China wird so oder so das Weltfinanzsystem erschüttern

Heute Morgen habe ich nochmals vertieft auf die chinesische Finanzsituation geblickt. Hier nun ein anderer Blickwinkel auf das Thema, wiederum aus der FT, die aufzeigt, dass die Lösung – so man davon sprechen kann – für das chinesische Schuldenproblem so oder so auf Weltfinanzsystem und -wirtschaft ausstrahlt:

  • “Since it started to open up its economy in 1978 the country has contributed considerably to global growth, though not always in benign ways. A mercantilist exchange rate policy whose goal was to maintain an undervalued currency helped create the global imbalances that lent impetus to the great financial crisis. That said, Beijing is given too little credit, especially in the US, for having launched the first big stimulus package to offset the maelstrom.” – bto: Ja, das ist beides richtig. Die Chinesen haben die Weltdepression damals verhindert.
  • “As well as pumping up public spending the government lent on the big four state-owned banks, which expanded their balance sheets from 98 per cent of gross domestic product in 2007 to 109 per cent by 2010. The equivalent numbers for the smaller state-owned banks operating mainly in the regions saw balance sheets grow from 82 per cent in 2008 to 103 per cent of GDP by 2010.” – bto: Sie haben halt Schuldenwirtschaft nach westlichem Vorbild betrieben.
  • “This (…) had the result that from late 2008 to early 2010 real domestic demand grew at close to 20 per cent in the midst of a colossal investment boom engineered by state-owned borrowers. While undertaken in China’s own interest it imparted an enormous stimulus to the world at large.” – bto: und uns damit eine Runde weitergebracht.
  • “Today there is growing concern among international investors that China’s debt-to-GDP ratio has topped 270 per cent, while the aggregate balance sheet of its undercapitalised banking system comes to 310 per cent of GDP or 387 per cent if the off-balance sheet activity in shadow banking is included.” – bto: in der Tat beeindruckende Summen.
  • “In fact, China’s global systemically important banks are bigger as a percentage of GDP than those of the US. And the OECD points out that the size of off-balance sheet activity is larger as a share of the economy than the securitisation that played such a big part in the 2007-8 crisis.” – bto: Ich denke aber, sie noch kleiner als die in der Eurozone.
  • “Yet worries about the damage a Chinese financial crisis might wreak on global financial stability can be overdone. The financial system remains largely closed with the debt owed mainly to the Chinese themselves. The government still has sufficient fiscal capacity to recapitalise the banks. The authorities have also been sure-footed in their pursuit of measures to reduce leverage in the financial system.” – bto: Also wären auch in dieser Hinsicht “gemanagte” Staaten besser als demokratische?
  • “The real financial stability threat to the outside world is indirect, stemming from the impact of a financial crisis on China’s economic growth rate. And we are already seeing an indirect impact from the deleveraging programme. An incipient Chinese credit crunch is contributing towards tightening of global liquidity just as the Federal Reserve is raising interest rates and shrinking its balance sheet.” – bto: Wir haben die säkulare Stagnation sofort wieder, wenn es zu einer Abschwächung in China kommt.
  • “For the world more generally there may be good news, too, in the recent weakening of Chinese economic data. The Communist Party leadership’s intense preoccupation with stability means that fiscal and monetary policy could revert to expansion.” – bto: genau, einfach wieder Gas geben. Also das Problem weiter anwachsen lassen …

ft.com (Anmeldung erforderlich): “China’s policy choices crucial for global financial stability”, 5. September 2018

Kommentare (13) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dr. Arda Sürel
    Dr. Arda Sürel sagte:

    Wenn der chinesische Staat über staatliche chinesische Banken staatliche chinesische Firmen mit Krediten versorgt, sind dies im Grunde keine Kredite sondern eher kreativ gebuchtes Eigenkapital. Deswegen waere im Falle einer Krisensituation auch die Möglichkeit gegeben, durch einen Debt-Asset-Swap zumindest die Krise für die staatlichen Firmen zu managen. Die Banken könnten, wenn nötig, rekapitalisiert werden (kein grösseres Problem da der, der rekapitalisiert und der, der rekapitalisiert wird, die rechte und linke Hosentasche der selben Hose sind) aber da die Glaeubiger (die Sparer) ohnehin nur begrenzte Alternativen für ihre Geldanlage bzw. Geldverwendung haben, waere auch solch eine Rekapitalisierung nur im Extremfall nötig.

    Ich bin nicht sicher, ob man die chinesische Verschuldung aufgrund der selben Perspektiven wie z.B. im Falle von Schwellenlaendern mit offeneren Kapitalmaerkten und Eigentumsstrukturen beobachten und bewerten kann.

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    • Bernd-Uwe Stucken
      Bernd-Uwe Stucken sagte:

      Die Debt-Equity-Swaps werden schon jetzt praktiziert. Das schönt die Bilanzen der SOE auf und die Banken könnnen NPLs ausbuchen und vielleicht sogar zum Nominalwert an eine Asset Managment Gesellschafft verschieben. Diese oder die Banken müssten letztlich aber kaptialisiert oder rekapitalisiert werden. Das kann China sicherlich heben. Nur solange die SOE so wirtschaften wie bislang, beginnnt dann das Spiel von vorne. Das Problem der fehlenden Produktivität der SOE kann durch ein derartiges ‚financial restructuring‘ nicht gelöst werden. Das Model der Debt-Equity-Swaps unter Einschaltung von AMCs hat im Übrigen nach der Asienkrise ganz gut funktioniert. Daher nimmt man auch den Optimismus, dass es auch dieses Mal helfen wird. Nur damals konnten die Problem in einer Phase originären Wachstums ohne große Verschuldungen quasi „ausgewachsenen“ werden. Jetzt aber wird auch in China das Wachstum nur noch durch Schulden befeuert, so dass sich fragt wie lange eine Problemlösung letztlich über die Notenpresse funktionieren kann.

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  2. Bernd-Uwe Stucken
    Bernd-Uwe Stucken sagte:

    The government still has sufficient fiscal capacity to recapitalise the banks.

    Das ist schon richtig; nur hinter dem Problem der Verschuldung steht das noch größerer Problem, dass die SOE (Staatsunternehmen), die einen Großteil der Bankkredite aufsaugen, im Schnitt nicht profitabel sind. Creative accounting verdeckt häufig das wahre Bild. Solange die politische Führung dieses systemische Problem nicht anpackt, wird auch eine Bankrekapitaliserung auf Dauer nicht helfen. Mehr Marktwirtschaft steht im Augenblick allerdings nicht auf der Agenda der kommunistischen Partei und so stehen uns aufregende Zeiten bevor.

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  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Das ist die EINZIGARTIGE Abhängigkeit der Welt, insbesondere auch Deutschlands, von der Größe der chinesischen Volkswirtschaft, deren immer noch relativen Unterentwicklung und ihren kontinuierlich hohen Wachstumsraten:

    Wenn China einen Konsolidierungskurs fahren würde, dann fehlte dort das Geld für die Güter, die wir exportieren – und wir merkten das sehr schmerzhaft auf der ganzen Line, nämlich Abbau der Beschäftigung gerade in den sehr gut verdienenden Exportbranchen, Rückgang der Steuereinnahmen und Belastungen der Sozialsysteme.

    Insofern ist es schon beruhigend, dass – in Verstärkung gegenseitig erwünschter Effekte – der chinesische Staat die Mittel hat, expansiv gegenzusteuern, und sie auch einsetzen würde, wenn es erforderlich wäre.

    Weniger beruhigend:

    Das Heft des Handelns liegt nicht bei uns, sondern in China und die chinesische Gesamtverschuldung würde damit weiter steigen.

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    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      “Das Heft des Handelns liegt nicht bei uns, sondern in China und die chinesische Gesamtverschuldung würde damit weiter steigen.“

      Das Heft des Handelns könnte auch bei uns liegen, wenn wir denn nur wollten. Es würde zwar sodann die deutsche Gesamtverschuldung weiter steigen, zeitgleich jedoch auch das deutsche Gesamtvermögen (Straßen, Flughäfen, Schulen, Energie, Internet…), sofern die Leistungsbilanz nicht umschlägt.

      LG Michael Stöcker

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      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        Natürlich müssen wir keinen fragen, wenn wir X oder Y tun.

        Nur:

        Dann sprengen wir den KONTEXT, in dem wir uns befinden.

        Das muss man erst einmal in Kauf nehmen wollen mit allen Konsequenzen, BEVOR man das Heft derart selbst in die Hand nimmt.

        Unabhängig vom jeweiligen X oder Y ist genau damit das Problem bezeichnet, dem sich alle Nationalpopulisten stellen müssten, wenn sie ehrlich wären.

    • troodon
      troodon sagte:

      “Weniger beruhigend:

      Das Heft des Handelns liegt nicht bei uns, sondern in China und die chinesische Gesamtverschuldung würde damit weiter steigen.”

      Noch weniger beruhigend finde ich, dass in D noch nicht einmal daran gearbeitet wird, diese Abhängigkeit (wenigstens etwas) zu reduzieren. Man hofft anscheinend das der Einschlag erst kommt, wenn man selbst nicht mehr regiert…

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      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        So ist es – leider.

        Ich halte die regierenden Top-Verantwortlichen nicht für dumm oder erkenntnisresistent, frage mich aber schon, ob sie glauben, dass es NIE einen Einschlag geben wird, wenn sie so agieren, wie sie agieren.

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