Ehemaliger Chef­ökonom kritisiert die Bank of England

Am 8. Mai 2022 hatte ich mit Otmar Issing einen ehemaligen Chefvolkswirt einer Notenbank in meinem Podcast zu Gast. Heute nun die Aussagen eines anderen ehemaligen Chefökonomens einer anderen Notenbank. Andy Haldane war bis vor Kurzem bei der Bank of England und ist ausgeschieden nachdem (ich weiß nicht, ob deshalb) seine Warnungen vor höhere Inflation nicht ernst genommen wurden. Nun hat er sich erstmals im Interview geäußert. Klingt ziemlich ähnlich dem, was gerade in der Eurozone passiert:

  • “Andy Haldane, who left Threadneedle Street last summer, said high inflation will last years and the Bank is facing its “stickiest situation” since its independence as prices soar at their fastest pace in three decades. In his first major interview since leaving the Bank, Mr Haldane told the Telegraph: ‘Acting early would have saved the need for quite the degree of tightening that might now be needed to keep the lid on inflation.’ He added: ‘It was a stitch in time saves nine argument, basically.’” – bto: ein Grundsatz, den man bei der EZB auch zu vergessen droht, getrieben von der Notwendigkeit, Italien und Frankreich weiter zu finanzieren.
  • “Mr Haldane had sounded the alarm on inflation in early 2021 but was the lone dissenter voting for tighter policy to rein in prices on the Bank’s rate-setting committee, while the consensus was that price rises would be transitory. Since his departure, the Bank has been forced into four back-to-back interest rate rises in a bid to curb inflation, which is expected to hit double digits later this year.” – bto: Und wir können nicht ausschließen, dass die EZB auch über zweistellige Inflationsraten präsidiert.
  • “After he voted to scale back stimulus in May 2021, it took another seven months before a majority of the MPC backed tightening monetary policy by raising interest rates. ‘In some ways, I’m really the wrong person to ask about why they got it wrong,’ says Haldane, who believes early action could have lessened the need for more aggressive rate increases later. ‘Regrettably I was right about the inflation impetus. As resurgent demand bumped up against constrained supply, it struck me as more likely than not that we’d see something the likes of which we haven’t seen for several decades.’” – bto: vor allem, weil es strukturelle Gründe für höhere Inflationsraten gibt.
  • “Mr Haldane predicted that inflation could run above the Bank of England’s target for years as price pressures will ‘prove more persistent’ than currently expected. He said: ‘It’s probably one of, if not the stickiest situation, that’s faced my former institution, the Bank, since I think probably independence in ‘97.’ ‘What we’re seeing is to some extent the rev’ersal of the trends we’ve seen over the preceding three or four decades. We were seeing global supply chains widen and deepen [and] economies opening up and integrating, cheaping the cost of both goods and services for people and therefore lowering if you like the global level of prices.’” – bto: Genau das gilt auch bei uns.

telegraph.co.uk (Anmeldung erforderlich): „Bank of England got it wrong on inflation, says former chief conist“, 7. Mai 2022

Kommentare (27) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @weico

      Nancy Pelosi aus dem US-Kongress schlägt jetzt vor, Spritpreiserhöhungen einfach gesetzlich zu verbieten.

      “Democratic Congresswomen Kim Schrier and Katie Porter have introduced the ‘Consumer Fuel Price Gouging Prevention Act’ that will give the President the power to issue an Energy Emergency Declaration that would make it unlawful to increase gasoline and home energy fuel prices in an excessive or exploitative manner.”

      https://www.zerohedge.com/political/pelosi-bashes-big-oil-pitches-plan-make-gas-price-increases-illegal

      Ob sie glaubt, dass das tatsächlich funktioniert? Oder will sie nur eine Gelegenheit erzeugen, um mit Insiderwissen über den Gesetzesvorschlag die großen Energiekonzerne an der Börse zu shorten, wie das in der Familie Pelosi ja gern praktiziert wird?

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  1. Tom96
    Tom96 sagte:

    Alle diskutieren hier, als wenn sie etwas zu melden hätten (ob militärisch, politisch, wirtschaftlich, geldlich, kulturell, medial) bis zum letzten Akkord.
    Angst vor dem Virus, Krieg, den Russen, der Nation, Eigenverantwortung, Photosynthese von cO2, dem Hunger des Lebewesen Natur …
    “Ohne dich”
    https://youtu.be/LIPc1cfS-oQ

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  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Andy Haldane:

    >‘Acting early would have saved the need for quite the degree of tightening that might now be needed to keep the lid on inflation.’>

    Das ist einfach nur richtig.

    Hier eine BEGRÜNDUNG, warum man dem Grundsatz frühzeitigen Handelns woanders nicht gefolgt ist:

    „bto: ein Grundsatz, den man bei der EZB auch zu vergessen droht, getrieben von der Notwendigkeit, Italien und Frankreich weiter zu finanzieren.“

    Lassen wir das mal so stehen.

    WENN es die NOTWENDIGKEIT gibt, Italien und Frankreich weiter zu finanzieren, die EZB aber aufgrund frühzeitigen Handelns nicht mehr die beiden Länder hätte finanzieren können – jedenfalls nicht so, wie es NOTWENDIG war – wäre was die Folge gewesen?

    Niemand weiß es.

    Sicher aber dürfte sein, dass es SCHWIERIGKEITEN für Italien und Frankreich gegeben hätte.

    Sie zu vermeiden, ist ein Grund, NICHT frühzeitig zu handeln.

    Ich sage nur: ein GRUND.

    Ich sage NICHT: ein HINREICHENDER Grund.

    Kurzum, es ist nicht so einfach, wie A. Haldane es sich macht:

    ‘In some ways, I’m really the wrong person to ask about why they got it wrong,’

    Dass es FALSCH für die Bank of England oder die EZB gewesen sei, nicht frühzeitigen gehandelt zu haben, lässt sich NICHT damit begründen, dass JETZT die Geldpolitik mehr gestrafft werden muss, als sie es müsste, wenn man frühzeitig gehandelt hätte.

    Denn:

    Wenn die Notenbanken frühzeitig gehandelt hätten, würden wir HEUTE – möglicherweise, vielleicht sogar UNVERMEIDLICH – größere Probleme haben, als diejenigen, die mit der jetzt erforderlichen Straffung der Geldpolitik auftreten.

    Wir wissen es nicht, können es nicht wissen, weil das ein Counterfactual ist.

    Man kann aber nicht so tun, als habe KEINE Gründe gegeben, NICHT frühzeitig zu handeln.

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  3. Vater Thiel
    Vater Thiel sagte:

    Na ja, mein Ausgabeverhalten hat sich schon deutlich geändert, zumindest was die Zusammensetzung meines Warenkorbes betrifft.
    Und für die Zukunft: Wenn ich jeden Monat einen Teil meiner Aktien und Anleihen verkaufen muss, um mir den Preisanstieg meines Warenkorbes zu finanzieren, hat das auf das Zinsniveau wohl keinen Einfluss.
    Wenn mehrere hundert Millionen Leute das auch machen, fallen Aktienkurse und Anleihekurse, und die mittel- bis langfristigen Zinsen steigen.
    Ohne dass die Zentralbanken auch nur einen Finger gekrümmt haben.
    Wenn mehrere Hundert Millionen Leute dann auch noch Konsumkredite aufnehmen müssen, um ihre Warenkörbe bezahlen zu können, und die Banken gewähren die Kredite, dann steigen ganz schnell auch die Zinsen im kürzeren Bereich.
    Ohne dass wiederum die Zentralbanken auch nur einen Finger gekrümmt haben.
    Und vielleicht geben die Unternehmer einen Teil der Zinserhöhungen als Zugabe auf ihre Preise noch oben drauf.
    Wenn die Zentralbanken dann noch zusätzlich ihre Leitzinssätze erhöhen, sinkt dann wirklich die Inflation ?

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    • markus
      markus sagte:

      “Wenn mehrere Hundert Millionen Leute dann auch noch Konsumkredite aufnehmen müssen, um ihre Warenkörbe bezahlen zu können, und die Banken gewähren die Kredite, dann steigen ganz schnell auch die Zinsen im kürzeren Bereich.”

      Nicht, wenn die Zentralbank die Kredite für 0% direkt an die Verbraucher vergibt oder Banken zwingt, dies zu nahe 0% zu tun. Wenn die Banken davon nicht leben können, können wir immer noch Steuern erheben und die Bankangestellten damit entlohnen. Zum Beispiel durch ein “Gutes Bankangestelltenbezuschussungsgesetz”.

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  4. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: ” it struck me as more likely than not that we’d see something the likes of which we haven’t seen for several decades.’”

    Bin gespannt, wann das jemand zu stören beginnt. Bisher merke ich bei meinen Mitbürgern weder eine Änderung des Wahlverhaltens noch des Medienkonsums noch der Geldanlage noch des Verhaltens am Arbeitsplatz (z.B. Gewerkschaftseintritte, Jobwechsel zu besserem Gehalt, etc.).

    Ist aber natürlich nur ein sehr begrenzter Ausschnitt der Realität. Merken andere Foristen schon etwas? Bei mir schichten nur ein paar Bekannte um von Ausgaben für Textilien, Restaurants und Urlaub in höhere Ausgaben für die Benzinrechnung an der Tankstelle und die Heizkostenvorauszahlung an den Vermieter.

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    • PhilSt
      PhilSt sagte:

      Die träge Masse merkt nichts. Die beschwert sich manachmal aber verändert nichts.

      Paul Brandenburg analysierte zur Wahl vortreffend:

      “CDU, SPD und Grüne rekrutieren ihre Wähler aus einer gemeinsamen Gruppe, in der ihre früheren Milieus aufgegangen sind: der übersättigten Mittelschicht. Eine Mittelschicht, die aus Verlustangst seit langem zu einem autoritären Kollektivismus neigt. Mit diesem verbinden sie den Glauben an eine Art Versicherungsgemeinschaft zum Schutz ihres Besitzstandes, eine Befreiung von allen Lebensrisiken und der Eigenverantwortlichkeit. Diese Lebensangst der Mittelschicht und ihre Sicht auf den Versorgungsstaat kommt am deutlichsten im Beamtenrecht zum Ausdruck. Es verpflichtet den Staatsdiener zur “Treue” gegenüber der Obrigkeit (nicht etwa der Verfassung) und verspricht ihm im Gegenzug dessen “Fürsorge”. “

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  5. Vater Thiel
    Vater Thiel sagte:

    @Stoertebekker
    Zur Zeit meiner Ausbildung vor bald vierzig Jahren war Inflation definiert als Veränderung der Geldmenge (M1, M2, M3).
    Das ist die fundamentalste Definition.
    Ein Anstieg der Geldmenge finanziert idealerweise die ebenfalls gestiegene reale Produktion, d.h. sie ist Transaktionskasse.
    Ein Anstieg, der über die für zusätzliche Transaktionen benötigte Mittel hinausgeht, steht als Spekulatiionskasse zur Verfügung und treibt die Preise von Aktien, Grundstücken, Bestandsimmobilien, Anleihen. In ängstlichen Zeiten wird der Überschuss als Vorsichtskasse gebunkert.
    Da die Geldmenge primär durch das Geschäftsbankensystem zur Verfügung gestellt wird, besteht “gute” Geldpolitik in einer “vernünftigen” Regulierung des Geschäftsbankensystems. Diese Regulierung hat sich die vergangenen Jahrzehnte fundamental geändert.
    Ebenfalls aus meiner Ausbildungszeit bekannt und heute fast vergessen: Das sog. Gibson-Paradoxon.
    Demzufolge führen steigende Zinsen zu steigender (!) Inflation, wenngleich schwer zu unterscheiden ist, ob der Zusammenhang nicht manchmal umgekehrt ist.

    Antworten
    • Markus
      Markus sagte:

      @VT:

      “Das sog. Gibson-Paradoxon.
      Demzufolge führen steigende Zinsen zu steigender (!) Inflation, wenngleich schwer zu unterscheiden ist, ob der Zusammenhang nicht manchmal umgekehrt ist.”

      D.h. Erdogan macht alles richtig.

      Nach meinem Dafürhalten ist bei vielen ökonomischen Theorien auch wichtig, ob man im einem offenen oder einem geschlossen System operiert. In einem offenen System kann z.B. eine Exportnation wie Deutschland längere Zeit bestehen. In einem geschlossenen System nicht.

      Antworten
    • Stoertebekker
      Stoertebekker sagte:

      @VT

      Yepp, so hab ich das auch gelernt. Das große Problem hat @Markus angesprochen. Wir haben mittlerweile derart (über die Währungsräume hinaus!) vernetzte Volkswirtschaften, dass selbst beim Einhegen der “eigenen” Banken durch die zuständige Zentralbank ein derart großer unregulierter Bereich für den internationalen Handel (Eurodollar-Raum) existiert, dass Hopfen und Malz verloren sind.

      Antworten
      • markus
        markus sagte:

        @Stoertebekker:

        Was in den Theorien auch sehr oft ausgeblendet wird, ist der Fakt, dass es sehr wohl auf die Verteilung des Wohlstandes/Geldes innerhalb der Gesellschaft ankommt. Kommt halt zu Marxmäßig rüber vermutlich :). Und es gibt wohl auch wenige “Philanthropen” (= Milliardäre = Oligarchen), die entsprechende Thinktanks (= PR Abteilungen = Propagandakanzleien) unterstützen, die solche Forschung betreiben.

  6. Stoertebekker
    Stoertebekker sagte:

    Bezüglich Inflation ein kurzer Gedanke, der mir im Nachgang zu meiner Diskussion mit @D Tischer kam. Möglicherweise reden wir dauernd aneinander vorbei, weil die Begrifflichkeiten nicht klar sind. Dazu ein Link zur FED Cleveland

    https://www.clevelandfed.org/en/newsroom-and-events/publications/economic-commentary/economic-commentary-archives/2008-economic-commentaries/ec-20080601-rising-relative-prices-or-inflation-why-knowing-the-difference-matters.aspx

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    • Stoertebekker
      Stoertebekker sagte:

      Daraus (fett von mir):

      Almost everyone uses the word inflation to refer to any increase in prices, but it ought to be reserved for a just one kind of price increase. TRUE INFLATION HAS A DIFFERENT CAUSE – AND A DIFFERENT CURE – THAN THE PRICE INCREASES OF GOODS AND SERVICES CAUSED BY CONSTANTLY CHANGING SUPPLY AND DEMAND CONDITIONS: The Federal Reserve can and should act to control inflation, but when relative-price changes are putting pressure on businesses’ balance sheets and consumers’ pocketbooks, THE FED CAN DO LITTLE.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Stoertebekker

        “but when relative-price changes are putting pressure on businesses’ balance sheets and consumers’ pocketbooks, THE FED CAN DO LITTLE.”

        Diese schmierige Beamtenmentalität. Wie eng die Zentralbanken doch plötzlich wieder ihr Mandat interpretieren wollen und für wie wenig sie schuld sein wollen, wenn es für sie selbst unangenehm wird. ;)

        Als es darum ging, in bester Plankommissions-Manier “wegen Kliemer” nur noch für bestimmte Investitionen Kredite zu vergeben, wollten sich unsere Zentralbänker ganz begierig an die Spitze dieser Bewegung setzen.

        Und wenn sich die Angebots- und Nachfragebedingungen wegen des Krieges in der Ukraine so verändern, dass die Preise steigen, dann ist das selbstverständlich auch noch lange kein Grund, die Finanzierung des Krieges über die Druckerpresse in Frage zu stellen, nicht wahr? :D :D :D

      • weico
        weico sagte:

        @Richard Ott

        “Als es darum ging, in bester Plankommissions-Manier “wegen Kliemer” nur noch für bestimmte Investitionen Kredite zu vergeben, wollten sich unsere Zentralbänker ganz begierig an die Spitze dieser Bewegung setzen.”

        Jede Bewegung hat halt ihre medialen Hoch und Tiefs.

        Man beachte, welche Branche jetzt besonders heftig investiert…… und welche Summen dabei im Spiel sind .

        https://www.spiegel.de/wissenschaft/geplante-oel-und-gasprojekte-weltweit-195-kohlenstoffbomben-bedrohen-das-weltklima-a-75e1cce0-e16b-4e29-9d27-276f285b2413

        Hört jemand den gewaltigen Aufschrei der Klimajugend/Klimaregierung…?

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Stoertebekker

        >Almost everyone uses the word inflation to refer to any increase in prices, but it ought to be reserved for a just one kind of price increase.>

        Das ist richtig.

        >TRUE INFLATION HAS A DIFFERENT CAUSE – AND A DIFFERENT CURE – THAN THE PRICE INCREASES OF GOODS AND SERVICES CAUSED BY CONSTANTLY CHANGING SUPPLY AND DEMAND CONDITIONS:>

        Das ist auch richtig, wobei es auch mehrere Gründe geben kann für Inflation.

        Die Frage ist, ob wir „true inflation“ – sagen wir, gemessen über einen Zeitraum von heute ein Jahr zurück – haben oder nicht.

        Diese Frage ist UNABHÄNGIG davon zu beantworten, was die URSACHEN sind, wenn wir NUR feststellen wollen, dass wir eine haben.

        Ich behaupte, dass wir Inflation haben im Sinne von „one kind of price increase“:

        Der Warenkorb − MASSGEBENDE ist für die „one kind“ von Preiserhöhungen“ − ist TEURER geworden.

        Das ist unstrittig, weil so gemessen.

        Sorry, dass der Punkt wieder einer der Logik sein muss:

        Wenn die Notenbank sagt, dass es Inflation nur dann gäbe, wenn „one kind of price increase“ festzustellen ist, dann MUSS sie auch sagen, was die „ONE Kind“ ist.

        Denn IRGENDETWAS muss ja gemessen werden, wenn Inflation festzustellen bzw. nicht festzustellen sein soll.

        Die Notenbank kann NICHT sagen, wir sortieren mal aus, was sich immer wieder so oder so im Preis ändert, und bestimmen demnach, was gemessen wird.

        Die Frage, ob die Notenbanken die URSACHEN von PREISÄNDERUNGEN – seien sie Inflation oder nicht − beeinflussen können, hat NICHTS damit zu tun, ob Inflation festzustellen ist oder nicht.

        Das ist eine ganz andere Frage.

        Vielleicht gehen Sie mal zurück zum Thread vom 10. Mai, wo mir M. Stöcker durch eine dezidierte Stellungnahme die Gelegenheit geboten hat, meine gegensätzliche Auffassung zu begründen (11. Mai, 19:24).

      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ Stoertebekker

        >> “PRICE INCREASES OF GOODS AND SERVICES CAUSED BY CONSTANTLY CHANGING SUPPLY AND DEMAND CONDITIONS”

        haben nichts mit Inflation zu tun. Gemeinhin nennt man das die Terms of Trade. Dieser Begriff sollte jedem Ökonomen samt Definition geläufig sein. Aber man liest nichts und niemand diskutiert darüber. Bin ich da wieder einmal der letzte Dinosourier?

        ToT gibt es immer und überall in einer international verflochtenen Wirtschaft und sie ändern sich laufend, allerdings meist geringfügig und allmächlich, sodass Produktion und Aussenhandel sich darauf einstellen können.

        Was wir da seit mindestens zwei Jahren erleben, ist hochgradig disruptiv. Was bis jetzt läuft ist grösstenteils ToT und noch nicht Inflation. Darum werden die dramatischen Änderungen vom Endverbraucher noch gar nicht richtig wahrgenommen oder irtümlich schon als Inflation bezeichnet. Die kommt erst noch und ist wahrscheinlich schon gar nicht mehr zu bremsen, weil verschlafen.

        Änderungen der ToT können nur aufgefangen werden durch Anpassung des Ausgabespektrums oder durch Kompensationen in der Aussenbilanz.Geldrducken hilft definitiv nicht.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @R Ott

        Ach, Sie wieder. Sie sehen in allem einen Knochen, in den man beißen muss. Der Text ist aus 2008. Noch VOR der Finanzkrise…

        @Bauer

        Ach, tut so gut, einen klaren Blick auf die Welt zu lesen.

        Ob das wirklich zu Inflation wird, bleibt aber abzuwarten. Wie an anderer Stelle schon geschrieben – wenn der Harnstoffpreis (u.a. AdBlue) in sechs Monaten stärker steigt als die (überbewerteten) Immobilienpreise in mehreren Jahren, dann sollte man schon mal überlegen, was dahinter steckt.

        Und Force majeures, Produktionsstopps, Energiekostenanstiege, Containerstaus in chinesischen Häfen usw. lösen sich wieder auf. Kann nur n bisschen dauern. DIESE Preise macht in der Industrie halt keiner mit. Die schließen statt dessen und suchen wenn irgend möglich neue Wege.

        PS Das beste Mittel gegen hohe Preise (NICHT inflationäre) sind hohe Preise. 😉

      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ Stoertebekker

        >> “PS Das beste Mittel gegen hohe Preise (NICHT inflationäre) sind hohe Preise.”

        Ganz allgemein gesprochen, stimmt das schon. Aber bei commodities läuft es doch ein bisschen anders, denn viele sind die Basis unseres hohen Lebensstandards, oder mit anderen Worten, die Preise sind unelastisch – bis es zu Verschiebungen ausserhalb der eingefahrenen Mengenumsätze kommt, also Blockade (bereits für Energie, künftig für Lebensmittel) oder physischer Erschöpfung. Freilich kommt es dann zu Ausweichbewegungen, aber zu welchem Preis? In solchen Fällen gibt es kein Zurück wie bei z.B. Lieferengpässen oder nur schlechten Ernten. Und dann haben sich die ToT bewegt und das neue Gleichgewicht sind bleibend ganz anders aus.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Stoertebekker

        Wenn Sie nicht jede Karkasse für ein hochwertiges Filet halten würden, solange nur ein Schleifchen im amerikanischen Sternenbanner-Design drumherumgebunden ist, müsste ich nicht so bissig sein…

        “2008. Noch VOR der Finanzkrise”

        Im Juni 2008 waren waren schon mittendrin in der Finanzkrise. Schon vergessen, was im Herbst 2007 alles so passierte?
        http://newsvote.bbc.co.uk/2/hi/business/6997765.stm

        Bear Sterns wurde im März 2008 “gerettet” und aus dem Juni/Juli 2008, also ziemlich genau zum Veröffentlichungszeitpunkt Ihres verlinkten Textes, stammen interessanterweise die bisherigen Allzeit-Hochs bei den Benzinpreisen, die wir erst im Frühjahr 2022 wieder überschritten haben.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @R Ott

        Auch wenn Sie die falsche Metapher gewählt haben (ich halte auch im zerlegten Zustand Ober- und Unterschale auseinander) muss ich Ihnen in der Sache recht geben. Für mich ist immer der September 2008 der Start der Finanzkrise, da mir der Lehman-Kollaps als Beginn meiner eigenen Unternehmenskrise tief ins Fleisch gebrannt ist.

        Aber das ging in der Tat schon 2007 los.

  7. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: “ein Grundsatz, den man bei der EZB auch zu vergessen droht, getrieben von der Notwendigkeit, Italien und Frankreich weiter zu finanzieren.”

    In UK war die Zentralbank halt von der Notwendigkeit getrieben, den Bankendistrikt in London zu “finanzieren”. Genauso ein Faß ohne Boden, aber deutlich schlechteres Wetter und deutlich hässlichere Architektur als in FRA und ITA.

    Antworten
    • PhilSt
      PhilSt sagte:

      Können die Briten denn noch was anderes? Außer Premiere Leauge und schlechtem Essen?
      Es ist ein spannendes System was sich dort in der City of London entwickelt hat. Naja da benötigt es dann halt auch bei so wenig ehrlicher Arbeit auch eine Subvention von ärmeren Gebieten – wie Schottland – oder alles was halt nicht London ist.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @PhilSt

        “Können die Briten denn noch was anderes? Außer Premiere Leauge und schlechtem Essen?”

        Naja, sie sprechen hervorragend Englisch, das kann man dort hervorragend lernen. ;)

        Aber beim Essen tun Sie den Briten unrecht, es gibt dort viele tolle Gerichte, diversen deutschen regionalen Spezialitäten viel ähnlicher als es die Klischees vermuten lassen. Mich haben die einheimischen Inselbewohner dort als Deutschen mal mit einem frischen Hausmacher-Haggis vom Fleischer zu testen (oder vielleicht zu schockieren) versucht, den fand ich super lecker.

        “Es ist ein spannendes System was sich dort in der City of London entwickelt hat. Naja da benötigt es dann halt auch bei so wenig ehrlicher Arbeit auch eine Subvention von ärmeren Gebieten”

        Das Geschäftsmodell der City scheint nur zu funktionieren, wenn notfalls das ganze Land für ein gigantisches “Rettungspaket” bereit steht, wenn sich die Investmentbänker verspekuliert haben. Wenn das alle 10-20 Jahre passiert, wirds ruinös.

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