Bevölkerungswachstum als wichtiger Treiber des Klimawandels

Heute Abend kein Thema – nehme ich an – ist die Bedeutung des Bevölkerungswachstums für den Klimawandel. In Deutschland wird die Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten ungeachtet der Zuwanderung deutlich zurückgehen und damit der CO2-Ausstoß sinken.

Dennoch lohnt es sich, einen Blick auf diese globale Entwicklung zu werfen, wie es die NZZ vor einiger Zeit gemacht hat. Die Highlights:

  • „Häufig geht es bei der Diskussion über die Reduktion des Ausstosses von CO2 jedoch vor allem um die globale Energie-, Verkehrs- und Agrarwende. Das Bevölkerungswachstum taucht dagegen weniger oft auf. Doch welche Rolle spielt es bei dem Thema?“ – bto: wobei vor allem auch die Frage aufkommt, welche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen wären?
  • „Das Wachstum der Bevölkerung sei ein entscheidender Parameter für den Klimawandel und den Planeten insgesamt, sagt Professor Mojib Latif vom Geomar Helmholtz Center for Ocean Research Kiel. Ohne die Zunahme der Weltbevölkerung könne man auch den Klimawandel nicht verstehen. Die globale Bevölkerung beträgt derzeit laut Schätzungen der Vereinten Nationen rund 7,7 Mrd. Menschen. Im Jahr 2050 sollen es laut Prognosen der Uno 9,7 Mrd. und im Jahr 2100 etwa 10,9 Mrd. sein.“ – bto: Über drei Milliarden Menschen mehr haben einen erheblichen Einfluss auf den CO2-Gehalt der Luft, aber auch sonst signifikante ökologische Nebenwirkungen. Das führt zu der Frage, was getan werden kann, um diesen Anstieg zu verhindern. Es wird nicht damit getan sein, dass wir in den Industrieländern (noch) weniger Kinder bekommen. Dazu sind wir mengenmäßig schon heute die Minderheit. Auch das Argument, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens in den Industrieländern mehr CO2 ausstößt und deshalb durch Verzicht auf Geburten mehr CO2-Einsparungen zu erzielen sind, zieht nicht, wird doch der Wegfall von Geburten immer mehr durch Migration kompensiert. Wir müssen also von hohen Geburtenraten in den Schwellenländern wegkommen, was übrigens, wie das Beispiel China zeigt, auch die Voraussetzung für steigenden Wohlstand ist.
  • „Allerdings (spielt) auch der CO2-Ausstoss pro Kopf eine wichtige Rolle (…). In Deutschland betrage dieser pro Jahr knapp 10 t, in Indien dagegen unter 2 t. Da es in Indien aber viel mehr Menschen gebe, sei das Land einer der grössten CO2-Verursacher der Welt. 2016 hatte Indien mit 6,2% nach China (28%) und den USA (16%) den dritthöchsten Anteil an den globalen CO2-Emissionen.“ – bto: weshalb auch das Wachstum des CO2-Ausstoßes aus diesen Regionen kommt und weiter zunehmen wird. Wir können das nicht kritisieren, wollen wir doch alle, dass es den Menschen weltweit besser geht.
  • „(Forscher) vom Potsdam-Institut für Klimaforschung (…) verwenden insgesamt fünf unterschiedliche sozioökonomische Entwicklungspfade, die in die Modelle eingehen. Für jeden dieser Pfade haben sie für jedes Land auf der Welt eine Projektion des Bevölkerungs- und des Wirtschaftswachstums. Daraus leitet sich schliesslich die mögliche künftige Nachfrage nach Energie, nach Nahrungsmitteln und so weiter ab. (Allerdings wird) nicht untersucht, wie man die Bevölkerungsentwicklung beeinflussen könnte, (denn das) sei (…) ethisch fragwürdig und kurzfristig auch wenig zielführend. (…) Die meisten CO2-Emissionen fänden auf absehbare Zeit weiterhin in den reichen Ländern statt, dagegen würden Regionen mit starkem Bevölkerungswachstum, zum Beispiel Afrika, derzeit wenig zu den gesamten Emissionen beitragen.“ – bto: Dann haben wir aber mehrere Probleme, die wir ausblenden. Wenn Nigeria bald so viele Einwohner hat wie die EU (!), werden wir einen enormen Migrationsdruck bekommen, der dann dazu führt, dass sprunghaft mehr Menschen in einer Region mit einem höheren CO2-Ausstoß pro Kopf leben. Dann ist es durchaus relevant, abgesehen von den ökonomischen und sozialen Folgen.
  • „Der Flächenverbrauch für die Landwirtschaft hänge natürlich auch von der Zahl der Menschen und deren Einkommen ab (…) Wenn man (…) den Flächenverbrauch in der Landwirtschaft reduzieren wolle, müsse man zuerst einmal bei der Tierhaltung ansetzen. Der Konsum von Fleisch- und Milchprodukten sei wiederum in den reichen Ländern am grössten. Daher sei man auch bei diesem Thema in den Ländern, die das stärkste Bevölkerungswachstum aufweisen, nicht an der richtigen Stelle.“ – bto: Auch das stimmt nur solange, wie wir die Wanderungsbewegungen ausblenden, was hier wohl aus ethischen Gründen gemacht wird.
  • „Zwar habe Deutschland nur einen Anteil von etwa 2% am globalen CO2-Ausstoss. Doch wenn man noch zehn andere Länder mit ähnlichem CO2-Ausstoss fände, was er für möglich hält, wäre man schon bei 20%. Das sei dann bereits deutlich mehr als der Ausstoss der USA.“ – bto: und entspricht dem Wachstum an CO2 in den kommenden zehn Jahren. Das genügt nicht, weshalb man ganz anders über das Thema nachdenken muss.

→ nzz.ch: “So bewerten Forscher den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Bevölkerungswachstum”, 23. August 2019