FT warnt zweimal vor Banken

Die FT warnt zweimal vor Banken – in einer Ausgabe! Die Argumente sind nicht so neu, aber höchst relevant.

Zunächst Martin Wolf mit einer Beschreibung der (traurigen) Fakten:

  • Seit Jahresbeginn verlor der S&P 500 7,5 Prozent, die Aktien der Banken verloren 16,1 Prozent. Der FTSEEurofirst verlor 9,5, die Banken verloren 19,5 Prozent. Relativ zum Gesamtmarkt schnitten Banken hier wie dort gleich schlecht ab.
  • Während der S&P 500 23 Prozent über dem Niveau vom Juli 2007 notiert, liegen die US-Banken 51 Prozent tiefer. Der FTSEEurofirst liegt 23 Prozent tiefer als damals (bto: klares Zeichen für den schlechten Zustand Europas), die Banken 71 Prozent tiefer (!). Noch 40 Prozent weiterer Verlust und die europäischen Banken liegen wieder auf Krisenniveau 2009.
  • Dabei liegt die Bewertung – gerade in den USA – nach Daten von Professor Shiller (CAPE) so hoch, dass es nur 2000 und 1929 schlimmer war. Dies dürfte erklären, dass Investoren die Risiken eines Einbruchs höher gewichten. – bto: siehe dazu auch meine heutige WiWo-Kolumne.

Es gibt aber auch so genügend Gründe für Sorge, so Wolf:

  • Rezession in den USA mit sinkenden Gewinnen und einer falschen Politik der Fed. – bto: Ich zitiere hier nur!
  • Stress in den Volkswirtschaften der Rohstoffländer wegen des Preisverfalls.
  • Verkaufsdruck der Sovereign Wealth Funds aus dem gleichen Grund.
  • Sorge vor einer deutlichen Abschwächung in China und einer ungenügenden politischen Antwort dort.
  • Die ungelöste Eurokrise.
  • Zunehmende geopolitische Spannungen mit Russland in Syrien und der mögliche Verfall der EU.
  • Und natürlich könnte auch der nächste US-Präsident wenig vertrauenserweckend sein.

bto: Ohne Zweifel, jeder dieser Fakten ist relevant und in Summe Angst einflößend.

  • Dahinter steht, so Wolf, die chronische Nachfrageschwäche in der Weltwirtschaft, die von einer Abkühlung in China noch verschärft wird. Der Westen hat sich bis jetzt nicht von Finanz- und Eurokrise erholt; sichtbar an den tiefen Zinsen, die wir haben. – bto: genau. Wir sind im Eiszeit-Szenario gefangen und reiten uns immer tiefer hinein.
  • Das ist ein deflationäres Szenario (bto: richtig!) und es trifft Banken besonders.
  • Denn: Banken sind „highly leveraged plays on economies. If economies are sick, banks are likely to be sicker. Worse, the sicker the banks, the sicker will be economies.“ – bto: Wir wissen, wie Leverage wirkt, nach oben wie nach unten!
  • Wie schlimm es ist, sieht man nicht nur an den Aktien, sondern auch an den Anleihen, die Banken ausgegeben haben, vor allem jenen, die einen Tausch in Eigenkapital im Krisenfall vorsehen.
  • Banken drehen auch immer noch ein großes Rad. Wenn man auf die eigentlichen EK-Quoten schaut und nicht die der Modelle, liegt die EK-Quote immer noch bei weniger als fünf Prozent. (Leverage above 20 to one).
  • Außerdem stecken Banken überall drin.
  • Deflation erhöht das Risiko von Negativzinsen auf die Reserven und wird damit den Margendruck auf Banken nochmals erhöhen. Die flache Zinskurve vermiest das traditionelle Geschäft langfristiger Kredite mit kurzfristiger Refinanzierung. Die Kreditkunden aus dem Rohstoffbereich drohen auszufallen.
  • Noch schwerer wiegen die neuen Regeln zur Bankensanierung, die Aktionäre und Gläubiger gleichermaßen treffen. – bto: Klar, es ist viel riskanter, dort zu investieren.

Wolfs Fazit: Selbst, wenn wir keine Weltrezession bekommen, sind die Risiken für Banken erheblich, die wiederum ein Risiko für die Wirtschaft darstellen. People worry about the health of these huge, highly leveraged, extremely complex and opaque behemoths. They are undoubtedly right to do so.“bto: Eine Kaufempfehlung liest sich anders.

Mit demselben Datum ein Kommentar von John Kay, mit dem bezeichnenden Titel: „Don’t always believe a balance sheet. Das stimmt zwar, ist aber mit Blick auf Geschäfte mit EK-Quoten von drei bis fünf Prozent Wahnsinn. Man dürfte diese Werte unter gar keinen Umständen haben. Die Highlights:

  • Die gute Nachricht: Das weltweite Volumen an ausstehenden Derivativen ist von 700 auf 550 Billionen US-Dollar gesunken! – bto: Ja, wir sind in einer sichereren Welt! Nur noch dreimal der Wert aller Vermögenswerte in der Welt.
  • Es sind Zinsswaps (da tauscht man zum Beispiel feste gegen variable Zinsen), Währungsgeschäfte und erst auf dritter Stelle die berühmten Credit Default Swaps, also Versicherungen gegen Zahlungsausfälle. Letztere „nur“ noch mit 15 Billionen Volumen, etwas weniger als die US-Wirtschaft (18B).
  • Die beiden größten Akteure im Markt, JPMorgan und Deutsche Bank machen ungefähr 20 Prozent dieses Marktes aus, mit je 50 Billionen US-Dollar ausstehenden Kontrakten. – bto: Da kann mir niemand sagen, dass dies der Realwirtschaft dient!
  • Die Marktkapitalisierung von JPMorgan liegt mit rund 200 Milliarden auf Buchwert, die der Deutsche Bank mit 23 Milliarden bei einem Drittel des Buchwerts. Buchwert ist hier als der bilanzierte Wert der Vermögenswerte zu sehen.
  • From one perspective, Deutsche Bank is leveraged 2,000 times. Imagine promising to buy a house for $2,000 with assets of $1. bto: Hier setzt Kay die 50.000 Milliarden Derivate in Relation zu den 23 Milliarden EK, was übrigens 2174-mal ergibt. Das ist nicht unzulässig, wird doch die Verschuldung von Unternehmen in der Finanztheorie immer mit dem Marktwert von EK und FK gemessen.
  • Natürlich sind es keine 50.000 Milliarden echter Verbindlichkeiten, weil es sich um Geschäfte und Gegengeschäfte handelt. Man kauft zwar etwas, verkauft es aber zu einem anderen Preis zu einem anderen Zeitraum wieder. Aus der Differenz erwächst der Gewinn oder Verlust. Ein guter Teil dürfte sich so aufheben.
  • Entscheidend ist dann natürlich, wie gut sich diese Positionen aufheben. Und das weiß vermutlich niemand. Die Modelle der Banken sind weder transparent, noch erweisen sie sich in Krisenzeiten als stabil.
  • Wenn man in die Bilanzen der Banken sieht, findet man die hier genannten Derivate nicht vollständig. Dies hat mit den Rechnungslegungsvorschriften zu tun, die eine Verrechnung von Forderungen zulassen. Wenn man sich gegenseitig je 100 Euro schuldet, ist es netto null. In den USA ist diese Verrechnung noch deutlich leichter vorzunehmen, weshalb die Bilanzen der US-Banken fälschlicherweise kleiner aussehen als die der Europäer.
  • Das Problem ist die Bewertung des „fair value“: „There is a large difference between being a dollar millionaire and having assets of $100m and liabilities of $99m.“ bto:  Das kann man wohl sagen! Vor allem, wenn die 100 Millionen investiert sind.

„The superficial information we have from balance sheets and capital adequacy calculations understates the scale of complexity and interdependence in the global financial system. Market participants are right to be sceptical, and nervous, about banks.“

So: Da wir wissen, dass die eigentlichen Schuldner viel zu viele Schulden haben und zudem auch noch wissen, dass Deflation ein absoluter Killer ist, UND die Notenbanken sie nicht besiegen können, ist das ein Killer für Bank(Aktien). Damit aber auch für die Wirtschaft.

→ FT (Anmeldung erforderlich): „Banks are still the weak links in the economic chain“, 16. Februar 2016

→ FT (Anmeldung erforderlich): „Don’t always believe a balance sheet“, 16. Februar 2016