An economic future that may never brighten

Das Thema der säkularen Stagnation beschäftigt uns und die Volkswirtschaftslehre schon einige Zeit. Bereits vor der Krise ist das Produktivitätswachstum zurückgegangen, ein Trend, der sich seither verstärkt hat. Zudem beginnt jetzt, die Demografie durchzuschlagen. Alles (schlechte) Gründe für den Rückgang des Wachstums. Martin Wolf greift das Thema in einem Beitrag in der FT erneut auf. Nie wieder Wachstum? Nun ja, alleine die Frage deutet darauf hin, dass es nicht so bleiben wird. Zunächst sieht es aber nicht so gut aus. Die Argumente:

  • Die mögliche Leistung einer Volkswirtschaft wird mit dem sogenannten “Output” gemessen. Ist die Nachfrage zu tief, also das Potenzial nicht ausgelastet, so ist dies eher deflationär, gibt es Übernachfrage, so ist es eher inflationär.
  • Heute scheint es so zu sein, dass die Endnachfrage so gering ist, dass sie nur durch massive weitere Verschuldung auf ein Niveau gebracht werden kann, wo die Nachfrage halbwegs das Angebot deckt und somit der “Output-Gap”, also die Unterauslastung möglichst gering ist.
  • In einem solchen Szenario besteht geringe Neigung zu Investitionen, weshalb die Ersparnisse keine Verwendung finden und die Zinsen entsprechend fallen.
  • Dieses billigere Geld kann zu einer Vermögenspreisinflation und unproduktiver Verschuldung führen, was dann wiederum einen Einbruch und eine erneute ‒ größere ‒ Krise verursacht.
  • Tatsächlich wächst der “potenzielle Output”, also die Kapazität, seit der Krise langsamer als davor. Ursachen dürften die geringere Auslastung der vorhandenen Anlagen und geringere Investitionen sein:
Output charts
  • Dieser Rückgang des Potenzials führt direkt zur Frage der Ersparnisüberhänge und der säkularen Stagnation. Bei der Analyse muss man jedoch unterscheiden zwischen lokalen und globalen Entwicklungen und temporären und dauerhaften Veränderungen.
  • Übersteigen in einer Volkswirtschaft die Ersparnisse die Investitionen, kommt es zu einem Kapitalexport ‒ und damit verbunden zu einem Außenhandelsüberschuss ‒ wie wir ihn in Deutschland “feiern”.
  • Dies führt aber dazu, dass der Rest der Welt sich entsprechend verschulden muss, um das weltweite Gleichgewicht zu erhalten. Andernfalls müsste der Wechselkurs des Landes mit den Überschüssen entsprechend ansteigen (wie in der Schweiz zu beobachten). Bis zur Krise haben die USA, England, Spanien und einige andere Länder entsprechende Defizite ausgewiesen, während China, die Ölexportnationen, Deutschland und einige andere Länder entsprechende Überschüsse erzielt haben. Wie wir gesehen haben, war dies kein stabiler Zustand.
  • Die Frage ist: Handelt es sich um vorübergehende Symptome oder ist es ein Zustand, auf den wir uns dauerhaft einrichten müssen? Larry Summers vertritt bekanntlich die These, dass die Krise nur bereits vor 2007 bestehende Tendenzen verschärft hat und wir demzufolge vor einer strukturellen Phase geringer Investitionen stehen.
  • Der IWF schließt sich in seinem neuesten Bericht dieser Sicht an. Demnach steht die Welt vor einer Phase des Überangebots mit geringen Investitionen, tiefen Nominal- und Realzinsen, Schuldenblasen und dauerhaft untragbaren Schuldenständen.

Wolf betont, es müsse nicht zwangsläufig so kommen. Allerdings bedarf es fundamentaler Reformen.

FT (Anmeldung erforderlich): An economic future that may never brighten, 14. April 2015

Kommentare (7) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Prestele
    Prestele sagte:

    Ich vermisse in der Diskussion den Hinweis von A. Hansen und L. Summers, nachdem die säkulare Stagnation wesentlich durch eine Veränderung der Einkommens- und Vermögensverteilung zugunsten der Besitzenden verursacht ist. Als Folge sind eine höhere Sparquote und eine durch die niedrigere Konsumquote verringerte Nachfrage und damit auch reduzierte Investitionen zu konstatieren.

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    • thewisemansfear
      thewisemansfear sagte:

      Das haben schon Acemoglu et. al in “Why nations fail” / Warum Nationen scheitern geschrieben. Mindestvoraussetzung für nachhaltiges Wachstum ist, dass alle dabei profitieren. Aber das Wort Verteilung will ja niemand so richtig in den Mund nehmen. Dabei schreit die Ungleichverteilung seit Jahr(zehnt)en zum Himmel!

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      • Daniel Stelter
        Daniel Stelter sagte:

        Die “Ungleichverteilung” ist jedoch nach Ländern sehr unterschiedlich. Ich denke nach wie vor, dass es in Deutschland nicht so ein Problem ist und die Verteilung in den letzten Jahren sogar wieder etwas gleicher geworden ist. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass “Armut” ein relativer Begriff ist. In Deutschland gilt als arm, wer in anderen Ländern (und damit meine ich nicht die ärmsten Regionen Afrikas!) nicht als arm gelten würde.

    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Dieser Aspekt ist auch wichtig. Wenngleich ich ja die Thesen von Piketty nicht voll teile und die Ursachen eher in der Verschuldung sehe, so ist es richtig, dass eine höhere Konzentration von Einkommen und Vermögen zu einer relativ höheren Sparquote und weniger Nachfrage führen.

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  2. Philipp H.
    Philipp H. sagte:

    Sehr interessante Frage: Was sind diese Bedürfnisse denn? Und sind diese wirklich ökonomisch oder viel eher sozial?
    Beispiel: ein Hartz-IV Haushalt mag durchaus genügend Konsummöglichkeiten haben, aber es herrscht trotzdem Frustration – weil man sich von sinnvoller Tätigkeit ausgeschlossen fühlt und das positive Feedback der Gesellschaft fühlt.
    Ein professioneller klassischer Musiker verdient deutlich weniger als den Hartz-IV Satz (sic!!), ist aber trotzdem mit sich und der Welt zufrieden – weil er sich selbst verwirklichen kann.

    Wenn unsere diversen sozialdemokratischen Parteien meinen, dass man Glück und Zufriedenheit allein mit Transferleistungen erreichen könne, dann irren sie sich fatal.

    Das “Wachstum um jeden Preis” führt einfach nicht weiter.

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    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Ich finde dies eine sehr richtige und wertvolle Beobachtung. Letztlich ist es aber so, dass unser schuldenbasiertes Wirtschaftssystem ‒ siehe Serie zur Eigentumsökonomik ‒ zwingend darauf angewiesen ist zu wachsen. Wie ein Kettenbrief. Je geringer das (nominale) Wachstum, desto größer der Druck für die Schuldner und desto mehr Pleiten.
      Was Innovation betrifft: Ich denke schon, dass es Fortschritt geben wird, der das Leben für alle Menschen besser macht. Denken wir nur an dezentrale Energie (sauberer?) und Gesundheit. Natürlich sind nicht alle Erfindungen gleichermaßen nützlich. Aber da sollten wir schon den Konsumenten überlassen, was sie wollen ‒ natürlich bei entsprechender Aufklärung.Vorschreiben würde ich ihnen nicht, was sie dürfen und was nicht. Ich denke auch hier hilft letztlich nur Bildung!

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  3. Dieter Krause
    Dieter Krause sagte:

    WAS ist eigentlich sinnvolles Wachstum? Sollte man nicht erst mal die Frage klären? In Europ hat jede Familie faktisch eine Wohnung, ein Auto, mindestens einen Fernseher, eine Waschmaschine, einen Computer, Smartphone, Kühlschrank etc. Ich sehe keine Produkte, die für das Leben einen adäquten Nutzen versprechen würden. Auf die Appel-Watsch (mit der 24h-Überwachung des Pulses etc.) kann ich verzichten. – Wachstum wird deshalb heute zu einem Fetisch hochgeblasen, weil ohne Wachstum die sozialen Sicherunsgsysteme in den westlichen Ländern auseinanderfliegen würden. Wie hoch sind denn allein die ungedeckten Pensionsverpflichtungen in Deutschland? Drei Billionen Euro? Sechs Billionen Euro? Im Kern hat die Welt genug für jedermanns Bedürfnisse – nur nicht für jedermanns Gier (Mahatma Gandhi)! Wir sollten also vielleicht erst mal unsere Bedürfnisse auf Sinnhaftigkeit und Beitrag zum guten Leben überprüfen oder?

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