Das ungeahnte Potenzial des digitalen Geldes

Zweifel an unserem Geldsystem sind sehr berechtigt. Wenn man sich mit der Theorie der Eigentumsökonomik beschäftigt, wird deutlich, dass Geld, wie wir es kennen, die Folge staatlicher Monopolbildung in Zusammenhang mit den Interessen des Banksektors ist. Die Bank of England hat dies kürzlich nochmals erklärt, wobei die Aufmerksamkeit, die diese „Enthüllung“ in einigen Medien gefunden hat, nicht gerechtfertigt ist. Wenn der sehr geschätzte David Graeber es als “radikal neue Sicht” beschreibt, ist das ziemlich übertrieben. Letztlich erklärt die Bank of England nur, welche geringe und indirekte Macht sie hat, das Kreditwachstum einer Volkswirtschaft zu beeinflussen. Jedem aufmerksamen Studenten der Volkswirtschaftslehre oder des Bankwesens ist dies wohlbekannt:

Bank of England: Money in the modern Economy: An Introduction, Q 1 2014

Dabei irrt Graeber wenn er meint, die Forderungen/das Geld wäre aus dem Nichts entstanden und deshalb gäbe es bei einer Weigerung der Schuldner zu bezahlen, auch keine Verlierer. Die Schuldner haben das neu geschaffene Geld zu Konsum oder Investition genutzt und damit für andere Leute Einkommen geschaffen. Damit sind auch Forderungen entstanden und diese liegen direkt und indirekt bei Vertretern der Realwirtschaft, nicht nur im Bankensystem. Folge: Jede Zahlungseinstellung führt auch zu realen Verlusten und zwar nicht nur bei den Banken, die die Geldschöpfung zuerst betrieben haben.

Damit soll hier keineswegs eine Lanze für das derzeitige Geldsystem gebrochen werden. Im Gegenteil: Die Probleme dieser Geldordnung werden immer offensichtlicher. Die Banken haben in guten Zeiten hohes Interesse daran, das Kreditwachstum über das vernünftige Maß hinaus zu fördern, um dann in Krisenzeiten die Kreditvergabe übermäßig einzuschränken. Die Notenbanken haben als staatliche Institutionen eine Neigung, lieber mehr als weniger Geld- = Kreditwachstum zuzulassen. Und der Staat als einer der größten Schuldner überhaupt bevorzugt die schleichende Inflation, um sich seinen Verpflichtungen zu entledigen.

Kein Wunder, dass die Forderungen nach einem neuen Geldsystem immer lauter werden. Vollgeld habe ich bereits als eine Möglichkeit diskutiert. Alternativ dazu steht die völlige Privatisierung des Geldes, idealerweise gebunden an eine vertrauenswürdige und werthaltige Verrechnungseinheit wie Gold. Wie so ein System entstehen könnte und welche Vorteile es bieten würde, zeigt Dr. Kooths, Wissenschaftler am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, in diesem sehr lesenswerten Aufsatz:

Liberales Institut: Das ungeahnte Potenzial des digitalen Geldes, November 2013

Die Diskussion zum Geldsystem der Zukunft müssen wir aktiv führen. Das derzeitige System verstärkt Krisen und führt zur Fehlallokation von knappen Ressourcen, die besser dem Wachstum des Wohlstands der Realwirtschaft dienen würden. Bevor wir das neue System jedoch starten können, müssen wir erst die Scherben der bestehenden Ordnung aufräumen. Soll heißen: erst Lösung der akuten Schuldenkrise, dann Neustart mit anderer Geldordnung.

Kommentar (1) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.

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  1. […] Der Initiator und Moderator der Diskussion, Professor Stefan Kooths, fasste die Ausgangslage zusammen: Seit Aufhebung der letzten Bindung zu Gold in den 1970er-Jahren haben wir einen Verschuldungsboom mit zunehmender finanzieller Instabilität und Blasenbildung erlebt. Die Lösung könnte in einer völligen Privatisierung von Geld und einer Deckung des Geldumlaufs zum Beispiel mit Gold sein. Firmen wie Google oder Facebook könnten so das private, globale Geld der Zukunft schaffen. Diese Idee hat er auch in einem Paper dargelegt, welches ich schon vor einigen Monaten verlinkt habe. […]

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