Frankreich besser als Deutschland

Im Mai 2017 habe ich beim manager magazin die Frage aufgeworfen, ob Frankreich mal für uns bezahlen wird – und natürlich verneint:

„Transferunion – wird Frankreich bald für Deutschland zahlen?“

Hintergrund meiner damaligen Überlegungen war neben der Kritik an der fehlenden ökonomischen Wirksamkeit einer Transferunion die Tatsache, dass Frankreich allen schlechten Artikeln hierzulande zum Trotz nicht so schlecht dasteht: gute Demografie, konjunkturunabhängige Industrien und deutlich mehr Investitionen in Infrastruktur. Zudem eine politische Elite, die langfristig und im Interesse des Landes denkt.

Nun berichtet auch die FINANZ und WIRTSCHAFT von der relativ guten Entwicklung des Landes. Spricht gar vom “goldenen Weg”, der dort beschritten wird:

  • “Während in Deutschland und Italien das Wachstum dieses Jahr zum Stillstand gekommen ist, entwickelt sich die Konjunktur in Frankreich dynamisch. (…) Frankreich ist deutlich weniger als Deutschland von dem Produktionseinbruch in der Industrie betroffen. Im Zentrum stehen die Autobauer und ihre Zulieferer, die in Frankreich wirtschaftlich von geringerer Bedeutung sind als beim Nachbarn. Die verarbeitende Industrie trägt nur knapp 19 % zum Bruttoinlandprodukt (BIP) bei. In Deutschland sind es 22 %.” bto: Wir setzen auf alte Industrien, die wir sogar noch zusätzlich beschädigen, während die Franzosen viel näher am Konsum sind.
  • Der grosse Unterschied liegt aber in der Zusammensetzung innerhalb des verarbeitenden Gewerbes. Während der Fahrzeugbau 18 % zum Gesamtumsatz der französischen Industrie beiträgt, sind es in Deutschland fast doppelt so viel.” bto: Aber bei uns denkt man gar nicht daran, zu reagieren. Stattdessen beschäftigen wir uns mit allen möglichen Nebenthemen.

Quelle: FuW

  • “(Einen weiteren) Unterschied macht die robuste Binnennachfrage aus. In Frankreich fahren die Privathaushalte ihre Ausgaben hoch. Dieses Jahr werden sie inflationsbereinigt rund 1,3 % zunehmen, nächstes noch einmal 1,7 %.”

Quelle: FuW

  • “Die Kaufkraft pro Kopf nimmt dieses Jahr doppelt so stark zu wie 2018. Dafür ist die gute Lage am Arbeitsmarkt verantwortlich. (…) Darüber hinaus profitieren die Franzosen von einer ganzen Reihe finanzieller Entlastungen. (…) u. a. geringere Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer, Steuererleichterung für Überstunden und tiefere Grundsteuern. Rund ein Drittel des dadurch gestiegenen verfügbaren Einkommens lässt sich darauf zurückzuführen.” bto: tiefere Grundsteuern? Wie unsozial. Hier werden sie ja demnächst deutlich steigen.
  • Der Staat investiert überdurchschnittlich.  Auch deshalb ist das Haushaltdefizit auf 3,1 % des BIP angeschwollen und verletzt den Stabilitätspakt. Diese Woche hat die EU-Kommission Frankreich zusammen mit Italien zur Haushaltsdisziplin ermahnt” bto: Wir wissen, wie vernünftig es ist, sich zu verschulden. Ist doch klar, dass es nur über Inflation und Monetarisierung zu einer Lösung kommen kann. Wer dann viele Schulden hat bei guter Infrastruktur, ist der Gewinner!

fuw.ch: “Frankreichs goldener Weg”, 29. Oktober 2019