“Bremst die Überalterung das Wirtschaftswachstum?”

Die F.A.Z. greift ein wichtiges Thema auf: “Bremst die Überalterung das Wirtschaftswachstum?” In dem Beitrag setzt sich Philip Plickert mit der Studie der US-Ökonomen Daron Acemoglu und Pascual Restrepo aus. Kernaussage: Es gibt keine negative, sondern eine positive Korrelation zwischen mehr Alten und Wirtschaftswachstum. Die Ursache für den Befund sehen die Wissenschaftler in der Tatsache, dass alternde Gesellschaften entsprechend mehr in Automatisierung investieren was sie auch tun sollten, wie ich wiederholt hier betonte.

Plickert kritisiert wie auch ich das Japan in den Daten fehlt. Er zitiert dann eine weitere Studie, die nachweist, dass jene Bundesstaaten in den USA, in denen sich die Altersstruktur stark verschiebt, das Wachstum mehr gedämpft wird. Wobei ich da immer fragen würde, was zuerst kommt. Wandern doch gerade die Jungen ab, wenn die Wirtschaft nicht gedeiht.

Da der F.A.Z-Artikel nur für Abonnenten zugänglich ist, hier meine Zusammenfassung der Studie vom Februar. War also etwas früher dran, als die F.A.Z.:

Zwei Forscher des MIT sind der Frage nachgegangen, ob es wirklich stimmt, dass alternde Gesellschaften weniger wachsen. Antwort: nein. Im Gegenteil, es scheint sogar so sein, dass diese Gesellschaften durch vermehrte Automatisierung mehr Wachstum erzielen.

Das passt zu meiner bereits mehrfach geäußerten Position, auf Automatisierung zu setzen, wenn es darum geht, die demografischen Herausforderungen zu meistern: → „Zuwanderung ist die falsche Strategie“ und es dabei den Japanern gleichzutun.

Nun zu den Ergebnissen im Einzelnen:

  • “(…) we show that since the early 1990s or 2000s, the periods commonly viewed as the beginning of the adverse effects of aging in much of the advanced world, there is no negative association between aging and lower GDP per capita.” bto: Das kann natürlich auch daran liegen, dass es der Weltwirtschaft in diesem Zeitraum gutging und deshalb exportstarke Länder auf jeden Fall profitierten.
  • Das zeigt auch diese Abbildung:
Quelle: Daron Acemoglu/Pascual Restrepo, MIT
  • The post-1990 era coincides with the arrival of a range of labor-replacing technologies, most recently robotics and artificial intelligence, which provide a wide variety of options for firms to automate the production process. (…) countries undergoing more rapid demographic change are more likely to adopt robots (…) when capital is sufficiently abundant, a shortage of younger and middle- aged workers can trigger so much more adoption of new automation technologiesthat the negative effects of labor scarcity could be completely neutralized or even reversed.” bto: Das ist eine gute Nachricht. Treiben wir das weiter: Wer schafft mehr Wohlstand: derjenige, der automatisiert oder jener, der versucht, Unqualifizierte anzulernen?
  • “(…) countries experiencing more rapid aging are the ones that have been at the forefront of the adoption of one important type of automation technology: industrial robots.” bto: Ursache dafür unter anderem  es sind alle Industrieländer wie Japan und Deutschland. Mich würde interessieren, wie es da in Italien aussieht.
  • “(…) a strong correlation between the same measure of demographic change used in our analysis so far the change in the ratio of the population above 50 to those between 20 and 49, and the change in the number of robots (per million of labor hours) between the early 1990s and 2015.”

Quelle: Daron Acemoglu/Pascual Restrepo, MIT

(Korea ist ein Outlyer)

  • Damit nicht genug: “(…) we demonstrate that the scarcity of younger and middle- age labor can trigger sufficient adoption of robots (and other automation technologies) so as to actually increase aggregate output, despite the reduced labor input.” bto: Auch das ist eine positive Nachricht, die unterstreicht, wie richtig die japanische Strategie in diesem Zusammenhang ist.

Fazit: “This paper establishes that, contrary to a range of theories including recent ones on demographics- based secular stagnation, there is no negative relationship between between population aging and slower growth of GDP per capita. This is a major puzzle for several theories that have become very popular over the last several years.”

bto: Zwar genügt es nicht, um aus den Schulden herauszuwachsen, aber es ist eine potenziell gute Nachricht. Wir sollten die als Chance begreifen und nicht die Roboter als Bedrohung ansehen, wie die Politiker es tun.

→ F.A.Z.: “Bremst die Überalterung das Wirtschaftswachstum?”, 18. April 2017

→ Economics MIT: “Secular Stagnation? The Effect of Aging on Economic Growth in the Age of Automation”, 12. Januar 2017