Euro und Schengen gescheitert

In meiner Kritik an dem unfundierten Beitrag von Folkerts-Landau in DIE ZEIT habe ich folgendes Fazit zu den Einlassungen der Experten in Sachen Zuwanderung und Euro gezogen:

  • Es werden Behauptungen aufgestellt, ohne diese zu belegen („Flüchtlinge erhalten Wohlstand.“ – „Wir sind die Gewinner des Euro.“)
  • Es werden „Investitionen“ gefordert, ohne diese zu quantifizieren („Kosten der Integration sind eine kluge Investition in die Zukunft.“ – „Scheitert der Euro, …“)
  • Es wird nicht gesagt, wer es bezahlen muss („Faktor Arbeit verliert relativ“ – „Es sind ja nur Bürgschaften, für die tiefen Zinsen ist die EZB zuständig …“)
  • Es wird in moralischen Kategorien argumentiert, statt in quantifiziert ökonomischen.

Es gibt aber auch Ausnahmen unter den Volkswirten, so den Vorgänger von Folkerts-Landau, Tom Mayer. Hier Auszüge aus seinem Kommentar in der letzten F.A.S.:

  • „Was sind schon die 337 Milliarden Euro, für die Deutschland laut Ifo-Institut im Rahmen der Kredite an die Krisenländer in der Europäischen Währungsunion haftet, im Vergleich mit 1,5 Millionen Flüchtlingen, die möglicherweise dieses Jahr nach Deutschland kommen werden?“ – bto: Und wir werden beides verlieren!
  • „Keine Steuererhöhungen zur Finanzierung der Wiedervereinigung, sagte Helmut Kohl. Und: Gleicher Lohn in Ost und West, forderten die Gewerkschaften. Das Ergebnis ist bekannt: Statt blühender nur verwelkte Landschaften. Wird es bald heißen: Statt Verjüngung der deutschen Gesellschaft nur Zerfall?“ – bto: genau meine Argumentation mit Blick auf das Thema. Zusatzkosten in Billionenhöhe als weitere Belastung, statt als Erleichterung.
  • „(…) wie die ökonomische Seite der Wiedervereinigung wurde auch die Währungsunion auf Sand gebaut. Man gelobte ‚no bail-out‘, sorgte aber weder für eine Insolvenzordnung für bankrotte Staaten noch eine Austrittsverpflichtung für serielle Bankrotteure.“ – bto: woran sich nichts geändert hat!
  • „Erst als die Europäische Zentralbank versprach, dafür zu sorgen, dass keinem Euroland jemals die Euros zur Begleichung seiner ausstehenden Schulden ausgehen würden, verzog sich die EuroKrise in den Hintergrund. Seither schwelt sie dort weiter. Auch Schwelbrände können am Ende alles vernichten.“ – bto: Und das werden sie auch hier. Aber nicht lautlos.
  • „(…) wie die Währungsunion ist auch Schengen auf Sand gebaut. Ohne Binnengrenzen kommt es auf die Außengrenzen an. Sind diese nicht gesichert, kann jeder nach Belieben kommen. Notwendig wären eine gemeinsame Grenzsicherung, gemeinsame Flüchtlingspolitik und ein gemeinsames Asylrecht. Nichts davon funktioniert, weil alles heillos verknäuelt ist. Statt den Knäuel zu entwirren, winken unsere Partner an den Außengrenzen die Leute weiter, zu uns.“ – bto: Außerdem können sie uns in Sachen Euro noch besser erpressen.
  • „Ein gemeinsamer Hausschlüssel und eine gemeinsame Haushaltskasse funktionieren aber nur, wenn die Hausbewohner gleiche Vorstellungen darüber haben, wer Zugang zum Haus bekommen und wie die gemeinsame Haushaltskasse gemanagt werden soll. Offensichtlich sind wir im europäischen Haus nicht so weit, werden vielleicht nie dahin kommen.

Mayers Fazit, dem ich voll zustimme: „Was tun? Die Spitzenpolitik will den europäischen Zentralstaat erzwingen. ‚Mehr Europa‘ heißt dort die Antwort auf alle Probleme. Vielleicht reizt sie dazu die Aussicht auf persönliche Vorteile: mehr Ansehen, mehr Einfluss, schönere Amtsstuben. Doch die ‚Demoi‘ (bto: = 28 Staatsvölker) bocken und wählen Protestpolitiker. Das Gezerre um mehr oder weniger Europa droht Europa zu zerstören. Soll man es darauf ankommen lassen und weiter am Zentralstaat bauen? Klüger wäre es wohl, bescheidener zu sein und die EU zurückzubauen. Auf die Teile, die funktionieren: die Zollunion und den Binnenmarkt.“

→ F.A.S.: „Europa ist kein Volk“, 17. Oktober 2015