Der Traum von der Reformfähigkeit der Eurozone …

… wird noch lange geträumt werden. Es gibt immer wieder Stimmen, die eine Reform der Eurozone für möglich halten, darunter auch kluge Köpfe wie Kenneth Rogoff, Krisenexperte und Wegbereiter des Bargeldverbots. Zur Erinnerung:

Rogoff träumt weiter von der Enteignung

Bargeld muss weg, meint nicht nur Rogoff

Kenneth Rogoff ist ehemaliger Chefökonom des IWF. Er ist Professor für Ökonomie und Public Policy an der Universität Harvard. Nun schreibt er über die Möglichkeiten, die Eurozone zu reformieren:

  • “Es stimmt, dass kurzfristig viel Grund für Optimismus besteht. Die Eurozone hat während des vergangenen Jahres eine solide zyklische Erholung erlebt und die Erwartungen stärker als jede andere hoch entwickelte Volkswirtschaft übertroffen. Die Wahl von Emmanuel Macron ist tatsächlich ein Meilenstein, der Hoffnungen weckt, dass Frankreich seine Volkswirtschaft ausreichend wiederbeleben kann, um ein echter, gleichwertiger Partner Deutschlands in der Lenkung der Eurozone zu werden.” bto: Mit diesem Optimismus ist er bekanntlich nicht alleine.
  • “Aber es ist nicht alles gut. Es gibt kaum Wachstum in Griechenland, und das nach einer der schlimmsten Rezessionen der jüngsten Geschichte. (…) Viel besser als Griechenland hat sich Italien entwickelt, doch das ist ein zweifelhaftes Kompliment: Die italienischen Realeinkommen sind heute tatsächlich niedriger als vor einem Jahrzehnt. Für Südeuropa insgesamt hat sich die Gemeinschaftswährung als goldener Käfig erwiesen, der mehr haushalts- und geldpolitische Disziplin erzwungen, aber den Wechselkurs als wichtiges Polster gegen unerwartete Erschütterungen abgeschafft hat.” bto: Das kann man wohl so sagen.
  • “Es ist inzwischen ziemlich offensichtlich, dass der Euro für den Erfolg der EU nicht notwendig war und sich stattdessen als massives Hindernis erwiesen hat (…). Möglicherweise hätten sich die südeuropäischen Länder nie ein derart tiefes Schuldenloch gegraben, wenn sie ihre eigenen Währungen behalten hätten und die Möglichkeit gehabt hätten, sich eines Teils ihrer Schulden über die Inflation zu entledigen.” bto: Das ist unzweifelhaft so, aber ich finde eine etwas sehr zögerliche Argumentation.
  • “(…) der Status quo (lässt sich) vermutlich nicht aufrechterhalten; letztlich muss es entweder eine deutlich stärkere Fiskalintegration oder ein chaotisches Auseinanderbrechen geben. Zu glauben, dass der Euro in den nächsten fünf bis zehn Jahren (wenn nicht schon eher) keine weiteren realen Stresstests erleben wird, ist erstaunlich naiv.” bto: Das kann man laut sagen! Siehe Beitrag von heute Morgen.
  • “(…) warum sind die Märkte dann so überaus ruhig, und warum bringen zehnjährige italienische Staatsanleihen nicht mal zwei Prozentpunkte mehr Rendite als deutsche? Vielleicht spiegelt der geringe Risikoaufschlag die Ansicht der Anleger, dass es letztlich direkte Rettungsmassnahmen geben wird – egal, wie heftig deutsche Politiker auch das Gegenteil beteuern mögen. Der Ankauf von Schuldtiteln aus den Peripherieländern durch die Europäische Zentralbank stellt bereits eine stillschweigende Subvention dar, und die Diskussion über Eurobonds erhitzt sich nach Macrons Wahlsieg.” bto: Das kann man genauso zusammenfassen!

bto: Das ist also die Hoffnung: keine Reform, sondern Transferunion. Doch diese würde auch nicht helfen!

fuw.ch: “Eurozone – Reform oder Untergang”, 22. Juni 2017