Die Schweiz erkennt den Strom­mangel in Folge der Erneuerbaren

Ich frage mich immer wieder, warum sich bei uns die Ingenieure so wenig zu Wort melden. Da dominieren “Expertinnen” die Medien zur technischen Machbarkeit der Energiewende, die bestenfalls als Lehrstuhlinhaber in Lüneburg eine Professur haben. Die dortige “Fakultät Nachhaltigkeit” gilt als erste Fakultät für Nachhaltigkeit in Deutschland. Sie fokussiert ihre Forschung auf die sozialen Grundlagen von Nachhaltigkeit mit den Schwerpunkten Sustainability Learning and Communication, Sustainability Management und Sustainability Governance einerseits sowie auf die physischen Grundlagen gesellschaftlichen Zusammenlebens mit den Schwerpunkten Ökosystemdienstleistungen (biotische Grundlagen) und Nachhaltige Chemie (abiotische Grundlagen) andererseits.” (Wikipedia). Ingenieure verirren sich dorthin nicht, was erklärt, dass man sich losgelöst von der Realität die Welt machen kann, wie sie einem gefällt.

In der Schweiz gibt es hingegen mit der ETH Zürich eine der zehn besten Universitäten der Welt. Dort meldet sich nun mit dem Physiker Didier Sornette, seit 2006 Professor für Entrepreneurial Risks, ein Wissenschaftler zu Wort, dem man glauben darf, dass er die Realitäten erkennt. Kurz betrachtet hier, was die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) über seine Sicht bezüglich der Schweiz schreibt. Ich gehe davon aus, dass er mit Blick auf Deutschland zu einem noch schlechteren Ergebnis käme:

  • “Im nächsten Winter droht eine Energiekrise. Die Schweiz bereitet sich denn auch auf einen Gas- und Strommangel vor. Als wäre das nicht schlimm genug, lässt nun ein renommierter Forscher der ETH Zürich kein gutes Haar an der langfristigen Energiestrategie 2050, mit der die Schweiz von den fossilen Brennstoffen loskommen soll und die das Volk 2017 mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 58 Prozent gutgeheissen hat.” – bto: was übrigens beweist, dass die Meinung des Volkes nicht immer der Maßstab sein darf, gerade bei einem derart existenziellen Thema wie der Energieversorgung.
  • “Der Risikoforscher Didier Sornette kritisiert, dass der Übergang vom heutigen Energiesystem zu einem, das zu einem guten Teil auf Solarstrom beruht, von den Behörden zu optimistisch dargestellt werde. Dies schaffe eine gefährliche Illusion von Sicherheit und Kontrolle, heisst es in einem neuen Arbeitspapier von Sornette und seinem Forscherkollegen Euan Mearns.” – bto: Was ist das schon im Vergleich zu dem, was in Deutschland passiert?
  • “Mearns und Sornette haben in einem ersten Schritt die Schweizer Stromproduktion und -nachfrage im Januar und Juli 2017 aus diversen Quellen rekonstruiert, Stunde für Stunde. Sie nahmen das Jahr 2017, weil es das jüngste ist, zu dem detaillierte Zahlen vorliegen. Als Nächstes haben die Forscher die wesentlichen Pfeiler der Energiestrategie 2050 in ihr Modell eingebaut.” – bto: Aber genau das haben sie gemacht: das Papier 35 echte Jahre angeschaut. Statt ein paar Jahre rudimentär.
  • “Dazu gehört zum einen, dass die Stromnachfrage bis 2050 um 37 Prozent wächst, weil die Menschen auf E-Autos umsteigen und fossile Heizungen durch Wärmepumpen ersetzen. Laut den Plänen soll zum anderen die Produktion von Solarstrom um den Faktor 20 steigen und so zu einem guten Teil die Produktion aus vier Kernkraftwerken ersetzen, die bis dahin abgestellt werden.” – bto: was sie natürlich nicht werden!
  • “In ihren Berechnungen kommen die Forscher nun zum Schluss, dass der Schweiz im Januar 2050 ein enormes Stromdefizit droht. Nicht weniger als 69 Prozent der Elektrizität müssten in jenem Monat aus dem Rest Europas importiert werden. Das wären 6 Terawattstunden. Zum Vergleich: In den letzten Jahren hat die Schweiz im Schnitt über das Winterhalbjahr 4 Terawattstunden eingeführt. 2050 wäre es also allein im Januar das Anderthalbfache.” – bto: Dummerweise setzt die dann mit absoluter Mehrheit regierende Grüne Partei in Deutschland ebenfalls auf Importe und muss dann leider die Bürger zum erneuten Frieren für das Klima auffordern.
  • “Bis 2050 hätte man zwar enorme Mengen an Solarmodulen installiert, trotzdem würden diese im Januar lediglich 4 Prozent der gesamten Nachfrage decken, wenn man den Wetterverlauf von 2017 unterstellt. Nun mag man einwenden, dass der Januar 2017 ein ausgesprochen schlechter Monat für Solarstrom war. Ist Sornette somit nicht viel zu pessimistisch? Der 65-Jährige entgegnet, dass man eben nie in einem ‘Durchschnittsmonat’ lebe, sondern dass sonnenarme Monate wie Anfang 2017 auch künftig vorkämen. Genau für solche Monate müsse eine Stromversorgung gerüstet sein, nicht für den Durchschnitt.” – bto: und das sekündlich, nicht im Schnitt über Jahre …
  • “Könnte man Stromüberschüsse aus dem Sommer speichern und so in den Winter verschieben? In der Studie fällt als Erstes auf, dass der geschätzte Überschuss im Juli 2051 mit 0,74 Terawattstunden nur einem Bruchteil der Stromlücke im Januar von 6,1 Terawattstunden entspricht. Das Ziel der Energiestrategie, dass die Schweiz übers Jahr gesehen so viel Strom produziert, wie sie verbraucht, dürfte also kaum eingehalten werden.” – bto: Selbst wenn die Überschüsse da sind, reichen sie nicht zur Abdeckung des Bedarfs und das, ohne überhaupt über Speicher nachzudenken.
  • “Wie würde man nun den Sommerstrom in die Wintermonate verlagern? Man könnte dazu Elektro-Batterien nutzen. Wenn sich der Preis für Batterien gegenüber heute halbiert, belaufen sich die Kosten immer noch auf 111 Milliarden Dollar. Bei einer Lebensdauer von 20 Jahren würde sich die für den Winter gespeicherte Megawattstunde (MWh) Strom laut den Forschern auf 10 597 Dollar belaufen. Wenn man bedenkt, dass noch vor einem Jahr eine MWh rund 50 Dollar kostete, erkennt man rasch, dass eine solche Lösung unwirtschaftlich wäre.” – bto: Wirtschaftlichkeit? In Deutschland darf man diese Frage nicht stellen, schließlich retten wir im Alleingang die Welt.
  • “Könnte man im Sommer die ganzen fehlenden 6 Terawattstunden in Batterien speichern, würde dies sogar 1,3 Billionen Dollar kosten – dies entspricht fast dem Doppelten des derzeitigen Schweizer Bruttoinlandprodukts.” – bto: Ich denke immer, einfach mal zehn nehmen wegen der Bevölkerung.
  • “Eine Alternative wäre der Übergang zu einer Wasserstoffwirtschaft. (…) Auch diese Lösung dürfte enorm kostspielig sein. So braucht es eine neue Infrastruktur, die zudem nur sporadisch genutzt wird. Überdies muss man mit beträchtlichen Umwandlungsverlusten von 70 Prozent rechnen. Entsprechend könnte man mit einer solchen Speicherung des überschüssigen Sommer-Solarstroms laut Schätzung nur 3,6 Prozent der Stromlücke im Januar decken. Mit Batterien wären es 8,5 Prozent.” – bto: Man fasst sich an den Kopf, denn diese Berechnungen sind ja nicht sonderlich kompliziert.
  • “Auch wenn man die Solarmodule um den Faktor 40 statt 20 erhöht, änderte dies am grundsätzlichen Problem wenig. Das würde den Importbedarf im Januar lediglich von 6 auf 5,8 Terawattstunden senken.” – bto: Man kann es also nicht mit Überkapazitäten lösen.
  • “Sornette hält die Energiestrategie 2050 für technisch und wirtschaftlich nicht umsetzbar. Stattdessen schlägt sein Herz für neue Kernkraftwerke, weil sie in 80 bis 90 Prozent der Zeit Energie lieferten. Er sei bei dieser Technologie vom Saulus zum Paulus geworden, sagt er im Gespräch. Seine Studie habe gezeigt, dass es schier unmöglich sei, Atomkraftwerke mit Solarstrom zu ersetzen. Zudem sei der Platz- und Materialbedarf neuer Kernkraftwerke viel geringer als jener für riesige Solar- oder Windfarmen, die sie ersetzen sollten.” – bto: So ist es.
  • “Der Physiker Sornette, der an der ETH den Lehrstuhl für Entrepreneurial Risks innehat, vertritt damit unter Wissenschaftern keine «Mainstream»-Haltung. Er hat den Eindruck, dass Wissenschafter zuweilen den Wunsch, politische und soziale Empfindlichkeiten nicht zu verletzen, höher stellten als das Streben nach einer praktikablen Energiepolitik.” – bto: Und das in der Schweiz! Bei uns ist es bekanntlich noch schlimmer!

nzz.ch (Anmeldung erforderlich): „Die Energiestrategie des Bundes sei Wunschdenken, sagt ein ETH-Forscher. 2050 könnten in einem schweren Winter zwei Drittel des Stroms fehlen”, 7. Juli 2022