Ein Ausstieg aus der Geldschwemme der Notenbanken wird immer schwieriger

Gestern habe ich an dieser Stelle Peter Bernholz aus der NZZ zitiert. In einem ergänzenden Kommentar setzt sich Beat Kappeler in der NZZamSonntag mit den Ausstiegsszenarien auseinander. Ein Leser hat mir diese sehr guten Betrachtungen zugesandt, die leider noch nicht online verfügbar sind:

  • “Die frivole Geldpolitik ist hier oft beklagt worden. Aber viele Leser wollen wissen, wie sie ausgeht. Da wir alle dies zum ersten Mal erleben, teilen wir die Wahrsagerei in vier Varianten auf.”
  • “(…) solide Auflösung: Die Notenbanken kaufen grosse Anteile der Staatsschulden der meisten Länder auf. Die Politiker beginnen nun zu sparen und zahlen die auslaufenden Papiere den Notenbanken zurück. Dadurch strömt das viele ausgegebene Geld zurück, die Papiere sind erledigt. (…) Diese Variante ist jedoch unwahrscheinlich.” bto: Das kann man wohl sagen!
  • Variante des Weiterwälzens: Sie halten je nach Land bereits bis zu 40 und 50 % der Staatsschulden. Macht die Europäische Zentralbank so weiter, sind in 13 Jahren sogar alle italienischen Staatsschulden weg vom Fenster und im Keller der Notenbank. Aber bald schon reichen diese Aufkäufe, um den Rest der Schulden halbwegs erträglich für den ganzen Euro-Süden und Frankreich zu machen. Die Zinseinnahmen darauf führen zu einem Gewinn der Notenbanken, (…) dieser wird dem Staat überwiesen. Der aufgekaufte Teil der Staatsschulden ist gratis. Auslaufende Papiere werden von den Notenbanken nachgekauft, die Politiker müssen nicht sparen.” bto: Das ist sicherlich eine sehr wahrscheinliche “Lösung”.
  • “(…) härtere Variante des Weiterwälzens träte ein, wenn die Notenbanken die aufgekauften Staatsschulden streichen. Die Notenbanken hätten danach kein eigenes Kapital mehr in der Bilanz, sondern die ausgegebenen Geldmengen als Schuld. Die Staaten könnten zwar wieder Eigenkapital einzahlen, aber dann wären sie wieder so verschuldet wie vorher. Also weitertricksen, etwa mit einer in den USA erwogenen Münze von 1000 Milliarden Dollar, welche der Staat, wie alle Münzen, freihändig prägen kann und die er in die bankrotte Notenbank einlegt. Solche Schuldenerlasse funktionieren nur einmal und nur, wenn die Bürger nicht in Realwerte oder andere (auch alternative Währungen) flüchten.” bto: Diese Option wird von Adair Turner und anderen schon lange gefordert. Doch warum sollten die Bürger dem Geld nicht mehr trauen? Es muss keineswegs zu Inflation führen. Das tut es erst, wenn die Staaten sich dauerhaft mit frischem Notenbankgeld eindecken. Oder?
  • “Den zwei Varianten des Weiterwälzens folgen zwei hartnäckige Probleme. Zum einen würden die Politiker erst recht von der Budgetsanierung und von befreiten Arbeits- und Gütermärkten abgehalten, es bliebe also kaum beim einen Mal der Schuldentürme. Zum anderen liefe die enorme, ohne echte Gegenwerte geschaffene Geldmenge immer noch um.” bto: Ja, es wäre die Grundlage für den nächsten Schuldenboom.
  • “(…) anziehende Preise. In den USA steigen sie, ohne Öl und Nahrung, seit Monaten um 2,3 %, aber die Notenbank hat plötzlich einen eigenen, viel tieferen Index (PCE-Index). Jedenfalls würden private Akteure, Banken, Versicherungen dann mehr Zins verlangen. (…) Oder man schriebe den Banken, Versicherungen, Pensionskassen tief verzinste Zwangsanleihen vor. (…)  Sie werden eher weitermachen, die Hypotheken und Unternehmen mit direkten Aufkäufen von Pfandbriefen und Obligationen finanzieren, zu tiefen Zinsen. Vielleicht gibt es dann richtig Inflation, welche die Staaten entschuldet und die Sparer enteignet (…)” bto: Ich denke, dies setzt wirklich voraus, dass es gelingt, Inflation zu erzeugen und in einem deflationären Umfeld Vertrauensverlust.
  • Helikoptergeld, also den Staaten die Ausgaben direkt mit neuem Geld bezahlen, etwa für riesige Ankurbelungen oder für massive Steuersenkungen zugunsten der Haushalte. Das Resultat der wahrscheinlichen Varianten ist der Superstaat, wo Politik und Notenbank jede Regung durchfinanzieren, Kapital fehllenken, den Bürgern den Schneid abnehmen, allenfalls auch deren Bargeld dank Negativzinsen.” bto: Aus meiner Sicht kommt das wirklich als Nächstes.

Fazit NZZ: “Eine wirkliche Lösung wird aus einer politischen Eruption folgen. Ein Austritt eines verarmenden lateinischen Landes aus dem Euro, eine veränderte Parteienlandschaft in Italien, Spanien, Deutschland, Frankreich mit Absagen an alles Gewohnte oder, wie von Kandidat Trump angetönt, die Absetzung der Notenbankchefin oder die Verweigerung der US-Staatsschulden.” bto: Bekanntlich sehe ich auch das politische Risiko.

bto: Ich denke, es kommt eine Kombination: zunächst Helikopter-Geld, weitere Aufkäufe, dann Weiterwälzen, gefolgt von der Annullierung auf dem Weg dahin mit erheblichem politischen “Unfallrisiko”.