„EU monetary policy failure offers a lesson on migration“

Die Briten schauen bekanntlich sehr kritisch auf die EU und ein Brexit wird bei Fortsetzung des Chaos in der EU immer wahrscheinlicher. Ich halte diesen für einen Gau aus deutscher Sicht, weil mit den Briten eine entscheidende Stimme für wirtschaftliche Vernunft in der EU fehlen würde.

Andererseits kann man sich bei nüchterner Betrachtung nicht ganz der Kritik entziehen. In einem Beitrag für den Telegraph vergleicht Roger Bootle die Flüchtlingspolitik mit der Eurokrise und zieht interessante Parallelen. Dabei muss man im Hinterkopf haben, dass er der Chef des wirtschaftlichen Forschungsinstituts Capital Economics ist, welches den Wolfson-Preis gewonnen hat mit dem besten Konzept für eine geordnete Auflösung der Eurozone und auch den Holländern vorgerechnet hat, dass es ihnen außerhalb des Euros besser erginge. Offensichtlich also kein Freund des Euros, wie er auch hier zusammengefasst hat: „The euro was never necessary for European growth“.

Nun also der aktuelle Blick auf den Zustand der EU:

  • Die römischen Verträge, die 1957 die EU begründet haben, legten drei Grundsätze fest: die freie Bewegung von Arbeitskräften, Waren und Kapital im gemeinsamen Wirtschaftsraum.
  • Aus volkswirtschaftlicher Sicht gut nachvollziehbar, da dies die effizienteste Verwendung von Ressourcen sichert. Mit Blick auf die Erfahrungen aus der großen Depression war vor allem der freie Güterverkehr wichtig.
  • Das hat sich mittlerweile geändert und die Personenfreizügigkeit ist das wichtigste Element des Binnenmarktes.
  • Daraus erwachsen nun aus zwei Gründen Probleme: Zum einen sind durch die Osterweiterung Länder hinzugekommen, in denen die Menschen einen deutlich tieferen Lebensstandard und einen entsprechend starken Anreiz haben, in andere Länder der EU zu gehen; zum anderen die Völkerwanderung von Menschen außerhalb der EU, die dort hineingelangen wollen.
  • Dabei ist es erst der Beginn einer Völkerwanderung, weil die Regionen Afrikas vor einer wahren Bevölkerungsexplosion stehen.
  • Damit wird die Zuwanderung zu einem schwierigen Thema: Sind die Menschen, Kulturen und Institutionen in der Lage und bereit, Millionen von Menschen mit anderen Werten und Traditionen zu integrieren? – bto: Das ist die Kernfrage und natürlich, wie es um die Integrationsbereitschaft der Neuankömmlinge gestellt ist.
  • Die Antwort der EU – konsistent mit der bisherigen Historie – ist der Versuch, eine EU-Integrationspolitik zu definieren. Dabei hat der Euro gezeigt, dass es nicht für alle Länder eine gute Idee ist, mitzumachen. Der Euro hat es eher erschwert, weil er die Anpassung zwischen den Ländern erschwert. Dies hat England gesehen und deshalb nicht mitgemacht.
  • Die demografische Entwicklung in Europa ist sehr unterschiedlich. Während England deutlich wachsen wird, schrumpfen Spanien, Deutschland und Italien merklich. – bto: … haben ergo einen anderen Bedarf an Zuwanderern.
  • Sobald die Zuwanderer über EU-Pässe verfügen, dürfen sie sich frei bewegen. Deshalb kann jedes einzelne Land in der EU darüber entscheiden, wie groß die potenzielle Zuwanderung in andere Länder ist. bto: Klartext: Wenn Deutschland viele aufnimmt, können die nach der Zwischenstation bei uns nach England gehen. Und dies ist nicht unbedingt im Interesse Englands. Ein Argument, welches nachvollziehbar ist.
  • Hinzu kommt: Selbst, wenn die EU sich auf eine EU-weite Zuwanderungspolitik einigen könnte, weshalb sollten wir glauben, dass die EU diese auch durchsetzen kann?
  • Kanada hat gerade ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen. Was fehlt darin? Genau: die Personenfreizügigkeit. Sieht nicht nach einem Verlust für Kanada aus. – bto: Das sehe ich auch so, siehe auch die Haltung in der Flüchtlingskrise, die Talente ins Land holt, statt jene, die Geld und Kraft haben, durch Europa zu wandern.
  • Die EU will natürlich das andere versuchen. Dies ist aber völlig irrlichternd unter den aktuellen Umständen.

Er schließt dann mit der –rethorischen – Frage: „Just what is the problem to which the EU is the solution?“

→  The Telegraph: „EU monetary policy failure offers a lesson on migration“, 24. Januar 2016

Kommentar (1) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dieter Krause
    Dieter Krause sagte:

    Selbst wenn die EU 160.000 Flüchtlinge in Europa verteilen sollte, werden die meisten danach wohl nach Deutschland kommen. Warum sollen die in der Slowakei oder Ungarn bleiben und dort Slowakisch oder Ungarisch lernen, zumal es dort auch kaum Jobs für sie gibt? Und keine Integrationskurse.

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