Der Bericht der Experten­kommission Fracking muss ernst genom­men werden

Im Jahr 2021 legte die Expertenkommission Fracking ihren Bericht vor. Dieser sollte als Grundlage für die in dem Jahr eigentliche geplante Überprüfung des gesetzlichen Frackingverbots in Deutschland dienen. Die damalige Bundesregierung verzichtete auf diese Überprüfung, wie auch die amtierende.

Am 23. Oktober 2022 spreche ich dazu mit Prof. Dr. Hans-Joachim Kümpel, dem ehemaligen Präsidenten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Zur Einstimmung ein paar Auszüge aus dem Bericht:

Kernaussage:

  • „Die Studien zeigen, dass sich die Umweltrisiken aufgrund von Fracking unkonventioneller Lagerstätten durch eine angepasste Steuerung und Überwachung der Maßnahmen minimieren lassen.“ – bto: Niemand behauptet, dass es problemlos ist. Nur muss man eben auch auf die ökonomischen Schäden achten.

Zur Vergleichbarkeit mit den Lagerstätten im Ausland:

  • „Geosysteme mit Schiefergas-Vorkommen in den USA, Australien und Kanada sind ähnlich denen in Deutschland aufgebaut. Es handelt sich überwiegend um große Sedimentbecken mit unterschiedlichen Deckgebirgsaufbauten. Die Lagerstätten liegen in Tiefen von wenigen Hundert bis mehreren Tausend Metern. Für Deutschland kann allerdings in bestimmten Bereichen eine höhere tektonische Beanspruchung und das Auftreten von tiefgreifenden Störungen angenommen werden.“ – bto: was, wie später verdeutlicht wird, kein Hindernis ist, sondern nur für besondere Sorgfalt spricht.

Und es gibt technischen Fortschritt:

  • „Die technologischen Verfahren zur Erschließung unkonventioneller Lagerstätten haben sich international in den vergangenen Jahren deutlich weiterentwickelt. An aktuellen Bohrplätzen werden mitunter 30 horizontale Bohrungen in einer Länge von bis zu zehn Kilometern eingebracht. Der Fracking-Vorgang ist heute weitgehend automatisiert und wird mit einer Vielzahl von Sensoren und Parametern überwacht, sodass die Entwicklung eines Fracs genau vorhergesagt und gesteuert werden kann. Die horizontale und vertikale Frac-Ausbreitung ist auf ca. 600 m begrenzt, sodass die erforderlichen Mindestabstände zu Schutzgütern und Wegsamkeiten wie Altbohrungen und durchlässigen Störungen festgelegt werden können. Zudem werden bei den Fluiden seit einigen Jahren weniger toxische Zusätze und insgesamt geringere Mengen verwendet. Die eingesetzten Stoffe werden erfasst und überwacht.“ – bto: Es ist also ein normaler industrieller Prozess.

Und zur Sorge vor ungesteuertem Entweichen von Methangas:

  • „Zu diffusen Methanemissionen über natürliche Wegsamkeiten wie tektonische Störungen und Klüfte vor einer Fördermaßnahme lassen sich in der Fachliteratur keine Angaben finden. Vermutlich sind sie jedoch ohnehin zu vernachlässigen und nicht messbar, da ansonsten die Lagerstätten über geologische Zeiträume hinweg ausgegast wären.“ – bto: Man darf davon ausgehen, dass die Lecks in den Nordstreampipelines dem Klima deutlich mehr geschadet haben.

Und das Risiko von Erdbeben?

  • „Gemessen an der Anzahl an Fracking-Bohrungen, die insbesondere in den USA, aber auch in Kanada und China in unkonventionellen Lagerstätten abgeteuft worden sind, ist die damit in Zusammenhang gebrachte induzierte Seismizität selten. Induzierte Seismizität wird insbesondere durch Spannungsveränderungen auf bereits existierenden Rissen oder Störungen verursacht. Dabei spielen Druckerhöhung durch Fluideinbringung und mechanische Spannungen aufgrund von Rissöffnungen die zentrale Rolle.“ – bto: kommt also vor, ist aber nicht so dramatisch.

Und es gibt Wege, die Risiken zu begrenzen:

  • „Neben den risikomindernden Maßnahmen durch die Standortauswahl stellt die seismologische Überwachung in Kombination mit einer Ampelsteuerung das wichtigste Instrument zur Risikominderung in allen operativen und nachbetrieblichen Phasen dar.“ – bto: Diese Verfahren sind bewährt und können in Deutschland noch ordentlicher durchgeführt werden.

Und letztlich:

  • „Somit sind die wichtigen geowissenschaftlich-technischen Grundlagen vorhanden, eine Entscheidung zum Fracking unkonventioneller Lagerstätten auf Basis gemäß § 13a des Wasserhaushaltsgesetzes im politischen Raum treffen zu können. Die Expertenkommission empfiehlt den zuständigen politischen Gremien, eine solche Entscheidung umgehend zu treffen. Forschung und Erprobungsmaßnahmen nach § 13a des Wasserhaushaltsgesetzes können dazu beitragen, die technische Machbarkeit der Handlungsempfehlungen und Reduktion der Risiken bei der Anwendung von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten zu verbessern. Ein Restrisiko wird allerdings immer bestehen.“ – bto: Natürlich, aber das besteht bei allen Technologien.

Fazit:

Fracking im heutigen Umfeld nicht mit aller Macht voranzutreiben, zeugt davon, dass die Dramatik der Situation verkannt wird.