Die Logik hinter dem Handelskrieg

John Authers von Bloomberg hat die, wie ich finde, beste Analyse zum US-China-Handelskonflikt geschrieben, deshalb heute Thema bei bto:

Zunächst weist Authers darauf hin, dass Donald Trump seinen Erfolg als Präsident an der Entwicklung der Wall Street misst, was auf den ersten Blick nicht nur dumm ist, sondern auch dagegen spricht, sich mit China so sehr anzulegen. So oder so gibt es laut Authers drei Probleme mit der Fixierung Trumps auf die Börse:

  • First, the odds are stacked against Trump from the start. He began with stocks already fully valued, and with interest rates low and bound to rise. (…) the S&P 500’s valuation when Trump took office at the start of 2017 was almost identical to its valuation when Herbert Hoover took office in 1929: 28 times cyclically adjusted earnings, according to Yale University economist Robert Shiller. It has since risen further, which is an impressive testament to investors’ optimism (…)” – bto: Klartext: Nach unten ist viel mehr Luft als nach oben.
  • Second, at least two other organizations have more power over markets than the White House. They are the U.S. Federal Reserve and the Chinese Communist Party. (…) Moves in China’s domestic economy have an outsized effect on stocks in the developed world.” – bto: was vor allem auch für den DAX gilt.

Quelle: Bloomberg

  • Third, a higher stock market is not what the people who voted for Trump wanted. (…)  After years of intensifying inequality, higher share prices would tend to exacerbate inequality. Higher wages and more jobs, which is what the Trump electorate needs, tend to cut into profit margins and reduce share prices while raising interest rates.” – bto: Das habe ich auch immer nicht verstanden. Wenn man sich auf die Ärmeren konzentriert, weshalb dann die Börse im Fokus?

Doch nun zu der Frage, weshalb Trump sich dennoch so aggressiv im Handelskonflikt mit China aufstellt, gefährdet es doch – wie wir sehen – die Börsenentwicklung?

  • “Because higher tariffs offer him the chance to square this circle. By raising tariffs he puts pressure on China to stimulate its economy. That, in turn, will tend to lead to a recovery in U.S. share prices. It did so quite spectacularly in 2016. By amping up global tensions, pushing down on risk asset prices and raising uncertainty, Trump also puts pressure on the Fed to cut rates.” – bto: Er zwingt also die beiden Hauptakteure zu einer stimulierenden Politik. Das ist natürlich auch ein Blickwinkel.
  • “Getting tough with China involves doing exactly what he said he would do, which is always popular with the electorate. (…) Plenty of forces are pushing the two sides toward an eventual deal anyway. (…) Amping up the stakes at this point was good politics and even — despite appearances — aided in the apparently impossible job of pushing up a stock market that already appears to be amply fully valued.” – bto: In der Tat hat die Börse es lange implizit unterstützt, weil sie eben nicht negativ reagiert hat.
  • The problem is that China knows how to respond. China can see all of this, and it knows it can attack the presidential weak spot by acting in a way that damages the Dow. Hence, it not only retaliated with tariffs of its own, but announced them just as the New York market was about to open, at night in China, for maximum effect.” – bto: Dennoch kann sich China keine Rezession leisten, weil es dann zu erheblichen Problemen käme. Weniger noch als der US-Präsident.
  • “What (China) could do is weaponize its foreign-exchange reserves and start selling some of its holdings of U.S. Treasuries. This would have the effect of forcing U.S. bond yields and borrowing costs higher. But it would also tend to reduce the value of China’s remaining hoard of Treasuries.” – bto: Und hier könnte die US-Fed theoretisch voll gegenhalten, schafft sie doch das Gut, gegen das die Chinesen verkaufen müssen.
  • “Armed with this logic, the market may well decide that the hostilities will go no further. But if investors truly want that outcome, they may find it necessary to put more pressure on Trump by selling stocks. It may be obvious that a resolution will result, but markets will have to go through the process of a big sell-off to get there.” – bto: was dann bedeuten würde, dass man in diesen Verkauf hineinkaufen sollte. Aber zur Spekulation, nicht aus langfristigen Gründen, bleibt der Markt doch teuer und damit die langfristigen Ertragsaussichten mau.

bloomberg.com: “China May Have Miscalculated Trump’s Weak Spot”, vom 14. Mai 2019

Kommentare (16) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Lenz
    Lenz sagte:

    Das fixieren auf die Börse macht schon Sinn, die US-Bürger haben ihr 401k “Börsensparbuch”, ein Einbruch wirkt sich also direkt auf die verfügbaren Einkommen aus – sei es auch nur gefühlter Wohlstand.

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  2. Oliver Kolm
    Oliver Kolm sagte:

    Ich glaube nicht, dass man nur auf die Börse schauen darf. Man muss über den Tellerrand schauen. Plausibel erscheint mir da die geopolitische Erklärung von Herrn Dirk Müller https://www.youtube.com/watch?v=VBMZwc8USuU. Die geopolitischen Machtansprüche sieht die USA durch China gefährdet. Das Erstarken von China möchte man mit aller Macht verhindern. Die Börsenturbulenzen werden vermutlich als Kollateral-Schaden hingenommen. Außerdem, wenn die US Regierung entsprechende Pläne hat um “China den Stecker zu ziehen”, wie es Herr Müller so schön formuliert hat, dann werden sich die Amerikaner mit ihren Investitionen schon entsprechend positionieren, um in ein paar Jahren gestärkt aus der Krise zu gehen. So konfus sind die Aktionen des Präsidenten dann gar nicht mehr, eher kalkuliert einer Strategie folgend und schlüssig.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Oliver Kolm

      >Außerdem, wenn die US Regierung entsprechende Pläne hat um „China den Stecker zu ziehen“, wie es Herr Müller so schön formuliert hat, dann werden sich die Amerikaner mit ihren Investitionen schon entsprechend positionieren, um in ein paar Jahren gestärkt aus der Krise zu gehen.>

      WER sind die Amerikaner, die sich mit IHREN Investitionen entsprechend positionieren?

      Es sind die Amerikaner, die erwarten, dass die Unternehmen, an denen Sie Anteile haben, das MAXIMUM an Profit erzielen.

      WO die Unternehmen es erzielen, ist ihnen egal.

      Wenn also die Chinesen dafür sorgen, dass diese Unternehmen in China mehr Profit erzielen können als anderswo, dann positionieren sich die UNTERNEHMEN und eben nicht die Amerikaner in China und nicht irgendwo anders, auch nicht in USA.

      Daran kann Trump nichts ändern.

      Übrigens:

      Die Rückholaktion von im Ausland erzielter Profite, um diese in USA zu investieren, wird immer mehr zur Farce.

      Hier:

      https://www.marketwatch.com/story/yes-corporations-have-brought-home-cash-after-the-tax-cut-but-they-havent-put-it-to-work-2018-06-29

      Die Realität ist:

      Das Geld wird überwiegend für den KAUF eigener Aktien eingesetzt.

      Investieren ist etwas anderes.

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  3. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    bto: Das habe ich auch immer nicht verstanden. Wenn man sich auf die Ärmeren konzentriert, weshalb dann die Börse im Fokus?

    Teilweise ist das schlicht ein Denkfehler, weil die Amerikaner den Stand der Börsenindizes für einen zuverlässigen Wirtschaftsindikator halten (was Trump ja seit seiner Wahl auch noch befeuert, wenn er neue Dow-Höchststände als Erfolg für sich reklamiert – meiner Meinung nach ein schwerer Fehler).

    Zum anderen Teil ist es aber auch ein Effekt der viel weiter als in Deutschland verbreiteten Aktienkultur (mit einem ganzen Arsenal an steuerlich geförderten Möglichkeiten, Altersvorsorge durch Aktieninvestments zu betreiben) in den USA und der Tatsache, dass der Teil der Bevölkerung mit hohen Einkommen ungefähr eine doppelt so hohe Wahlbeteiligung hat wie die Armen. Auf die schnelle hab ich nur die Daten aus 2008 gefunden, ist in 2016 aber im Prinzip das gleiche Muster gewesen: https://en.wikipedia.org/wiki/Voter_turnout_in_the_United_States_presidential_elections#/media/File:Voter_Turnout_by_Income,_2008_US_Presidential_Election.png

    Dazu muss man noch wissen, dass Trump in jeder Einkommensgruppe mit Haushaltseinkommen über 50000 USD pro Jahr die Stimmenmehrheit gewonnen hat, nur die Ärmeren haben mehrheitlich für Hillary gestimmt. Die einkommensschwachen Schwarzen und Latinos wählen sowieso mit überwältigender Mehrheit die Demokraten, egal ob die Partei eine korrupte Kriegstreiberin oder einen blau lackierten Besenstiel nominiert – diese Wählergruppen haben allerdings auch keine Aktien.

    Antworten
  4. Tobias W.
    Tobias W. sagte:


    „Because higher tariffs offer him the chance to square this circle. By raising tariffs he puts pressure on China to stimulate its economy. That, in turn, will tend to lead to a recovery in U.S. share prices. It did so quite spectacularly in 2016. By amping up global tensions, pushing down on risk asset prices and raising uncertainty, Trump also puts pressure on the Fed to cut rates.“ – bto: Er zwingt also die beiden Hauptakteure zu einer stimulierenden Politik. Das ist natürlich auch ein Blickwinkel.

    Der Blickwinkel unterstellt, dass Trump diese wirtschaftlichen Zusammenhänge auch so versteht und aus deswegen aus rationalen Beweggründen handelt. Beides darf angezweifelt werden bei einem Mann, dessen Intellekt und geistige Gesundheit stark infrage stehen. Kann man von jemandem eine derart ausgefeilte Strategie erwarten, der offensichtlich noch nicht mal den Unterschied zwischen HIV und HPV kennt (Quelle: https://www.theguardian.com/us-news/2018/may/18/bill-gates-donald-trump-difference-hiv-hpv)?

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  5. Thomas
    Thomas sagte:

    Ich habe gelesen das die USA das einzige Land auf der Welt ist das autark sein kann. Von Alaska bis Hawaii haben sie alles: Rohstoffe, Lebensmittel, 330 Millionen Menschen grosser Markt. Zwei Küsten. Nur 2 Grenzen. China hat all das nicht. Die USA brauchen China nicht. China braucht die USA.

    Antworten
    • @ Dietmar Tischer
      @ Dietmar Tischer sagte:

      @ Thomas

      Sie betrachten die Dinge aus der Kindergartenperspektive.

      Es geht NICHT darum, wer und wer nicht autark sein KÖNNTE.

      Es geht darum, wer sich auf KOSTEN eines Anderen BESSERSTELLT.

      Antworten
    • m. sastre
      m. sastre sagte:

      Das, was Sie schreiben erfordert allerdings eine neue Form des Isolationismus, der zwingend das Ende der USA in ihrer jetzigen weltweiten Dominanz bedeutete. Die globalisierte Welt ist ein System kommunizierender Röhren und eine Autarkie könnte nur mittels der weitestgehenden Abschottung der USA von Finanz- und Warenströmen erfolgen. Das will niemand und ich vermute, daß die USA zu solch einem Umbau ihrer Wirtschaft auch nicht mehr fähig wären.

      Antworten
  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Ich finde den Ansatz nicht nur nicht überzeugend, sondern verfehlt.

    Trump ist NICHT auf die Börse fixiert, will aber natürlich auch nicht, dass die Kurse fallen.

    ENTSCHEIDEND für Trump ist die ZUSTIMMUNG der abhängten Bevölkerung.

    Diese dürfte durch die Kursentwicklung an der Wall Street kaum beeinflusst werden.

    Außerdem:

    WO entstehen denn die Gewinne der an der Wall Street gelisteten Unternehmen?

    In vielen Fällen entstehen sie längst nicht mehr in USA.

    Hier dazu:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Companies_of_the_United_States_with_untaxed_profits

    Daraus:

    “In 2016, the Institute on Taxation and Economic Policy, estimates $2.6 trillion held offshore and two-thirds of that is held by 30 U.S. companies, with Apple, Pfizer, and Microsoft being the top three (see chart).[5]“

    Die Logik hinter dem Handelskrieg ist eine andere:

    Trump hat vielleicht nicht erkannt, agiert im Handelskrieg aber so, also ob die USA nicht mehr in der Lage seien, ihre Vormachtstellung ZUKÜNFTIG aus eigener Kraft, d. h. durch Restrukturierung, zu sichern.

    Dem entspricht, dass sein Motto nicht „For a better America“, sondern „America first“ ist.

    Daher zielt er auf Schwächung der Anderen, insbesondere Chinas, aber auch der EU.

    Antworten
    • Tobias W.
      Tobias W. sagte:

      Sie liegen näher an meiner Einschätzung der Realität als der zitierte Beitrag.

      Allerdings ist auch klar, dass Trump Unternehmen wie Microsoft, Amazon, Apple, Google usw. nicht als Assets oder Verbündete, sondern eher als Feinde sieht – wahrscheinlich auch deshalb, weil er deren Geschäftsmodelle und Innovationen schlicht nicht versteht. Trump’s Blick ist einseitig auf längst obsolete Wirtschaftszweige in den USA gerichtet, deren Klientelpolitik er ohne Rücksicht auf Verluste (Arbeitnehmerrechte, Umwelt usw.) aus ideologischen Motiven verfolgt.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Tobias W.

        Völlig richtig.

        So wie er sich gibt, versteht Trump offensichtlich nur Geschäftsmodelle wie den Immobilienmarkt, wo ein erfolgreicher Deal vermeintlich darin besteht, den Anderen über den Tisch zu ziehen.

        Aber selbst da war er nicht sonderlich gut, hat ja schon einige Pleiten hingelegt.

  7. Arda Sürel
    Arda Sürel sagte:

    ‘What (China) could do is weaponize its foreign-exchange reserve

    China dürfte über eine viel wirksamere ‘Finanzwaffe’ – an deren Einsatz China schon laengst arbeitet – verfügen als den Verkauf der in US-Anleihen platzierten eigenen Waehrungsreserven.

    Zusammen mit anderen wichtigen asiatischen Staaten (Russland, Indien, Pakistan, Iran, Türkei etc.) entwickelt China derzeit Zahlungssysteme und -mechanismen ausserhalb des Dollars und Swift, Zahlungsmechanismen, die für eine steigende Zahl von Staaten interessant werden. Wieder parallel mit wichtigen asiatischen Staaten betreibt China Massnahmen zur Reduzierung des Anteils des Dollars an den Fremdwaehrungsreserven (Goldeinkaeufe, mehr Reserven in dritten Waehrungen z.B. Rubel). Bedenkt man zusaetzlich die Etablierung von Rohöl-Handelsmöglichkeiten an chinesischen Börsen (gepaart mit der Tatsache, dass China einer der Hauptabnehmer saudischen Erdöls ist), rückt der Tag naeher, an dem China Rohöl international gegen Yuan erwerben kann.

    Die nichtamerikanischen Zentralbanken dieser Welt brauchen Kredibilitaet, um ihre Kernfunktionen erfüllen zu können. Im internationalen Zusammenhang wird diese Kredibilitaet über das Volumen der Fremdwaehrungsreserven erheischt und da die Kernrohstoffe dieser Welt in Dollar gehandelt werden werden diese Reserven weitestgehend in Dollar gehalten. Etwas vergleichbares gilt für die nichtamerikanischen Banken dieser Welt, die internationale Transaktionen über die Konten bei amerikanischen Korrespondenzbanken laufen lassen müssen. In der Summe werden deswegen von nichtamerikanischen Zentralbanken und Banken vermutlich zweistellige Billionenbetraege in den USA gehalten, um überhaupt am internationalen Wirtschaftsgeschehen teilnehmen zu können.

    Wenn China nun Alternativen aufbaut (Transaktionen ausserhalb amerikanischer Korrespondenzkonten bzw. Transktionen in heimischen Waehrungen, Waehrungsreserven ausserhalb des Dollar, Öleinkauf gegen heimische Waehrung) und die Effizienz dieser Alternativen demonstriert, wird es in mittlerer Frist für Zentralbanken keine Anreize mehr geben zwei Drittel ihrer Fremdwaerhungsreserven in Dollar zu halten und für Banken (und Firmen) keine Anreize mehr geben zwei Drittel der Weltwirtschaftstransaktionen in Dollar zu betreiben und folglich auch einen Anreiz geben, die Betraege auf Korrespondenzkonten und Portfolien, die zur Abwicklung dieser Transktionen bzw. zur Erlangung von Kredibilitaet dienen, auf heutigem Niveau zu halten.

    Ressourcenabzüge in vielleicht zweistelliger Billionenhöhe aus dem USA waeren die Folge. Und an eben dieser ‘Waffe’ arbeiten derzeit die Staaten Asiens – allen voran China.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Arda Sürel

      Wer die institutionalisierten Mechanismen des Zahlungsverkehrs beherrscht, hat sehr viel MACHT.

      Deshalb wird daran gearbeitet, das „Privileg“ der USA durch ein anderes System zu entwerten – Ihr Hinweis ist richtig.

      Auch richtig ist m. A. n., dass dadurch der US Dollar an Bedeutung verlieren wird.

      Aber das dauert und setzt vor allem Vertrauen unter den Mitgestaltern voraus.

      Es ist nicht automatisch gegeben bei den unterschiedlichen Interessen, die u. a. von den von Ihnen genannten Ländern verfolgt werden.

      Absehbar ist allerdings schon jetzt:

      Die EU hinkt wieder einmal hinterher, erkennbar an der Hilflosigkeit, mit der man ein eigenes System für den Zahlungsverkehr mit dem Iran aufbauen will.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        Das derzeitige Privileg der USA ist sogar ein Doppeltes: Die kontrollieren die Weltreservewährung US-Dollar und das weltweit dominante Zahlungsverkehrssystem SWIFT.

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