Das Ende des Kapita­lismus – die High­lights

Morgen (19. Februar 2023) spreche ich in meinem Podcast mit Ulrike Herrmann über ihr Buch „Das Ende des Kapitalismus“. Zur Einstimmung hier ein paar Auszüge.

Zunächst die Feststellung, dass Frau Herrmann den Kapitalismus super findet. Auf den ersten 80 Seiten legt sie dar, welche Errungenschaften wir dem Kapitalismus zu verdanken haben:

„Zudem sind viele Errungenschaften des Kapitalismus so segensreich, dass niemand sie missen möchte. Der materielle Wohlstand hat immaterielle Folgen. Nicht nur die Lebenserwartung hat sich verdoppelt auch allgemeine Bildung, Gleichberechtigung und Demokratie werden erst möglich, wenn eine Gesellschaft reicher wird. Der globale Fortschritt ist beeindruckend: in den vergangenen 20 Jahren hat sich die extreme Armut weltweit halbiert. 80% der Kinder sind heute geimpft und 80% der Familien haben Zugang zu Elektrizität.“

Dann macht sie klar, dass auch die Demokratie den vom Kapitalismus geschaffenen Wohlstand als Voraussetzung benötigt:

„Der Kapitalismus hat die Demokratie ermöglicht und lässt sich demokratisch steuern.“

… beklagt aber dann, dass er zu einer großen Ungleichheit der Vermögen führe:

„Ungleichheit in Deutschland: hier besitzt das reichste Hundertstel also das oberste 1% bereits 33% des Volksvermögens. Das reichste Zehntel kommt gemeinsam auf beachtliche 64%. Da bleibt für die ärmere Schicht nicht mehr viel übrig; Die untere Hälfte besitzt ganze 2,3% des Volksvermögens. Deutschland ist eine Klassengesellschaft.“

Hier kommt dann doch die TAZ durch, würde es sich doch lohnen, die Ursachen anschauen: Zuwanderung, Sozialstaat etc. Auch Schweden ist deutlich ungleicher. Bekanntlich sind unsere Reichen nicht reicher als die aus anderen Ländern, es geht um mehr Vermögen für alle.

Kapitalismus ist die Wirtschaftsform des Gebens, lautete mal der Titel eines Podcasts. Und dies zu Recht, was auch Frau Herrmann erkennt:

„Ohne den Massenkonsum wäre der heutige Kapitalismus nicht denkbar, denn inzwischen machen Konsumgüter fast 80% der Wirtschaftsleistung aus. Wären die Reallöhne nicht gestiegen, hätte sich der Kapitalismus schon im 19. Jahrhundert erledigt und wäre wahrscheinlich nicht über die Eisenbahn hinausgekommen. Erst die enorme Nachfrage der Arbeitnehmer hat neue Produkte und neue Wachstumsschübe ermöglicht, die durch den Lebensstil der Wohlhabenden allein niemals ausgelöst worden wären.“

Die Arbeiter konnten sich Dinge leisten, die davor nur für die Reichen vorbehalten waren.

Es ist damit die sozialste Gesellschaftsform. Nicht weil man es will, sondern weil man es muss.

Zudem beklagt Frau Herrmann eine Tendenz zur Konzentration. Es gab immer Bemühungen zur Bildung von Monopolen und Kartellen. Aber das ist das Gegenteil von Kapitalismus. Es ist der Versuch, den kapitalistischen Druck zu reduzieren. Der Kapitalismus ist nicht für die Kapitalisten da.

Ich habe mich auch über folgende Aussage gewundert:

„Schrankenloser Wettbewerb hätte die Preise ruiniert und die Firmen in den Konkurs getrieben. Damals zeigte sich erstmals ein Paradox, das den Kapitalismus bis heute prägt: Nur wenn das Risiko weitgehend ausgeschlossen ist, werden Investitionen gewagt.“

Das halte ich für gewagt. Man denke an die Finanziers von Start-ups. Dass man versucht Risiken beherrschbar zu machen, ist nicht gleichzusetzen mit dem Ausschließen von Risiken.

Ebenfalls für viele Leser überraschend vermerkt Frau Herrmann, dass der Kapitalismus nicht auf Ausbeutung basiert und auch der Kolonialismus teuer und unnötig war:

„Der Kapitalismus ist kein Nullsummenspiel bei dem nur gewinnen kann wer andere unterdrückt und ausbeutet. Alle werden umso reicher je reicher jeder einzelne ist. Man wächst gemeinsam. Wer heute glaubt Europa hätte Kolonien benötigt, um sich zu entwickeln, wiederholt den Irrtum der Kolonialherren. (…) Die Realität ist viel bitterer: die brachiale Knechtung anderer Völker bei ökonomisch völlig sinnlos.“

Ihre Vorstellungen zu mehr Gerechtigkeit werden aber im Süden nicht geteilt. Sie fordert im Buch:

„Es muss einen weltweiten Mindestlohn für Exportprodukte geben. (…) Das nötige Instrument existiert eigentlich schon: im Juli 2021 hat der Bundestag das Lieferkettengesetz verabschiedet. Die deutschen Unternehmen müssen nun dafür sorgen, dass die Menschenrechte und Umweltstandards bei ihren Zulieferern im globalen Süden eingehalten werden. Bisher fehlt jedoch die Vorschrift, dass auch existenzsichernde Mindestlöhne zahlen sind.“

Der Süden sieht das als Protektionismus, der Fortschritt hindert. So berichtete der Tagesspiegel von der Reise des Bundeskanzlers nach Brasilien:

„Lula möchte nicht dem von Scholz beworbenen „Klimaclub“ beitreten. Er beschwert sich über die Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes, in deren Folge nur solche Produkte aus Brasilien eingeführt werden dürfen, für deren Herstellung nachweislich kein Regenwald abgeholzt wurde. Dieselbe Bedingung findet sich in EU-Auflagen. Wegen des Streits um solche Details ist das Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur immer noch nicht in Kraft.“

Dann nähern wir uns dem Kern des Buches. Frau Herrmann stellt fest, dass der Kapitalismus sich Energie nutzbar macht, die es davor nicht gab. Früher hatte man nur Wasser- und Windkraft.

Dann Holz. Im Kapitalismus kamen Kohle sowie später Öl und Gas dazu.

„England hatte also die teuersten Arbeitskräfte und die billigste Energie. Diese Kombination war weltweit einmalig und sie erklärt, warum die Industrialisierung in England begann. Nur in England war es profitabel Menschen durch Maschinen zu ersetzen.“

Unstrittig hat der Einsatz von Energie entscheidend zum Fortschritt beigetragen. Und wir können alle froh sein, dass es so war!

Energiesparen ist dabei immer ein Ziel gewesen:

„Energiesparen ist keine neue Idee, die es jetzt aufkommt, um dem Klimawandel zu begegnen. Stattdessen wurde im Kapitalismus schon immer auf technischen Fortschritt gesetzt, um die Effizienz zu steigern.“

Warum sollte das nicht weiterhin so gehen?

„Das Resultat war jedoch nicht, dass dann weniger Energie verbraucht worden wäre. Ganz im Gegenteil. Da die Maschinen immer effektiver wurden, verbreitete sie sich rasant, sodass am Ende mehr Energie benötigt wurde, obwohl jedes einzelne Gerät sparsamer war. Dieses Paradox, auch Reboundeffekt genannt, zeigte sich schon bei der Dampfkraft.“

Es entspricht nichts anderem als einem höheren Lebensstandard.

Doch woher kommt die Dynamik des Kapitalismus?

„Ab etwa 1400 waren die englischen Bauern nicht mehr rechtlos an ihre adligen Herren gekettet, sondern erhielten langfristige Verträge für ihr Land, die fixe Raten vorsahen. Wenn also Pächter in ihrer Felder investierten, um die Ernten zu steigern, dann blieb ihnen dieser Zusatzertrag und konnte nicht mehr vom Grundbesitzer abgeschöpft werden. Diese Rechtssicherheit war einzigartig in Europa. Die Pächter wurden zu Agrarunternehmern die ihre Gewinne zu maximieren versuchten.“

Zugleich ergibt sich daraus ein Wachstumszwang. Das haben wir bereits vor einigen Jahren in einem Podcast mit Prof. Dr. Mathias Binswanger diskutiert.

„Wachstum kann nur entstehen, wenn Kredite aufgenommen werden aber genau diese Darlehen lassen sie sich anschließend nur zurückzahlen, wenn es weiteres Wachstum gibt. Es ist kein Zufall, dass der Kapitalismus gleichzeitig eine Geldwirtschaft ist. Er wird durch Kredite angetrieben.“

… wobei die Gewinne auch konsumiert werden.

„Die Firmen müssen ständig in neue Maschinen investieren oder mit weniger Personal mehr Güter herzustellen, damit sie nicht von ihren Konkurrenten geschluckt oder verdrängt werden. Dieser technische Fortschritt kostet permanent Jobs. Trotzdem kommt es nicht zur massenhaften Arbeitslosigkeit, weil gleichzeitig die Wirtschaft wächst und neue Stellen schafft.“

Und daraus resultiert der enorme Wohlstandszuwachs für uns alle.

Die Kritik daran:

„In einer Volkswirtschaft können die gesamten Einnahmen über den gesamten Ausgaben liegen, wenn von außen Geld zufließt. Die Gewinne werden also aus den Krediten finanziert die gleichzeitig das Wachstum ermöglichen.“

Fazit:

„Der Kapitalismus ist nur stabil, solange er wächst. Daher wird er gerne mit einem Fahrrad verglichen, das auch umfällt, sobald es sich nicht mehr bewegt. Aber wie genau entsteht dieser Wachstumszwang?“

Wachstum geht jedoch nicht in endlicher Welt, hält Herrmann fest:

„Schon jetzt konsumieren deutsche Österreicher und Schweizer als könnten sie 3 Planeten verbrauchen andere Weltbewohner gehen sogar noch rabiater mit der Natur um: die US-Amerikaner, Kanadier und Australier verprassen bereits 5 Planeten. So emittiert ein Bürger von Malawi im Durchschnitt ganze 0,1 Tonnen CO2 pro Jahr, ein Deutscher aber 11,3 Tonnen.“

Das gilt aber eigentlich nur noch in Hinblick auf das CO2. Dazu macht Herrmann die Aussage:

„Es ist nicht mehr zu verhindern, dass sich die Erde noch weiter aufheizt. Das Ziel von 1,5 Grad ist illusorisch und nicht mehr zu erreichen.“

Daraus schließt sie dann ziemlich dramatisch:

„Weltweit glaubt etwa die Hälfte der Befragten, dass der Klimawandel die Menschheit ausrotten wird. Diese Todesangst ist verständlich aber eine genaue Prognose bleibt schwierig.“

Nirgendwo im Bericht des IPCC steht, dass die Welt untergehen wird, wie wir letzte Woche (12. Februar 2023) im Podcast diskutiert haben.

Aber wir hätten doch Erneuerbare Energien, die uns retten würden, meinen viele Beobachter. Herrmann nüchtern:

„Ökostrom ist teuer nicht billig. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Sonne keine Rechnung schickt. Licht und Wind sind zwar kostenlos, aber ansonsten ist die Energiewende eine gigantische Materialschlacht.“

Es geht nicht mit Sonne und Wind. Das liegt an den fehlenden Speichern:

„Deutschland muss in der Lage sein sich selbst zu helfen, wenn Wind und Sonne nicht genug Strom liefern. Bedrohlich sind zudem nicht nur echte Dunkelflauten, wenn 90% der Nennleistung fehlen. Die Energieversorgung gerät bereit an ihre Grenzen, sobald weniger als die Hälfte der installierten Kapazitäten zur Verfügung steht– und damit ist an 362 Stunden im Jahr zu rechnen was insgesamt rund 2 Wochen entspricht.

Rein technisch wäre eine Lösung schon in Sicht: grüner Wasserstoff. Bisher existieren keine effizienten Elektrolyseure, um grünen Wasserstoff herzustellen. Optimisten gehen immerhin davon aus, dass Prototypen im Jahr 2030 so weit ausgereift sind, dass sie sich im Regelbetrieb einsetzen lassen. Aber schon jetzt ist klar, dass grüner Wasserstoff teuer wird.“

Und deshalb kommt die nächste Aussage, die den normalen Lesern nicht gefallen wird:

„Doch obwohl es weltweit kaum Ökotechnik gibt, wird schon jetzt sorgenvoll diskutiert ob die Rohstoffe für eine globale Energiewende überhaupt reichen würden. Grüne Technik verschlingt nicht bloß Stahl Beton und Aluminium was bisher ausreichend vorhanden ist, sondern auch eher knappe Mineralien. Dazu gehören unter anderem Lithium, Nickel, Kupfer, Kobalt, Mangan, Graphit und Seltene Erden wie Neodym.“

Und vor allem hat China einen Großteil der Produktion monopolisiert.

Ihr Fazit: „Energiewende wird teuer nicht billig.“

Aber eigentlich sagt sie, es gehe nicht.

Atomstrom ist für Frau Herrmann keine Lösung:

„Die globalen Uranvorkommen würden gar nicht reichen, um die fossilen Brennstoffe weltweit zu ersetzen und den ganzen Globus mit klimaneutraler Energie zu versorgen(…) Man könnte andere Mineralien wie etwa Thorium verwenden oder das Uran im Meerwasser rausfiltern. Diese Technologien sind aber nicht ausgereift. Manche wurden noch nie ausprobiert andere befinden sich im Versuchsstadium oder wurden der Vergangenheit wieder fallengelassen. Daher ist sicher, dass keiner von ihnen in den nächsten Jahrzehnten marktreif wird – falls es denn je gelingt. Sie kommen in jedem Fall zu spät, um den Klimakollaps abzuwenden.“

Und, weil es keine Entkoppelung von Energiebedarf und Wachstum gibt, gelingt die Dekarbonisierung nicht:

„Allein ThyssenKrupp in Duisburg emittiert 20000000 Tonnen Co 2 pro Jahr. Wäre das Stahlwerk ein Land wäre es halb so groß wie die Schweiz – zumindest bei den Treibhausgasen. Allerdings könnte grüner Wasserstoff die Rolle des Koks übernehmen. (…) Dieser grüne Wasserstoff wäre aber so energieintensiv, dass die Stahlindustrie 12000 Windräder zusätzlich benötigen würde. Zur Erinnerung: momentan drehen sich in Deutschland etwa 30000 Windräder.“

Die Studien, die dennoch behaupten es ginge, belügen uns.

„Es ist wissenschaftlich unzulässig, Aussagen zu treffen die gar nicht erforscht wurden. Unter Klimaökonomen ist dies aber leider die Regel.“

Konkret:

„Wie die Autoren selbst zugeben, haben sie auf volkswirtschaftliche Untersuchungen verzichtet. So heißt es bei Agora Energiewende: ‚Die ökonomischen Effekte der Klimaschutzmaßnahmen werden nicht explizit untersucht.‘ Auch das Fraunhofer-Institut musste einräumen: es wurde keine volkswirtschaftliche Gesamtanalyse durchgeführt, bei der auch die Wertschöpfungs- und Beschäftigungsfragen mitberücksichtigt werden. Diese selbstgewählten Wissenslücken halten die Fraunhofer-Experten jedoch nicht davon ab unbekümmert zu behaupten, dass der Klimaschutz günstig würde.“

So ist es. Man denke an die Kosten, die weniger seien als die für einen Weihnachtseinkauf, wie Fraunhofer behauptet – ohne es auszurechen!

Ab jetzt wird es im Buch aus meiner Sicht kontrovers.

Ich glaube nicht, dass weniger Wohlstand glücklicher macht. Zunächst eine Aussage, die stimmt:

„Auch die Glücksforschung zeigt, dass die Zufriedenheit nicht zunimmt, nur weil die Wirtschaft wächst. Seit 1978 hat sich die reale Wirtschaftsleistung in der Bundesrepublik und in Österreich ungefähr verdoppelt aber die Zufriedenheit ist seither nicht gestiegen. Auch früher lebte er sich gut.“

Es gibt aber keinen Fall, in dem sinkender Wohlstand glücklicher gemacht hat. Egal, wie man es misst, weniger Wohlstand macht definitiv nicht glücklicher.

Dennoch sollen wir alle durch weniger Konsum glücklicher werden:

„Die Lösung scheint daher nahezulegen: wir konsumieren weniger –und arbeiten auch weniger. Wie dieses klimaneutrale Dasein aussehen könnte, hat die Wachstumskritische Degrowth Bewegung inzwischen liebevoll beschrieben.“

Das mag ja „liebevoll“ beschrieben sein, aber ist es auch so? Ich bezweifle, dass man damit Wahlen gewinnt. Und es würde eine große Wirtschaftskrise eintreten:

„Bleibt nur ein Problem das Wachstumskritiker gern ignorieren: eine schrumpfende Wirtschaft endet schnell im Chaos. Sobald die Einkommen fallen, frisst die Krise sich unkontrolliert durch sämtliche Branchen.“

Und dieser Niedergang wäre dann auch nicht zu stoppen, weil man ihn ja möchte.

„Selbst geringe Einkommensverluste sind nicht zu verkraften, wenn sie sich ja um Jahr wiederholen sollen. Der Kapitalismus ist auf Wachstum angewiesen. Fehlt es dauerhaft kommt es zum chaotischen Zusammenbruch.“

Herrmann spricht vom Versagen der Ökonomen, weil diese noch kein Modell für eine schrumpfende Wirtschaft bzw. den Übergang auf eine geringere Wohlstandsbasis erarbeitet haben – und auch die Notwendigkeit nicht erklären.

Die meisten Politiker, Klimaforscher und Ökonomen hoffen auf ‚grünes Wachstum‘ obwohl die Ökoenergie nicht reichen dürfte. Umgekehrt fordern daher die Wachstumskritiker, dass Einkommen und Verbrauch sinken müssen. Ihnen fehlt jedoch ein Plan, wie sie dabei eine schwere Wirtschaftskrise vermeiden können, die Millionen Menschen in Armut und Verzweiflung stürzt.“

Frau Herrmann glaubt, die Lösung gefunden zu haben und vergleicht die Lage mit der Herausforderung für Großbritannien im Zweiten Weltkrieg.

„Leider wird es ohne Verbote nicht gehen. Unsere Lebensweise kann nur dann ökologisch sein, wenn nicht jede jederzeit unbegrenzt konsumiert. Die Analogie zum Zweiten Weltkrieg ist daher passend: sie macht klar dass es Opfer kostet eine ökologische Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Nur Verzicht sichert das Überleben – wie im Krieg.“

Das Überleben ist nicht in Frage gestellt, würde ich jetzt anmerken. Aber abgesehen davon:

Großbritannien hat damals massive Schulden gemacht – die Staatsschulden stiegen von 120 auf fast 250% vom BIP. Es wurde viel neues Geld geschaffen und durch Zwangssparen aus dem Verkehr gezogen. Genau das würde wieder passieren. Denn genauso wie Waffen, schafft auch die Öko-Wende kein neues Produktionspotenzial. Kann sie nicht, soll sie aber auch nicht nach dieser Logik. Herrmann:

„Der Konsum fiel damals um ein Drittel – und zwar in kürzester Zeit. dieser enorme Rück- und Umbau macht die britische Kriegswirtschaft zu einem faszinierenden Modell für heute: der deutsche Verbrauch muss nämlich drastisch sinken, wenn das Klima gerettet werden soll.“

Frau Herrmann betont, dies sei kein Ökosozialismus. Stattdessen wäre es der Weg zu mehr Glück:

„Rationierung klingt unschön. Aber vielleicht wäre das Leben sogar angenehmer als heute denn Gerechtigkeit macht glücklich. Gesellschaften sind entspannter gesünder und toleranter, wenn der Abstand zwischen Arm und Reich gering ist.“

Da kann man schon hinterfragen, ob Ergebnisgleichheit wirklich Gerechtigkeit ist. Ich denke das nicht.

Und wie im Sozialismus, würde der Staat zum großen Arbeitgeber:

„Da grüne Energie knapp sein wird müssten manche Branchen deutlich schrumpfen oder wären gänzlich obsolet. Vor allem Luftfahrt, Banken, Versicherungen, Autofirmen, und Teile der Chemieindustrie hätten keine große Zukunft. Millionen Menschen wurden arbeitslos und müssten neue Stellen finden, etwa im Klimaschutz. Dieser ökologische Umbau wäre nur geordnet möglich, wenn der Staat steuert und alle Betroffenen absichert.“

Was ist das, wenn nicht Sozialismus?

Und wie wäre das zu finanzieren? Denn mit der Wirtschaft schrumpfen auch die Steuereinnahmen, wie Herrmann selbst schreibt. Und: Auch die Reichen sind sofort nicht mehr reich. Häuser/Wohnungen sind unverkäuflich – denn keiner kann und will kaufen, Unternehmen sind pleite. Ergo: kein Vermögen mehr. Die Behauptung, es sei kein Ökosozialismus, ist sehr gewagt:

„Die Regierung lenkt aber die Betriebe bleiben privat. Ein Ökosozialismus ist also nicht gemeint. Die Geschichte hat gezeigt, dass staatliche Planung nicht funktioniert, wenn sie zugleich fast das gesamte Eigentum abschafft.“

Und weiter:

„Die Betriebe bleiben privat aber der Staat legt fest was noch hergestellt wird und verteilt die knappen Güter.“

Aber, wenn alle Ressourcen zugeteilt werden und keine Finanzierung mehr möglich ist, weil Banken nicht mehr existieren oder aber wegen der politischen Unsicherheiten keine Kredite mehr vergeben, existiert keine private Initiative mehr. In der DDR waren auch viele Mietshäuser noch im Privateigentum, aber sie verfielen.

Völlig ausgeblendet werden die vielen anderen Probleme, vor denen wir stehen: Kosten der Alterung, Gesundheitsversorgung, Kosten der Zuwanderung, Verteidigung, … All das geht nicht weg, im Gegenteil: Es wird schwerer zu bewältigen, wenn der Kuchen drastisch kleiner wird.

Die Briten waren gegen einen Feind mobilisiert. Sie hatten den größten Teil der Welt auf ihrer Seite. Das ist beim Klima anders. Was ist, wenn die „Reichen“ – die Unternehmer – weggehen? Wie in der DDR: Andere Staaten werden sie mit offenen Armen empfangen, um selbst wohlhabender zu werden.

Ich hätte eine andere Schlussfolgerung erwartet: Alle Ressourcen voll auf neue Technologie setzen, mit dem Ziel, einen deutlich größeren Beitrag zur Einsparung von CO2 zu leisten, als nur die Reduktion der deutschen Emissionen.