“Der Aktienmarkt ist abscheulich teuer”

Die Kollegen vom Bostoner Vermögensverwalter GMO habe ich regelmäßig verlinkt. Heute nun ein Interview mit James Montier, einem der führenden Köpfe in der FINANZ und WIRTSCHAFT:

  • “Vor zwei Jahren war es sehr einfach, in den Peripherieländern Value zu finden. Das ist jetzt vorbei. Die Peripherie ist nicht überbewertet, aber halt nicht mehr spottbillig. Der Industriesektor bietet einige Chancen, und die Banken sehen günstig aus. Auch hier würde ich die Banken nicht kaufen; als Value-Investor mag ich sie nicht, weil ich ihre Bilanz nicht analysieren kann.”
  • “Das grosse Dilemma für den europäischen Aktienmarkt ist jedoch die steigende Gefahr einer Deflation. Die letzte Bewertungsunterstützung für mich als Value-Investor ist der Liquidationswert einer Aktie: das Geld, das ich erhalte, wenn ich das Unternehmen morgen schliessen und seine Einzelteile verkaufen würde. Doch mit jedem Deflationstag, der vergeht, sind die Aktiva des Unternehmens real etwas weniger wert. Deflation unterminiert diesen grundlegenden Aspekt des Value Investing.”
  • “Über die kommenden sieben Jahre erwarten wir von US-Hochqualitätsaktien bloss eine reale Jahresperformance von 2% pro Jahr, was deutlich unter den 6% liegt, die wir als fair erachten würden.”
  • “50% unseres Portfolios liegen aktuell in Cash und kurz laufenden Bonds – haufenweise trockenes Pulver also.(…) Die Zentralbanken haben mit ihrer Politik eine Beinahblase geschaffen, die sich immer weiter aufbläht.”
  • “Weil die Zentralbanken den Markt bewusst aufgebläht haben, kann man sich nirgends verstecken. Mit Cash verliert man real Geld, die Bondrenditen sind absurd niedrig. Im Jahr 2000, als Aktien grotesk überbewertet waren, erhielt ich auf Cash-Anlagen 3% Zins. Im Jahr 2007 erhielt ich mit Cash immer noch 2,5% Realzins. Heute verliere ich mit Cash pro Jahr real 2%. Das schmerzt. Die gefühlte Alternativlosigkeit beeinflusst das Verhalten der Anleger. Doch mit Cash weiss ich wenigstens, wie hoch mein ­maximaler Verlust ist. Kaufe ich Aktien in einem Zustand massiver Überbewertung, kann ich in einer Korrektur enorm viel Geld verlieren – und ich bin dann nicht ­fähig zu kaufen.”
  • “Die Investoren sind überzeugt, dass die Zentralbanken  eine Baisse verhindern werden. Das ist gefährlich. Die Zentralbanken werden uns schützen, bis sie uns plötzlich nicht mehr schützen.

Sein Fazit: “‘Unterschätze nie den Wert des Nichtstuns.’ Sie dürfen nie vergessen: Wir wissen nichts über die Zukunft. Wir glauben es bloss, weil wir die Gegenwart in die Zukunft extrapolieren. Wir glauben bloss, dass uns die Zentralbanken immer schützen werden, aber wir wissen es nicht. Vertrauen Sie mir: Die nächsten sieben Jahre an den Börsen werden nicht ruhig, fröhlich und linear aufwärts verlaufen. Cash gibt mir trockenes Pulver – und die Option, dieses Pulver zu benutzen, wenn es an den Börsen zu Verwerfungen kommt. Dann kaufe ich.”

FINANZ und WIRTSCHAFT: “Der Aktienmarkt ist abscheulich teuer”, 3. Dezember 2014

Kommentare (2) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Lele Castello
    Lele Castello sagte:

    Das lief dann aber seit 2014 ganz anders, zumindest bis heute. Würde mich, bescheidener Weise, auch als Valueinvestor bezeichnen und war bis Anfang 2019 voll investiert.

    Antworten

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