Dank Helikoptern: „Japan hat sein Schuldenproblem gelöst“

Vorletzte Woche noch der erste Ruf von europäischen Abgeordneten nach Helikopter-Geld. Ob es funktionieren wird, ist offen.  Hier nun der Beweis, des Nutzens: „Japan hat sein Schuldenproblem gelöst“, vermeldet die FINANZ und WIRTSCHAFT! Abenomics mag zwar gescheitert sein, die Politik der Monetarisierung, wie von Adair Turner gefordert und vorhergesagt, ist ein voller Erfolg. Bis jetzt zumindest:

  • „(…) der spektakulärste Erfolg von Abenomics wurde bisher kaum wahrgenommen: Die brennende Lunte an Japans Schuldenbombe ist ausgetreten. Die enorm hohe Staatsverschuldung von 246 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) bedroht Nippon und die Weltwirtschaft nicht mehr. bto: super. Ich wusste doch, ich bin zu skeptisch! Die Krise ist vorbei, und weil die Japaner es uns so gut vormachen, sollten wir es genauso tun!
  • In nur drei Jahren hat die Bank of Japan (BoJ) nämlich 41 % aller Staatsanleihen aufgekauft. 2018 wird die BoJ deutlich über die Hälfte davon besitzen. bto: und damit faktisch annullieren.
  • Die Staatsschulden wandern von der privaten in die öffentliche Hand und werden dabei sterilisiert, erklärt der deutsche Ökonom Martin Schulz vom renommierten Fujitsu-Institut in Tokio.
  • Zwar muss der Staat Zinsen auf diese Anleihen zahlen. Aber am Jahresende überweist die Notenbank die Einnahmen zurück ans Finanzministerium. Die Kosten dieser Schulden sind also null.
  • „Später könnte die Regierung Wertpapiere mit unendlicher Laufzeit und Nullcoupon begeben. Die BoJ würde sie kaufen und auf ewig in ihrer Bilanz lassen. bto: Richtig, wie schon in „Die Billionen-Schuldenbombe vorhergesagt. Das ist schon fast wie bei Mephisto. 
  • „Nimmt man die sterilisierten Anleihen in BoJ-Besitz aus der Schuldenrechnung heraus, sinkt Japans Verschuldungsquote um 70 Punkte auf etwa 175 % des BIP. Weil die BoJ weiter Staatsanleihen für jährlich 80 Billionen Yen (734 Mrd. Franken) zukauft, sinkt diese Quote jedes Jahr um zusätzliche 15 Punkte. 2019 wäre Japan auf der Brutto-Schuldenquote von Frankreich angelangt. Zieht man noch das Staatsvermögen in Höhe von 83 % des BIP ab, wäre Japans Staat fast schuldenfrei. bto: absolut genial! Und vor allem gibt es niemanden, der etwas dabei verliert.
  • Den Preis für diese Strategie zahlen die älteren Japaner, die mehr als die Hälfte der privaten Vermögen halten. Sie haben ihr Geld überwiegend auf dem Sparbuch liegen. Dort wirft es wegen der extrem niedrigen Zinsen nichts mehr ab, sodass sie ihre Ersparnisse angreifen müssen, statt wie geplant mit den Zinsen ihre Rente aufzubessern. Immerhin könnte man diese Vermögenssteuer für sozial gerecht halten. bto: Solange es bei Null-Ertrag bleibt, ist ja alles gut oder?
  • Die Reaktion von Premierminister Abe ist paradox und doch konsequent: Er macht neue Schulden. (…) Das nennt man wohl Helikopter-Geld, meint Ökonom Schulz trocken.“ – bto: Was das bedeutet, zeigt eine Darstellung von Jeffries, die Zero Hedge gestern gebracht hat:
  • Jeffries dazu: „The important distinction of helicopter money compared to QE or conventional deficit financing is that it is a combination of extreme monetary easing and fiscal relaxation. Und weiter: „With real rates negative, the government can finance its outstanding debt without penalty. It could then write off some of the debt held by the BoJ by announcing that the excess reserves used to purchase the bonds would remain on the BoJ’s balance sheet forever while the reserves would pay no interest. Effectively, the liability (NPV) would be worth zero. This would give the government a clean slate to increase spending or cut taxes.
  • Die FuW bleibt da skeptischer: „Dennoch bleiben Japans Staatsfinanzen ein wackliges Kartenhaus. Steigende Zinsen brächten es schnell zum Einsturz. bto: Aber die BoJ kann doch alles tun, um das zu verhindern.
  • Ab dann muss die Notenbank aufpassen, dass Inflation und Zinsen nicht ausser Kontrolle geraten. Denn der Kauf von Auslands-Bonds schwächt den Yen und steigert die Importpreise. Die höhere Nachfrage nach Immobilien erhöht die Grundstückspreise. Diese Inflation würde jedoch nicht nur die Staatsschulden, sondern auch die hohen Ersparnisse der Alten entwerten und dabei womöglich einen sozialen Aufstand auslösen.

Fazit FuW: „Die BoJ braucht eine behutsame Hand, damit das Vertrauen in den Yen nicht verloren geht.

Ich finde es ungemein spannend. Kann es wirklich so einfach sein? Die Reaktion der Kapitalmärkte gestern scheint zu zeigen, dass es wirklich so gehen kann. Dann nichts wie los, auch in Europa.

Pro und Kontra dieser Lösung habe ich hier diskutiert: Monetarisierung: Rettung oder Desaster?

→ FINANZ und WIRTSCHAFT: „Japan hat sein Schuldenproblem gelöst“, 17. Juni 2016

→ Zero Hedge: „‚Something Big Indeed Came Bernanke’s Japan Visit Unveils Helicopter Money, Sparks Monster Rally, 11. Juli 2016

Kommentare (8) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Maria Zielske
    Maria Zielske sagte:

    “bto: absolut genial! Und vor allem gibt es niemanden, der etwas dabei verliert.”

    Wenn die BoJ mehr und mehr Geldschöpfung betreibt, dann entzieht sie in gleichem Maße den Geschäftsbanken Neukreditgeschäft. Der Bankensektor verliert somit.

    Oder?

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Dies wäre unter der Annahme richtig, dass die Banken selber Neugeschäft machen würden. Ich kann keine Knappheit erkennen. Ich denke die Verlierer sind jene, die Finanzfoderungen in Yen halten. Auf längere Sicht zumindest. LG DSt

      Antworten
  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Der hier aufgezeigte Mechanismus blendet m. A. n. einen (mit) entscheidenden Aspekt aus.

    Das Zusammenspiel von BoJ und des Fiskus zur Sterilisierung der Staatsschulden ist nach-vollziehbar und könnte wie dargestellt funktionieren.

    Was ist mit den Schulden, die der privatwirtschaftliche Sektor hat?

    Die gehören schließlich auch zu „Japans Schuldenbombe“ oder etwas nicht?

    Hier meine Überlegungen auf der Basis niedrige bzw. keine Zinsen für die Staatsschulden und höhere für private Schulden.

    Der Staat kreiert mit dem durch die BoJ bereit gestellten Geld Nachfrage – nicht nur theore-tisch, sondern auch praktisch – OHNE Limit und kann die teurer finanzierte Nachfrage des privaten Sektors aus dem Feld schlagen. Der Staatssektor wächst auf Kosten des privaten.

    Dadurch kommt es zur Fehlallokation von Ressourcen mit letztlich einer unter Potenzial ope-rierenden Wirtschaft.

    Die BoJ könnte mit QE etc. dafür sorgen, dass auch der private Sektor mit niedrigen Finan-zierungskosten operieren könnte.

    Ergebnis:

    Der Zins übt in der gesamten Wirtschaft keine Steuerungsfunktion aus.

    Daher vermutlich Assetinflation ohne Ende mit bekanntem Ausgang, wenn die Verkaufslawine einsetzt.

    Was ist falsch an diesen Gedanken?

    Bitte um Kommentare.

    Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Danke.

        Beim Timing liege ich regelmäßig daneben.

        Habe schon vor Jahren gesagt, dass es einen Aufstand in Griechenland geben wird.

        Hat ihn immer noch nicht gegeben, wird ihn vielleicht auch nie geben, wenn die Jungen auswandern. Im Altenheim gibt es keine Aufstände.

        Wie auch immer, die Realität ist unbeweglicher als die Theorie.

        Vor allem dann scheint das so zu sein, wenn um jeden Preis „gerettet“ wird.

    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      “Was ist mit den Schulden, die der privatwirtschaftliche Sektor hat?”

      Sie kennen mein ceterum censeo auf diese wichtige Frage.

      “Die BoJ könnte mit QE etc. dafür sorgen, dass auch der private Sektor mit niedrigen Finan-zierungskosten operieren könnte.”

      Weder die BoJ noch eine sonstige ZB könnte dies. Im Gegensatz zu staatlichen Krediten unterliegen private Kredite einem Ausfallrisiko. Und wann ist das Ausfallrisiko besonders hoch??? Eben, wenn’s schei… läuft.

      “Der Zins übt in der gesamten Wirtschaft keine Steuerungsfunktion aus.”

      Siehe Kommentar im anderen Thread: http://think-beyondtheobvious.com/stelter-in-den-medien/was-am-finanzmarkt-zu-systemversagen-fuehrt/#comment-18739. Auch VOR der FAZ steckt nicht immer ein kluger Kopf.

      Assetinflation ist insbesondere die Folge einer verfehlten Fiskalpolitik, die jüngst durch die Erbschaftsteuer-Farce zementiert wurde. Dieses lobbyistische Machwerk sowie der schwäbische Tanz um die schwarze Null befeuern die Assetinflation, die an sich aber eine logische Folge säkularer Phänomene ist. Zinserträge existieren als Gewinnbestandteil nur in wachsenden Ökonomien. In gesättigten Märkten läuft das quantitative Wachstum gegen null und somit auch das Zinsniveau. Somit tendieren aber auch die Abzinsungsfaktoren gegen null und die Assetpreise steigen auf breiter Front auch bei sinkenden Erträgen.

      Verweigert sich dann auch noch die Fiskalpolitik, dann wird die ökonomische Eiszeit durch einen politischen Feuersturm im selbstverschuldeten Chaos enden.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
  3. Stefan Bohle
    Stefan Bohle sagte:

    man mag von Abenomics halten, was man will. Sie sind im Gegensatz zur Eurorettungspolitik der EZB eindeutig und wiederholt vom japanischen Wähler legitimiert worden.

    Antworten
  4. OK
    OK sagte:

    Ich bleibe dabei – wenn Verbindlichkeiten faktisch keinen Wert mehr haben, kann auch eine Forderung gleicher Art nicht mehr werthaltig sein. Aber warten wir’s ab, “bald in Ihrer Nähe”.

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