“Der Akademisierungswahn und seine Folgen”

Heute Morgen haben wir gesehen, wie Deutschland abgewirtschaftet wird. Zwei Themen fehlen dabei noch. Die falsche Annahme, über Zuwanderung die Probleme lösen zu können (siehe Kommentar vom letzten Freitag auf bto) und die Vernichtung unseres Bildungssystems. Als Berliner bekomme ich das aus erster Hand mit.

Bevor wir zur F.A.Z. kommen, die den Akademisierungswahn anprangert (übrigens weit nach der NZZ!), kurz ein Bild zur globalen Wettbewerbssituation:

Studienfächer

Achtung: Es ist der “projected share”! Also nicht nur, dass es absolut mehr Menschen in Indien und China gibt, nein, diese studieren auch mit einem höheren Anteil die relevanten Fächer: Naturwissenschaften, Technik, Ingenieurwesen und Mathematik! Von hier kommen die Asse der Zukunft, würde Gunnar Heinsohn treffend feststellen.

Nun also die F.A.Z. mit einem Blick auf den Niedergang, der schon in der Abbildung angedeutet wird:

  • “(…) im Zuge der Diskreditierung von praktischer Ausbildung und eines Akademisierungswahns studieren immer mehr junge Menschen, die entweder an Universität oder Hochschule scheitern oder, wenn sie sich bis zum Abschluss durchquälen, am Ende garantiert nicht ihrer Qualifikation gemäß eingesetzt werden können und insofern besser etwas anderes gemacht hätten.”
  • Die deutsche duale Berufsausbildung mit ihrer einzigartigen Kombination aus schulischer und betrieblicher Ausbildung wird zwar weltweit bewundert und ist ein entscheidender Standortvorteil Deutschlands im internationalen Wettbewerb sowie ein Erklärungsfaktor für eine hierzulande unterdurchschnittliche Jugendarbeitslosigkeit. Wertgeschätzt im eigenen Lande wird sie aber offenkundig nicht.”
  • Angesichts des demografischen Wandels konkurrieren Unternehmen zunehmend um geeignete Bewerberinnen und Bewerber. Die Politik setzt aber an diesem offenkundigen Bedarf an (nicht-akademischen) Fachkräften vorbei vollkommen falsche Anreize.” bto: Wenn man ein Land abwirtschaftet, dann richtig!
  • Dies fing damit an, dass die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) eine Scheindebatte über die sogenannte Akademisierungsrate also den Anteil von Hochschulabsolventen an der jüngeren Gesamtbevölkerung – losgetreten hat. Die OECD unterstellte, dass Deutschland im internationalen Vergleich deutlich zurückliegt und sprach von einer Akademisierungslücke.” bto: Klar, da sitzen ja auch praxisferne Theoretiker …
  • Dass aber die duale Ausbildung in Deutschland Berufe abdeckt, die in anderen Ländern formal einen akademischen Abschluss als Voraussetzung erfordern und zu teilweise besseren Jobchancen und höherer Berufszufriedenheit führen kann, wird dabei vollkommen unterschlagen.”
  • Seit Jahren werden die Hochschulen von der Politik unter Druck gesetzt, die Studienplatzangebote auszuweiten, und diese werden unter anderem mit Mitteln aus dem Hochschulpakt (bei dem auch Bundesmittel fließen) zu diesem Zweck finanziell geködert. Den Klagen der Kammern und Unternehmen wird weitestgehend mit Gleichgültigkeit oder wohlfeilen Absichtserklärungen begegnet.”
  • Da die Universitäten und Hochschulen des Landes strukturell unterfinanziert sind, werden zudem insbesondere durch Abschaffung von Zugangsvoraussetzungen die Tore für billigeStudiengänge, insbesondere in den Geistes-, Sozial und Wirtschaftswissenschaften, geöffnet.” bto: Und was würden wir eigentlich brauchen? Siehe oben!
  • Die Quote der mathematisch-technisch-naturwissenschaftlichen Fächer (MINT) sinkt mithin kontinuierlich. Im Ergebnis studieren zu viele Studierende das Falsche und sind damit unter Umständen unglücklich – und gleichzeitig besteht Mangel bei MINT-Absolventen und qualifizierten Handwerksberufen.” bto: Brauchen wir doch auch nicht. In einem Land mit verfallener Infrastruktur und Geschenken für Rentner will eh keiner mehr was produzieren.
  • “(…) auch wenn die Politik keineswegs für das Glück des Einzelnen zuständig ist und sie nicht besser weiß (und wissen soll), was beziehungsweise ob junge Menschen studieren sollen, muss sie in etwas größeren gesellschaftspolitischen Linien denken. Daraus resultiert die Verantwortung, keine falschen Anreize zu setzen und stattdessen die vielgestaltige Nachfrage nach qualifizierten, gut ausgebildeten Menschen in Rechnung zu stellen.”

bto: alles nicht neu. Es passt aber zu der Misswirtschaft unserer Politiker, die zudem den Vorteil haben, dass die Wähler es so wollen. Das Erwachen wird brutal, wenn das alles zusammentrifft.

→ F.A.Z.: “Der Akademisierungswahn und seine Folgen”, 22. August 2016