Die Schuldsklaverei wird Thema

Wer Eigentumsökonomik und Debitismus kennt, weiß natürlich, dass dem Schuldendruck und dem unerbittlichen Schuldenwachstum eine eminente Bedeutung zukommt. Umgekehrt ist klar, dass sich die Menschen von der “Zinsknechtschaft” befreien wollten – zu allen Zeiten. Das Thema der Versklavung durch Schulden nimmt der Dramatiker Ayad Akhtar in einem Beitrag für DIE ZEIT auf:

  • “Die weit verbreitete Frustration ist zwar durchaus real. Und sie wächst. Die um sich greifende Stimmung der Angst hat jedoch weit weniger mit Migration zu tun als mit einer allgegenwärtigen Verschuldung.” – bto: Ich denke, dieser Gegensatz ist zwar “zeitgemäß”, aber nicht richtig. Viele Wähler der AfD sind wirtschaftlich nicht schlecht gestellt und sie sind überdurchschnittlich gebildet. Einer der Wahlkreise mit dem höchsten Stimmenanteil war Deggendorf, wahrlich kein Armenhaus der Republik. Beide Themen sind relevant.
  •  “Schon John Adams, der zweite Präsident der Vereinigten Staaten, soll gesagt haben: Es gibt zwei Wege, eine Nation zu versklaven – einerseits durch das Schwert, andererseits durch Schulden. Ein Satz, der für jedes System gilt, das darauf aus ist, eine Bevölkerung zu unterwerfen und einen eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Er gilt auch für das Kapital selbst.” – bto: Das System ist auf ständiges Schuldenwachstum angewiesen und dazu wird genau das betrieben, was der Autor hier beschreibt und kritisiert.
  • “Das fundamentale Prinzip des weltweiten Finanzsystems ist einfach: “Kapital muss wachsen.” Dass Geld stets seine Vermehrung anzustreben hat, ist heute selbstverständlich, und um diesen wichtigsten Glaubenssatz des Finanzsystems zu erfüllen, sind im Lauf der vergangenen 50 Jahre zahlreiche neue Wege gefunden worden, wie sich die Verschuldung der Bürger immer lukrativer nutzen lässt. So beruht unsere Wirtschaft heute ganz wesentlich darauf, die Schulden, die wir in unterschiedlichen Bereichen machen – mit Hypotheken, mit Kreditkarten, beim Kauf von Autos und bei den Studiendarlehen – in kontinuierliche, monetarisierbare Erträge zu verwandeln, die sich weiterverkaufen lassen.” – bto: Das sehe ich nicht als Hauptproblem. Das Weiterverkaufen ermöglicht nur erneut die Kreditvergabe und damit weiteres Schuldenwachstum. Im Kern geht es darum, die erforderliche Zusatzverschuldung sicherzustellen.
  • “Die Transformation unserer Aktivitäten in einen festen Zeitablauf regelmäßig anfallender Zahlungen reift immer weiter aus, und wir werden bald die größtmögliche Effizienz und Effektivität dieses Modells erreicht haben. Wenn es so weit ist, erbringen Schulden auf eine geradezu unschlagbare Weise Kapital, auf eine Weise, wie es traditionelle Arbeitskraft niemals könnte.” – bto: Stimmt, denn es werden Forderungen statt Kapital geschaffen, die allerdings immer fragwürdiger werden.
  • “Erst heute, mit dem Abstand der Jahre, sehen wir die ganze Tragweite einer Entwicklung, die in den USA mit der Präsidentschaft von Ronald Reagan begonnen hat und mit der Schaffung des Marktes für Hochzinsanleihen durch Investmentbanker wie Michael Milken. In der US-amerikanischen Geschichte war dies der Augenblick, als das Ausrauben der Gesellschaft durch das Prinzip des Schuldenmachens zur ideologischen und gesetzlich legitimierten Basis unserer Wirtschaft wurde. Von diesem Punkt an, mit den Schulden als sine qua non unseres Wirtschaftslebens, haben sich die gewaltigen Massen der Mittelklasse zur sicheren Garantie des Kapitalwachstums entwickelt.” – bto: Ich würde auch sagen, dass dies der Zeitpunkt war, ab dem der Staat alles getan hat, um die Verschuldung zu erleichtern, weil es nur so möglich war, stagnierende Einkommen zu kaschieren. Es war und ist auch politisch gewollt, dass die Schulden möglichst leicht gemacht werden können und billig sind.
  • “Was heute wächst, sind keine Gemeinden, sondern nur das Geld selbst. Die Polis und ihre Dienerin, die Politik, sind vom Finanzwesen geschluckt worden, das im 21. Jahrhundert mit dem Prinzip des Schuldenmachens quasi gleichzusetzen ist.” – bto: Es war aber ein Entscheid der Politik, diesen Weg zu gehen.
  • “Es ist die globale und transnationale Infrastruktur der großen Konzerne und ihrer gewaltigen, umherziehenden Kapitalmengen, die heute mittels ihrer erschütternden Dominanz Gesetzgebung und Politik ganzer Länder gestaltet. Wenn Grenzen verschwinden, dann gewiss nicht für Migranten, sondern lediglich fürs Kapital.” – bto: Das trifft sicherlich zu und führt zu vielen Fragen, auch zwischen den Unternehmen. Man denke an die Mittelständler, die es mit solchen Wettbewerbern (Amazon) zu tun bekommen.
  • “Die Schulden sind das Werkzeug, mit dem das System uns versklavt und sich selbst bereichert, und es ist dieses System, das das Leben der Menschen in Wahrheit dominiert. (…)  Die Macht des Systems ist so weit gewachsen, dass sie jede Absicht, sie zu kontrollieren, winzig und lächerlich erscheinen lässt. Im Wesentlichen zahlen die Menschen in dieses System ein, ohne selbst irgendeine Repräsentation darin zu finden.” – bto: Das System selbst unterliegt aber auch dem Zwang des Wachstums. Insofern gibt es nicht die außenstehenden Profiteure und die innen lebenden Sklaven. Alle sind Sklaven, wenngleich es natürlich für diejenigen, die über Vermögen verfügen und/oder wissen, wie man innerhalb des Systems agiert, relativ attraktiver ist.
  • “Die Bevölkerung, an der das System sich bereichert, wird zum bereitwilligen Komplizen an ihrem eigenen Raubbau. Von einem neuen System zu träumen, wagen wir nicht mehr. Stattdessen träumen wir von einem Weg, wie wir jenes verheißungsvolle Land erreichen können, das vom System selbst abgesteckt wurde: Ändern will ich es nicht. Ich will nur meinen eigenen Platz an seiner Tafel.” – bto: So ist es. Geht doch das System auch mit einem Nutzen einher. Denken wir nur an die Hunderte Millionen Menschen, die in den letzten Jahren weltweit die Armut überwinden konnten. Denken wir an die Innovationen.

zeit.de: “Schuldsklaverei und Donald Trump”, 19. Juli 2018