Atom ohne Müll und in Serien­fertigung wird den Markt revoluti­onieren

Die Welt setzt auf Atomstrom und die Chancen stehen nicht schlecht, dass eine neue Generation an Kraftwerken billiger und sicherer ist. Ein Trend, der durch den Krieg in der Ukraine weiter befördert wird, zeigt er doch die Notwendigkeit alternativer Energien auf. Und wir wissen, dass eine Energieversorgung, die nur auf Erneuerbaren Energien basiert, bisher nur Deutschland anstrebt.

Die Folge ist ein Start-up-Boom, der leider überwiegend nicht in Deutschland stattfindet, aber beispielsweise in der Schweiz: 

  • „Ein Genfer Startup entwickelt ein Kernkraftwerk, das vollkommen sicher ist. Doch nicht nur das. Es kann auch den Atommüll unschädlich machen.“ – bto: Das darf bekanntlich nicht sein, gilt doch bei uns der Grundsatz, dass Atomkraft auf keinen Fall eine Rolle spielen darf in Zukunft.
  • Das Konzept stammt von einem Team um Carlo Rubbia, dem Physik-Nobelpreisträger und ehemaligen Generaldirektor der weltberühmten Europäischen Organisation für Kernforschung. Rubbia hat einen Reaktor erdacht, bei dem es gar nicht erst zu einer Kernschmelze wie in Tschernobyl oder Fukushima kommen kann. Und der praktisch keinen hochradioaktiven Abfall produziert. Im Gegenteil: Er nutzt bestehenden Abfall als Brennstoff – und reduziert dessen Menge damit massiv.“ – bto: Spätestens jetzt muss es einen Aufschrei geben. Denn wenn wir ein Atomkraftwerk haben, was noch dazu den Abfall beseitigt, wie kann man das noch ablehnen?
  • „(Das) Genfer Atomenergie-Startups Transmutex (will) diesen Reaktor bauen. Technisches Kernstück ist der Einsatz eines sogenannten Teilchenbeschleunigers. Dieser beschiesst einen Kern und löst beim Brennstoff eine Spaltungsreaktion aus, durch die Energie produziert wird. Die Beschleuniger-Technologie ist längst erprobt und wird heute zum Beispiel in der Medizin eingesetzt, um Krebs und Metastasen im Körper genau zu lokalisieren. Entscheidend ist nun: Fällt der Beschleuniger des Kernkraftwerks aus – weil man ihn zum Beispiel abschaltet oder weil ein Erdbeben die Anlage erschüttert –, hört die Spaltreaktion auf. Innert Millisekunden. Ein Super-GAU ist unmöglich.“ – bto: Das  sei nicht glaubhaft und müsse erst bewiesen werden, würden unsere Politiker und Aktivisten sagen. Und es dauert zu lange, bis dahin haben wir schon alles mit Wind und Sonne versorgt …
  • „Der neue Reaktortyp würde aber nicht nur das Sicherheitsproblem der Kernenergie lösen, sondern auch die Sorge um den strahlenden Abfall. Dies auf zwei Arten. Zum einen verwendet der Reaktor nicht Uran als Brennstoff, sondern Thorium, das praktisch keine gefährlichen Rückstände hinterlässt. Zum anderen kann er nukleare Abfälle der bestehenden Kernreaktoren verbrennen. Damit bringt er die heutigen radioaktiven Abfälle zwar nicht völlig zum Verschwinden, reduziert ihre Menge aber massiv. Transmutation heisst dieser Umwandlungsvorgang, daher stammt auch der Firmenname Transmutex.“ – bto: Diese Überlegung finde ich faszinierend.
  • Wenn die Technologie so vielversprechend ist, warum existiert sie dann nicht schon heute? (Die) Antwort. ‘Mitte der 1990er Jahre fing alles vielversprechend an’. Eine Reihe von Experimenten zeigte: Das Konzept von Nobelpreisträger Rubbia ist umsetzbar. ‘Es herrscht Euphorie, und Geld fliesst. Doch bald tauchen Hürden auf. Eine ist erstaunlicherweise die Nuklearindustrie selbst. Sie zeigt wenig Interesse am völlig neuartigen Konzept. Regierungen und Energiekonzerne hatten in den 70er und 80er Jahren gigantische Summen in die Entwicklung der Atomtechnologie gesteckt (siehe Grafik). Auf Basis dieser Forschung bauen sie Hunderte Kernreaktoren. Warum sollen sie jetzt auf ein neues Pferd setzen? Um die strahlenden Abfälle machen sie sich wenig Sorgen. ‘Die Verantwortlichen dachten: Dafür haben wir eine Lösung. Wir vergraben den Müll einfach.’” – bto: Das zeigt, wie negativ sich Politik auf Fortschritt auswirken kann.
  • ‘Der Welt ist inzwischen bewusst geworden: Der Kampf gegen den Klimawandel kann nicht mehr aufgeschoben worden.Und für diesen Kampf brauchen wir Kraftwerke, die möglichst kein CO2 verursachen. (…) Wir (müssen) zwar mehr Solarpanels installieren und mehr Windräder aufstellen. Doch selbst die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien wisse: Weltweit können wir so bis 2050 höchstens zwei Drittel des verbrauchten Stroms produzieren. Erneuerbare Stromquellen schaffen die dringend notwendige Abkehr von der fossilen Energie nicht allein.“ – bto: So ist es vor allem wegen Speicherproblemen und der unsicheren Versorgung.
  • „Wie gross aber sind die Erfolgschancen? Forscher und Nuklearfirmen versuchen seit langem, Atomreaktoren zu bauen, die sicherer sind und das Problem mit dem strahlenden Abfall lösen. In den USA etwa tüftelte der Industrieriese General Electric jahrzehntelang an einem Reaktortyp, der mit einer anderen Technologie als jener von Transmutex Atomabfall verwerten kann. Zig Milliarden Dollar wurden in Prototypen investiert, dennoch erwies sich das Konzept als Misserfolg. Die Frage nach den Erfolgschancen stellt sich noch aus einem zweiten Grund. Je stärker die Regierungen die Forschung an der Atomenergie zurückfahren, desto mehr Private springen in die Bresche. Transmutex ist nur eines von Dutzenden Nuklear-Startups. Das von Bill Gates gegründete Unternehmen Terrapower etwa will im US-Gliedstaat Wyoming einen neuartigen Kernreaktor bauen, der ebenfalls Atommüll verbrennen kann.“ – bto: Es ist doch gut, wenn privates Geld daraufsetzt. Wer das Energie- und Klimaproblem der Welt löst, hat es verdient, reich zu werden.
  • ‘Wir wissen, wie es geht. Jetzt müssen wir die Maschine nur noch bauen.Die technischen Herausforderungen seien nicht grösser als bei anderen Innovationsprojekten, beispielsweise bei Elon Musks Raumfahrtprogramm Space X. Transmutex-Chef Servan-Schreiber gewinnt nicht nur Nuklearexperten für das Vorhaben, er kann auch Leute überzeugen, die eigentlich gegen Atomkraft sind. Im Verwaltungsrat etwa sitzt die Ökonomin Dorothée Baumann-Pauly, die an der Universität Genf das Center for Business and Human Rights leitet. Baumann, die aus Deutschland stammt, ging als Jugendliche mit ihren Eltern gegen die Atomenergie auf die Strasse, ‘weil verheerende Unfälle möglich sind und gefährliche Abfälle zurückbleiben. Die Technologie von Transmutex löse gleich beide Bedenken in Luft auf.“ – bto: Dies setzt natürlich die geistige Flexibilität voraus, auch die Meinung zu ändern, wenn sich die Fakten sich ändern.
  • „Das Startup will innert zehn Jahren ein Pilotkraftwerk bauen. Klar ist, dass es nicht in der Schweiz entstehen wird. Die Anlage soll eine Leistung von 100 Megawatt haben. Zum Vergleich: Das Kernkraftwerk Gösgen bringt es auf 1000 Megawatt. Doch die von Transmutex geplante Anlage braucht wenig Platz und lässt sich einfach erweitern. Für eine Leistung von 500 Megawatt braucht es einen Raum, der kaum grösser ist als das Büro von Transmutex. Bereits beschäftigt sich das Unternehmen damit, wie die kleinen Kernkraftwerke dereinst kostengünstig in Serie produziert werden könnten.“ – bto: Sicherlich wird es einen großen Markt dafür geben.
  • “Transmutex benötigt ungefähr 1,5 Milliarden Franken, um die Technologie zu entwickeln und seine Pilotanlage zu bauen. Für die Investoren wird das laut Servan-Schreiber ein lohnendes Geschäft. Denn der Abschied von der fossilen Energie ist nicht nur dringend nötig. Er bietet auch ein gigantisches Marktpotenzial. Heute gibt die Welt Jahr für Jahr 5000 Milliarden Dollar für Öl, Gas und Kohle aus.“ – bto: Wir müssen jedoch den Rohstoffländern alternative Einnahmequellen sichern.

magazin.nzz.ch: „Atom ohne Müll: Kommt jetzt die Stromrevolution?“, 4. Dezember 2021