Italien zahlt die Zeche für das deutsch-französische Machtkartell

Ein Leser hat mich auf diesen außergewöhnlichen Artikel aus Italien aufmerksam gemacht. Er erschien im arbeitgebernahen Il Sole 24 ORE, geschrieben vom Herausgeber und beschäftigt sich mit der italienischen Bankenkrise. Mit meinen bescheidenen Italienischkenntnissen und Google Translator (in Englisch, weil die deutsche Version gar nicht ging) eine Zusammenfassung der Essenz. Nicht wörtlich, sondern im Versuch, den Tenor zu treffen:

  • Die faulen Kredite sind zum Stigma eines europäischen Bankensystems geworden, hinter dem ein Klub der Finanzoligarchie steht, angeführt von Deutschen und Franzosen. Die Spanier haben sich angepasst und die Italiener müssen die Zeche zahlen. – bto: Das wäre solange keine ungewöhnliche Aussage, käme sie nicht von einer wirtschaftsnahen Zeitung.
  • Das ist die Wahrheit und passiert schon zu lange am Tisch der europäischen Politik und internationalen Finanzwelt. Ein Tisch, an dem Italien keinen Platz hat. – bto: was natürlich ein hartes Argument ist.
  • Der italienische Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan hat sich in einem Interview mit dem Il Sole 24 ORE ungewöhnlich offen geäußert und von einem Bürgerkrieg gegen die nationalen Banken gesprochen, zu dem alles instrumentalisiert wird. – bto: Die Schuldigen sitzen also im Ausland.
  • Beklagt wird da vor allem eine Ungleichbehandlung. Während es genügen soll, mit einem minimen Eigenkapital von drei Prozent zu arbeiten (so viel hatte auch Lehman vor der Pleite), ist es vor allem ein Skandal, dass sogenannte Level-3-Assets immer noch anerkannt werden. Das sind Assets wie Derivative und komplexe Wertpapiere ohne Marktpreis und ohne Mechanismus, diesen zu bestimmen. Hier ist den Banken weiterhin erlaubt, eine Bewertung mit internen Modellen vorzunehmen. – bto: Das ist sicherlich ein Punkt. Wissen wir doch, dass der Kapitalbedarf der europäischen Banken bei rund einer Billion Euro liegen dürfte. Die Italiener trifft es nur zuerst.
  • So können deutsche und französische Banken weiterhin diese „Zombie-Bank“ in ihren Bilanzen verstecken, ohne sich mit neuem Kapital zu versorgen. – bto: Das stimmt sicherlich.
  • Doch statt sich darum zu kümmern, liegt das Augenmerk nur auf den faulen Schulden und damit vor allem bei den italienischen Banken. Diese sind hoch, aber mit entsprechenden Sicherheiten – Immobilien – hinterlegt, die zwar heute nicht mehr so viel wert sind wie früher, aber einen Wert haben, der sich auch realisieren lässt (im Unterschied zu den Level-3-Assets, meint er). – bto: Da ist auch was dran.
  • So kommen Banken unter Druck, die lösbare Probleme haben und auch die gesunden Banken werden in Sippenhaft genommen und ihre Bewertung sinkt. – bto: wie wir beobachten konnten. Die Mailänder Börse war eine der schlechtesten im letzten Jahr.
  • Davon profitieren dann die Banken aus dem Ausland, vor allem französische, die in Italien Banken übernehmen. Banken, die eigentlich gesünder sind als die übernehmenden Banken. Selbst der Versicherungskonzern Generali ist vor diesem Ausverkauf nicht mehr sicher. – bto: siehe die Gerüchte zu Allianz/Generali.
  • Wir Italiener haben in Europa keinen Platz mehr am Tisch und werden so zum Spielball der ausländischen Interessen. – bto: Das ist natürlich ein Argument, das politische Sprengkraft besitzt.
  • Während alle von den italienischen Banken sprechen, haben die spanischen Banken einen anderen Weg beschritten. Sie haben die Immobilien der Kunden, die nicht mehr zahlungsfähig waren, übernommen und halten sie, bis ein besserer Zeitpunkt zur Veräußerung kommt. Ergebnis: Mit der Zustimmung der europäischen Behörden wurden die faulen Kredite bereinigt und der Kreditweg wurde wieder geöffnet. Die Spanier dürfen am Tisch sitzen, wir nicht. – bto: Natürlich wäre das auch für Italien ein Weg. Aber: a) Würde es genügen? b) Genügt es in Spanien?
  • Das italienische Bankenproblem – so ernst es auch ist – wäre genauso lösbar. Wären da nicht die Interessen der Mächtigen im „europäischen Klub“, nämlich die italienischen Assets günstig zu übernehmen. – bto: Das mag sein. Ich bezweifle, dass es genügen würde.
  • Italien muss sich weigern, die Auflagen zu akzeptieren, solange die Leverage-Ratio von drei Prozent und die Behandlung der Level-3-Assets nicht anders behandelt werden. – bto: Das kann ich als Forderung nachvollziehen.
  • Die (europäischen) Eliten haben sich zu sehr vom Volk entfernt, wie die Eliten der USA, die vom Sieg Donald Trumps überrascht waren, weil sie die Stimmung in der Bevölkerung nicht kannten. Wie leben in Zeiten der weitverbreiteten “französischen Revolution”, wo sich die Eliten der Länder den Bürgern stellen müssen. – bto: Das ist sicherlich richtig.
  • Die Briten wollten bei ihrer Brexit-Entscheidung auch nicht mehr in einem Klub sein, der in einem Appartement lebt, das den Deutschen und Franzosen gehört. – bto: Wenn dies das Ergebnis des Euros und der „Rettungspolitik“ der letzten Jahre ist, dann herzlichen Glückwunsch!
  • Dieser alte Klub funktioniert nicht mehr. Alles muss sich ändern: von den Banken über die Außenpolitik bis zu den Investitionen.
  • Zeit, dass Italien sein Schicksal in die Hand nimmt. – bto: Tut es das, so dürfte dies das Ende des Euro einläuten.

→ Il Sole 24 ORE: “Le chiavi di potere del club franco-tedesco e il conto che paga l’Italia”, 30. Dezember 2016