Joseph Huber: “Der Euro – sein Woher und Wohin”

Heute verlinke ich ein sehr ausführliches und spannendes Paper von Joseph Huber, dem Vollgeld-Experten und -Befürworter. Es liest sich sehr gut und im Anhang findet sich das ganze Dokument. Ich versuche, die Kernaussagen zusammenzufassen:

Zunächst eine treffende Zusammenfassung von Ursachen und Ablauf der Eurokrise:

  • „Der Euro war ein politisches Projekt, wurde der Öffentlichkeit jedoch als ökonomisches Vorhaben präsentiert, dem mancherlei Vorteil zugeschrieben wurde, zum Beispiel verringerte Transaktionskosten, erleichterter Handel, erhöhte Preistransparenz, Stärkung des gemeinsamen Marktes, ebenso die Etablierung des Euro als globaler Handels-, Finanz- und Reservewährung alternativ zum Dollar.“
  • „Derartige Erwartungen waren nicht ganz aus der Luft gegriffen. (…) Auch wurde der Euro zu einer bedeutenden Handelswährung, auf die 25 % der grenzüberschreitenden Zahlungen entfallen. Dagegen nahm der Anteil des Euro als zweitgrößter Reservewährung zuletzt ab, und als Finanzwährung, zum Beispiel bei Verbriefungen, konnte der Euro außerhalb der Währungsgemeinschaft keine nennenswerte Rolle erlangen. Die Erwartungen an den Euro waren anscheinend doch etwas zu hochgeschraubt.“
  • „Die vermeintliche Konvergenz zwischen den Euroländern erwies sich als eine Illusion. Die Finanzmärkte, speziell was Staatsanleihen und Immobilienfinanzierung angeht, hatten sich auf ein großes Marktversagen eingelassen, vor allem in Form der Niedrigzins-Konvergenz auf Staatsanleihen der Euroländer, ungeachtet der tatsächlichen Wirtschafts- und Finanzstärke eines Landes, seiner Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, und seiner öffentlichen und privaten Verschuldungsniveaus. Die Märkte glaubten den Euro-Befürwortern und wetteten darauf, dass die bisherigen Schwachwährungsländer sich den Starkwährungsländern angleichen würden.”
  • “Das Ergebnis war eine öffentliche, teils auch private Schuldenblase anstelle von Bemühungen, Strukturdefizite durch wirtschaftliche Umstrukturierungen und politische Reformen zu beheben.
  • “Diese [die Eurokrise, Anm. d. Red.] war zunächst nichts weiter als eine Staatsschuldenkrise in einer Reihe von Euroländern, ausgelöst durch die zuvor einsetzende Bankenkrise.”
  • “Die Rekapitalisierung der Banken durch die Regierungen führte zu einem neuerlichen Schub an Staatsverschuldung, prototypisch in Irland und Spanien. Die meisten altindustriellen Staaten waren zuvor schon überschuldet und in ein Stadium der anhaltenden Schuldenfortschreibung eingetreten, das heißt, alte Schulden wurden durch noch mehr neue Schulden ausgeweitet. Auf diese wurden zwar noch Zinsen gezahlt, aber getilgt wurde unterm Strich schon lange nicht mehr.”
  • “Die Banken, die sich von den Euro-Regierungen retten ließen, bedankten sich nun dafür, indem sie die Anleihen einer Reihe der schwächeren Eurostaaten umgehend hängen ließen. Quasi über Nacht kam es zu einer Neubewertung der Kreditwürdigkeit der betroffenen Regierungen. Die Anleihekurse gingen steil bergab, die Anleihezinsen steil bergauf.”
  • “Dies führte zu einer zweiten Phase der Bankenkrise, nun infolge drohender und teils bereits eintretender Verluste auf Staatsschulden. Von den Regierungen, die von der plötzlichen Neubewertung ihrer Kreditwürdigkeit getroffen wurden, drohten Zahlungsausfälle. Faktisch war dies das teilweise Platzen der Staatsschuldenblase der zurückliegenden Jahrzehnte.”
  • “Die Banken- und Schuldenkrise in der EU hätte nicht zu einer Euro-Währungskrise stilisiert werden brauchen. In den USA sind seit den 1840er-Jahren einzelne Bundesstaaten immer wieder einmal zahlungsunfähig geworden, aber eine Dollarkrise hat es deswegen nie gegeben. Der Grund liegt darin, dass es in den USA, nach anfänglich ähnlich schwierigen Erfahrungen wie heute im Euroraum, seit den 1840ern eine No-Bail-out-Regel gibt, die seither auch strikt eingehalten wird. Weder Gläubigerbanken noch Schuldner-Bundesstaaten kommen auf die Idee, sie könnten doch schnell mal von den anderen Bundestaaten gerettet werden.”
  • “Im Euro dagegen, sobald die Rhetorik der Eurokrise etabliert war, entstand diese Krise überhaupt erst infolge der neonationalistischen Konfrontation zwischen dem Finanzhilfe leistenden Norden und dem diese Unterstützung erfahrenden Süden. Dabei steht hinter der zwischenstaatlichen Rettungspolitik immer noch eine ungelöste, aber verschleppte Banken- und Schuldenkrise.”
  • “Angeblich diente die Bail-out-Politik der Erhaltung des Euro und der EU. In Wirklichkeit diente sie vor allem der Rettung der Banken, danach auch der Stützung der Staatsanleihen bzw. Staatsschulden, um einem Übergreifen der Schuldenkrise auf den die nördlichen Euroländer vorzubeugen. Die Banken- und Schuldenkrise wurde damit freilich nicht überwunden, sondern buchstäblich prolongiert. Die im Verlauf auftretenden Zerwürfnisse zwischen Gläubiger- und Schuldnerländern stellen sich nun in der Tat als Eurokrise.”
  • “Die damit geschaffene Situation ist in mindestens drei Punkten unhaltbar. Erstens wurde die Krise verschleppt statt gelöst. Zugegebenermaßen hatte man sich zwischen zwei großen Übeln zu entscheiden, und das auch noch schnell: Finanzkatastrophe sofort, oder von nun an fortgesetzte zwischenstaatliche Bail-outs, exzessives Quantitative Easing, Niedrigst- und Negativzins und andere Mittel der finanziellen Repression. Vor einer solchen Wahl zwischen einem Ende mit Schrecken oder einem Schrecken ohne Ende liegt Politikern letzteres wohl näher, umso mehr als ein Totalzusammenbruch des Banken- und Finanzwesens auch die politischen und sozialen Verhältnisse destabilisiert – was ein Schrecken ohne Ende auf Dauer freilich auch tut.”
  • “(…) zweitens, haben alle Regierungen die jeweilige nationale Bankenindustrie vor dem Kollaps bewahrt, in vielen Fällen jedoch ohne die betreffenden Banken nachhaltig saniert zu haben.
  • Drittens hatten die finanziell weniger gefährdeten Regierungen (…) die Banken und institutionellen Investoren gleichsam aus der Gefechtslinie genommen und sich selbst dorthin gestellt. Anstatt dass Gläubigerbanken und Schuldnerländer sich miteinander herumschlagen, findet die Konfrontation seither zwischen nördlichen Gläubiger-Regierungen und südlichen Schuldner-Regierungen statt.”
  • “Ein anderer Grund für die Zerwürfnisse im Zusammenhang des Staatsschulden-Bail-outs, war das Versäumnis, bei der Gründung der Währungsunion nicht klar und eindeutig das Prinzip der internen Anpassung verankert zu haben. (…) Als (…) die betreffenden Staaten sich in eine zunehmende Überschuldung verstrickt hatten und die Ratingagenturen und Finanzmärkte inmitten der Banken- und Schuldenkrise die Kreditwürdigkeit betreffender Staaten massiv herabstuften, dachten diese nicht daran, selbst Konsequenzen aus der Misere zu ziehen, in die sie sich gebracht hatten. Stattdessen erwarteten sie externe Finanzhilfe, von der sie anscheinend annahmen, diese käme als fortwährender Akt bedingungsloser ‘Solidarität’.”

Dann die Erinnerung daran, dass es gerade unser Geldsystem schwermacht, Bereinigungskrisen – also die Pleite von Staaten und ihren Gläubigern – zuzulassen:

  • “Im heutigen Geld- und Bankensystem entsteht alles Geld zunächst als Bankenkreditgeld, als Gutschrift auf einem Girokonto. Dieses Giralgeld für bargeldlose Zahlungen ist seit vielen Jahrzehnten zum alles bestimmenden Zahlungsmittel geworden. Es ist eine proaktive Schöpfung des Bankensektors, nicht der Zentralbanken, die das Giralgeld nur zum Bruchteil refinanzieren.”
  • “Würde die Bankenindustrie in einer systemischen Krise einen Totalzusammenbruch erleiden, würden nicht nur die Banken selbst untergehen, sondern mit ihnen würden auch ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren Kunden verschwinden, also das Giralgeld, mit dem Firmen, Haushalte und zum großen Teil auch öffentliche Haushalte bezahlen. Das Zahlungssystem käme zum Stillstand und damit jegliche Art von Transaktion. Aus diesem Grund sind nicht nur die großen Banken, sondern faktisch alle Banken ‘systemisch relevant’.”
  • ““Die System-sensitive Verquickung der Geldschöpfung und des Zahlungsverkehrs mit dem Darlehens- und Investmentgeschäft der Banken ist ein Konstruktionsfehler im heutigen Geld- und Bankensystem. Dieses besteht als privates Giralgeldregime, das von den Zentralbanken gleichsam bedingungslos re-finanziert und von den Regierungen als Geld- und Banken-Garantiegebern letzter Instanz gewährleistet wird.”
  • „Das einzige was eine Zentralbank aber wirklich kann, ist Forderungen und Verbindlichkeiten zu monetisieren und damit nicht nur die Banken in geradezu beliebigem Umfang zu re-finanzieren. Im Krisenfall bedeutet dies nichts anderes, als Kredit-und-Schulden Probleme mit noch mehr Krediten und Schulden zu bekämpfen.”
  • “Die (…) Maßnahmen (der EZB) stellen eine Entwicklung dar hin zu immer unkonventionelleren Maßnahmen, man kann auch sagen, Verzweiflungstaten. Die EZB-Bilanz hat sich dabei auf 3 Billionen Euro aufgebläht. In Anbetracht dieser gewaltigen Geldfluten, die in die Banken- und Finanzindustrie injiziert wurden, sind die Ergebnisse letztlich miserabel.”
  • “Die EZB hat sich in eine Sackgasse manövriert. Sobald die Zinsen in Richtung normaler Niveaus ansteigen würden, kämen die meisten überschuldeten Euro- Regierungen sofort wieder unter Druck. Dies würde eine Banken- und Schulden- Nachfolgekrise heraufbeschwören, und in deren Gefolge wohl auch eine neuerliche Verschärfung der Eurokrise, von den damit verbundenen politischen Turbulenzen zu schweigen.”
  • “(…) die EZB kann gleichsam unbegrenzt Banken refinanzieren und Schulden monetisieren, aber wenn Banken, Investoren, Firmen, Haushalte und Regierungen nicht BIP-wirksam investieren und sonst Geld ausgeben wollen, kann die EZB realwirtschaftliche Umsätze durch eine Expansion primären Bankenkredits und sekundären Kapitalmarktkredits auf Giralgeldbasis nicht erzwingen.”
  • “Der Hauptgrund, weshalb die meisten Euroländer stagnieren, statt neue Wirtschaftsdynamik zu entfalten, besteht im Weiterbestehen der unaufgelösten Kredit- und Schuldenblase, mithin Weiterbestehen der Banken- und Finanzkrise. Eine Kapital- und Schulden-Verringerung (‘debt deflation’) als notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige Erholung wird durch die Krisenpolitik der EZB und der Regierungen ja absichtlich verhindert; wobei eine Beendigung dieser Politik sofort zum Zusammenbruch führen und damit den Kapital- und Schuldenschnitt bewirken würde, den die Finanzwelt und die Regierungen mit allen Mitteln zu verhindern suchen.”
  • “Es ist dieser Kontext, in dem etliche Experten und Zentralbanker, die den ‘zero lower bound’ für unnatürlich halten, nach einigen Krisenjahren auf die Idee des Negativzinses verfielen. (…) Abschöpfung von Giralgeldern trägt zum Gewinn der Banken bei und schmälert die Geldmenge. Der Realwirtschaft nutzt das gerade nicht. Denn wer weniger Geld hat, gibt nicht mehr aus, sondern weniger. Firmen geben mehr Geld aus, wenn ihre Geschäftsaussichten positiv sind, nicht, wenn man sie zusätzlich zu Steuern und Abgaben auch noch mit einer ‘Negativzins’ genannten quasi-fiskalischen Abgabe für die Banken belastet.”
  • “Um gleichwohl an Negativzinsen festzuhalten, müssten die Zentralbanken unterstützt von den Regierungen, die eigene Gründe dafür haben – dazu übergehen, den Gebrauch von Bargeld künstlich einzuschränken und schließlich ganz zu verbieten. Ein solcher Prozess hat bereits begonnen. Sofern erzwungenermaßen fortgesetzt, wird er zu einem weiteren Vertrauensbruch zwischen den Eliten und der Bürgerschaft führen. Ganz nebenbei würde eine Bargeldabschaffung das Giralgeldprivileg der Banken zementieren.”
  • “Bei alldem hat sich die EZB eines massiven Gesetzesmissbrauchs schuldig gemacht, wenn nicht eines faktischen Gesetzesbruchs. Denn ihre QE-Politik, die Staatsanleihen im Umfang von zig Milliarden absorbiert und damit monetisiert hat, stellt nichts anderes dar als monetäre Staatsfinanzierung – die der EZB und den nationalen Zentralbanken des Eurosystems nach Art. 123 (1) AEUV verboten ist.”
  • Zum Thema der Verlustübernahme auf der Notenbankbilanz: “Formal wäre eine Zentralbank wohl in der Lage, Außenstände permanent zu prolongieren. Auch muss eine Zentralbank bei negativem Eigenkapital wohl nicht Insolvenz erklären, selbst über längere Zeit hinweg nicht. Aber würden politische Akteure und Finanzmärkte hierbei stillhalten? Wohl kaum. Sie würden Schwierigkeiten machen. Auch Auditoren und Rechnungshöfe müssten Widerspruch einlegen. Im Ergebnis könnten sich die Regierungen am offenen Markt kaum mehr zu erschwinglichen Zinskosten finanzieren. Die monetäre Staatsfinanzierung würde permanent. Der Euro würde stark abwerten.”
  • Der Euro sollte laut Huber erhalten bleiben, weil es allemal günstiger wäre als die Kosten der Scheidung. Jedoch: “Diese Politik gibt vor, den Euro zu retten. Ohne jedoch die EU, die EZB und das Eurosystem zu ändern, wird die Union der Überschuldeten auf Basis finanzieller Repression, monetärer Staatsfinanzierung, vergemeinschafteter Haftung, fortgesetzter Bail-outs und regularisierter Transfers dazu führen, die Finanzen und damit die Wirtschaft zu schwächen und in der Folge dem Euro ein Ende zu bereiten.”
  • “Die EZB würde ihre Anleihekäufe und andere QE-Maßnahmen noch weiter ausdehnen müssen und damit definitiv in eine Phase permanenter Umwälzung und Monetisierung von Staatsschulden der Euroländer eintreten, was wiederum die Frage eines negativen EZB-Eigenkapitals aufwirft. Trotz der Offenmarktkäufe der EZB würde dies ab einem gewissen Punkt Zinssteigerungen am offenen Markt mit sich bringen, da die QE-Maßnahmen dann nur noch als verzweifelte Notmaßnahmen bewertet werden. Wer in einer so verzweifelten Lage ist, bekommt am offenen Markt kaum mehr Kredit, und wenn, nur zu Extremzinsen. Die Kapitalflucht aus Euroländern in Nicht-Euroländer würde erheblich zunehmen. Irgendwann würde die EZB sich gezwungen sehen, zu einem Regime von Kapitalverkehrskontrollen, detaillierter Kreditlenkung und allgemeiner Zins-Administration Zuflucht zu nehmen. Stagnation und schleichender Niedergang ist in der Tat die Perspektive einer immer engeren Euro-Schulden-und Haftungsgemeinschaft.”
  • Und dann die alles entscheidende Frage: “Wie kann der Überhang an finanziellen Forderungen und Schulden auf tragfähigere Niveaus abgesenkt werden, ohne einen Finanzkollaps, den Zerfall des Euro und politisches Chaos hervorzurufen?” – bto: Das ist die entscheidende Frage.
  • “Die erste Option ist ein ausgehandelter Kapitalschnitt bei Staatsanleihen Staatsschuldenerlass durch Abschreibung betreffender Forderungen, ausgehandelt in einer Schuldenkonferenz, wie sie es im zurückliegenden Jahrhundert in anderen Zusammenhängen wiederholt gegeben hat.” – bto: bekanntlich meine Präferenz.
  • “Es sollte akzeptiert werden, dass bei Ausfall eines Kredits an erkennbar überschuldete Adressen Gläubiger und Schuldner sich das Ausfallrisiko teilen. Banken, die Erstzeichner von Staatsanleihen, sind die primären Miturheber der Staatsschuldenblase. Bisher hatten sie nicht wirklich viel der Last zu tragen.” – bto: genau, alternativ eine Abwicklung über Steuern.
  • “Das zweite Element besteht in der Fortsetzung einer maßvollen Austeritätspolitik. Die Schuldner – alle, nördliche wie südliche – kommen nicht umhin, ihren Teil durch ein gewisses Maß an Sparpolitik zu tragen. Alles den überschuldeten Staaten in die Schuhe zu schieben, ist nicht fair, aber die Schuldnerstaaten ohne Weiteres davonkommen zu lassen, wäre auch eine große Ungerechtigkeit. Es hat sie von außen niemand zu ihrer Schuldenaufnahme gezwungen. Sparpolitik (Austerität) ist Teil der erforderlichen internen Anpassung. Sie ist unvermeidlich zumal in einer Währungsunion, die keine schleichend niedergehende Schulden- und Haftungsunion sein soll.” – bto: Muss man auch machen, um die Bevölkerung der Gläubigerländer etwas zu befrieden.
  • “Schließlich, und drittens, würde ein gut bemessenes Quantum an ‘Helikoptergeld’, also schuldenfreien monetär finanzierten Staatsausgaben, die vorerst noch fortgeführte Sparpolitik sowie den ausgehandelten Schuldenschnitt wirtschaftspolitisch vorteilhaft ergänzen. Helikoptergeld kann als Pro-Kopf-Dividende an alle Haushalte ausgeschüttet werden. Viel vorteilhafter wäre es jedoch, die Mittel für dringende Infrastruktur-Investitionen auszugeben sowie zur Aufstockung unterbesetzter öffentlicher Dienste im Bereich Sicherheit, Justiz, Erziehung, Bildung und Forschung.” – bto: Damit würde die Anpassung erleichtert.
  • “Tatsächlich ist eine einheitliche Fiskal- und Sozialpolitik nicht erforderlich für eine funktionierende Währungsunion. Anstatt den Euro mit der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten verknüpfen zu wollen, muss der Euro gegen divergente nationale Politiken abgeschirmt werden. Eben dies geschieht durch No-Bail-out und interne Anpassung. Werden beide Kernprinzipien nicht vorbehaltlos anerkannt und befolgt, werden die Euroländer unweigerlich auf der schiefen Bahn einer Haftungsunion überschuldeter Staaten abwärts schlittern und Jahr für Jahr an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren.” – bto: Hier bin ich bei Huber, denke aber, es ist völlig illusorisch, weil eine interne Abwertung nicht funktionieren wird.
  • “Vor diesem Hintergrund sollten die Akteure der Währungsunion (…) ins Auge fassen: Vollgeld, eine Reform der Geldschöpfung, welche die falsche Identität von Geld und Bankenkredit aufhebt, indem das Giralgeld durch Zentralbankgeld ersetzt wird, oder auch dadurch, dass die Zentralbanken digitales Bargeld in Nachfolge des traditionalen Bargelds (Münzen, Banknoten) in Umlauf bringen.”

Dann kommt Huber zu dem wichtigsten Aspekt. Der aus seiner Sicht erforderlichen Geldreform:

  • “Eine Reform der Geldschöpfung, die das Giralgeld nach und nach ausschleust und Vollgeld an seine Stelle setzt, würde die Kontrolle über den frei schöpfbaren Geldbestand herstellen und dadurch eine wirksame Geldpolitik der Zentralbanken im Interesse einer stabilen Finanzwirtschaft und produktiven Realwirtschaft ermöglichen. (…) Es würde den extremen Übersteuerungen der Finanz- und Wirtschaftszyklen von heute Grenzen setzen und damit auch problematischen Zinsniveaus, Inflationsraten, Wechselkurs- Schwankungen, Asset Inflation und Blasenbildung vorbeugen. Als willkommenes Nebenprodukt würde die Übergangs-Seigniorage, die infolge einer Vollgeld- Einführung einmalig anfällt, es außerdem ermöglichen, die Staatsschulden erheblich zu verringern, ohne das Heulen und Zähneklappern von Kapitalschnitten und Austeritätsauflagen.” – bto: Wie das ginge, habe ich hier schon mal diskutiert:

→ So, glaubt der Ökonom, lösen sich Schulden in Nichts auf

Fazit Huber: “(…) sollte ein Kurswechsel zu einem Neustart des Euro, einer Neuausrichtung des Eurosystems und einer Konsolidierung der EU nicht stattfinden, so wird der fortgesetzte Marsch in die immer engere Schulden-, Haftungs-, Bail-out- und Transferunion zu fortgesetzter Stagnation und allmählichem Niedergang führen. Das schließliche Auseinanderbrechen der EWU und EU könnte dann von nördlichen ebenso wie südlichen Ländern ausgehen – um Europa in einen Flickenteppich mittlerer und kleiner Nationalstaaten auseinanderfallen und insgesamt historisch der Irrelevanz anheimfallen zu lassen, ähnlich dem Schicksal des antiken Griechenland.”

bto: Ich finde, das ist ein sehr lesenswertes Papier zur Krise der Eurozone und ich halte die Idee der Geldsystemumstellung mit Blick auf die Bereinigung der Schulden für bedenkenswert.