Wirkungs­loses Konjunktur­programm in den USA?

Gestern habe ich die Risiken für das Wirtschaftswachstum betrachtet. Dabei gab es den Hinweis, dass es gut sein kann, dass die US-Haushalte das zusätzliche Geld eben nicht ausgeben, sondern sparen.

Heute eine Kritik an den Konjunkturprogrammen aus anderer Sicht: John B. Taylor, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Stanford University und Senior Fellow an der Hoover Institution in einem bei der FINANZ und WIRTSCHAFT erschienenen Kommentar:

  • “In der Zeit zwischen März 2020 und März 2021 verabschiedeten die Vereinigten Staaten drei Konjunkturpakete, um die Wirtschaft anzukurbeln und Unternehmen und Haushalte nach dem durch Covid-19 verursachten wirtschaftlichen Schock zu unterstützen.” – bto: Und damit waren sie nicht allein. Es gab weltweit Hilfen.
  • “Mit jeder dieser Gesetzesrunden wurde ein Economic Impact Payment (EIP) durch Direktüberweisung, per Scheck oder mit einer speziellen Prepaid-Debitkarte an Amerikaner ausgezahlt, jeweils mit der Idee, dass die Gelder für den Konsum ausgegeben werden würden, um die Gesamtnachfrage zu unterstützen und damit die Gesamtwirtschaft zu stimulieren.” – bto: Dies geschah vermutlich auch, um bestimmte Personen vor Existenznöten zu schützen. Schließlich gibt es keinen Sozialstaat wie bei uns.
  • “Der Grundgedanke hinter diesen temporären Einmalzahlungen basierte auf der keynesianischen Konsumfunktion, der zufolge eine Einkommenserhöhung die Ausgaben erhöht und dadurch die Wirtschaft ankurbelt. Doch andere Auffassungen, wie die Hypothese des permanenten Einkommens, die Milton Friedman erstmals in den Fünfzigerjahren formulierte, besagen, dass solche Einkommenssteigerungen – wenn überhaupt – nur zu einem geringen Anstieg des Konsums führen, eben weil sie temporär sind.” – bto: Beides hat was. Wer es als Lottogewinn sieht und wenig vom Sparen hält oder aber genug hat, mag geneigt sein, es auszugeben.
  • “Die folgende Grafik zeigt die tatsächlichen Auswirkungen der EIP auf das verfügbare persönliche Einkommen (Disposable Personal Income, DPI) und auf die persönlichen Konsumausgaben (Personal Consumption Expenditures, PCE) von Januar 2019 bis April 2021 (…). Betrachten wir nun die PCE-Linie: Sie zeigt keinen Anstieg zum Zeitpunkt der drei EIP. Die Erholung des Konsums folgt dem Pfad des dauerhafteren DPI ohne die Zahlungen (die gestrichelte Linie). Der zusätzliche ‘Stimulus’ hatte wenig bis gar keinen Einfluss auf den Konsum in den Monaten, in denen es einen enormen Anstieg des EIP-getriebenen DPI gab – April 2020, Januar 2021 und März 2021. Die Hypothese des permanenten Einkommens sagt voraus, dass ein grosser Teil der temporären EIP eher gespart als für den Konsum und die Ankurbelung der Wirtschaft ausgegeben werden würde, und genau das scheint geschehen zu sein.” – bto: Aber es gibt die Hoffnung, dass die große Ausgabenwelle noch kommt.
  • “Im Jahr 2008 herrschte allgemeines Einvernehmen unter Ökonomen, dass temporäre Zahlungen als Konjunkturprogramm nicht funktionieren würden. Im Anschluss an dieses vorangegangene Experiment untersuchten viele Ökonomen die Massnahmen und zeigten, dass sie tatsächlich nichts zur Ankurbelung der Wirtschaft beitrugen. Diese Erkenntnisse weckten ernsthafte Zweifel am Einsatz einer temporären diskretionären (das heisst am Einzelfall orientierten) antizyklischen Fiskalpolitik in der Praxis.” – bto: Das kann als Argument dienen, dass man doch richtig handeln sollte und die Staatsausgaben dauerhaft erhöhen.
  • “(…) die neuesten empirische Belege, die wir haben, bestätigen die vor einem Jahrzehnt (oder sogar vor Jahrzehnten) dargelegte Auffassung: Temporäre Konjunkturprogramme erhöhen einfach nicht den Konsum oder stimulieren die Gesamtwirtschaft.” – bto: Und so fallen wir auf den Trend zurück?

fuw.ch: „Das Konjunkturprogramm hat wieder nicht funktioniert“, 21. Juni 2021