Der Preis des billigen Geldes

Aus dem Herbst 2014. Dennoch aktuell wie nie. Die Folgen einer Politik billigen Geldes sind auf Dauer fatal. Es gibt einen Unterschied zwischen Erster Hilfe und Therapie. 

Die EZB steigt also in Quantitative Easing ein. Auch wenn es noch einiges Hin und Her geben wird, dürfte feststehen, dass die ECB damit die globale Liquidität weiter vergrößert. Die Analysten von JP Morgan haben die sogenannte „Überschussliquidität“ berechnet. Also jenes Geld, welches die Notenbanken anbieten, welches aber nicht den Weg in die Realwirtschaft findet und den Bestand an Finanzassets übersteigt. Per heute sind es gemäß JPM immerhin fünf Billionen US-Dollar. Die neue Liquidität der EZB wird diesen weltweiten Liquiditätsüberschuss weiter vergrößern. Folge: Die Preise für Finanzwerte, Immobilien und andere Assets werden weiter steigen, die Renditen weiter sinken. Dabei ist dies aus Sicht von JPM nicht nachhaltig. Über die Zeit gibt es eine Tendenz der Bewertung von Finanzwerten und Immobilien zu langfristigen Durchschnitten zurückzukehren. Das wären schlechte Nachrichten für die heutigen Käufer.

→ zerohedge.com: JPMorgan Stunner: “The Current Episode Of Excess Liquidity Is The Most Extreme Ever”, 7. September 2014

Die Folgen des billigen Geldes können wir überall beobachten. So im Markt für Unternehmensanleihen. Die FT berichtet anlässlich der neuen Anleihe der Lufthansa – übrigens als „Junk“ geratet angesichts der fundamentalen Probleme der Fluggesellschaft –, die bei fünf Jahren Laufzeit nur 1,125 Prozent Verzinsung bietet, über die Exzesse im Markt für Anleihen. Bisher wurden in Europa in diesem Jahr 137 Milliarden US-Dollar sogenannter „High-Yield“-Bonds ausgegeben (also theoretisch hoch-verzinslich wegen geringer Qualität der Schuldner), mehr als im gesamten Jahr 2013. Durchschnittliche Verzinsung: 4,27 Prozent verglichen mit mehr als zehn Prozent im Jahr 2010. Käufer sind vor allem Private, die von den höheren Zinsen und den bekannten Namen angelockt werden. Wie im Fall der Lufthansa. Das passiert, wenn Geld nicht weiß, wohin.

→ ft.com (Anmeldung erforderlich): “Demand for corporate credit takes off with Lufthansa bond”, 7. September 2014

Unternehmen profitieren also von den günstigen Zinsen –, wenngleich sie nicht investieren, sondern lieber Aktien zurückkaufen, wie öfters diskutiert. Die wahren Profiteure sind aber jene, die durch Verschuldung ihren Kapitaleinsatz „hebeln“ und so die Eigenkapitalrendite steigern. Neben Hedgefonds sind dies vor allem Private-Equity-Firmen. Nach der Krise haben Regulatoren und Banken eine Beschränkung der Finanzierung von Unternehmensübernahmen beschlossen. Eigentlich sollten die Schulden nicht mehr als sechs Mal EBITDA sein (das sind die Erträge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Der Anteil der Deals, die über dieser magischen Hürde liegen, ist in den USA schon wieder auf dem Niveau des Jahres 2007. Auch in Europa sinken die Standards, aber es ist noch besser als 2007. Noch. Hier helfen die Notenbanken nicht der Realwirtschaft, sondern erleichtern das Verdienen von Geld durch den Handel mit bestehenden Assets.

→ ft.com (Anmeldung erforderlich): “Private equity undeterred by debt guidelines”, 7. September 2014

Natürlich freuen sich auch die Aktienmärkte. John Authers beschreibt sehr schön, wie die Märkte ohne große Euphorie (bto: und bei geringen Umsätzen), von der Liquidität getragen immer neue Höhen erklimmen. Und selbst ein Zinsanstieg muss den Anstieg nicht stoppen, so haben Analysten bei der Analyse vergangener Perioden herausgefunden. Ich würde zwar jeglichen Vergleich mit der Vergangenheit für ungeeignet halten, weil die heutige Geldpolitik kein Vorbild hat. Dennoch die Schlussfolgerung: Die Party kann noch eine Weile weitergehen. Aktionäre und Aktienhändler profitieren. Nicht die Realwirtschaft.

→ ft.com (Anmeldung erforderlich): “Wall Street works up new rationale for optimism”, 5. September 2014

John Dizard, der sehr gute Kommentare in der jeden Montag erscheinenden Fondsmanager-Beilage der FT schreibt, wirft einen nüchternen Blick auf die Folgen der EZB-Entscheidung. Es gibt schlicht viel zu wenige Assets, die die EZB kaufen kann. Sie wird deshalb in riskantere Anleihen – gerade auch von Banken – investieren, was den Geldmanagern die Möglichkeit des „frontrunning“ gibt. Jetzt kaufen und dann mit Gewinn an die EZB. Fazit: Draghi will, dass wir das machen. Und wir sollten es auch tun, weil unser Bonus davon abhängt. Eine weitere Gruppe, die von der Geldpolitik profitiert: Geldmanager, nicht die Realwirtschaft.

→ ft.com (Anmeldung erforderlich): “ECB is frontrunner in evil Anglo-Saxon race”, 7. September 2014

Schwaches Wachstum, geringe Inflation und hohe Schulden passen nicht zusammen. Denn sie bedeuten Insolvenz. Notenbanken und Regierungen wollen dies nicht, was den Druck erhöht, Inflation zuzulassen. Es ist das Ziel der Notenbanken, mit ihrer Politik die Inflationsraten zu steigern. Kenneth Rogoff warnt demzufolge zu Recht, es sei zu früh den Tod der Inflation auszurufen. Die Notenbanken könnten noch aggressiver werden.

→ theguardian.com: “The Exaggerated Death of Inflation”, 2. September 2014

Das würde dann die Realwirtschaft erreichen, aber anders als erhofft. Ich selbst sehe das Risiko, denke aber, es ist noch gering. Zu groß ist die deflationäre Wirkung der hohen Schulden. Die Notenbanken werden noch lange Spekulanten und Schuldner glücklich machen. Und dann gibt es zwei Szenarien: Enttäuschung über die nicht einsetzende Erholung und fehlende Inflation führen zu einem Platzen der Blase an den Finanzmärkten oder das Vertrauen in Geld schwindet und die – erhoffte – Inflation kommt, dann allerdings deutlich massiver als gedacht. Auf Dauer geht es auf jeden Fall nicht gut.

Kommentare (20) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Barthel Berand
    Barthel Berand sagte:

    Lieber Alex,

    „ich will nicht etwas über Geldgeschichte wissen.“

    Das ist das erste Problem. Und es ist Ihr Problem. Ich vermag das nicht zu lösen, weil das zeitlich von mir nicht zu leisten ist.

    Die meisten Ihrer Fragen hätten Sie nicht, wenn Sie Ihr Problem lösen würden. Daher mein Rat, Bücher zu lesen. Ich wiederhole mich.

    Antworten
    • Alex
      Alex sagte:

      Herr Berand,

      es tut mir leider aber ich kann leider nur noch Lügen und Falschaussagen von Ihnen vernehmen. Eine Diskussion mit Ihnen führt nur zu Ausflüchten, unnötigen Themenwechseln, billigen Zitaten und Absolutismen. Erkenntnisgewinn gleich 0.

      Übrigens lenken Sie schon wieder von der Tatsache ab, dass Sie etwas behauptet haben und es nicht schlüssig erklären wollen. Sehr schal.

      Antworten
  2. Barthel Berand
    Barthel Berand sagte:

    Lieber Alex,

    Sie scheinen sich tatsächlich noch nicht mit der Geldgeschichte und den unterschiedlichen Konzepten und Theorien befasst zu haben – oder Sie stellen sich unwissend.

    Ich kann hier einige tausend Seiten Literatur nicht auf wenige Zeilen verdichten, wie es in einem Blog wie diesem hier angemessen wäre. Daher mein Eingangshinweis, dass Bildung Anstrengung bedeutet. Lesen Sie ein paar Bücher. Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. Und anschließend denken Sie über das Gelesene nach; denn nicht alles, was Sie lesen werden, ist richtig.

    Nichts für Ungut…

    Antworten
    • Alex
      Alex sagte:

      Herr Berand,

      ich will nicht etwas über Geldgeschichte wissen. Sie haben etwas in den Raum geworfen ohne einen einzigen Beweis. Ich habe Sie nach historischen Daten zum Wägungsschema oder Daten der Deutschen Bundesbank zur Vemögenspreisinflation gefragt und da kam auch nichts. Auch die Argumentationskette, dass Sie bestimmte Themen für undenkbar halten oder es einfach sein lassen sollten bringt nicht die geringste Erkenntnis. Nicht zu vergessen der Versuch das Thema einfach zu wechseln. Können Sie überhaupt etwas eindeutig und klar beantworten? Bitte ohne Dogma oder seltsame Zitate. Dann wären Ihre Texte auch sehr viel kürzer.

      Weichen Sie nicht einfach mit einer billigen Ausrede (Ich solle einfach ein paar Bücher lesen) aus.

      Früher war alles besser

      Antworten
  3. Barthel Berand
    Barthel Berand sagte:

    “Schwaches Wachstum, geringe Inflation und hohe Schulden passen nicht zusammen.”

    “geringe Inflation” finde ich irritierend. Bevor man über Inflation spricht, sollte man erklären, was man darunter versteht, da sich der Begriff über die Jahre in seinem Gebrauch (und Verständnis?) gewandelt hat.

    Der Begriff der Inflation kann mit drei unterschiedlichen Inhalten gefüllt werden:
    1. Steigerung der ungedeckten Geldmenge
    2. Steigerung der gedeckten Geldmenge
    3. Steigerung des Preisniveaus

    Während sich die Älteren noch mit den beiden erstgenannten Deutungen anfreunden können, ist es heute an der Tagesordnung, nur noch die dritte zu verwenden.

    M.E. füht dies in die Irre, weil hier Ursache und Wirkung nicht mehr erkennbar sind. Denn eine Steigerung des Preisniveaus ohne Ausdehnung der Geldmenge halte ich für undenkbar – zumindest bei Wachstum.

    Ich muss immer schmunzeln, wenn ich in der Tagesschau Sätze wie diesen vernehme:
    “Im letzten Monat ist die Inflation um 1% gestiegen, da sich Öl verteuert hat.”
    D.h übersetzt: Die Preise sind gestiegen, weil die Preise gestiegen sind.
    Macht so eine Denkweise Sinn? Ich denke nicht.

    Heute steigt die Preisinflation kaum an, obwohl die Geldmengen explodieren (= Inflation im älteren Sprachgebrauch), was daran liegt, dass das neue Geld in die Assetmärkte fließt und dort nur die Preise aufpumpt. Lässt man die Assetmärkte aber bei der Berechnung der Preisinflation außen vor, macht man m.E. einen großen Fehler.

    Ich plädiere dafür, Inflation wieder im althergebrachten Sinn zu verwenden. Das erspart uns einige Missverständnisse.

    Antworten
    • Wolfgang Selig
      Wolfgang Selig sagte:

      @Herrn Berand: Was Sie sagen, ist aber politisch unerwünscht. Und auch viele Wähler hören es nicht gern. War aber früher auch nicht viel besser: „Lieber 5% Inflation als 5%Arbeitslosigkeit.“, hat mal ein bekannter deutscher Politiker vor rund 40 Jahren gesagt. Es wird nur viel im Nachgang verklärt…

      Antworten
    • Johannes
      Johannes sagte:

      @ BB: “Ich plädiere dafür, Inflation wieder im althergebrachten Sinn zu verwenden.”

      Bin ich auch dafür! Das würde für die Verfechter des “billigen Geldes” aber zu dem unerwünschten Nebeneffekt führen, dass alle erkennen könnten, wie sehr die Kaufkraft der jeweiligen Währung entwertet würde. Der nackte Kaiser stünde wie riesen Gorilla im Raum.

      Das geht natürlich nicht ;-)

      Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      „Ich plädiere dafür, Inflation wieder im althergebrachten Sinn zu verwenden. Das erspart uns einige Missverständnisse.“

      Meinen Sie hier etwa die falsifizierten monetaristischen Irrlehren? https://zinsfehler.com/2017/06/14/die-spaeten-bekenntnisse-des-ottmar-issing/

      Welche Deckungsvorschriften stellen Sie sich denn vor, Herr Berand?

      Gold?
      Silber?
      Rohstoffe?
      Grund und Boden?
      Nettoinvestitionen?
      Besteuerungsmöglichkeiten des Staates?
      Die zukünftige Leistungsfähigkeit des Schuldners?
      Durch Eigentum besicherte Kredite?

      Und eine weitere Frage: Welches Geldmengenaggregat halten Sie für geeignet?

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Barthel Berand
        Barthel Berand sagte:

        “Meinen Sie hier etwa die falsifizierten monetaristischen Irrlehren?”

        Nein, so theoretisch will ich es gar nicht aufhängen.
        Es geht mir schlicht um das Verwenden eines sinnvollen Inflationsbegriffs. Versteht man unter Inflation – wie heute üblich – Preisinflation, so verwechselt man Symptome mit Ursachen und trifft so notwendig falsche Entscheidungen.

        Preisänderungen beruhen auf Präferenzänderung, auf Änderungen im Angebot, in der Nachfrage, etc. Durch Geldschöpfung ex nihilo – also eine Geldschöpfung ohne realwirtschaftlichen Bezug – beeinflusst man diese Preisänderungen in nicht vorhersehbarer und vor allen Dingen in nicht isolierbarer Art und Weise. Daher haben wir – je länger dieses System fortdauert – zunehmende Verzerrungen im realwirtschaftlichen System. Ich denke, das ist heute so klar zu erkennen, dass ich das nicht näher ausführen muss.

        Unser Kreditgeldsystem, das durchaus wohlstandsförderndes Potential besitzt, ist in der Vergangenheit durch seine Überdehnung erschöpft worden, so dass seine positiven Wirkungen heute nicht mehr wohlstandsfördernd sein können, sondern eine Vergangenheit abbezahlt und damit Strukturen erhält, die dies nicht verdient haben. Schulden werden auf Schulden getürmt. Rückzahlung ausgeschlossen.

        Das Problem bekommt man m.E. nur auf zwei Wege in den Griff:

        1. Realwirtschaftliche Verankerung des Geldes, um so die Geldproduktion ex nihilo zu begrenzen (es muss ja keine 100%-Deckung sein). Ich denke, Gold eignet sich hierfür nach wie vor am besten.

        2. Risikoadäquate Bewertung von Staatsanleihen in den Bankbilanzen. (Jedem ehrbaren Kaufmann, der per HGB angehalten ist, vorsichtig zu Bilanzieren, dreht sich der Magen um, wenn er sieht, dass Staatsanleihen von Quasi-Pleitestaaten zu 100% bilanziert werden bzw. ohne Eigenkapitalunterlegung auf die Bücher genommen werden.)

    • Alex
      Alex sagte:

      Ihr Kommentar hinterlässt mehr Fragen als Antworten.

      Was ist der Unterschied zu ungedeckter und gedeckter Geldmenge?
      Warum können sich die Älteren mit den beiden erstgenannten Deutungen anfreunden (historische Referenz bitte)? Ein althergebrachte Definition aus einem Buch reicht aus z.B. Duden).
      Warum halten Sie die Steigerung des Preisniveaus ohne Ausdehnung der Geldmenge für undenkbar? Eine Argumentation braucht mehr als nur die eigene Meinung. Übrigens was ist ihre Definition von Wachstum in dieser Konstellation?

      Aus meinem naiven Blickwinkel sind bei solch Tagesschau-Sätzen mitnichten einfach nur die Preise gestiegen, weil sie gestiegen sind. Das Preisniveau der Währung € (meine Vermutung da Sie die Tagesschau erwähnen) ist im Bezug zu Öl im Wert gesunken. Platt gesagt muss innerhalb der EWU mehr € aufgewendet werden um die gleiche Menge Öl nutzen zu können, dabei wird zusätzlich die Gewichtung vom Ölverbrauch in die Variable aufgenommen. (das ist immer noch sehr vereinfacht ausgedrückt)

      Warum werden die “Assetmärkte” aus der Preisinflation herausgenommen (wie ist das eigentlich historisch)? Es reicht Ihre Erklärung, aber wenn Sie zusätzlich zu meinem Verständnis noch die für die EWU oder explizit für Deutschland haben wäre ich glücklich.
      Warum fließt dieses neue Geld in die Assetmärkte? Ist dieses Geld anders als sonstiges oder ist das Verhalten die dieses neue Geld erhalten haben rational/irrational?
      Wie sehr ist die Geldmenge “explodiert”?

      Bei der Inflation im althergebrachten Sinn fehlt mir die Referenz für einen Zeitraum und die Erklärung des Inflationkorbes samt Gewichtung.

      Vielen Dank für die Antworten

      Antworten
      • Barthel Berand
        Barthel Berand sagte:

        Lieber Alex,

        das sind viele Fragen. Die meisten davon sind überflüssig.
        Bildung ist stets mit Anstrengung verbunden. Daher empfehle ich gerne, diese Anstrengung selbst zu unternehmen. Der Erfolg ist einfach nachhaltiger.

        Die meisten Ihrer Fragen können Sie sich selber durch schlichtes Nachdenken oder kurze Recherche beantworten. Was ist älter? Das Phänomen der Inflation oder ein Preisindex, der diese zu messen versucht? (btw: Wer viel misst, misst Mist). Ist ein Thermometer = Temperatur oder misst man damit die Temperatur?

        Es geht darum, Begriffe sauber zu verwenden. Denn wir denken mit diesen Begriffen und leiten daraus Handlungen ab. Frei nach Konfuzius muss man sagen: Wenn die Begriffe ihre Bedeutung verlieren, verlieren die Völker ihre Freiheit. Geld ist so ein Begriff, der im Zeitablauf seine Bedeutung bzw. seinen Inhalt verändert hat (vom Gut zur Schuld); Inflation und Deflation sind auch so Kandidaten.

        Ich bin da sehr hartnäckig, wenn es darum geht. Ich habe mich allein zwei Jahre mit der Frage befasst, was Geld ist. Das ist schon spannend.

        Aber ich will Ihnen einige Antworten geben, auch wenn die Zeit knapp ist:
        Inflation als Ausweitung der gedeckten Geldmenge verstanden stammt aus einer Zeit, als Geld noch eine Ware (in neuerer Zeit meist Gold oder Silber), oder zumindest durch diese Waren gedeckt war. Steigt diese so gedeckte Geldmenge, nennt man das Inflation (inflare = Aufblähen). Folge ist, dass der Wert von einer Ware, die mehr wird, im Vergleich zur anderen Waren sinkt. Das schreiben Sie ja selber im Öl-Beispiel so. Es ändern sich die relativen Austauschverhältnisse. Soweit dies auf natürlichen Veränderungen beruht, ist dies nicht zu diskutieren.

        In Zeiten des ungedeckten Kreditgelds ist die Ausweitung der Geldmenge im Gleichschritt mit dem Wachstum der Gütermenge nicht so einfach, weil man sich damit mehrere Probleme einfängt (time-lags, welche Gütermenge, Rohstoffkorb, Messunsicherheiten, etc.). Aber immerhin bemühte man sich – eine Zeit lang.

        J.P. Morgan hat einmal gesagt: „Gold und Silber ist Geld. Alles andere ist Kredit.“ Recht hat der Mann.

        Richtig schlimm wird es aber erst – wie heute -, wenn man ohne jegliche Anbindung an die reale Welt Kreditgeld in die Welt setzt. Das kann man ja tun, wenn man es dabei gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilen würde. Aber dann kann man es auch gleich lassen. Vielleicht kennen Sie ja das Gedankenexperiment von Hume (google hilft). Das Problem bei der heutigen Geldproduktion ist zum einen die ungleichmäßige Verteilung und Nutzungsmöglichkeit (Cantillon-Effekt – google hilft). Solange dieses Kreditgeld von der Privatwirtschaft verwendet wird, kann man das noch unterschreiben, weil es idR recht gut funktioniert. Die Schuldner haften ja meistens mit allem, was sie haben.
        Was nicht funktioniert, ist die Ausgabe von ungedecktem Kreditgeld an die Staaten, weil dies über den Zeitablauf zu Überforderung der Bevölkerung (Besteuerung) führt. Beispiele kennen Sie selbst genug. Mit diesem Geld werden in den seltensten Fällen Investitionen finanziert; das Geld wird schlicht und einfach „verbraten“ = verkonsumiert. Hjalmar Schacht wusste schon: „Verschuldung ist vorgezogenen Konsum, der in der Zukunft ausfällt“. Und weil die Zukunft nun bei uns angekommen ist, springen die Zentralbanken ein, und versuchen, diese Löcher zu stopfen. Ein aussichtsloses Unterfangen.

        Mein Rat: Befassen Sie sich nicht mit so unwichtigen Fragen wie Preisinflation oder Geldmenge (die ist im heutigen Kreditgeldsystem eh immer 0). Sehen Sie zu, dass Sie die Begriffe beherrschen. Die meisten Diskussionen lösen sich auf, wenn man das beherzigt.

        Die Arbeit ruft…

      • Alex
        Alex sagte:

        Herr Berand,

        jetzt werden Sie kryptisch. Das waren nicht einfach viele Fragen, sondern mein Wunsch Ihre Behauptungen zu untermauern. Sie haben historische Referenzen wiedergegeben die eines Beweises benötigen. Und nein es ist nicht Konfuzius, J.P. Morgan, David Hume oder Hjalmar Schacht der Ihnen aus der Erklärung hilft. Auch habe ich nicht nach der Bedeutung von Geld gefragt.

        Da Sie zumindest die erste Frage versucht haben zu beantworten, werde ich dazu etwas schreiben. Mir fehlt wieder der Bezugsrahmen zur Zeit.
        Kann bei einer gedeckten Geldmenge die eigentlich eine Ware ist durch Stückelung nicht auch Inflation erzeugt werden?
        Revolviert das ganze Wirtschaftsgeschehen nicht ganz schön einseitig bei der Konzentration auf Gold und Silber als Geldmenge?
        Wie weitet man die ungedeckte Geldmenge (warum heißt es auf einmal Kreditgeld?) im Gleichschritt zur Gütermenge aus? Von wo fängt eine Person in Verantwortung damit an? Schon wieder fehlt eine Zeitreferenz zu der Bemühung, als angeblich Gütermenge und ungedeckte Geldmenge nach Ihren Wünschen gemeinsam anstieg.

        Das Zitat von J.P. Morgan ist falsch. Genauer ist das dieses Geschehnis:
        “Money is gold, nothing else.” attributed to JP Morgan himself while testifying in front of Congress back in 1912.
        Warum ist es eigentlich nicht Silber, Kupfer, Zink oder eines der noch selteneren Platinmetalle (gegenüber Gold)?

        Also wenn Kreditgeld vergeben wird, sollte es an alle ausgegeben werden? Irgendwie klingt das nach der Methode von “Helikoptergeld”. Und schon wieder bleiben Sie eine Antwort schuldig warum man es sein lassen kann. Und welches Gedankenexperiment von David Hume meinen Sie?
        Sie wollen eine gleichmäßige Verteilung der Geldmenge sein lassen, aber zeitgleich prangern Sie die ungleiche Verteilung über den Cantillon-Effekt an. Ist es nicht selbstverständlich, dass solange “Kreditgeld” funktioniert es auch weiterhin benutzt wird. Ich werde aus dieser Aussage nicht schlauer. Und was hat das aufeinmal mit Schuldern zu tun?

        Welche Beispiele kenne ich genug die mit der Ausgabe von ungedecktem Kreditgeld und Staaten zu tun haben? Und warum muss dies zur Überforderung durch Besteuerung der Bürger führen? Ich möchte einen Beleg das der Staat das “Geld” “verbrät”=verkonsumiert.

        Meinen Sie übrigens den Hjalmar Schacht. Einer der Erfinder von Mefo-Wechseln. Quasi ungedecktes Kreditgeld als Parallelwährung zur Finanzierung der Wiederaufrüstung Deutschlands? Ich rieche ein wenig Doppelmoral. Wobei natürlich zu erfragen ist ob die Rüstungsindustrie Konsum, Infrastruktur oder Investitionen sind.

        Widersprechen Sie sich nicht ein wenig? Die Geldmenge im “heutigen” Kreditsystem ist 0, aber zeitgleich “explodiert” die Geldmenge.

        Ich würde mich immer noch darüber freuen wenn sie meine Fragen beantworten.

        Vielen Dank für Lesen

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ M. Stöcker

        Ashoka Mody ist auch einer, der es ganz genau weiß, wenn er schreibt:

        >Certainly, the EC’s insistence that the Italian government honor its predecessor’s commitment to shrink the budget deficit is completely unreasonable. Austerity will worsen the slump and, hence, increase the government’s debt burden (expressed as a percentage of GDP). This, in turn, will aggravate rather than ease market tensions.>

        Nach dieser Logik hätte Griechenland nie das Staatsdefizit runterfahren dürfen/müssen.

        Denn Austerität macht den dadurch ausgelösten Konjunkturrückgang noch schlimmer.

        Stimmt, das ist so.

        Das ist aber UNVERMEIDLICH so, wenn man von der Droge „kontinuierlich steigender Verschuldung“ runterkommen will.

        Offensichtlich meint A. Mody, dass dies im Fall Italiens nicht erforderlich ist, weil das Land nicht an der Droge hängt, oder es nicht ratsam sei, weil der Patient an Entzugserscheinungen sterben werde.

        Kann schon sein bei dem fortgeschrittenen Stadium, in dem Italien sich befindet.

        Dann fährt man eben nicht das Staatsdefizit runter.

        Von mir aus gern, ich will da überhaupt nichts empfehlen.

        Von daher überhaupt kein Aufreger.

        Aber bitte nicht zu mir und den anderen kommen, wenn es um die Finanzierung des weiteren Drogenkonsums geht.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        „Nach dieser Logik hätte Griechenland nie das Staatsdefizit runterfahren dürfen/müssen.“

        Wir waren uns doch schon einmal einig, dass GR ein Sonderfall ist. Insofern war eine Reduktion unvermeidlich. Allerdings nicht in diesem Ausmaß.

        „Aber bitte nicht zu mir und den anderen kommen, wenn es um die Finanzierung des weiteren Drogenkonsums geht.“

        Nein, Herr Tischer, die Finanzierung kann als schmerzlindernde Therapie per Direktinjektion von der EZB kommen. Wir können uns selbstverständlich auch in die Armut sparen. Das hatte ich Ihnen vor kurzem hier versucht zu erklären: https://think-beyondtheobvious.com/die-highlights-vom-juli/#comment-44805

        LG Michael Stöcker

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        >Nein, Herr Tischer, die Finanzierung kann als schmerzlindernde Therapie per Direktinjektion von der EZB kommen.>

        Einverstanden.

        Aber nur dann, wenn Therapie stattfindet.

        Genau eine solche will Mody NICHT, wenn er sagt:

        >Europe’s leaders have come down hard on Italy for its plans to increase spending with the aim of boosting growth and helping the poor. What they fail to recognize is that a little stimulus might be just what the Italian economy needs.>

        Kurzum:

        Es geht ihm mit „stimulus“ um den nächsten “Schuss”.

        Therapie ist im vorliegenden Fall nicht ohne Armut möglich.

        Wie viel Armut es sein muss über welchen Zeitraum und wie sie verteilt werden müsste/sollte ist eine ganz andere Sache, über die man gegebenenfalls auch sprechen muss.

        Griechenland unterging der Therapie, weil die Alternativen Austritt bzw. Insolvenz das Ende bedeutet hätten.

        Der prinzipielle Unterschied zu Italien ist nur der, dass die italienische Regierung glaubt, dass die EU es sich bei Italien die griechische Alternative nicht leisten könne.

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