Bargeldverbot, das x-te

Das Thema „Bargeldverbot“ ist immer mehr in den Medien. Leser von bto konnten darüber schon vor langer Zeit lesen und kennen meine Meinung. Bargeldverbot ist die logische Fortsetzung der heutigen Politik, die immer tiefere Zinsen braucht, um den Schuldenturm vor dem Einsturz zu bewahren.

  • Auslöser war diesmal der Chefökonom der britischen Zentralbank Andrew Haldane, von der NZZ als „origineller Denker“ charakterisiert. In seiner jüngsten Rede spekulierte er über die Abschaffung des Bargelds, an dessen Stelle könne eine von der Zentralbank gestützte digitale Währung treten. – bto: Das lässt mich aufhorchen. Denn er schlägt damit Vollgeld vor und entspricht meiner Forderung vom Frühjahr: Wer Bargeld verbietet, muss Vollgeld fordern. Das wäre zumindest ein Fortschritt. Wir hätten elektronisches Geld, welches nicht dem Bail-in-Risiko bei der nächsten Bankenkrise ausgesetzt wäre (dafür aber erheblichen anderen Risiken, nämlich der Besteuerung durch Negativzinsen auf Knopfdruck).
  • Kein Wunder, dass sich gerade auch an diesem Aspekt Kritik äußert: Was passiert mit den Geschäftsbanken und der Geldschöpfung, wenn digitales Zentralbankgeld einem breiten Publikum zur Verfügung steht? – bto: Dass es den Banken nicht passt, wundert mich nicht, spricht aber nicht gegen die Idee! Es ist aber angesichts der Lobbykraft unwahrscheinlich, dass es dazu kommt (also, Bargeldverbot bzw. -einschränkung schon, aber keine Hinterlegung mit Zentralbankgeld für jeden).
  • „Ausgangspunkt der Überlegungen ist die sogenannte Nullzinsgrenze, die besagt, dass die Geldpolitik an ihre Grenzen stösst, wenn die Nominalzinsen gegen null laufen. Den Zentralbanken geht dann die Munition aus, um die Wirtschaft zu stimulieren. Negative Zinsen, ein Strafzoll für das Halten von Geld, sind in dieser Lesart nicht durchzusetzen, weil die Leute auf Bargeld ausweichen. Wenn jedoch zinsloses Bargeld abgeschafft würde, könnte dieses Problem laut Haldane überwunden werden.“, so die Zusammenfassung der NZZ. – bto: Und nur darum geht es. Die Notenbanken dienen bekanntlich den Staaten, NICHT den Bürgern.
  • Hintergrund ist die – völlig zutreffende – Analyse von Haldane, dass die Welt sich vor der dritten Phase einer lang gestreckten Krise befindet. Auf Schuldenkrise in Amerika und (anhaltende) Eurokrise kommt nun die Krise der Schwellenländer. – bto: Komisch ist nur: Wieso wir diese Krisen haben (zu viele Schulden) und welche Schuld die Zentralbanken daran haben (große) – diese Fragen stellt Haldane nicht.
  • Dieser Krise können die Notenbanken nicht mehr effektiv begegnen, weil die Zinsen ja schon bei null sind (worauf ich hier seit Jahren hinweise) und deshalb bedarf es anderer Instrumente.
  • Die FT, die sich in anderen Beiträgen durchaus positiv mit der Idee des Bargeldverbotes beschäftigt hat, ist diesmal recht deutlich: „Mr Haldane thinks banning cash and switching to digital money would be a ‚great technological leap forward‘ but his words have more than an unfortunate rhetorical echo of Maoist China. It is illiberal and prioritises a skewed view of theory over public acceptability.“
  • Besser wäre da aus Sicht der FT eine von der Notenbank finanzierte Steuersenkung, also Helikopter-Geld.
  • Haldane sieht bei dieser Idee die Gefahr, auf einen rutschigen Pfad zu gelangen, der das Vertrauen in Geld gefährden würde. – bto: Hierzu gab es letzte Woche eine gute Diskussion auf bto, bei der die Leser verschiedene Ansichten vorbrachten. Der Haupttenor war, dass wenn man es mit mehreren kleineren Ratenzahlungen macht, gut funktionieren könnte, ohne Vertrauensverlust. Ich selber denke, dass wir eine massive, rasche Inflationierung brauchen, um die Schulden zu entwerten (Alternative: Pleiten, Steuern oder Bereinigung über die Notenbankbilanz) und uns eine kleine einmalige Nachfragebelebung nicht wirklich hilft. Wie auch Negativzinsen das Leiden nur verlängern, die Weltwirtschaft aber nicht heilen.
  • Zudem folgert die FT, dass es letztlich nicht möglich sein wird, kriminelle Machenschaften auszuschließen, weil es genug Möglichkeiten gibt, auszuweichen.

bto: Das sehe ich genauso. Kriminelle finden den leichtesten Weg, das Verbot zu umgehen. Das Ziel ist klar: die verfehlte Politik noch eine Runde weiter zu bekommen.

Umso besser also, wenn man wenigstens die großen Scheine abschafft, meinen andere hochrangige Notenbanker. Hat Buiter ja schon angeregt, dem 5 Dollar Noten vollauf genügen würden. Zerohedge berichtet, dass mit Charles Goodhart ein weiterer ehemaliger Notenbanker in diese Richtung denkt, natürlich um Drogenhandel zu bekämpfen….und leichter negative Zinsen durchzusetzen.

→ FT (Anmeldung erforderlich): „In cash we trust — abolish it and you invite tyranny“, 23. September 2015

→ Zerohedge: Goodbye $100 Bill? Ex-Central Banker Demands All High-Denomination Banknotes Should Be Abolished, 25. September 2015