Die Theorie für die Helikopter: “Geld ist zum Schöpfen da” – na dann los!

Bekanntlich laufen die Vorbereitungen auf vollen Touren, die nächsten, noch radikaleren Maßnahmen der Geldpolitik politisch akzeptabel zu machen. So gesehen ist es kein Wunder, dass die SZ sich des Themas angenommen hat und mit Stephanie Kelton, einer Vertreterin der “modernen Geldtheorie” ein ausführliches Interview brachte. Grundaussage: “Ein geldpolitisch souveräner Staat kann so viel Geld ausgeben, wie er will.” Das wussten die in Weimar auch (Scherz) und die Euro-Zonen-Europäer müssen deshalb zu einem Staat werden, damit sie diese Souveränität wiederbekommen (leider kein Scherz).

Schauen wir uns die Aussagen an:

  • “USA, Großbritannien und Japan (…) haben eigene Währungen, die von der Regierung (…) in unbegrenztem Umfang in den Umlauf gebracht werden können. Warum sollte man diese Luxussituation im Abschwung nicht nutzen, um jede denkbare Summe zu mobilisieren, die für eine Konjunkturwende nötig ist?” – bto: Das ist eine legitime Schweinerei und sie bedeutet zwingend einen anhaltenden Wertverlust des Geldes. Weshalb sollen wir Politikern diese Macht geben?
  • “Natürlich kann ein Staat Inflation auslösen, etwa wenn (…) die Unternehmen angesichts voll ausgelasteter Kapazitäten gar nicht abarbeiten können. (…) droht eine Konjunkturflaute kann die Regierung riesige Summen für Steuersenkungen, Staatsaufträge oder Rentenerhöhungen in die Hand nehmen, ohne dass die Preise auf breiter Front steigen. Geld zu schöpfen ist allemal sinnvoller, als Depression und Massenarbeitslosigkeit zu erdulden.” – bto: Dass diese oft die Folge von zu vielen Schulden ist, wird bei dieser Betrachtung aber ausgeblendet.
  • “In Staaten mit eigener Währung kann die Regierung den Rentnern so viel zahlen, wie sie will, denn sie hat ja das Monopol Geld zu schöpfen. (…) Inflation entsteht nur, wenn die Wirtschaft nicht innovativ und produktiv genug ist, um alle Wünsche zu erfüllen.” – bto: Inhaltlich falsch ist, dass der Staat das Monopol über Geld hätte. Schließlich werden 90 Prozent allen Geldes privat geschaffen. Zum anderen gibt es keinen Free Lunch. Es führt zu einer relativen Entwertung von Geld, wenn es auch nicht direkt in den Konsumentenpreisen Niederschlag findet.
  • “Es gibt ein Video von 1997, das zeigt, wie der republikanische Abgeordnete Paul Ryan den damaligen Notenbankchef Alan Greenspan zwingen will einzugestehen, dass der staatlichen Sozialversicherung das Geld ausgehen wird (…) Wissen Sie was Greenspan unter Eid antwortete? ‘Es gibt nichts, was die Bundesregierung davon abhält, so viel Geld zu schöpfen, wie sie will (…)’.” – bto: Das stimmt, nur darf man nicht den Eindruck erwecken, dass dies keine Nebenwirkung hat.
  • “Als Währungsmonopolist könnte der Staat gar keine Steuern erheben, wenn er Bürgern und Unternehmen das Geld nicht zunächst zur Verfügung stellen würde. Es ist ja nicht der Bürger, der Dollars druckt und sie dem Staat gibt, sondern umgekehrt.” – bto: Bekanntlich sehe ich Staatsschulden nicht so kritisch, wie hiesige Beobachter. So auch die Geldschöpfung durch Verschuldung. Andererseits ist es hier schon sehr kurz gesprungen, außen vor zu lassen, dass immerhin 90 Prozent des Geldes nicht vom Monopolisten geschaffen wird!
  • “Der Staat nutzt Steuern, um Teile des Geldes, das er über sein Monopol in die Volkswirtschaft einspeist, wieder abzuziehen. (…) Sie eignen auch dafür, Vermögen umzuverteilen und Anreize zu setzen (…)” – bto: Eigentlich ginge es auch ganz ohne Steuern, einfach jedes Jahr die Geldmenge ausweiten?
  • “(…) ein Haushaltsdefizit (…) ist der jährliche Nettobeitrag der Regierung zur Volkswirtschaft. (…) Die Staatsschuld ist schlicht die Summe dessen, was die Regierung über die Jahrzehnte mehr in die Wirtschaft hineingesteckt, als sie aus ihr wieder herausgezogen hat, und was jetzt den Haltern von Anleihen als Sparinstrument dient.” – bto: Das kann man so sehen. Ich denke aber, es stimmt so nicht, weil eben das meiste Geld privat erzeugt wird und zudem die Schulden eine echte Wirkung haben auf den Staatshaushalt. Wenn man allerdings so argumentiert, kann man nur zu dem Schluss gelangen, dass wir in Deutschland eine selten dämliche Politik verfolgen, gerade auch mit Blick auf die anderen Staaten wie Frankreich, die da ganz anders vorgehen.
  • “Die USA sollten tunlichst die Finger von Etatüberschüssen lassen, weil sie zugleich ein riesiges Handelsdefizit aufweisen. (…) Das Ausland verbucht gegenüber der US-Wirtschaft Überschüsse. Wenn nun auch noch die eigene Regierung Überschüsse erzielen wollte, [müssten] die privaten Firmen und Haushalte in den USA tief in den roten Zahlen stecken. Das wäre ökonomisch gesehen viel gefährlicher.” – bto: so wie bei uns das Sparen des Staates und des Privatsektors zu den unheilvollen Überschüssen im Außenhandel führt.
  • “Man kann sogar darüber streiten, ob bei Staaten Begriffe wie ‘Kredit’ und ‘Schulden’ überhaupt zutreffen. (…) Eine Regierung (…) schöpft (…) 100 Dollar. Sie gibt diese 100 Dollar aus (…) Dann zieht sie über Steuern 90 wieder ein. Die übrigen zehn sind für den Staat das Haushaltsdefizit, für den Privatsektor, aber zugleich ein Haushaltsüberschuss. (…) es ist doch keine Kreditausnahme, wenn mir jemand eine Anleihe mit dem Geld abkauft, das ich ihm selbst zuvor gegeben habe.” – bto: Das Problem ist aber, dass 90 Prozent des Geldes privat geschöpft wird. In einer Vollgeld-Welt wäre das so wie hier beschrieben, haben wir aber nicht.
  • “(…) der Staat kann das Geld, das er für die Rückzahlung braucht, selbst schöpfen. Solange er durch die richtige Steuer- und Innovationspolitik dafür sorgt, dass es keine Inflation gibt, gibt es kein Problem. Schauen sie nach Japan (…)” – bto: Richtig ist, dass es in Japan keine Inflation gibt. Das hat aber mit der schlechten Lage in der Privatwirtschaft und der Demografie zu tun. Man kann schon die Frage aufwerfen, ob die Politik Japans nachhaltig sein kann.

Na, dann ist ja alles gut! Staatsschulden sind nicht so kritisch zu sehen, wie es hierzulande getan wird. Da stimme ich zu. Vor allem weil es immer auch zu einer Umverteilung kommt, die man eigentlich nicht will. Andererseits zeigen die steigenden Schuldenquoten, dass der Staat eben nicht produktiv investiert, sondern vor allem konsumiert. Davon unabhängig haben wir in der Eurozone das Problem, dass wir keine Einheit von Staat und Notenbank haben. Damit haben alle Handlungen der EZB auch eine Verteilungswirkung zwischen Ländern. Was zwischen Florida und Kalifornien okay sein mag, ist es zwischen Italien und Deutschland nicht. Dennoch ist es interessant, dass die SZ es jetzt bringt, weil damit die nächste Phase der “Euro-Rettungs-Politik” vorbereitet wird. Das All – in der EZB.

→ SZ (Anmeldung erforderlich): “Geld ist zum Schöpfen da”, 16. Dezember 2018