Brechen die BBB-Bonds nach unten durch?

Schon mehrfach habe ich mich an dieser Stelle kritisch mit der gestiegenen US-Unternehmensverschuldung und den sich daraus ergebenden Risiken beschäftigt:

→ „GE steht symptomatisch für die Krise des Systems“

→ Unternehmensschulden: Problem oder nicht?

→ Ist die US-Unternehmensverschuldung doch kein Problem?

Heute nun eine Analyse, die nochmals aufzeigt, auf welch dünnem Eis wir uns befinden:

  • “Corporate bond investors (…) are typically handcuffed with legal and/or self-imposed limits based on credit quality. For instance, most bond funds and ETFs are classified and regulated accordingly by the SEC as investment grade (rated BBB- or higher) or as high yield (rated BB+ or lower). Most other institutions, including endowments and pension funds, are limited by bylaws and other self-imposed mandates. The large majority of corporate bond investors solely traffic in investment grade, (…).” – bto: Witwen- und Waisen-Papiere nannte man das mal.
  • “Often overlooked, the bifurcation of investor limits and objectives makes an analysis of the corporate bond market different than that of the equity markets. The differences can be especially interesting if a large number of securities traverse the well-defined BBB-/BB+ ‘Maginot’ line, a metaphor for expensive efforts offering a false line of security.” – bto: wobei es weniger eine Maginot-Linie ist als ein Staudamm, der, wenn er bricht, zu einer Sturzflut führt.
  • “The U.S. corporate bond market is approximately $6.4 trillion in size. Of that, over 80% is currently rated investment grade and 20% is junk-rated. (…) Since 2000,(…)  the corporate bond market has grown by 378%, greatly outstripping the 111% growth of GDP.  The bar chart below shows how the credit composition of the corporate bond market shifted markedly with the surge in debt outstanding.” – bto: kurzgefasst – mehr und schlechter.

Quelle: Real Investment Advice

  • “If only 25% of the BBB-rated bonds were downgraded to junk, the size of the junk sector would increase by $650 billion or by over 50%. – bto: Was zu diesen Fragen führt:Are there enough buyers of junk debt to absorb the bonds sold by investment-grade investors?If a recession causes BBB to BB downgrades, as is typical, will junk investors retain their current holdings, let alone buy the new debt that has entered their investment arena?Will retail investors that are holding the popular junk ETFs (HYG and JNK) and not expecting large losses from a fixed income investment, continue to hold these ETFs?

    Will forced selling from ETF’s, funds, and other investment grade holders result in a market that essentially temporarily shuts down similar to the sub-prime market in 2008?”

– bto: Die Antworten auf diese Fragen liegen auf der Hand und sind nicht erfreulich. Es wäre wie in einem Kino, in dem jemand laut “Feuer!” schreit. Die Panik könnte nur von der Fed aufgehalten werden. Dazu kommt der – auch von mir immer wieder gebrachte – Punkt, dass die Rating-Agenturen wie schon vor der Subprime-Krise nicht streng genug beurteilen. In Wirklichkeit ist schon viel mehr Junk, obwohl es nicht so eingeordnet ist:

Quelle: Real Investment Advice

  • “The graph shows the implied ratings of all BBB companies based solely on the amount of leverage employed on their respective balance sheets. (…) The graph shows that 50% of BBB companies, based solely on leverage, are at levels typically associated with lower rated companies. If 50% of BBB-rated bonds were to get downgraded, it would entail a shift of $1.30 trillion bonds to junk status. To put that into perspective, the entire junk market today is less than $1.25 trillion, and the subprime mortgage market that caused so many problems in 2008 peaked at $1.30 trillion.” bto: Die Subprime-Krise war ein Spaziergang dagegen.

→ realinvestmentadvice.comReal Investment Advice: “The Corporate Maginot Line”, 22. Mai 2019

Kommentare (9) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      Danke für den Link. Ich halte Blanchard für ziemlich gut. Wichtige Aussage:

      “When you are at zero, debt and money are the same thing,” he said.

      So ist es.

      “The day on which Japan has to pay a positive interest rate on bonds, it will have to pay a positive interest rate on the money, otherwise people will not hold it, or there will be hyperinflation,” he said.

      Da wäre ich etwas vorsichtiger. Höhere Inflationsraten halte auch ich für wahrscheinlich, aber der Transmissionsmechanismus zu einer Hyperinflation scheint mir eher unmöglich.

      Das Problem mit MMT ist meiner Ansicht nach, dass damit das System der Checks and Balances durchbrochen wird. Hätten wir in Euroland keine Schuldenbremse, dann würde ich mich dem Vorschlag von Claudia Sahm von der Fed anschließen: https://www.brookings.edu/research/direct-stimulus-payments-to-individuals/

      LG Michael Stöcker

      Antworten
  1. jobi
    jobi sagte:

    Die Ratingagenturen werden reagieren, falls sich die Ertragslage der hochverschuldeten Unternehmen verschlechtert und NACHDEM sich dies in den Zahlen ( Net debt / EBITDA ) gezeigt hat.

    Ich halte es deshalb für wahrscheinlich, dass der Aktienmarkt schon vorher reagieren wird.

    Gegen einen Absturz von Aktien- und Bondpreisen werden letztendlich nur massive Käufe der Notenbanken etwas ausrichten können.

    Dazu müssten allerdings zunächst die Regeln geändert werden, womit wohl niemand mehr Probleme hat, was allerdings Zeit kostet.

    Und so könnte Zeit der entscheidende Faktor dafür sein, ob das Vertrauen der Märkte in einer solchen Situation wieder hergestellt werden kann.

    Ausgang völlig ungewiss.

    Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      @jobi: Ihre Analyse klingt plausibel. Zeit war ja schon in der Schuldenkrise 2008 / 2009 ganz oft der entscheidende Faktor, gerade was die Notenbanken und die Staatshaushalte betraf.

      Antworten
  2. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Die Grafiken und Zahlen sind eindeutig.

    Meine Antworten auf die berechtigten Fragen:

    If a recession causes BBB to BB downgrades, as is typical, will junk investors retain their current holdings, let alone buy the new debt that has entered their investment arena?

    Vermutlich werden sie nicht ihre Positionen halten und auch keine neuen Engagements eingehen.

    >Will retail investors that are holding the popular junk ETFs (HYG and JNK) and not expecting large losses from a fixed income investment, continue to hold these ETFs?>>

    Vermutlich werden sie diese junk ETFs abstoßen.

    >Are there enough buyers of junk debt to absorb the bonds sold by investment-grade investors?>

    Ja, es werden genug Käufer da sein – die Banken, erst einmal.

    Grund:

    Sie sind in USA – und nur darum geht es hier – finanziell besser aufgestellt als sie es zur suprime-Krise waren.

    Außerdem können sie davon ausgehen, dass ihnen die Fed genug Bonds abkaufen wird, um das System zu stabilisieren.

    Das ist die ULTIMATIVE Lektion aus QE.

    Denn QE war nicht nur Senkung der langfristigen Zinsen an den Bondmärkten, sondern auch Bereitstellung von Liquidität für das Bankensystem.

    Wenn es um den Systemerhalt geht, dann erst recht.

    „Whatever it takes …“ kapiert jeder, es muss nicht einmal mehr ausgesprochen werden.

    Wenn sich zeigt, wie problemlos das in der Praxis klappt, werden vermutlich auch wieder private Anleger einsteigen.

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  3. Susanne Finke-Röpke
    Susanne Finke-Röpke sagte:

    Aus meiner Sicht gibt es drei Szenarien:

    1. Die Ratingagenturen stufen die BBB-Bonds dieses Mal frühzeitig herab und lösen damit eventuell erst eine Krise aus. Die Wahrscheinlichkeit sehe ich unter 10 %.

    2. Die Ratingagenturen halten an ihren Bewertungsmaßstäben fest, aber der Markt bekommt kalte Füße und die Renditen / Spreads zu AAA gehen trotz BBB hoch, weil die Notenbank nicht massiv eingreift. Die Wahrscheinlichkeit schätze ich auf ca. 20 %.

    3. Der Markt bekommt kalte Füße und die Notenbank greift ein, so dass die Renditen niedrig bleiben, aber die Notenbank schrittweise zum Hauptgläubiger wird. Die Wahrscheinlichkeit schätze ich auf rd. 70 % ein.

    Szenario 1 wäre normalerweise das Gesündeste, Szenario 2 wohl in der aktuellen Situation das marktwirtschaftlichste / beste und Szenario 3 für die Politik das einfachste, allerdings mit einem noch stärkeren Verstaatlichung der Wirtschaft als schon bisher und einer Abschaffung weiterer Risikoprämien. Leider ist 3 wohl das wahrscheinlichste.

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  4. Christian Hu
    Christian Hu sagte:

    Was mich einmal interessieren würde: welche Auswirkungen haben die strengeren Haftungsregeln für Ratingagenturen, die nach der Finanzkrise eingeführt wurden?

    Eventuell wurde das Agency-Problem (Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich sing) dadurch etwas entschärft und Papiere bekommen bei selber wirtschaftlicher Grundlage ein schlechteres Rating.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Christian Hu

      “Welche Auswirkungen haben die strengeren Haftungsregeln für Ratingagenturen, die nach der Finanzkrise eingeführt wurden?”

      Genau die gleichen Effekte wie der Sarbanes-Oxley-Act in den USA (2002), der dort die Haftungsregeln für Manager verschärft hatte: Keine.

      Antworten

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