Die EU in der Zange

“Italiens vierfache Gefahr für die EU” titelt die FINANZ und WIRTSCHAFT. Ich finde es mehr eine Beschreibung der EU als Ganzes mit Italien als prominentestes Beispiel. Es ist eine ernüchternde Bestandsaufnahme, aus der man nur schließen kann und muss, dass es sehr schwer sein wird, EU und Euro wirklich zu retten (und nicht nur scheinbar):

  • “Durch Italiens populistische, europakritische Regierung haben sich die mittelfristigen Risiken weiter vergrössert, die vom Bankensektor, von der Staatsverschuldung, der Arbeits- und der Migrationspolitik sowie dem Wachstumsmodell Italiens ausgehen.” – bto: Und im Kern gelten diese Punkte für die gesamte EU.
  • “Seit der Finanzkrise 2008 stehen viele europäische Banken auf wackligen Beinen, und die Verschuldung von Staaten, Unternehmen und privaten Haushalten ist in einer Reihe europäischer Länder nach wie vor auf einem hohen Stand. Die Arbeitslosenrate ist zwar leicht gesunken, ist aber immer noch doppelt so hoch wie in den USA. Nachdem es zuletzt einen Aufwärtstrend gegeben hatte, ist die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate der EU erneut rückläufig.” bto: Ja, es zeichnet sich die nächste Rezession ab, die der Euroraum nicht überstehen dürfte.
  • “Zudem altert die Bevölkerung der EU, aber Versuchen, exorbitanten Transferleistungen, hohen Steuern und starren Regelungen entgegenzusteuern, war nur mässiger Erfolg beschieden. Ein perfektes Beispiel sind die vorgeschlagenen Renten-, Steuer- und Arbeitsmarktreformen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die auf Schritt und Tritt Proteste hervorrufen.” – bto: Und die Mehrheit der Wähler ist alt! Das führt dazu, dass es unmöglich ist, noch etwas zu ändern.
  • “Alles in allem leidet die EU seit langem unter verhaltenem Wachstum, übermässiger Staatsverschuldung – die noch belastender werden wird, wenn die Zinsen schliesslich steigen – und schwachen, ineffizienten Banken.” – bto: Ja, deshalb werden die Zinsen auch nicht steigen.
  • “Der Verlust der geldpolitischen Souveränität in Verbindung mit demografischen Spannungen und der Krisensituation im Zusammenhang mit Migration und Flüchtlingen erklärt, warum populistische und nationalistische Parteien grossen Zulauf erhalten.” – bto: Nein, das offensichtliche Versagen der Politiker, diese Probleme anzugehen (oder überhaupt als solche zu erkennen!) ist die Ursache.
  • Europas Probleme neigen dazu, sich gegenseitig zu verstärken. Kraftloses Wachstum erschwert es, die notleidenden Kredite der Banken aus der Welt zu schaffen. Das behindert das Wachstum zusätzlich, was die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit verstärkt. (…) Wähler in Demokratien befürworten Ausgabenerhöhungen und Steuerkürzungen häufig, ungeachtet allfälliger Auswirkungen auf die Staatsverschuldung.” – bto: vor allem wenn die Gesellschaft alt und die Zukunft immer mehr Menschen egal ist.
  • “Zu allem Übel wird ein Grossteil der italienischen Staatsschulden von wackligen heimischen Banken gehalten. Die Italiener stehen den Bail-in-Bestimmungen der EU seit langem ablehnend gegenüber – denen zufolge Gläubiger einer Bank im Falle drohender Zahlungsunfähigkeit an den Verlusten beteiligt werden –, weil das Eigentum an italienischen Banken, die aus den historischen Stadtstaaten des Landes hervorgegangen sind, stark lokal geprägt ist.” – bto: Da ist es doch viel besser, wenn die Deutschen bezahlen! Oder?
  • “Die wachsende Feindseligkeit der italienischen Wählerschaft gegenüber der Einwanderung ist Teil eines Trends, der sich von Polen und Ungarn bis hin zum Vereinigten Königreich über die gesamte EU erstreckt. Unmittelbar vor dem Brexit-Referendum 2016 hatte der damalige Premierminister David Cameron im letzten Moment an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel appelliert, den Zuzug von Ausländern nach Grossbritannien zu begrenzen. Merkel lehnte ab, und das Brexit-Referendum wurde mit knapper Mehrheit entschieden.” – bto: einer der vielen dramatischen, historischen und teuren Fehler dieser Kanzlerin.
  • “Wenn sich Europas Konjunkturaufschwung nicht in langfristiges, nachhaltiges Wachstum übersetzen lässt, wird die vierfache Gefahr durch Italiens Banken, seine Schulden, den Backlash in der Zuwanderung und die wirtschaftliche Misere des Landes die Widerstandsfähigkeit der Einheitswährung – und der europäischen Integration im Allgemeinen – auf die Probe stellen.” – bto: So oder so gilt: Die Wirtschaft kommt nicht richtig auf die Beine und damit ist es ein Projekt, dem die Zeit wegläuft.

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: “Italiens vierfache Gefahr für die EU” , 25. Juni 2018