Die Drogenlieferung stockt

Es ist doch so simpel: Unser Wirtschaftssystem erlaubt das (fast) unbegrenzte Schaffen neuen Geldes (und damit von Kaufkraft) durch die Geldschöpfung des Bankensystems mit (fast) jeder Kreditvergabe. Das ist deshalb gut, weil wir so immer dann, wenn es irgendwo zu stocken droht, noch einen nachlegen können. Und genau das machen wir. Die weltweite Verschuldung wächst seit Mitte der 1980er-Jahre deutlich schneller als das Welt-BIP und auch die Finanzkrise hat daran nichts geändert. Im Gegenteil: Wir haben die Krise, ausgelöst durch zu viele zu schlechte Schulden, durch noch mehr Schulden überwunden und so die Fallhöhe für die nächste Krise erhöht. Da die Schulden immer mehr für unproduktive Zwecke verwendet werden – Spekulation, Kauf vorhandener Assets und Konsum – sind wir davon abhängig, dass die Dosis immer weiter steigt. Eine Dynamik, die auch andere Beobachter als der Schreiber dieser Zeilen schon vor Jahren erkannt haben. Ändern daran konnten sie nichts.

Nun leuchten die Warnsignale erneut tiefrot: Der weltweite „Kreditimpuls“ stürzt weiter ab, bei bto schon vor einigen Wochen thematisiert. Nun hat die UBS erneut schlechtere Zahlen ermittelt. Bevor wir auf das Originalpapier eingehen, einige Auszüge aus der erneut guten Analyse von Ambroise Evans-Pritchard (AEP) im englischen Telegraph:

  • “The global credit impulse has fallen as dramatically over recent months as it did during the onset of the Lehman crisis, signaling serious headwinds for the world economy and asset prices just as the US Federal Reserve tightens monetary policy.” bto: also mit einer prozyklisch handelnden Notenbank, die viel zu spät handelt.
  • “(…) UBS (…) shows that the impulse has plummeted by 6pc of GDP since peaking last year, driven by powerful swings in China and the US. The two economic superpowers are both suffering from credit saturation.”bto: So kann man es natürlich auch sagen. Ich würde eher sagen, wir haben das Schuldenpotenzial in diesem Durchlauf erschöpft. Der Finanzzyklus, wie ihn die BIZ nennt, dreht erneut.
  • “The credit impulse is not the same as the volume of credit. It tracks the change in the change, or what is known to specialists as the second derivative. (…) UBS says there is a 73 correlation between the credit impulse and the trajectory of domestic demand in the United States, and probably for China as well.” bto: Dann wäre es in der Tat ein Zeichen für eine Rezession, die sich natürlich nur sehr schlecht mit Rekordkursen an den Börsen verträgt.
  • Yet all the signs are that the Fed will press ahead with a quarter point rate rise to 1.25pc this week (…) Wall Street is already skittish. The Nasdaq technology leaders or FAANGs are showing signs of fatigue after a parabolic rise this year.  Over the last two trading sessions Netflix has fallen 10pc, Apple 8pc, Facebook 5pc, Amazon and Google 4pc.(…) “The uniformity of the price moves indicates a market driven by price chasing momentum, with investors heading for the door all at the same time (…).” bto: Das ist aber ein anderer Punkt. Die Art, wie wir Geld anlegen, erhöht die Anfälligkeit für einen externen Schock, in diesem Fall dem Wegfall der Liquiditätsdosis.
  • “(…) China’s credit impulse contracted by 12pc of GDP in April, even though loan growth still appears robust (if slowing) at first blush. The problem with the final stage of a debt spree is that it takes ever more fuel to feed the monster. The effect diminishes.” bto: Das ist der entscheidende Punkt!!!

AEP: “UBS thinks the gauge will fall by 8pc of GDP over the next twelve months. If so, batten down the hatches.” bto: Ja, das wäre eine sehr schlechte Nachricht für die Börsen und die Wirtschaft. Der Auftakt zur Fortsetzung der Krise, die ja bekanntlich nur Pause gemacht hat. 

Hier die Originalbilder der UBS und unten der Link zum (kurzen) Report:

 

bto: Da kann man natürlich noch die Hoffnung haben, dass es wie bei früheren Wellen bald wieder dreht. Wobei dies wieder schneller steigende Schulden bedeutet und damit nur Zeit kauft.

 

bto: In Kanada war der “Kreditimpuls” schon länger rückläufig (deshalb Immobilienpreis-Probleme??). In Australien dreht er gerade richtig nach unten. (Bald Immobilien Probleme?? Ich denke, ja). In Spanien könnte der schöne Aufschwung abrupt enden? Bei uns übrigens auch.

Es bleibt unzweifelhaft spannend – und gefährlich an den Märkten.

The Telegraph: „Global credit bubble at risk of bursting as China and US reach tipping point“, 12. Juni 2016

Und hier die Studie:

Global credit impulse

Kommentare (19) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Rolf
    Rolf sagte:

    Es würde Ihnen sicher nicht weiterhelfen wenn ich kleines Würstchen Ihnen diese Frage mit Ja oder Nein beantworte.
    Ich war auch das erste Mal in einem anderen Kulturkreis unterwegs.
    Kleines Beispiel am Rande,es wurde außerhalb des Hotels jegliche Annahme von Trinkgeld strikt verweigert.Wir haben lange gebraucht bis wir das kapiert haben.
    Wenn man die Ausgangslage Chinas nach WKII betrachtet mit Millionen Hungertoten und sieht das heutige China kann man nur seinen Respekt ausdrücken.
    Ob das möglich gewesen wäre nur z.B.mit Endlosdebatten im Parlament um jeden gefährdeten Frosch und Eingriffen der diversen Lobbygruppen?
    Das wage ich allerdings zu bezweifeln
    Also was ich sagen will – andere Länder andere Sitten -und
    nicht immer unser System als das allein Seligmachende hinstellen.

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Sie müssen sich nicht als „kleines Würstchen“ bezeichnen, nur weil Sie die Frage nicht mit Ja oder Nein beantworten.

      Sie wollen sie nicht beantworten, das ist in Ordnung.

      Aber natürlich haben Sie damit auch nicht meiner Auffassung widersprochen.

      >Wenn man die Ausgangslage Chinas nach WKII betrachtet mit Millionen Hungertoten und sieht das heutige China kann man nur seinen Respekt ausdrücken.>

      Ja, kann man, vor allem MUSS man Respekt davor haben, dass das Mao-China es aus EIGENER Kraft geschafft hat, sich aus der Armutsideologie zu lösen.

      >Ob das möglich gewesen wäre nur z.B.mit Endlosdebatten im Parlament um jeden gefährdeten Frosch und Eingriffen der diversen Lobbygruppen?
      Das wage ich allerdings zu bezweifeln>

      Jedenfalls wäre die Wohlstandsmaschine bei weitem nicht so effektiv gewesen.

      Meine Meinung für Länder wie China ist:

      Erst Wachstum, dann Demokratie (dann heißt nicht irgendwann; wenn sie gewollt wird, muss sie auch kommen).

      >Also was ich sagen will – andere Länder andere Sitten -und nicht immer unser System als das allein Seligmachende hinstellen.>

      Ja, andere Länder, andere Sitten (und Regeln) – und genau deshalb ist der von M. Stöcker verlinkte Reisebericht eben Unsinn soweit er meint, dass mit chinesischer Effizienz und Organisation bei uns eine Investitionsoffensive gestartet werden könnte.

      Ich habe nicht unser System als das allein seligmachende hingestellt.

      Ich sage nur, dass bei uns die Infrastruktur nicht so in Angriff genommen werden kann wie in China.

      Damit ist erst einmal kein Werturteil verbunden.

      Antworten
  2. Rolf
    Rolf sagte:

    @DT
    Ich war zweimal beruflich in China und kann sagen dass ich vor der Effizienz und dem Fachwissen der Chin.Kollegen nur den Hut ziehen konnte.
    Auch ist mir nicht aufgefallen,dass jemand ausgepeitscht-oder auf einer Streckbank behandelt wurde.
    Es war ein ganz entspanntes angenehmes Arbeiten.
    Vor Jahren kursierte ein Foto aus China in den Medien,eine Straße wurde in einem scharfen Bogen um einzeln stehendes Haus gebaut.
    Der Grund war – der Eigentümer wollte nicht verkaufen.
    In Deutschland nicht möglich.
    Ob Reisen bildet,jedenfalls öffnet es gelegentlich die Augen für die Realität.
    Diese Realität hat jedenfalls oft nichts mit der Hetze unserer MSM gegenüber China zu tun.
    Bei Menschen wie Ihnen fällt das dann oft auf fruchtbarem Boden.
    Das soll noch nicht mal ein Vorwurf sein wenn Sie sich nur dort Informieren können.

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    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      Hut ziehen, nicht ausgepeitscht, entspanntes, angenehmes Arbeiten, Eigentümer wollte nicht verkaufen, Hetze gegenüber China …

      Ich schaffe es nicht mehr bis China und ich glaube auch nicht, dass Reiseerlebnisse, wie Sie sie hier schildern, die folgende Frage beantworten können.

      Wie auch immer, ich frage Sie dennoch:

      Glauben Sie, dass mit der chinesischen PRAXIS, Eigentumsverhältnisse zu regeln, sonstige Vorschriften zu beachten (Auftragsvergabe etc.), Transparenz herzustellen, die Bevölkerung bei Ablehnung von Maßnahmen zu behandeln usw. in Deutschland eine staatliche Investitionsoffensive realisiert werden könnte?

      Ich wäre dankbar, wenn Sie diese Frage mit einem Ja oder Nein beantworten könnten.

      Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Michael Stöcker

    Was bei uns ohne Zwangsumsiedlung und Enteignung geht oder nicht geht, ist nicht das Thema.

    Das Thema ist auch nicht, wer bei uns gegen etwas wehrt oder demonstriert.

    Das Thema ist die von Ihnen zitierte Passage eines Reiseberichtes, dem Sie sich ohne Einschränkung anschließen.

    In dieser Passage ist von STAUNENSWERTER Effizienz und Organisation die Rede, was an der BESSEREN Infrastruktur – Beispiel Zugverkehr – abzulesen ist.

    ÜBERLEGENE Effizienz und Organisation sind ursächlich für die bessere Infrastruktur (von anderem ist nicht die Rede in der zitierten Passage).

    Effizienz und Organisation nach chinesischem VORBILD, damit wir wenigstens in die Investitionsoffensive kommen (und ja, geschenkt, als Folge auch um den damit erhofften Abbau der deutschen Leistungsbilanzüberschüsse).

    NUR darum geht es hier.

    Und dann eben auch darum:

    Wer eine Innovationsoffensive nach dem Vorbild chinesischer Effizienz und Organisation befürwortet, MUSS sich auch zu den dortigen PRAKTIKEN bekennen, mit denen organisiert wird und Effizienz zustande kommt.

    Sie sind wenigstens schon auf dem Wege, wenn Sie quasi APODIKTISCH sagen:

    „Gemeinwohl geht vor Eigenwohl“.

    Dazu würde jeder Organisator effizienter chinesischer Infrastruktur nur sagen können:

    Genau die Einstellung, mit der wir arbeiten und Erfolg haben.

    Antworten
  4. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Und der Reiseempfehlung von Jens Südekum kann ich mich aus eigener Erfahrung nur anschließen:

    „Betritt man einen der großen Bahnhöfe in Shenzhen oder Guangzhou, bestaunt man einen Grad an Effizienz und Organisation, der jedem preußischen Beamten feuchte Augen machen würde. Überhaupt haben es die Chinesen mit Infrastruktur. Züge sind mit über 300 km/h unterwegs, fahren auf die Sekunde pünktlich und sehen pikobello aus. Ich kann mich an keinen Moment erinnern, wo mein Handyempfang schlechter als „LTE“ war.

    Kaum in Düsseldorf zurück habe ich stattdessen, in der abgeschmockten S-Bahn sitzend, bloß ein „E“ auf meinem Display und komme mit 20 Minuten Verspätung zu Hause an. Wolfgang Schäuble sollte seinen nächsten Urlaub einfach in China verbringen. Vielleicht bekommen wir dann endlich die vielfach geforderte Investitionsoffensive, die wir nicht zuletzt für den Abbau des deutschen Leistungsbilanzüberschusses so dringend brauchen. Aber bis dahin fließt sicher noch viel Wasser den Jangtse runter.“ https://makronom.de/auch-in-china-gibt-es-einen-ruhrpott-21395.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >„Betritt man einen der großen Bahnhöfe in Shenzhen oder Guangzhou, bestaunt man einen Grad an Effizienz und Organisation, der jedem preußischen Beamten feuchte Augen machen würde.>

      Und wie steht es mit der RECHTSTAATLICHKEIT, die bei chinesischer Effizienz und Organisation einfach nur hinderlich ist?

      Was würden preußische Beamte dazu sagen?

      Wir brauchen mehr Investitionen.

      Wer die Chinesen als Vorbild dafür aufruft, wie das zu bewerkstelligen sei, stellt sich derart ins ABSEITS, dass er nicht mehr zu verorten ist.

      Mit wem würden Sie denn hierzulande chinesische Investitionsbedingungen schaffen wollen?

      Oder nur mal wieder so eine Idee, die beweist, dass Reisen NICHT bildet.

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      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        Ach, Herr Tischer, wer bitte schön wehrt sich gegen LTE-Masten an Autobahnen, Schnellstraßen und Gleisen??? Wer demonstriert gegen die Sanierung von Schulen, Straßen, Brücken und Bahnschienen??? Wo ist der Massenprotest gegen kostenfreie Kitas inkl. Verpflegung für alle?

        Das alles – und noch viel mehr – geht ganz ohne Zwangsumsiedlungen und Enteignungen. Und ansonsten gelten auch bei uns noch immer die Prinzipien: Eigentum verpflichtet und Gemeinwohl geht vor Eigenwohl.

        LG Michael Stöcker

  5. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Ja, es ist der Kreditzyklus, auf den es ankommt. Wenn der private Kreditzyklus stark rückläufig ist, dann muss der Staat antizyklisch einspringen. Ist nichts anderes als altbekannte antizyklische Fiskalpolitik, die via Austerität in eine prozyklische Politik umgewandelt wurde. Ottmar Issing hat das aber wohl bis heute nicht verstanden. Hier noch einmal der Hinweis auf seinen erhellenden Vortrag von vor zwei Tagen, in dem er doch sehr verlegen das „naive“ monetaristische Konzept der Bundebank in Erinnerung rief, dessen Comeback er noch 2010 beschwor: https://zinsfehler.com/2017/06/14/die-spaeten-bekenntnisse-des-ottmar-issing/.

    LG Michael Stöcker

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Hier die Einschätzungen von Ottmar Issing aus dem Jahre 2010, die bis heute die unsägliche deutsche Politikstrategie dominieren: http://www.zeit.de/2010/10/F-Monetarismus. Dabei hat er in einigen Punkten durchaus den richtigen Weg erkannt, wenn er schreibt:

      „Der Monetarismus wird nicht in Form der alten Rezepte wiederkommen. Die Modelle zur Erklärung der monetären Entwicklung werden nicht auf einfachen Geldmengenkonzepten beruhen, und das Kreditvolumen in all seinen Facetten wird eine wichtigere Rolle spielen als früher.“

      Antworten
    • Horst
      Horst sagte:

      Ergo ist jede Wirtschaftskrise zugleich eine Kreditkrise (rückläufige Neu-Kreditaufnahme).

      Dies sollte demnach doch die von Ihnen und anderen vertretene These widerlegen, dass, analog der beschriebenen Konstellation, es auf aggregierter Ebene nicht zu einem “fehlenden Zins” kommen kann – im Falle eines “credit crunch” fehlt also im Umkehrschluss derjenige Zins, der zur Bedienung von Altschulden durch Neuaufnahme von Krediten notwendig wäre, um Systemstabilität zu gewähren – Minsky-Moment…

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        So ist es.

        Daher die Lösung:

        Abschaffung des „Schuldgeldes“ und damit des Kreditzyklus mit seinen Krisen.

        Übergang durch QE bis zur verdeckten monetären Staatsfinanzierung.

        Da damit letztlich die Kreditkrise auch nicht abgewendet werden kann, weil die Fiskalpolitik NIE und NIMMER die strukturellen Defizite fehlender privater Nachfrage kompensieren bzw. für erneutes Wirtschaftswachstum überkompensieren kann (was für die Entwertung der Schulden erforderlich wäre), MUSS das Finanzierungssystem geändert werden durch

        Umstellung des Geldsystems von Schuldgeld auf Helikoptergeld.

        Das kann graduell geschehen, angefangen z. B. mit geschenktem „Bürgergeld“ als Parallelversorgung, und sich aufbauen bis zur vollendeten Umstellung.

        In der Konsequenz ist das ein SYSTEMWECHSEL, weil dadurch die Bremsmechanismen – ja, auch versagende Bremsmechanismen, aber dennoch Bremsmechanismen – der Finanzmärkte abgeschafft werden.

        Ersatz dafür?

        Konzeptionell, auf dem Papier, jede Menge prudentieller Begrenzungsfürsorge.

        In der Realität kein SANKTIONSMECHANISMUS, der einem ungezügelten Geldmengenwachstum Einhalt bieten könnte.

        Das ist meine Sicht, wie sich die Dinge weiterentwickeln werden, wenn man das Nachfrage-Dogma nicht aufgeben will.

        Nur als Anmerkung, nicht als erneuter Aufruf zu einer Diskussion; das Thema ist hier schon hinreichend durchgekaut worden.

    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      >Ist nichts anderes als altbekannte antizyklische Fiskalpolitik, …>

      Es ist etwas GANZ anderes:

      WEIL Sie und andere dem DOGMA anhängen, dass Nachfrage unter allen Umständen aufrechterhalten werden muss, ist die Finanzpolitik nicht nur Mechanismus zur GLÄTTUNG von Wirtschaftszyklen, sondern STRUKTURELL der „Nachfrager of last resort“ für die SYSTEMRETTUNG, wenn die Privatwirtschaft nicht hinreichend nachfragt.

      Da Sie diesen fundamentalen Unterschied kennen, sollten Sie ihn auch offen aussprechen statt Beschönigungsformeln zu verabreichen und anderen, Issing z. B., Unverständnis zu bescheinigen.

      Was Sie hier betreiben, ist intellektuell nicht akzeptabel.

      Antworten
  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Unser Wirtschaftssystem erlaubt das (fast) unbegrenzte Schaffen neuen Geldes (und damit von Kaufkraft) durch die Geldschöpfung des Bankensystems mit (fast) jeder Kreditvergabe. Das ist deshalb gut, weil wir so immer dann, wenn es irgendwo zu stocken droht, noch einen nachlegen können. Und genau das machen wir. >

    Das ist der Mechanismus.

    >Wir haben die Krise, ausgelöst durch zu viele zu schlechte Schulden, durch noch mehr Schulden überwunden und so die Fallhöhe für die nächste Krise erhöht.>

    Das ist das „Zwischenergebnis“ durch KONSEQUENTES Beharren auf dem Mechanismus.

    >Nun leuchten die Warnsignale erneut tiefrot: Der weltweite „Kreditimpuls“ stürzt weiter ab>

    Wir sind, so scheint es, in der Sackgasse, das Ende vor Augen.

    Soweit, so richtig als BESCHREIBUNG der Systemfunktionalität.

    Darzulegen, dass wir durch den Mechanismus dahin gekommen sind, wo wir uns befinden, ist aber keine URSÄCHLICHE Erklärung, da sie nur den Weg beschreibt, aber nicht darüber befindet, WARUM wir ihn gegangen sind.

    Die m. A. n. entscheidenden Fragen für die URSACHENBESTIMMUNG:

    Warum MUSSTEN wir kontinuierlich mehr Geld schaffen?

    Oder anders gefragt:

    Warum MUSSTE die weltweite Verschuldung deutlich SCHNELLER wachsen als das Welt-BIP, um überhaupt noch ein wachsendes BIP zu haben?

    Oder noch anders gefragt:

    Warum konnte NICHT mit einer MODERAT wachsenden Verschuldung ein wachsendes BIP erzielt werden?

    Ohne die RICHTIGE Antwort darauf, gibt es keine ursächliche ERKLÄRUNG für die Krisensituation in der wir sind und die sich offensichtlich verschlimmert.

    Ich habe keine richtige Antwort darauf.

    Es gibt aber Hinweise, wo man nach ihr suchen müsste.

    Hier z. B.:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Helikoptergeld

    Daraus:

    >Im Oktober 2016 wurde das Ergebnis einer Internet-Umfrage von Ipsos im Auftrag der ING bei etwa 12.000 Verbrauchern in 12 europäischen Ländern veröffentlicht. Ziel war, festzustellen, wie Konsumenten zusätzliches transferiertes Geld ausgeben würden. Annahme war, dass sie ein Jahr lang jeden Monat 200 Euro auf ihr Konto überwiesen bekämen,
    Nach Darstellung des Handelsblatts war das Ergebnis ernüchternd: Die meisten der Befragten (52 %) würden das Geld eher sparen, nur 26 % das meiste ausgeben, 15 % Schulden tilgen. Ian Bright, Volkswirt von ING hält die Maßnahme daher für ineffektiv.>

    Wenn man – statthaft oder nicht –, hypothetisch einmal unterstellt dass diese Verwendungsverhalten bezüglich zusätzlichen Geldes nicht nur für ein Jahr transferierten Geldes gilt, sondern auch für Dauertransfers dieser Größenordnung, dann muss man zu dem Schluss kommen:

    Die Menschen WOLLEN nicht so viel Geld ausgeben, wie für ein gewünschtes Wirtschaftswachstum erforderlich ist und dies – ENTSCHEIDEND – auch dann nicht, wenn sie von der Verschuldungsbelastung (Zinszahlungen, Rückzahlung des Darlehens) BEFREIT sind.

    Warum ist das so?

    Haben Sie (im Durchschnitt) genügend Güter und Dienstleistungen, so dass Geldausgeben eher eine BELASTUNG wäre, z. B. eine Garage für das dritte Automobil zu suchen?

    Oder sparen sie, weil sie das Geld zu einem SPÄTEREN Zeitpunkt ausgeben wollen?

    Mit solchen Fragen sollten Ökonomen einmal auf Ursachensuche gehen …

    PS:

    Das Umfrageergebnis zeigt übrigens auch, dass Helikoptergeld NICHT besonders EFFEKTIV zu sein scheint, die Nachfrage zu erhöhen, was wiederum die Bedenken bekräftigt, dass erheblich „nachtransferiert“ werden müsste, d. h. die Transfersummen zu erhöhen wären, um spürbare Nachfrageeffekte zu erzielen.

    Daher die Umverteilung, die M. Stöcker ZUSÄTZLICH zu Helikoptergeld propagiert.

    Dies nur als Nebengedanke, nicht um eine weitere Diskussion über Helikoptergeld anzuzetteln.

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      “Warum MUSSTEN wir kontinuierlich mehr Geld schaffen?” fragen Sie. Ganz einfach: weil man sich mit dem, was einem bei Einhaltung der Regeln zustehen würde, nicht zufrieden gibt. Daher haben römische Kaiser unedle Metalle heimlich den Münzen beigemischt und daher konnte Voltaire schon konstatieren, dass alles Papiergeld bei seinem inneren Wert endet: 0. Die Technologie ändert sich, der Mensch nicht. Und so wird es wohl trotz aller gut gemeinten Regelungen immer wieder kommen.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Das sehe ich etwas anders, finde „der Mensch ändert sich nicht“ ist zu allgemein für eine umstandsbezogen Erklärung.

        Meine ist zeitbezogen konkreter.

        Erstens:

        Es gibt keine (festen) Regeln, die einzuhalten gewesen wären hinsichtlich der GESAMTVERSCHULDUNG.

        Zweitens:

        Die ERFAHRUNG und der ANSPRUCH bis Ende der 70er-Jahre war nicht nur Wohlstand für alle, sondern mit Wachstum immer mehr Wohlstand für alle.

        Das war sozusagen das Versprechen unter dem die entwickelten Volkswirtschaften operierten.

        Wenn sich in dieser Situation die Nachfrage derart abgeschwächt haben würde, dass nachhaltig nur noch geringes oder kein Wachstum mehr zu erzielen gewesen wäre, hätte es Arbeitslosigkeit, vermutlich sogar sich verfestigende Massenarbeitslosigkeit gegeben.

        Dies würde aller Erfahrung nach zu möglicherweise nicht mehr beherrschbarer politisch-gesellschaftlicher Instabilität geführt haben.

        Eine solche Situation musste daher vermieden werden.

        Sie wurde seit den 80er Jahren durch eine sich fortwährend erhöhende Gesamtverschuldung und damit Nachfragestabilisierung vermieden.

        Deshalb sage ich ja auch: Das war erfolgreich mit Blick auf die Zielsetzung.

        Allerdings ist der Preis dafür sehr hoch, wie uns zunehmend bewusster wird.

        Und er wird offensichtlich immer HÖHER, wenn man DIESE Zielsetzung so weiterverfolgt.

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