffen.
  • Aber der UN-Klimarat stützt diesen Alarmismus nicht. Er bestätigt, dass der Klimawandel ein Problem ist, aber die Auswirkungen sind weit von einer Katastrophe entfernt. In seinem jüngsten Bericht stellt er fest, dass die Schäden durch einen ungebremsten Klimawandel bis zum Jahr 2100 2,6 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts kosten werden. Bis dahin erwartet die UN aber auch, dass die durchschnittliche Person 450 Prozent reicher als heute sein wird. Negative Klimafolgen bedeuten, dass wir nur dann ‘nur’ noch 438 Prozent so reich sein werden.“ – bto: Wir sollten also mehr darüber nachdenken, wie wir mit den Folgen des ohnehin nicht mehr zu verhindernden Klimawandels umgehen.
  • In den UN-Szenarien für das 21. Jahrhundert werden die Menschen länger leben, besser ausgebildet sein und mehr Ressourcen zur Verfügung haben. Sie können das Leben genießen und gleichzeitig unvorhersehbare und vorhersehbare Herausforderungen, einschließlich des Klimawandels, bewältigen. Vor diesem Hintergrund Klima-Gerichtsverfahren (…) verkürzen (Klima-Gerichtsverfahren) einfach den lästigen demokratischen Prozess, um die Ausgabenpräferenzen für eine Untergruppe sicherzustellen, die keine Mehrheit für ihre Vorschläge bekommen konnte.“ – bto: Vergessen wir nicht, es ist ein riesiges Geschäft und auch die Gelegenheit, um starke Wettbewerber zu schwächen.
  • Wohlmeinende Aktivisten, die die notwendigen Kompromisse umgehen wollen, versuchen im Grunde genommen, den Klimaschutz auf Kosten aller anderen erstrebenswerten Ziele zu erzwingen. Und wenn wohlmeinende Richter in wohlhabenden Ländern mitspielen, öffnet das die Büchse der Pandora für alle Arten von Rechtsstreitigkeiten.“ – bto: etwas, was wir auch auf anderen Gebieten sehen. Jede Art von Minderheitenpolitik ist per Definition einer Unterminierung der Demokratie.
  • Dazu kommt, dass dieser Ansatz die Armen sowohl in den wohlhabenden als auch in den Entwicklungsländern im Stich lässt. Für viele ist Energie schon heute unerschwinglich. In reichen Ländern wie Deutschland haben sich die Strompreise in den vergangenen zwei Jahrzehnten verdoppelt. Das hat dazu geführt, dass bis zu 30 Prozent der Haushalte in Energiearmut leben. In den Entwicklungsländern können sich Milliarden von Armen keinen zuverlässigen Zugang zu Energie leisten. Studien zeigen, dass die Umsetzung des Pariser Abkommens im Jahr 2030 zu mehr armen Menschen führen wird. Eine Verschärfung der Klimapolitik durch Gerichte wird dazu führen, dass aufgrund eines langsameren Wirtschaftswachstums noch mehr Menschen arm bleiben.“ – bto: … und wir weniger Geld für die Forschung haben und für die Maßnahmen, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen.
  • Selbst wenn sämtliche OECD-Staaten morgen alle CO2-Emissionen einstellen würden (…), würde dies die Erwärmung im Jahr 2100 nur um 0,4 Grad reduzieren. Das liegt daran, dass drei Viertel der restlichen Emissionen dieses Jahrhunderts aus den Entwicklungsländern kommen werden, denen es viel wichtiger ist, sich von Armut zu befreien.“ – bto: Das ist auch nachvollziehbar. Man muss wohlhabend sein, um sich Klimarettung über Verzicht leisten zu wollen.
  • Wenn wir globale Emissionen drastisch reduzieren wollen, müssen wir unsere Ausgaben auf mehr Investitionen in grüne Innovationen umstellen. Wenn zukünftige saubere Energien dank technologischen Fortschritts günstiger werden als fossile Brennstoffe, wird jeder umsteigen wollen. Investitionen in grüne Forschung und Entwicklung sind für Wähler viel attraktiver, da sie billiger sind und den Armen nicht schaden. Und sie könnten uns tatsächlich helfen, den Klimawandel zu beheben.“ – bto: Richtig, aber dann kann man als Politiker ja nicht so viel „gestalten“ und „vorschreiben“.

faz.net (Anmeldung erforderlich): „Wie Klimaklagen den Armen schaden“, Juni 2021