Die Zentralbanken legen die Grundlage für die nächste Krise, die der IWF sich weigert zu sehen

Vor einiger Zeit habe ich intensiver die Wirkung von QE auf die Aktienmarktbewertung diskutiert. Es gibt Stimmen (hier eine aktuelle Darstellung über Zero Hedge), die aus der engen Korrelation auf eine Kausalität schließen – eine Argumentation, der ich mich zugegebenermaßen nicht ganz entziehen kann – und jene, die für eine Überbewertung als Folge von QE keine Ansatzpunkte sehen. Am letzten Montag waren gleich zwei Beiträge zur Frage der Wirkung von QE und der Bewertung der Aktienmärkte in der FT.

Jonathan Davis argumentiert, dass es falsch ist, aus der besagten Korrelation auf eine Kausalität zu schließen:

  • Wir wissen aus der Arbeit von Robert Shiller, dass Finanzmärkte dazu neigen überzureagieren. Auch ohne die Fed hätten die Märkte sich wieder erholt, denn der Einbruch der Erträge der Unternehmen war weitaus geringer als der Kurssturz an der Börse.
  • Empirische Studien wie jene des McKinsey Global Institutes zeigen, dass es zu keiner geänderten Bewertung der Aktien gekommen ist. Die Eigenkapitalkosten sind nicht außerhalb der historischen Bandbreite.
  • Es kann jedoch sein, dass alleine aufgrund der Aussage der Fed, dass hohe Aktienkurse ein explizites Ziel sind, die Investoren daran glauben und deshalb gewillt sind, mehr in Aktien zu investieren.
  • So kann es sein, dass die Aktienkurse die nach allen Normen hoch bewertet sind, eher überzogene Erwartungen und Vertrauen widerspiegeln, als die direkte Folge der Geldpolitik zu sein.

FT (Anmeldung erforderlich): Quantitative easing is not a miracle market cure, 6. April 2014

John Authers meint an anderer Stelle derselben Ausgabe der FT, dass unabhängig von den Ursachen die Aktienmärkte sehr hoch bewertet sind. Bezugnehmend auf eine neue Studie zur Aussagekraft von Kenngrößen (bto hat vor einiger Zeit schon ein GMO-Paper dazu verlinkt ) wird deutlich, dass Tobins q (eine Kenngröße, die den Marktwert mit dem Wiederbeschaffungswert der Aktiva eines Unternehmens vergleicht) die höchste Aussagekraft für die Bewertung der Aktienmärkte hat. Demnach wäre der S&P 500 jetzt 70 Prozent überwertet. Muss keinen Crash zur Folge haben, aber sicherlich keine hohen Renditen für Aktionäre in Zukunft.

FT (Anmeldung erforderlich): Why value equations inevitably fall short, 6. April 2014

In diese Gemengelage platzt nun der IWF mit einer erneuten Forderung an die EZB, doch endlich mit aggressiver Geldpolitik das Nominalwachstum (sprich die Inflation) in der Eurozone nach oben zu bekommen. Der Telegraph, sonst gerne Vorreiter für QE, ist dennoch skeptisch. Zwar wird erst deutlich betont, wie gut QE funktioniert hat und die Befürchtungen der Inflation unberechtigt waren. Doch dann kommt man auch da zu dem Punkt: Letztlich werden nur immer neue Blasen aufgepumpt (wie gerade im UK-Immobilienmarkt!), ohne die fundamentalen Probleme zu lösen. Folglich ist es nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Krise. Daher auch der Titel: Die Zentralbanken legen die Grundlage für die nächste Krise, die der IWF sich weigert zu sehen. Klare Worte.

The Telegraph: Central banks are incubating a crisis the IMF is disinclined to see, 7. April 2014

Die Diskussion wird weitergehen. Besser wäre es natürlich unsere Probleme wirklich anzupacken.

Kommentar (1) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    In der Tat wäre es besser, die Probleme endlich konsequent anzugehen. Es gibt immerhin mittlerweile auch Erkenntnisfortschritte bei der Bundesbank: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Reden/2014/2014_04_08_weidmann.html#doc171604bodyText1

    Doch mit den klassischen Instrumenten werden die Zentralbanken das Verschuldungsproblem nicht lösen. Auch ein massiver Ankauf von Staatsanleihen kann nur das Liquiditätsproblem lösen, nicht aber das Solvenzproblem in einer Bankenlandschaft mit massiven Überkapazitäten. Darauf weist Jens Weidmann in seiner Rede explizit hin. Überschuldung kann man nur über zwei Wege lösen: Entweder über einen Schuldenerlass, der sehr selektiv und unsymmetrisch erfolgen würde oder durch eine kontrollierte Inflationierung, indem mehr vom ultimativen Schuldentilgungsmittel (aka Zentralbankgeld) auf direktem Wege (also schuldfrei) in den Geldkreislauf injiziert wird. Dazu eine deutliche Erhöhung der Erbschaftssteuer, damit die Erbengeneration sich einer sinnvollen Lebensgestaltung jenseits profanen Konsums zuwenden kann. Die aus meiner Sicht notwendigen Maßnahmen jenseits der Regulierungsvorschläge für den Bankensektor habe ich hier beschrieben: http://zinsfehler.wordpress.com/2013/10/13/neun-masnahmen-fur-ein-europa-in-frieden-freiheit-und-wohlstand/ Weitere konstruktive Kritik hierzu ist willkommen.

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