Die Wette gegen die Banken lohnt sich auch ohne neue Krise

Mehrere Leser haben mich auf diesen Beitrag aufmerksam gemacht. Im Kern geht es darum, dass mehrere Wall-Street-Banken es ihren Kunden ermöglichen, gegen die europäischen Banken zu wetten. Letztere haben immer mehr Anleihen ausgegeben, die im Krisenfalle in Eigenkapital gewandelt werden (also zu einem ungünstigen Zeitpunkt, wo dieses Eigenkapital wohl wertlos sein dürfte) und dafür etwas mehr Zinsen bieten. Glaubt man, dass diese Anleihen zu teuer sind, kann man nun einfach dagegen wetten. Das muss kein Anzeichen sein, dass die nächste Krise bevorsteht. Es ist aber ein weiteres Symptom für die sich häufenden Risiken im Finanzsystem:

  • “Less than a decade after the last major banking crisis, GoldmanSachs and JPMorgan Chase & Co. are offering investors a new way to bet on the next one. (…) are now making markets in derivatives that allow investors to bet on or against high-risk bank bonds that financial regulators can wipe out if a lender runs into trouble.” bto: Diese Tatsache alleine ist noch kein Krisenindikator. Denke aber auch, dass solche Wetten interessant sein können, vor allem wenn die Wirtschaft sich wieder abkühlt und/oder die Zinsen steigen.
  • “At a time when financial markets are racing from one high to another, and even the new Nobel laureate in economics is wondering aloud about investor behavior, the development is at once a sign of the headlong global race for investment returns and nagging worries that the investors may be getting ahead of themselves.” bto: Das ist sicherlich zutreffend, allerdings mehr der Punkt, dass Anleger die Bankenbonds kaufen zu derart tiefen Zinsen.
  • “Underlying these trades are securities known as additional Tier 1 notes, which banks started issuing after the European debt crisis. They seek to protect taxpayers from bearing the cost of government bailouts, bringing with them relatively high yields. In an era of near-zero interest rates, they’ve become sought after by debt investors around the world, ballooning into a $150 billion market.” bto: weil alle glauben, es würde nichts schiefgehen, weil Geld immer billig bliebe.
  • “Goldman Sachs analysts have expressed skepticism about whether the yield is worth the risk. (…) Tier 1 capital is a shock absorber‘ that banks can use to boost their balance sheets in an emergency, while imposing losses on creditors (…) That could create a negative feedback loop‘ for traders, he said.” bto: Das ist nett formuliert. Es gibt (massive) Verluste.
  • “Wall Street and City of London banks have a long track record of creating derivatives around debt markets as investors grow nervous that they’re becoming too exposed. Before the financial crisis a decade ago, they created credit-default swaps tied to subprime mortgages, enabling the trade that Michael Lewis made famous in his book “The Big Short.” Other swaps created around the same time have since become used to bet against commercial mortgages that are heavily exposed to shopping malls.” bto: was nicht bedeutet, dass es diesmal genauso ist. Es ist eine normale Möglichkeit der Spekulation. Spannend wird es, wenn Goldman eine bestimmte Mischung an Bankanleihen zusammenstellt, die besonders anfällig ist.

Womit wir einen weiteren Indikator haben. Keinen zwingenden Beweis. Interessant ist es allemal.

Das führt mich aber zu einem anderen Punkt: Es kann ja auch sein, dass die Banken auch ohne neue Finanzkrise in Schwierigkeiten geraten. Und das wäre gar nicht mal so überraschend, denn wieso sollte eine Branche, die so groß und ineffizient ist, nicht auch von der Digitalisierung hinweggefegt werden? Wenn dem so ist, ergeht es den Banken und deren Eigentümern genauso wie den Betreibern von Shopping-Malls! Von den Händlern ganz zu schweigen.

Die Commerzbank scheint das so zu sehen (bzw. einzelne Analysten):

  • “In der What if the game changes?‘ betitelten Kurzstudie (…) entwerfen die Coba-Analysten ein Szenario, wonach viele Institute schon in wenigen Jahren in existenzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Dabei weisen die Autoren explizit auf steigende Risiken für die Besitzer nachrangiger Anleihen hin.” bto: weshalb es sich lohnt, gegen die Anleihen zu wetten, siehe oben.
  • “Für die Banken geht es in Zukunft gar nicht mehr darum, die Ansprüche ihrer Aktionäre zu befriedigen. Sondern nur mehr darum, aus ihren notwendig kargen Gewinnen irgendwie die Schulden bei den Bondholdern zu begleichen.” bto: yep.
  • “Besonders spannend ist, dass die Analysten (…) ihre Argumentation nicht etwa vom Zinstief her denken. Stattdessen knüpft die Commerzbank das Schicksal der europäischen Finanzindustrie quasi eins zu eins an die Frage, ob die Branche die Digitalisierung meistert (…): Es besteht die reale Möglichkeit, dass sich die Wertschöpfungskette und die Marktstruktur in der Bankenbranche in den kommenden zehn Jahren signifikant verändern werden. Falls es wirklich so kommt – dann wird sich dies auf die Art und Weise auswirken, wie Banken arbeiten und wie sich ihre Marktposition, ihre Ertragskraft und ihre Bonität entwickeln. Bislang basieren die Digitalstrategien der Banken auf der Annahme, dass der Status quo erhalten bleibt – die Bank also die zentrale Anlaufstelle des Kunden bleibt. Wir dagegen halten es für möglich, dass die Banken stattdessen disintermediert und auf eine Rolle reduziert werden, in der sie nur noch ihre Bilanzsumme zur Verfügung stellen.‘” bto: Und selbst das könnte überflüssig werden.

bto: In einem meiner WiWo-Kommentare habe ich vor Banken als Anlage gewarnt. Die wahre Frage ist jedoch: Wenn das Bankensystem aus diesem Grund kollabiert, was passiert mit unserem Schuldenturm?

→ Bloomberg: “Goldman Has a New Way for You to Bet on the Next Banking Crisis”, 12. Oktober 2017

→ Finanz-Szene.de: “Exklusiv: Commerzbank warnt vor säkularer Zäsur‘ für die eigene Branche”, 18. Oktober 2017