Der Staat ist das Problem – nicht nur bei uns

Am kommenden Sonntag (24. April 2022) geht es in meinem Podcast natürlich um die Präsidentenwahl in Frankreich. Zur Einstimmung ein paar Beiträge. So beschreibt in der NZZ ein französischer Ökonom die Lage:

  • „Die ohnehin hohen Staatsausgaben sind in der Pandemiezeit stark angestiegen. Würde man die gegenwärtige Staatsschuld auf alle Franzosen herunterrechnen, hätte jeder Einzelne 41 000 Euro zu tragen – das entspricht einem durchschnittlichen Jahreseinkommen. (…) Es ist gut möglich, dass Frankreich in den 2020er Jahren eine große Finanzkrise erleben wird, ähnlich wie Italien im Jahr 2011.“ – bto: Da mache ich mir keine Sorgen, Deutschland wird zur Kasse gebeten.
  • „Seit den Ölpreisschocks der 1970er Jahre ist es mit Frankreich wirtschaftlich gesehen kontinuierlich abwärtsgegangen; das Wachstum hat sich verlangsamt, eine im europäischen Vergleich hohe Arbeitslosigkeit hat sich festgekrallt. In der Euro-Zone belegt die französische Wirtschaft einen Rang im hinteren Feld. Geht es weiter wie bis anhin, dürfte Frankreich 2030 irgendwo zwischen dem 16. und dem 20. Platz rangieren.“ – bto: Leider wird das in dem Artikel nicht genauer definiert. Außerdem muss man aufpassen mit der Fortschreibung von Trends. Deutschland dürfte in den kommenden Jahren nach hinten durchgereicht werden.
  • „(Jede) positive Entwicklung im privaten Sektor wird von einem aufgeblähten Staat zunichtegemacht. Schon die Zahlen sind erdrückend: In den verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes sind insgesamt über 5,5 Millionen Funktionäre beschäftigt – eine ganze Million mehr als noch 1997. Jeder fünfte Erwerbstätige ist ein Beamter. Auch in Macrons Präsidentschaft hat sich dieses Heer vergrößert, zudem sind die Gehälter im öffentlichen Dienst merklich gestiegen.“ – bto: Das sind rund 25 Prozent mehr als bei uns (wobei die Daten nicht so leicht zu vergleichen sind).
  • Die erbrachten Leistungen dagegen werden immer schlechter. Das Gesundheitswesen ist permanent in der Krise, das Bildungssystem wird zusehends schwächer – man kann das zum Beispiel auf der Pisa-Rangliste ablesen, wo Frankreich in den Fächern Lesen und Mathematik auf den Plätzen 23 beziehungsweise 25 liegt. Die Mittel der Polizei sind in den letzten Jahren markant aufgestockt worden, und trotzdem nehmen Gewalt und insbesondere Übergriffe auf Personen stark zu.“ – bto: Wir werden dasselbe erleben.
  • Der Staat ist der Kern von Frankreichs Problemen. Einerseits fördert er eine schier unbegrenzte Nachfrage nach staatlichen Leistungen. Andererseits ist er immer weniger in der Lage, seine Versprechen zu erfüllen; er stürzt sich in die Verschuldung und scheut sich vor Entscheidungen. (…) Unsere Zeit verlangt nach einem strategischen Staat, der über eine starke Antizipationsfähigkeit verfügt, reaktionsschnell ist, die neuen Technologien beherrscht, mit den lokalen Behörden und Unternehmen zusammenarbeitet und die Energie und Kreativität der Zivilgesellschaft zu mobilisieren versteht.“ – bto: Dies könnte man genauso über Deutschland schreiben und man muss Frankreich lassen, dass es wenigstens in die Infrastruktur investiert (hat).
  • Ein Staat, der im Dienst der Franzosen stünde, müsste sich fünf Prioritäten setzen. Im Zentrum müssen die Widerstandsfähigkeit der Nation und die hoheitlichen Aufgaben stehen. (…) Bei den Leistungen, die den Bürgern geboten werden, muss Qualität an erster Stelle stehen. Strukturen und Verfahren sollten radikal vereinfacht werden; Mittel, die durch den Abbau der Bürokratie frei werden, sind auf den operativen Bereich umzulagern. Und schließlich müssen die Ausgaben und Schulden wieder unter Kontrolle gebracht werden.“ – bto: ganz ähnlich zu meiner Agenda für Deutschland. Vor allem die Überlegung, mehr Menschen in produktiven Sektoren außerhalb des Staatssektors einzusetzen.
  • „Der Schlüssel wird darin liegen, mit ebenden Missständen zu brechen, die Alexis de Tocqueville schon 1850 in seinen «Souvenirs» beschrieben hat: ‘Es ist die Wahrheit, eine betrübliche Wahrheit, dass der Drang nach amtlichen Stellungen und der Wunsch, von den Mitteln des Staates zu leben, bei uns nicht die Krankheit einer Partei, sondern das grosse und dauernde Gebrechen der Nation selbst darstellen; sie sind das gemeinsame Werk der demokratischen Verfassung unserer bürgerlichen Gesellschaft und der übertriebenen Zentralisierung unserer Staatsverwaltung. Das ist das geheime Übel, das jede vergangene Staatsgewalt zerstört hat und jede künftige in gleicher Weise zerstören wird.’“ – bto: Wenigstens hier gibt es eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich feststellen. Man blicke auf die Lebensläufe unserer Volksvertreter und Minister. Kaum jemand hat noch echte Berufserfahrung.

nzz.ch: „Das nächste Jahrzehnt wird entscheidend sein für Frankreichs Schicksal“, 7. April 2022

Kommentare (39) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Wolfgang Selig
    Wolfgang Selig sagte:

    bto: “Kaum jemand hat noch echte Berufserfahrung.”

    Das ist wörtlich genommen falsch. So wenig ein Staatssekretär in einem Landesministerium einfach als Partner zu einer Consultingfirma wechseln kann, so wenig funktioniert es umgekehrt. Ohne Netzwerke, Ochsentour und Sozialisierung verstehen Sie das politische System gar nicht und werden auch nicht akzeptiert. Faktisch gehört die Mitgliedschaft eines 14jährigen zur Schülerunion schon zu seiner Ausbildung für eine Karriere in der CDU, genauso ein Praktikum bei einem Abgeordneten mit 21.

    Was Sie mit Berufserfahrung meinen, ist die Erfahrung in der PRIVATWIRTSCHAFT. Das ist nicht identisch.

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    • PhilSt
      PhilSt sagte:

      Mein Opa sagte früher immer zu uns: “Ihr habt noch nichts geleistet”
      Und so ist das gemeint.
      Egal ob man in der Privatwirtschaft nur durch Vitamin B seinen Hintern im Sessel verwaltet oder durch Gelaber in der Partei hochquaselt. Das ist doch egal.
      Diese Politker haben nichts geleistet, weder beruflich noch gesellschaftlich.

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  2. Gnomae
    Gnomae sagte:

    „Der Staat ist der Kern von Frankreichs Problemen.”

    Der Staat / die Staatsführung scheinen erstklassig qualifiziert, höchst ausgebildet und verfolgen per se bürgerorientierte Ziele: Kernkraftstrategie etc. Den Artikel sehe ich zu pessimistisch. Die französische Staatsfinanzierung ist gesichert, auch in Zukunft.

    Deutschland ist wesentlich schlechter, weil ideologischer aufgestellt, und auch in Bezug auf Russland erheblich näher an dessen Westgrenze. Seit der Wiedervereinigung 1990 (= 32 Jahre !) wird die Sicherung unserer Ostgrenze nicht ordentlich durchgeführt, d.h. ein völlig unzureichendes Militär ist hier vorhanden.

    Daneben ist in Deutschland die Gefährdung des Staatsvermögens durch unkontrollierte Aufnahme von Migranten, durch freiwillige Aufgabe von Industrievermögen in Milliardenhöhe (Atomkraftwerke), durch gleichzeitigen Ausstieg von Kernkraft und Kohle eingetreten.

    Die Staatsführung ist entscheidend, nicht eine Pisastudie über Lesen oder Mathematik.

    Allerdings hat die deutsche Staatsführung wohl erkannt, dass die Ostpolitik (unter der Vernachlässigung der Wehrfähigkeit) gescheitert ist.

    Nach jetziger Lage werden aber die Staatsfinanzen weiterhin strapaziert werden, in der Tendenz ein Anstieg der Verschuldung. Tilgungen werden unrealistisch. Dies gilt sowohl für Frankreich als auch für Deutschland.

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  3. Stoertebekker
    Stoertebekker sagte:

    Schimpfen, schimpfen und immer wieder schimpfen. Der Staat ist doch nix anderes als ein Spiegelbild der Gesellschaft – allerdings mit deutlicher Unterrepräsentation der von @JürgenP erwähnten Unternehmer & Selbständigen.

    Schauen Sie sich doch die Manager und deren Gehälter in den großen Konzernen an. In den meisten Fällen kein bisschen besser als die Politiker – risikoscheu, verantwortungsscheu und trotzdem tantiemeerpicht. Und nach maximal fünf Jahren Top-Job genauso selbstüberhöhend wie die gerade zurückgetretenen Ahrweiler-Minister(innen).
    (Und auch das tarifvertraglich verwöhnte Fußvolk entwickelt in nullkommanichts eine Anspruchshaltung, dass dem hart um Umsatz ringenden Selbständigen nur schwindlig wird.)

    Wer etwas nicht in Ordnung findet und/oder von oben ändern will, kann sich doch auf den Weg durch diese unsäglichen Instanzen machen – auch das kein Unterschied zum Leben im Konzern. Macht keiner. Ist ja ok, dann aber das Schimpfen lassen. Der Unternehmer agiert anders: Risiken akzeptieren, Verantwortung übernehmen, sein Bestes geben.

    PS Wir werden die Menschen nicht ändern. Selbst dieser unsägliche Krieg führt kaum zur Reflektion. Dabei werden wir mit der Nase auf die fundamentale Wohlstandskomponente Energie gestoßen. Aber ne Kiste Raps- oder Sonnenblumenöl sind dem hortenden Noch-nicht-mal-Hobby-Koch wichtiger als n Barrel Erdöl, die emotionale Betroffenheitsakklamation wichtiger als das Verständnis von Zusammenhängen.

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    • Johann Schwarting
      Johann Schwarting sagte:

      @ Stoertebekker

      “Wir werden die Menschen nicht ändern.”

      Vor einiger Zeit hatte ich über das im Finanzkapitalismus gegen Ende des debitistischen Durchgangs zwangsläufig erscheinende – auf Paul C. Martin zurückgehende – Phänomen der ‘Selbstverrentung’ von Gesellschaften in überschuldeten Demokratien geschrieben: Warum – auf alle möglichen Ebenen der Gesellschaft – seine Mittel (‘Kapital’) risikobewehrt z.B. in Unternehmen usw. einsetzen, um Renditen zu erzielen, wo man sie doch ‘risikolos’ durch Erwerb von Staatspapieren – gedeckt durch ‘full faith and credit of government’, also dem Staatszwangssystem – haben kann?

      “Selbst dieser unsägliche Krieg führt kaum zur Reflektion.”

      Ich denke, dass er uns spätestens dann zu mehr Reflexion führen wird, wenn das russische Zentralmachtsystem mit der Aussage, dass “die Auflösung der UdSSR die größte Katastrophe des 20. Jh.” gewesen sei, seinen immer wieder angekündigten Anspruch auf die ganze Ukraine einschließlich Transnistriens, das formal Teil der Republik Moldau aber heute defacto politisch und wirtschaftlich von Russland abhängig ist, und letztendlich noch viel mehr, umsetzt. Welche Antworten hat die sich nicht allein selbst verteidigende gesamte EU auf die Herausforderungen der Zeit? Hat jeder einzelne Nationalstaat sie? Sind die Konsequenzen schon diskutiert worden, wenn die Frage in Bertholds, Brauns und Cobans Abhandlung ‘Das Scheitern historischer Währungsräume: Kann sich die Geschichte auch für die Eurozone wiederholen?’ mit ja beantwortet werden muss?

      Sie haben recht: Stattdessen das substanzlose ‘Schimpfen, schimpfen und immer wieder schimpfen’ auf die EU mit dem selbstgerechten Erheben über die Südländer und deren Fehler.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Johann Schwarting

        >Ich denke, dass er uns spätestens dann zu mehr Reflexion führen wird, wenn das russische Zentralmachtsystem mit der Aussage, … und letztlich noch viel mehr umsetzt>

        Setzt das russische Zentralmachtsystem noch viel MEHR um?

        Das MEINEN Sie vielleicht, WEIL das Scheitern von Währungsräumen, also auch das der EU sich wiederholen kann/wird.

        Dies – die Begründung, nicht das Scheitern können − ist die reinste Spekulation.

        Um Ihr Meinen bloßzustellen, muss man nicht die Auffassung vertreten, dass die EU nie scheitern wird.

        Natürlich wird sie irgendwann einmal scheitern.

        Aber:

        BEVOR dies der Fall ist, kann sie tun, was sie gerade tut, nämlich sich mit einem ANDEREN Währungsraum, dem des USD verbindend dafür zu sorgen, dass das russische Zentralmachtsystem NICHT noch viel mehr umsetzt.

        Die Chancen, dass dies gelingt sind sehr gut.

        Denn auch ein Zentralmachtsystem wie das Russlands benötigt eine MATERIELLE Basis, um noch viel mehr umsetzen zu können.

        Sie wird MASSIV geschwächt im Wettbewerb der KOSTEN für die Kriegsführung.

        Übrigens:

        Der Westen hat BEREITS reflektiert, dazu hier:

        https://www.welt.de/politik/deutschland/article238284647/Sanktionen-In-acht-Jahren-nur-sechsstellige-Summe-eingefroren.html

        Daraus:

        In den acht Jahren zwischen der Annexion der Krim und dem Ukraine-Krieg, wurden nur rund 342.000 EUR auf Konten deutscher Banken eingefroren.

        >Seit dem 8. April liegt die Höhe der Gelder, die deutsche Banken eingefroren haben, bei 125.024.208,53 Euro – das ist mehr als das 365-fache des Betrags, der vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine blockiert wurde.>

        Soweit ich sehe, ist die EU dadurch nicht näher ans Scheitern gerückt.

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Johann Schwarting

        Das Virus hat jede Regierungskritik in Europa erstickt.

        Wer es dennoch wagt wird von der Phallanx vereinigter Risikogruppen vom Rentner/Pensionär über Studenten bis zum potentiellen Arbeitslosen über die Alternativlosigkeit aller Massnahmen angeschnauzt, als ob Frechheit neuerdings Ideen ersetzte.

        Nun mag man auch kein Geschimpfe mehr über das beste Frankreich aller Zeite hören.

        Über den Krieg darf man noch reflektieren, ungefähr auf der Linie von
        – Chem Özdemir, der Waffen gegen den Welthunger liefern möchte
        – Anton Hofreiter, der schwere Waffen gegen den dritten Weltkrieg liefern möchte
        – Habeck, der ökologischen Patriotismus fordert um mit
        – Anna Lena, bis zum Herbst kein slawisches Öl mehr zu importieren….

        Die Mehrheit der Ängstlichen bestimmt aber gar nicht die Richtlinien der Politik, sondern die Mehrheit der Redakteure welche kommentieren, als ob sie die Mehrheiten persönlich ausgezählt hätten. Vergessen die Frechheiten vom Herbst 2021….Führungsstärke zeigen…

        Dabei erstrahlt Handlungsunfähigkeit über den Lügen der vergangenen Jahre, deren Ursachen nicht angesprochen werden dürfen – ohne die Legitimation aller Massnahmen in Zweifel zu ziehen – angefangen mit den Lügen zum Ende der Finanzkrise 2009….

        Was bleibt ist Zentralbanksozialismus und Tocqueville,
        Schach matt.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @J Schwarting

        Na, ich würde das russische Zentralmachtsystem nicht überschätzen. Hab selbst in der DDR gelebt. Die fehlenden Anreizsysteme (sprich Möglichkeit zur Profiterzielung in einer freien Währung) für mehr als ein paar Oligarchen führen zu einer Stagnation der Gesellschaft. Denke, dass die Historie ein gutes Wort für den Kapitalismus als überlegene Gesellschaftsform einlegt, wenn es um Fortschritt geht.

        Putin verhebt sich an der Ukraine, wird vermutlich auf Monate/Jahre in zähen Kriegshandlungen gebunden und muss intern immer wieder aufpassen, dass er an der Macht bleibt.

        Bill Browder (dessen Hedgefonds in Russland vor gut 10 Jahren der inhaftierte Anwalt Magnitsky per Tod abhanden gekommen ist) hat das neulich mal schön beschrieben – der Kreml ist wie ein Gefängnishof. Der Gang-Leader muss dauernd seine Stärke beweisen, sonst wird er entmachtet. Nach dem Gesichtsverlust des Rückzugs um Kiew bleibt zwecks Machterhalt nur noch mehr Brutalität. Das kostet Kraft und Überblick.

        Und ansonsten – außerhalb der EU kämpfen auch alle. Dass die USA oder GB ein Hort der Stabilität und Prosperität sind, kann man ja wohl kaum behaupten. China werden in der Pandemie-Strategie die Grenzen des Zentralmachtsystems aufgezeigt, zudem wird auch dort über kurz oder lang das mittlerweile eingeschränkte Anreizsystem für Tech-Entrepreneure die Innovationskraft senken und die Subventionsabgreifer nach oben spülen. Selbst die Schweiz erwägt NATO-Anbindung.

        Also – man mag ja unzufrieden sein mit allem Möglichen. Aber zur Zeit kämpfen eher mehr als weniger Staaten um eine Neueausrichtung.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “Soweit ich sehe, ist die EU dadurch nicht näher ans Scheitern gerückt.”

        Naja, manche der EU-Regierungen scheinen vor der aktuellen Frankreich-Wahl zwischen einem der guten Freunde vom Davos-Klaus und einer nationalistischen und eher russlandfreundlichen Kandidatin, deren Name wie bei “Harry Potter” nicht genannt werden darf, schon ein wenig nervös zu werden:

        “Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie die Regierungschefs Spaniens und Portugals, Pedro Sánchez und António Costa, haben die Franzosen implizit zur Wahl von Amtsinhaber Emmanuel Macron bei der Stichwahl am Sonntag aufgerufen. In einem am Donnerstag von der französischen Tageszeitung „Le Monde“ veröffentlichten Gastbeitrag sprachen sich die drei Regierungschefs gegen die rechtspopulistische Gegenkandidatin Macrons, Marine Le Pen, aus – ohne diese jedoch beim Namen zu nennen. Die Franzosen hätten die Wahl zwischen einem demokratischen Kandidaten und einer Rechtsaußen-Kandidatin – sie hofften, dass die Franzosen „ein Frankreich wählen, das unsere gemeinsamen Werte verteidigt“, hieß es in dem Beitrag.”

        https://rp-online.de/politik/ausland/wahlkampf-in-frankreich-deutschland-spanien-und-portugal-rufen-zur-wahl-macrons-auf_aid-68308643

        Solche Einmischungsversuche ausländischer Regierungschefs in nationale Wahlkämpfe sind oft kontraproduktiv. (Und wenn “böse” Staaten sie durchführen oder auch nur möglicherweise entsprechende Versuche unternehmen könnten, wird das von unseren staatsnahen Haltungsmedien auch mit größter moralischer Empörung thematisiert…) Erinnern Sie sich noch daran, wer den Briten alles vor der Brexit-Abstimmung erzählen wollte, dass sie doch unbedingt mit “Remain” stimmen müssten? Wie es damals ausging, wissen Sie ja.

      • Bauer
        Bauer sagte:

        @ Stoertebekker

        >> “Na, ich würde das russische Zentralmachtsystem nicht überschätzen. …
        … Putin verhebt sich an der Ukraine, wird vermutlich auf Monate/Jahre in zähen Kriegshandlungen gebunden und muss intern immer wieder aufpassen, dass er an der Macht bleibt.”

        Ich wäre da vorsichtig mit solchen Prognosen. Es sieht eher so aus, dass Russland seine Frontlinie in der Ukraine erheblich begradigt und sich eingräbt, dafür nicht in Kyiv einrückt, da dies zuviel Kräfte bindet, jedoch nach Mariupol auch Odessa vereinnahmt, um damit die Exporthäfen in der Hand zu haben. Damit beherrscht er nicht nur den Energieexport, sondern auch den Weizen- und Düngerexport und kann warten bis genügend Druck auf die westlichen Kriegstreiber entsteht, um sich an den Verhandlungstisch zu bequemen. Diese Position kann man lang durchhalten.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Bauer

        Stimmt schon, mit Prognosen muss man vorsichtig sein.
        >… und kann warten bis genügend Druck auf die westlichen Kriegstreiber entsteht, um sich an den Verhandlungstisch zu bequemen.>

        ODER:

        Der Westen macht soviel Druck auf den östlichen Kriegstreiber, dass der NICHT mehr auf irgendetwas warten kann, sondern sich an den Verhandlungstisch bequemt.

        Immer daran denken:

        Der Kampf wird auf dem Schlachtfeld AUSGETRAGEN, ENTSCHIEDEN wird er aber durch die KOSTEN, die eine der Parteien NICHT mehr tragen kann.

        Die Ukraine lassen wir mal vor, obwohl deren Bevölkerung weiß, was sie zu VERLIEREN hat, wenn das Land unterliegt, während die russischen Soldaten eher Probleme haben werden, zu verstehen, was es für sie zu gewinnen gibt.

        Für die beiden anderen Parteien gilt:

        Der Westen ist wirtschaftlich sehr viel stärker und kann das militärische „Warten“ für die Russen in der Ukraine durch deren Aufrüstung sehr, sehr teuer werden lassen.

        Und die russische Bevölkerung wird kontinuierlich durch die Sanktionen an Lebensstandard verlieren.

        Keine Prognose, aber mal abwarten, wohin sich die Waagschale senkt.

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Bauer

        Ungefähr so:
        https://www.businessinsider.com/russia-energy-oil-gas-sanctions-economy-price-current-account-surplus-2022-4?utm_source=facebook.com&utm_campaign=sf-insider-mildef&utm_medium=social

        Zitat:
        Russia is an energy powerhouse, so even amid sanctions and boycotts, the country will still reap nearly $321 million from its energy exports in 2022 — 36% more than in 2021, Bloomberg Economics forecast in April. That’s as oil prices have soared to 14-year highs this year amid fears of trade disruptions due to infrastructure damage and sanctions against Russia.

        Zitat 2:
        Mit anderen Worten, die USA isolieren nicht Russland, sondern sie isolieren den Westen (10% der Menschheit) vom Rest der Welt (90% der Menschheit).

        … eine Aufgabe für Hochbegabte….

        Läuft.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Alexander

        Eine Aufgabe für MINDERBEMITTELTE:

        SELEKTIVE Datenerfassung wie Sie sie betreiben.

        Wäre zu ergänzen mit Zitat aus

        https://www.spiegel.de/wirtschaft/china-importiert-ein-drittel-weniger-kohle-aus-russland-a-89dc07b0-cb16-41e0-b260-ac98b0591d1e

        Diesem:

        >China hat im ersten Monat nach Kriegsbeginn in der Ukraine deutlich weniger Kohle in Russland gekauft. Die Importe von dort brachen im März um 30 Prozent zum Vorjahresmonat ein, wie aus den Daten der Zollbehörde in Peking hervorgeht.>

        Aber na klar:

        Die Zollbehörde in Peking LÜGT.

        Bloomberg Economics dagegen WEISS, was Sache ist.

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Bauer

        Na, ich hatte ja auf ein anderes Szenario von @J Schwarting rekurriert (Wiederherstellung der UdSSR im Osten).

        Ihr Szenario ist natürlich denkbar. Aber selbst dann würde ich Anpassungen der Logistik erwarten. Wenn man sich anschaut, über was für Entfernungen in Russland Agrarprodukte transportiert werden, könnten analog Häfen in Rumänien, Bulgarien, Slowenien, Kroatien in Frage kommen. Ggfs auch Polen.

        Auf gigantische neue Infrastrukturprojekte freuen sich doch sowohl Politik als auch Wirtschaft.

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Dietmar Tischer

        1. Sie wollen sich nicht hinreißen lassen.

        2. ist der Relotius Spiegel ist keine Quelle, sondern etwas anderes

        3. wird deutsche Elektromobilität niemals für die Klimazonen des Ostens überlebensfähig sein, der Export solcher Produkte erübrigt sich…alles andere importiert Schland selber aus Fernost.

        4. sind die Erzeugerpreise in Schland im März 2022 um + 30.9% gestiegen

        5. sind die Importpreise von Erdöl um +192,1% und bei Erdgas um +304,1% z.Vorjahr gestiegen

        6. sind die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte im Februar 2022 um +22,5% gestiegen.

        7. sind alle Angaben aus China schon immer unter Vorbehalt gestanden, z.B. ausgewiesenes Wachstum und Stromverbrauch… was aber nichts an den Preissteigerungen nach Sanktionen ändert.

        8. schon der Versuch eines Wirtschaftskrieges bedarf besserer Vorbereitung als in Katar um LNG Gas zu betteln, der Umstand selbst entlarvt das Chaos überforderter Kinder an der Macht. https://youtu.be/oW1XlohEEdE

        “Dummheit und Stolz wachsen auf dem selben Holz”
        dürfen Berliner Hochbegabte und viele Betagte zur Strafe 1000x schreiben,
        für jede begangene Hetze / Kriegstreiberei / verbreitete Unwahrheit.

      • weico
        weico sagte:

        @Richard Ott

        “Naja, manche der EU-Regierungen scheinen vor der aktuellen Frankreich-Wahl zwischen einem der guten Freunde vom Davos-Klaus und einer nationalistischen und eher russlandfreundlichen Kandidatin, deren Name wie bei “Harry Potter” nicht genannt werden darf, schon ein wenig nervös zu werden:”

        Beim Medium “WELT ist die Überschrift schon fast heroisch:

        “Historischer Weckruf, um Le Pen zu verhindern”

        https://www.welt.de/debatte/kommentare/article238295167/Frankreich-Wahl-Le-Pen-verhindern-Weckruf-von-drei-Regierungschefs.html

        Die Abstimmung bzw. die Leserkommentare zeigen ,dass der Leser solche Schmierenkampagnen nicht zu schätzen weiss.

        Nebenbei:
        Nach der voraussichtlichen Wiederwahl Macron’s, wird der Autor dann sicherlich von einem “historischen Sieg der Freiheit und Vernunft” und einem “Beginn eines neuen Europas” berichten….

      • Tom96
        Tom96 sagte:

        Beim Schach ist das Isolieren einer Spielfigur hohe Kunst, da bereits ganz woanders entscheidende Züge vorbereitet sind.
        Hier der Meister im Original
        https://youtu.be/-L-OROvZOuw
        Um die Heuchelei der Schauspieler zu komplettieren, sitzt Russland mit Finanzgarde beim G20 Gipfel und Reserveoffizier Lindner in selbstproduzierter Gesetzesquarantäne.
        Was bleibt zu diesem Typen zu sagen – ruf doch mal bei Mutti an für weitere FDJ Direktiven!
        Abgang

      • Stoertebekker
        Stoertebekker sagte:

        @Tom96

        Na, Statler & Waldorf strahlen so richtig Selbstbewusstsein aus, oder? Schon mit dem In-die-Augen-Schauen sieht‘s nicht so berühmt aus.

        Im Übrigen sind viele dieser Clips bei RIA Novosti von derselben Preislage. Überall kann man die Angst förmlich greifen. Das geht ne Zeit gut, aber nicht auf Dauer. Spätestens wenn die Magensäure die Speiseröhre verätzt hat, schnippt keiner mehr mit dem Finger gegen die Gurgel (russische Geste fürs Wodkasaufen).

      • Johann Schwarting
        Johann Schwarting sagte:

        @ Stoertebekker

        “Na, ich hatte ja auf ein anderes Szenario von @J Schwarting rekurriert (Wiederherstellung der UdSSR im Osten).”

        Laut spiegel.de vom 22.04.2022, 12.14 Uhr hat der russische General Rustam Minnekajew angekündigt, dass das wichtigste Ziel der neuen Phase der ‘Sonderoperation’ sei, die vollständige Kontrolle über den Donbass sowie die Südukraine zu erlangen zwecks Sicherung eines Landkorridors auf die russisch besetzte Krim-Halbinsel und Erhalt eines neuen Zugangs zu Transnistrien, “wo es ebenfalls Fakten der Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung gebe”.

        Ich denke, dass das russische ZMS die vollständige Beherrschung der ganzen Ukraine einschließlich Transnistrien anstrebt.

    • weico
      weico sagte:

      @Stoertebekker

      “Schimpfen, schimpfen und immer wieder schimpfen. Der Staat ist doch nix anderes als ein Spiegelbild der Gesellschaft”

      Richtig !

      Darum ist Mitleid auch VÖLLIG fehl am Platz, wenn die Gesellschaft FREIWILLIG den Weg in den EU-Zentralismus und damit die Unfreiheit WÄHLT.

      Wie treffend doch Prof. Habermann’s Ausspruch ist…:

      “Eigentlich ist es ja beinahe gleichgültig, ob der Einzelne im Namen eines autoritären Wohlfahrtsstaates oder der tyrannischen Despotie eines Einzelnen herumkommandiert wird. Eine entgrenzte Demokratie wird immer zum Totalitarismus entarten.”

      …sieht man am neusten “freiwilligen” EU-Experiment …:

      https://tkp.at/2022/04/19/in-italien-erstes-europaeisches-sozialkreditsystem-kommt/

      Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >Der Staat ist das Problem – nicht nur bei uns>

    Das ist FALSCH.

    DAS Problem ist ein ANDERES.

    >(…) Es ist gut möglich, dass Frankreich in den 2020er Jahren eine große Finanzkrise erleben wird, ähnlich wie Italien im Jahr 2011.“ – bto: Da mache ich mir keine Sorgen, Deutschland wird zur Kasse gebeten.>

    Mit Verlaub, das halte ich für Unsinn, weil:

    a) Deutschland wird wegen seiner vergleichsweise GERINGEREN Staatsverschuldung in den 2020 Jahren zwar nicht in einer Krise wie avisiert Frankreich sein, sich aber auch nicht in der Lage sehen, „aus der Kasse“ für Frankreich zu bezahlen bzw. durch Transfers die Finanzierung von französischen Staatsausgaben zu erleichtern

    und

    b) es ANDERE Möglichkeiten gibt, eine Finanzkrise überleben zu lassen, nämlich die noch nicht einmal angekratzten Verschuldungsmöglichkeiten der EU und der Aufkauf von französischen Staatsanleihen durch die EZB.

    Richtig ist:

    Wenn Frankreich eine große Finanzkrise erleben würde, dann hätte diese sehr negative REALWIRTSCHAFTLICHE Auswirkungen auf uns UND wir würden über die zunehmende EU-Verschuldung vermehrt HAFTEN.

    Im Übrigen erkenne ich nicht, dass anlässlich einer italienischen Krise 2011 Deutschland “zur Kasse gebeten” worden ist.

    >„(Jede) positive Entwicklung im privaten Sektor wird von einem aufgeblähten Staat zunichtegemacht.>

    Prämisse:

    Es GIBT eine positive Entwicklung im privaten Sektor.

    Mag sein, aber sie ist ganz sicher NICHT hinreichend, um die Aufblähung des Staats, d. h. die Staatsausgaben OHNE erhebliche KONSEQUENZEN für die Gesellschaft deckeln zu können.

    Solange NICHTS über diese Konsequenzen gesagt wird, sind Sätze wie diese wertlos.

    Was Frankreich anlangt, gilt im Prinzip auch für Deutschland:

    Hätte man die Menschen, die in den letzten 20 bis 30 Jahren in den Staatsdienst aufgenommen worden sind, der privaten Wirtschaft überlassen, würde sie diese zwar absorbiert haben, aber zu Bedingungen, die das gesellschaftliche Spaltungspotenzial deutlich erhöht hätten.

    Das ist die Konsequenz, die ich erkenne.

    Sie mag ja falsch sein, aber dann bitte eine Diskussion darüber.

    Was ich aus ökonomischer Sicht sagen will:

    Der private Sektor wird im Spätkapitalismus, d. h. im globalen Kontext, systematisch ÜBERSCHÄTZT, was – die ENTWICKELTEN Volkswirtschaften betreffend – sein WACHSTUMSPOTENZIAL anlangt.

    >„Die erbrachten Leistungen dagegen werden immer schlechter. Das Gesundheitswesen ist permanent in der Krise, das Bildungssystem wird zusehends schwächer…>

    RICHTIG.

    Was ist aber, wenn für eine ERHEBLICHE Anzahl von Menschen der private Sektor derartige LEISTUNGEN überhaupt NICHT erbringen würde?

    Kein Wort dazu, weil offensichtlich SELBSTVERSTÄNDLICH ist, dass der private Sektor nicht nur BESSER, sondern umfassend für ALLE besser leistet.

    “Beweis”: Die Verhältnisse in USA.

    >(…) Unsere Zeit verlangt nach einem strategischen Staat, der über eine starke Antizipationsfähigkeit verfügt, reaktionsschnell ist, die neuen Technologien beherrscht, mit den lokalen Behörden und Unternehmen zusammenarbeitet und die Energie und Kreativität der Zivilgesellschaft zu mobilisieren versteht.“>

    Das ist ein KONSTRUKT des WUNSCHDENKENS.

    Unsere Zeit – WER ist dieser „Akteur“? – verlangt NICHTS.

    Einen „strategischen Staat“ gibt es ebenfalls nicht – ich kann nur wiederholen, was ich gerade erst vor ein paar Tagen gesagt habe.

    Der Staat wird BEAUFTRAGT, auf Anweisung der durch Mehrheitswunsch installierten Regierung zu LIEFERN.

    Strategische Überlegungen darüber, was sein müsste, damit wäre, sind Menschen vorbehalten, die wie dieser Nicolas Baverez in einer derart PRIVILIGIERTEN Position sind, dass sie in herausragenden Publikationen wir Le Figaro oder NZZ „Gedankenfreiheit “zelebrieren können.

    >„Ein Staat, der im Dienst der Franzosen stünde, müsste sich fünf Prioritäten setzen… bto: ganz ähnlich zu meiner Agenda für Deutschland. Vor allem die Überlegung, mehr Menschen in produktiven Sektoren außerhalb des Staatssektors einzusetzen.>

    WÜRDEN die BEDINGUNGEN von den Menschen, die so eingesetzt werden, AKZEPTIERT werden?

    Wo ist die Antwort?

    Keine zu geben, WEIL die Menschen sie akzeptieren MÜSSTEN, ist Flucht vor der REALITÄT.

    Mein Fazit:

    Ziemlich wertloser Beitrag.

    Um nicht falsch verstanden zu werden:

    Ich stimme Alexis de Tocqueville zu, dass der skizzierte Lauf der Dinge die STATTSGEWALT zerstören wird – und vermutlich künftig immer wieder.

    Was er aber NICHT sagt, und was SYSTEMATISCH von denen AUSGEBLENDET wird, die sich auf ihn beziehen:

    Würde die Staatsgewalt NICHT derart zerstört, dann zerstörte sich die GESELLSCHAFT, weil sie nicht mehr hinreichend KONSENSFÄHIG wäre, ihre Interessen auszugleichen.

    Über diese Auffassung kann man streiten.

    Man wird aber nicht darüber streiten können, dass die KONSENSFÄHIGKEIT bereits erheblich ABNIMMT.

    Denn das ist Empirie.

    Um das zu erkennen, muss man in der NZZ und in derartigen Publikationen nur ein paar ANDERE, sich auf FAKTEN beziehende Artikel lesen.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Tischer

      “Mit Verlaub, das halte ich für Unsinn, weil:

      b) es ANDERE Möglichkeiten gibt, eine Finanzkrise überleben zu lassen, nämlich die noch nicht einmal angekratzten Verschuldungsmöglichkeiten der EU und der Aufkauf von französischen Staatsanleihen durch die EZB.”

      Haha, na klar, die Player am Anleihemarkt werden dann sagen: “Also, diese EU-Staaten sind ja alle total überschuldet; die Anleihen von denen zeichnen wir nur noch, wenn sie ganz hohe Zinsen bieten. Aber die EU selbst hat noch soo viel Verschuldungspotential frei, denen leihen wir gerne günstig Geld, ein super sicheres Geschäft!” :D :D :D

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Knapp vorbei ist auch daneben:

        a) nicht ALLE Staaten sind TOTAL überschuldet – hier war von Frankreich die Rede, NICHT von allen

        und

        b) es gibt KEIN „super sicheres Geschäft“, sondern lediglich Geschäfte, die sicherer als andere sind.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        Nicht ganz der Fehlschuss für den Sie ihn halten, dafür ballern Sie zu gerne und zu schnell zurück:

        “nicht ALLE Staaten sind TOTAL überschuldet – hier war von Frankreich die Rede, NICHT von allen”

        Hmm, welcher “nicht total überschuldete” Staat sollte denn letztendlich für gesamtschuldnerisch aufgelegte EU-Anleihen haften damit der Plan überhaupt sinnvoll wird?

        Etwa… Deutschland? ;)

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Welche Diskussion Sie hier wieder anrühren!

        Wenn NICHT alle Staaten der EU zur GLEICHEN Zeit so „total“ überschuldet wie Frankreich sind – das ist die implizite Annahme, die auch realistisch ist –, dann ist eine EU-Anleihe SICHERER als eine Anleihe des total überschuldeten Frankreichs.

        Diese RELATIVITÄT ist ENTSCHEIDEND für Anleger in Sovereign Bonds.

        Mit dem Zufluss von Mitteln kann die EU französische Staatsanleihen kaufen und/oder auch direkt Transfers an Frankreich leisten.

        In jedem Fall hat sich zuvor die HAFTUNG der EU, d. h. der ihr angehörenden Staaten ERHÖHT.

        Wir und andere haften also für MEHR bzw. immer mehr als nur für die jeweils eigenen Staatsschulden.

        Ein Ökonom sollte das nicht mit “zur Kasse gebeten werden“ bezeichnen, abgesehen davon, dass die EU-Bonds RECHTLICH sehr differenziert konzipiert werden können.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        Die Diskussion, die ich “anrühre”, ist genau diejenige, die geführt werden muss. Ihnen wäre nur offensichtlich lieber, dass wir die im Raum stehende deutsche Haftungsübernahme für französische Schulden verklausulierter ausdrücken, weil das Annahmechancen dieses für Deutschland selbstschädigenden Vorschlages erhöht und Ihre Aussichten auf ein geruhsames Rentnerdasein verbessert.

        “Mit dem Zufluss von Mitteln kann die EU französische Staatsanleihen kaufen und/oder auch direkt Transfers an Frankreich leisten.”

        Oh, wie originell! Auf diese Idee wäre ich gar nicht gekommen.

        Aber das geht auch einfacher: Wie wäre es, wenn Deutschland 100 Milliarden Euro Neuschulden aufnimmt, das als “Frankreich-Sondervermögen” deklariert und sodann an Frankreich als unbesicherten Kredit überweist? ;)

        “Ein Ökonom sollte das nicht mit “zur Kasse gebeten werden“ bezeichnen”

        Wie möchten Sie es denn nennen? Vielleicht: Deutschland soll für Schulden haften, die von den ausländischen Schuldnern nicht zurückgezahlt werden?

        “abgesehen davon, dass die EU-Bonds RECHTLICH sehr differenziert konzipiert werden können”

        Sicher, aber unsere “EU-Partner” werden nur dann an EU-Bonds interessiert sein, wenn ihre konkrete rechtliche Ausgestaltung zu einer Haftungsübernahme Deutschlands für die Schulden anderer EU-Staaten führt.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Richard Ott

        Sie erzählen hier wieder einmal Geschichten aus dem Wiener Wald.

        Für mich:

        Unangemessene BELÄSTIGUNG, bei der nichts rüberkommt.

        >Ihnen wäre nur offensichtlich lieber, dass wir die im Raum stehende deutsche Haftungsübernahme für französische Schulden verklausulierter ausdrücken,..>

        WENN mir das lieber wäre, hätte ich die deutsche Haftungsübernahme NICHT erwähnt.

        Sie verstehen nicht einmal, was Sie hier sagen.

        Außerdem liegt mir nichts an einem geruhsamen Rentnerdasein.

        Fragen Sie sich einmal, was geruhsam daran sein soll, auf Ihren Nonsens einzugehen.

        >Aber das geht auch einfacher: Wie wäre es, wenn Deutschland 100 Milliarden Euro Neuschulden aufnimmt, das als “Frankreich-Sondervermögen” deklariert und sodann an Frankreich als unbesicherten Kredit überweist? ;)>

        EINFACHER vielleicht schon, aber NICHT günstiger, weil wir für die 100 Milliarden ALLEIN haften müssten, währen wir für die von der EU aufgenommenen 100 Milliarden dem Kapitalschlüssel entsprechend nur zu ca. 27% dieser Summe haften.

        >Wie möchten Sie es denn nennen?>

        So wie ich es genannt habe, weil es so RICHTIG benannt wird:

        HAFTEN, was in der Konsequenz, d. h. u. U. selbstverständlich AUCH, aber nicht notwendigerweise, ZAHLEN heißen kann.

        >Sicher, aber unsere “EU-Partner” werden nur dann an EU-Bonds interessiert sein, wenn ihre konkrete rechtliche Ausgestaltung zu einer Haftungsübernahme Deutschlands für die Schulden anderer EU-Staaten führt.>

        Sie sind nicht NUR deswegen an EU-Bonds interessiert, sondern sind PRINZIPIELL daran interessiert, weil sie nicht ausschließen können, auch in die hier unterstellte Situation Frankreichs zu kommen.

        In dieser Situation ist es für sie vorteilhafter, wenn andere, die sie von der Haftung freikaufen können, sich die dafür eingegangene Haftung TEILEN können.

        Das ist jetzt aber mal genug, ich kann Ihnen nicht fortwährend kostenlose Lektionen erteilen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Tischer

        “Unangemessene BELÄSTIGUNG, bei der nichts rüberkommt.”

        Das halten Sie doch ganz tapfer aus – und manchmal lernen Sie dabei auch etwas von mir.

        “EINFACHER vielleicht schon, aber NICHT günstiger, weil wir für die 100 Milliarden ALLEIN haften müssten, währen wir für die von der EU aufgenommenen 100 Milliarden dem Kapitalschlüssel entsprechend nur zu ca. 27% dieser Summe haften.”

        Falsch. Wieso sollte das zwingend genau so sein? “Gesamtschuldnerische Haftung” würde bedeuten, dass jeder einzelne EU-Staat für das komplette ausstehende Kreditvolumen in die Haftung genommen werden kann, wobei sich die Gläubiger aussuchen können, zu welchem Schuldner sie gehen. Raten Sie mal, wer das sein wird, wenn die EU Schulden aufnimmt und in Zahlungsschwierigkeiten kommt…

        An einer teilschuldnerischen Haftung, so wie Sie sie beschreiben, hätten die Anleihemärkte und auch der Rest der EU sicherlich kein Interesse – das ist ja funktional und auch nach Risikogesichtspunkten genau das gleiche, wie wenn jeder EU-Staat weiter seine eigenen Anleihen begibt und man dann einen nach “Kapitalschlüssel” gewichteten Korb dieser Anleihen kauft.

        Außerdem: Erwarten Sie ernsthaft, dass bei einer EU-Schuldenaufnahme mit teilschuldnerischer Haftung letztendlich Deutschland genau so einen großen Anteil der schuldenfinanzierten EU-Mehrausgaben erhält wie es seinem Haftungsanteil entspricht? Da müssen wir uns sicherlich mal wieder “solidarisch” über den Tisch ziehen lassen.

  5. weico
    weico sagte:

    @bto:”Der Schlüssel wird darin liegen, mit ebenden Missständen zu brechen, die Alexis de Tocqueville schon 1850 in seinen «Souvenirs» beschrieben hat: ‘Es ist die Wahrheit, eine betrübliche Wahrheit, dass der Drang nach amtlichen Stellungen und der Wunsch, von den Mitteln des Staates zu leben, bei uns nicht die Krankheit einer Partei, sondern das grosse und dauernde Gebrechen der Nation selbst darstellen; sie sind das gemeinsame Werk der demokratischen Verfassung unserer bürgerlichen Gesellschaft und der übertriebenen Zentralisierung unserer Staatsverwaltung. Das ist das geheime Übel, das jede vergangene Staatsgewalt zerstört hat und jede künftige in gleicher Weise zerstören wird.’“

    Schon damals von Alexis de Tocqueville treffend beschrieben, WO das Problem liegt !

    Der letzte Satz zeigt den Weg ,den Demokratien/Staaten gehen MÜSSEN.

    Oder mit den Worten von Prof. Habermann:
    “Eigentlich ist es ja beinahe gleichgültig, ob der Einzelne im Namen eines autoritären Wohlfahrtsstaates oder der tyrannischen Despotie eines Einzelnen herumkommandiert wird. Eine entgrenzte Demokratie wird immer zum Totalitarismus entarten. ”

    Vor 10 Jahren schrieb Habermann einen Artikel über die Schweiz und verglich deren Demokratieform mit der von Deutschland und Frankreich. Auch in seinem Artikel wird Tocqueville erwähnt…

    https://schweizermonat.ch/noch-nicht-verbruesselt/

    Antworten
  6. Alexander
    Alexander sagte:

    Staatsquote FronkReisch:
    – 2020 : 61,78%
    – 2021 : 60,66%
    – 2022 : 56.04% 😉
    – 2023 : 54.52% 🤗
    – 2026 : 53,93% 😎
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/200579/umfrage/staatsquote-in-frankreich/

    Abgesehen davon, dass sich Europa aus der Weltkonjunktur sanktioniert hat, muten die Prognosen für die Zukunft an wie fünf Jahrespläne, die Darsteller austauschbar…

    Selbstverständlich wissen Eliteabsoltventen pariser Technokratenschmieden viel besser, was der Markt ausführen soll -> als die Vielzahl seiner Teinnehmer. (vgl. Carbonneutralität der berliner Höchstbegabten)

    Selbstveständlich rettet die EZB jedes Land, nachdem Berlin Bürgschaften über deren Bankensektoren ausgesprochen hat (vgl. Griechenlandrettung französischer Banken, Italien, Spanien).

    Selbstverständlich dreht sich Systemstabilität nur um Liquidität und niemals um Waren oder Dienstleistungen, die dank der Liquidität erhalten blieben, vgl. Injektionsmandate / lock downs / Grundrechtsverluste / Sanktionen…

    …weil das sich auch nicht mehr ändert, im Angesicht absoluter Killervarianten (Karl der Große Lauterbach) bleiben wir alle zu Hause und warten auf Liquidität zum Einkaufen mit Maske.

    ..derweil höchste Zulassunszahlen von Elektrofahrzeugen an den Produktionsstandorten, wenn leitende Angestelltengatt:innen gerne Co² neutral Dienstwagen bewegen….

    Läuft

    (wenn der E Bus brennt: https://www.youtube.com/shorts/97Rq2HMpbe4 )

    Antworten
  7. Ticinese
    Ticinese sagte:

    „Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt — und was er auch hat, gestohlen hat er’s.“ (Friedrich Nietzsche)

    Antworten
  8. Bakwahn
    Bakwahn sagte:

    „Es ist gut möglich, dass Frankreich in den 2020er Jahren eine große Finanzkrise erleben wird, ähnlich wie Italien im Jahr 2011.“ – bto: Da mache ich mir keine Sorgen, Deutschland wird zur Kasse gebeten.“

    Ich verstehe nicht, warum Ökonomen und Finanzexperten die Rolle der EZB immer noch nicht richtig einschätzen. Die EZB hat Italien 2018/2019 durch massive Staatsanleihenkäufe gerettet. Sie wird erst recht Frankreich zu Hilfe eilen. Eine eventuelle „Finanzkrise“ wird Frankreich locker überstehen.
    Macron wird nach seiner Wiederwahl seine Bemühungen verstärken, die Euro-Zone so schnell wie möglich zu einer Haftungs- und Transferunion umzubauen. Die aktuelle deutsche Regierung mit Zöger-Scholz wird dem kaum nennenswerte Widerstände entgegensetzen. In dem Zustand wie es dieser Artikel beschreibt, kann Frankreich nicht bleiben, ohne auf dauerhafte „Zuschußzahlungen“ in Milliardenhöhe angewiesen zu sein.

    Live aus Buxtetown am Esteriver – 21.4. 2022 – 11.50 Uhr Ortszeit
    Felix Haller – nicht erst seit 2013 alternativ

    Antworten
    • weico
      weico sagte:

      “Macron wird nach seiner Wiederwahl seine Bemühungen verstärken, die Euro-Zone so schnell wie möglich zu einer Haftungs- und Transferunion umzubauen.”

      Klar, denn dieses Ziel hat Macron ja schon mit Merkel besprochen.

      Nebenbei:
      Die absolut desaströse Wirtschaftspolitik der Nachkriegsjahre ,sieht man bei Frankreich ja am früheren FRF.

      Darin auch beschrieben:
      “Im Zuge der von Deutschland 1989/90 angestrebten Wiedervereinigung verknüpfte Mitterrand Frankreichs Zustimmung mit der Zustimmung von Bundeskanzler Helmut Kohl zur „Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion“. Damit war die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Währung gemeint.”

      https://de.wikipedia.org/wiki/Französischer_Franc#Nach_dem_Zweiten_Weltkrieg

      Verständlich, dass nur wenige Franzosen ihrem eigenen Geld nachtrauern.

      Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @weico

        “Verständlich, dass nur wenige Franzosen ihrem eigenen Geld nachtrauern.”

        Immer eine Frage des Vergleichsmaßstabs. Wenn der Euro eines Tages so schwach wird wie die italienische Lira oder gar die ukrainische Hryvnja (die würden bestimmt auch gerne ganz schnell in die Eurozone), dann hätten sie sicher lieber den französischen Franc behalten…

  9. Bauer
    Bauer sagte:

    Oh ja, Nach einem Studium der Bürokratologie einen Einführungskurs in sachgerechtes Bleistiftspitzen und zuverlässigem Abwälzen von Arbeit und Verantwortung auf noch Unbedarftere, und ab in den Ruhestand, bevor die Typen noch mehr Schaden anrichten.

    Antworten
  10. JürgenP
    JürgenP sagte:

    @DS “Kaum jemand hat noch echte Berufserfahrung”. Ergänzung: “Kaum jemand der politischen Entscheider hat noch echte RISIKOerfahrung. Gemeint ist das Risiko, welches ein (echter) Unternehmer eingehen muss, um im Geschäft zu bleiben, das nicht über dubiose Umwege vergemeinschaftet werden kann und das die Differenz zwischen wirtschaftlicher Existenz oder Vernichtung darstellt”. Jeder Wurstbudenbetreiber kennt dieses Risiko, nur nicht die staatlich alimentierten Entscheider über Standorte von Wurstbuden. Merkwürdig.

    Antworten
  11. markus
    markus sagte:

    @RO:
    Ja. Ich würde mir auch eine Politik wünschen, die mehr das Interesse der Bundesbürger im Auge hat. Aber insbesondere in D ist das wohl Wunschdenken.

    Immerhin könnte man das niedrigere Renteneintrittsalter etwas mit der eindeutig besseren Demographie in F begründen. Aber 62 vs 67 Jahre ist schon eklatant. Und es ist ja nicht so, dass geburtsschwache Italiener spät in Rente gehen…

    Antworten
  12. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    Nur um ein Gefühl dafür zu bekommen, was in Frankreich ganz aktuell als so derartig inakzeptabler Einschnitt in die Sozialleistungen gilt, dass stattdessen unbedingt “solidarische” Zahlungen aus Deutschland gefordert werden müssen:

    “Beim Streitthema Rente, um das in Frankreich immer wieder gerungen wird, pochte Le Pen auf einen Renteneintritt mit 60 bis 62 Jahren. Wer bereits mit 16 bis 20 Jahren in den Beruf einsteige, solle mit 60 Jahren in Rente gehen können, die übrigen Beschäftigten wie bisher üblich mit 62 Jahren. ‘Die Rente mit 65 Jahren ist eine absolute Ungerechtigkeit’, meinte Le Pen zu Macrons Plan eines höheren Renteneintrittsalters. Macron betonte, eine Rente ab 65 Jahren solle nicht für alle Beschäftigten gelten, ausgenommen seien etwa Menschen in besonders anstrengenden Berufen. Angesichts einer gestiegenen Lebenserwartung müsse das Rentensystem gegenfinanziert werden.”
    https://web.de/magazine/politik/tv-duell-macron-le-pen-streiten-hart-kernthemen-36795360

    [die Passage stammt aus einem dpa-Artikel von gestern Abend, den heute etliche Medien in Deutschland übernehmen, das könnte noch lustige Leserreaktionen geben…]

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