Alles spricht für eine Blase bei chinesischen Immobilien

Der chinesische Immobiliensektor weist alle Merkmale einer typischen Blase auf, meinen die Analysten von Longview Economics. Chris Watling war vor einigen Monaten in meinem Podcast zu Gast. Grob gesagt lassen sich diese wie folgt zusammenfassen:

  • China hat den weltweit am höchsten bewerteten Wohnungsmarkt. Wie Rogoff und Yang in ihrem Papier vom August 2020 (‘Peak China Housing’) zeigten, wurde der chinesische Immobilienmarkt (damals im Jahr 2017) etwa doppelt so hoch bewertet wie der US-Immobilienmarkt. Seitdem sind die chinesischen Hauspreise um kumuliert ~15 % gestiegen, während die US-Preise um rund 26 % gestiegen sind. Daher bleibt die Botschaft dieses Verhältnisses/Ungleichgewichts im Großen und Ganzen unverändert. Obwohl die Bevölkerung Chinas ca. 4 x größer als in den USA, ist die entscheidende Größe das BIP. Denn aus dem Einkommen werden die Kaufpreise bzw. die erforderliche Verschuldung bedient.  Das nominale BIP der USA ist erheblich höher als das Chinas (ca. 21 Billionen US-Dollar USA gegenüber 14 bis 15 Billionen US-Dollar China).” bto: Das ist alles richtig. Man braucht Einkommen und deshalb können sich alle Assets nur bis zu einem bestimmten Maß von den Einkommen entfernen.

Abb.: Bewertung verschiedener Assets

Quelle: Longview Economics

  • Angesichts des überbewerteten Wohnungsmarktes dominiert China (einschließlich Hongkong) die Liste der teuersten Städte der Welt (Rangfolge nach dem Verhältnis von Hauspreisen zu Einkommen). 2010 wiesen die meisten chinesischen Tier-1-Städte Verhältnisse von ungefähr 12 bis 20 x auf. Heute liegen diese Verhältnisse jetzt zwischen 30 – 50 x*.” bto: Das sind beeindruckende Werte. Man beachte aber auch München …

Abb.: Wo sind Immobilien am teuersten?

Quelle: Longview Economics

  • Zudem ist der aktuelle Käufermix von Neubauten kein Zeichen für einen gesunden Immobilienmarkt. Im Jahr 2010, als der Markt noch relativ gesund war, wurden 80 % der neuen Eigenheime an Erstkäufer verkauft. Bis 2018 sank der Anteil der Erstkäufer auf knapp über 10 %. Infolgedessen wurde der Immobilienmarkt von Investoren/Spekulanten im Wohnungsbau dominiert. In China ist der private Immobilienmarkt ein relativ neues Phänomen (ab 1988/98**). Aus diesem Grund hat es nie einen großen, weit verbreiteten nationalen Crash der Immobilienpreise gegeben. Infolgedessen besteht die allgemeine Ansicht, dass Wohnen eine ‘sichere/vernünftige’ Investition ist. Anstatt Geld auf der Bank zu hinterlegen, kaufen chinesische Haushalte daher oft Häuser. Sie vermeiden es im Allgemeinen auch, sie zu vermieten, da ein Haus in China nach der Nutzung sinkt. Solange die Preise steigen, funktioniert das. Ohne diese Vermögenswerte zu verwenden oder ein Einkommen zu generieren, sind steigende Preise jedoch nur ein Ausdruck des ‘Glaubens an steigende Preise’! d. h. es ist ein Ponzi-Schema.“ – bto: Diese funktionieren bekanntlich nur so lange, wie mehr Geld zufließt als abfließt. Damit spricht schon allein die Demografie dafür, dass es zu einem Ende kommen muss.

Abb.: Wer kauft Immobilien?

 

Quelle: Longview Economics

  • “All dies erklärt, warum der Wohnungsleerstand hoch ist und viele Immobilien in China leer stehen. In einem Papier über chinesische Leerstandsquoten (September 2020: „Housing Vacancy Rates in Major Cities in Chinese: Perspectives from Night-time Light Data“),wurde anhand von nächtlichen Satellitenbildern geschätzt, dass die Leerstandsquoten in über 80 % der Städte über 20 % liegen. Das passt zu dem Konzept, dass ein Haus eher einem Spar-/Investmentvehikel ähnelt und nicht zu Konsumzwecken bewohnt/gekauft wird.” bto: Das ist wirklich ungewöhnlich, denn es basiert nur auf Wertsteigerung, nicht auf Mieteinnahmen.

Immobilien dominieren die chinesische Wirtschaft.

  • Das spiegelt nicht nur der 14-%-Anteil der Immobilieninvestitionen am BIP wider. Es gibt darüber hinaus erhebliche Ausstrahleffekte auf die Wirtschaft und das Finanzsystem.

Abb.: Immobiliensektor relativ zum BIP

Quelle: Longview Economics

  • “Der Anteil der städtischen Beschäftigung im Baugewerbe in China liegt bei rund 15 %. Dies ist vergleichbar mit den Anteilen in Irland und Spanien zum Höhepunkt ihres Immobilienbooms vor der Finanzkrise. Der Anteil der spanischen Arbeitnehmer im Baugewerbe erreichte im Juni 2007 mit 13,1 % der Gesamtbeschäftigung einen Höchststand (und liegt derzeit bei 7 %, nachdem er im Juni 2014 bei 5,4 % seinen Tiefpunkt erreicht hatte).” bto: und ist damit ein sehr eindeutiges Warnsignal.

Abb.: Anteil Beschäftigte im Bau

Quelle: Longview Economics

  • “Chinesische Haushalte haben in den letzten zehn Jahren erhebliche Schulden aufgenommen. Die Verschuldung der privaten Haushalte in China ist inzwischen ähnlich hoch wie in vielen anderen großen Volkswirtschaften. Neuesten Daten zufolge beträgt die Verschuldung der chinesischen Haushalte im Verhältnis zum BIP 62 %. Die Verschuldung der privaten Haushalte (im Verhältnis zur Größe der Wirtschaft) liegt jetzt über der von Deutschland, Brasilien und Südafrika (sowie Italien – nicht gezeigt) und nicht viel unter der der USA.” bto: Diese Verschuldung macht es so schwer, den Immobilienmarkt zu einer vernünftigen Bewertung zu führen.

Abb.: Privatverschuldung

Quelle: Longview Economics

  • “Spiegelbildlich ist Chinas Bankensystem seit der Finanzkrise schnell gewachsen. Die gesamten Aktiva des Geschäftsbankensystems belaufen sich nun auf das Dreifache des nominalen chinesischen BIP. Seit den Versuchen, die Wirtschaft ab 2014–16 zu entschulden, ist dieses Verhältnis einigermaßen stabil (obwohl es nicht nachhaltig gesunken ist).” bto: womit wir das Problem komplett haben. Die Banken hängen ebenfalls an den hohen Preisen.

Abb.: Bilanzsumme Bankensystem relativ zum BIP

Quelle: Longview Economics

“Über diese Faktoren hinaus, zeigen Rogoff et al. in ihrer Input-Output-Analyse des BIP, machen Immobilien 29 % der gesamten chinesischen Wirtschaft aus. Selbst eine moderate Korrektur der Hauspreise um 20 % würde zu einem Rückgang des realen BIP um 5–10 % führen (ohne Berücksichtigung einer möglichen Verstärkung durch eine Bankenkrise):

‘to estimate the sum effect of real estate on the economy, we consider not only the output of real estate sector alone, but also the output share of closely related industries. Using the input-output table, we find that a 20 % fall in real estate activity could lead to a 5–10 % fall in GDP, even without amplification from a banking crisis, or accounting for the importance of real estate as collateral.’ (Rogoff and Yang, NBER Working Paper No. 27697 August 2020)

Schließlich gibt es auch die kommunale Finanzierung, die eng mit der Immobilientätigkeit verflochten ist. Landverkäufe an Bauträger für den Wohnungs- und Gewerbebau finanzieren einen erheblichen Anteil der jährlichen Steuereinnahmen der Kommunalverwaltung (von Rogoff et al. auf ca. 35 % geschätzt). Ein starker Wohnungs-/Grundstücksmarkt ist daher für die anhaltende Zahlungsfähigkeit der lokalen Gebietskörperschaften unerlässlich.” bto: Alles hängt am Immobilienmarkt. Eine Situation, die nicht leicht zu bereinigen ist.

Wie/wann platzt die Immobilienblase?

“Viele haben das Platzen der chinesischen Immobilien-/Investitionsblase in den letzten 10 Jahren falsch prognostiziert. Im Kern widerspiegelt der Irrtum dieser Vorhersagen die übermäßige Liquidität in der chinesischen und der Weltwirtschaft seit der Finanzkrise als Ergebnis der aufeinanderfolgenden QE-Runden bei allen großen Zentralbanken der Welt.

Dies hat es der PBoC und den chinesischen politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, in wichtigen Momenten, in denen das chinesische Finanzsystem unter Druck stand, Liquidität bereitzustellen. In Zukunft könnte sich dies jedoch ändern. Insbesondere wächst der globale Inflationsdruck.

Wenn dies richtig ist, sollte dies irgendwann die Fed und andere Zentralbanken dazu veranlassen, ihre Straffung zu beschleunigen, um den wachsenden Inflationsdruck auszugleichen. In diesem Umfeld (der steigenden Inflation in einer Zeit der Straffung der Geldpolitik) dürften die Zentralbanken ihre Straffung langsamer/schneller vornehmen. Das würde dann über den Wechselkurs Druck auf die chinesischen politischen Entscheidungsträger ausüben (und damit ihre Fähigkeit zur Lockerung dämpfen). In diesem Fall ist das Platzen der chinesischen Immobilienblase am wahrscheinlichsten.” bto: Das unterstreicht nur, dass die Notenbanken gar nicht straffen können. Denn eine Krise in China trifft die ganze Welt hart.

“Obwohl es schwierig ist, den Zeitpunkt mit einem gewissen Grad an Präzision vorherzusagen, ist es nicht schwer, der Schlussfolgerung von Rogoff & Yang zuzustimmen, dass der Hintergrund der aktuellen chinesischen Immobilienblase dem vieler anderer Immobilienblasen ähnelt, die in den letzten Jahrzehnten weltweit aufgetreten sind:

‘Despite the repeated argument that China is different, we note that it shares striking similarities with other boom episodes in the run-up of housing prices, the scale of the construction sector, the debt accumulation etc. Indeed, given the severity of many economic indicators, China’s decades-long housing boom shows many signs of having hit a potentially precarious peak.(Rogoff and Yang, NBER Working Paper No. 27697 August 2020)”

bto: Vermutlich wird es den Chinesen nochmals gelingen, die Märkte zu stabilisieren. Das Risiko droht, wenn im Westen die Liquidität sinkt. Doch warum sollte sie?

Kommentare (12) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Ticinese
    Ticinese sagte:

    Bricht das Kartenhaus der kommunistischen Turbokapitalisten in Peking zusammen? Brauchen sie einen Krieg (um Taiwan), um von internen Schwierigkeiten abzulenken?
    Und die Amis und Europäer stehen mit ihrer Schuldenpolitik auch nicht besser da.
    Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 war ja auch nur ein Vorspiel für den grossen Krieg.
    Statt der globalen Klimaerwärmung kommt vielleicht demnächst der globale nukleare Winter.
    Wie meinte schon John Maynard Keynes: “In the long run we are all dead.”

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    • Dr. Lucie Fischer
      Dr. Lucie Fischer sagte:

      @Ticinese
      Die Drehbücher für den RESET sind längst geschrieben, nachzulesen in den Werken von Davos-Klaus und Kill-Bill, die nehmen kein Blatt vor den Mund.
      #Herbert Spencer # und #Darwin# prägten den Begriff ” survival of the fittest”, auch nachzulesen/ wiki/ , und für die Konsum-Massengesellschaft bedeutet dies heute:
      den Alptraum vor Augen deuten können, sich vorbereiten : sapere aude!
      Ein bisschen Genetik studieren, deren praktische Bedeutung kapieren.
      Die Quellen des Widerstandes sind offen, auch wenn sie zensiert werden, Kreativität ist wie immer gefragt , nicht stumpfsinniges Hoffen , Anpassung und Unterwerfung:
      https://www.youtube.com/watch?v=A8a6kHQN9BA

      Antworten
  2. Dr. Lucie Fischer
    Dr. Lucie Fischer sagte:

    BTO: “Sie vermeiden es im Allgemeinen auch, sie zu vermieten, da ein Haus in China nach der Nutzung sinkt.”
    Das verstehe ich nicht:
    Wohnungen und Häuser sind Konsumgüter mit ( hoffentlich ) langer Lebensdauer, normale Abnutzung wird doch durch den Mietzins aufgefangen: Renovierungen durch Rücklagen, oder irre ich mich da?
    Was also sind Gründe für NICHT Vermietung in China ?
    In Frankreich stehen ( auf dem Land ) unzählige ( ehemals stilvolle ) Häuser leer, Eigentümer vermieten nicht , da zahlungsunwillige Mieter / auch Mietnomaden/ gesetzlich höheren Schutz geniessen als Eigentümer- besonderen Schutz geniessen (Gross-) Familien mit Kindern. Nach deren Auszug bleiben dann Wohnungen zurück, die sanierungsbedürftigen Ruinen gleichen.

    Antworten
  3. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    >bto: … Man braucht Einkommen und deshalb können sich alle Assets nur bis zu einem bestimmten Maß von den Einkommen entfernen.>

    Natürlich braucht man Einkommen und NORMALERWEISE hängt durch sie LIMITIEREND die Assetproduktion ab (in China dominierend: der Bau von Wohnimmobilien), aber in einem BOOMENDEN Verschuldungszyklus ist dies NICHT der Fall.

    In einem solchen können sich die Assets sehr ERHEBLICH von den Einkommen entfernen und zwar dann, wenn die Finanzierung der Assetproduktion über eine KREDITGEWÄHRUNG erfolgt, die nicht mehr auf konventionell bewerteten Pfändern beruht UND wenn die Nachfrage nach Assets auf einer als langfristig gesichert wahrgenommenen EINKOMMENSENTWIKLUNG basiert.

    Es gibt für diesen Mechanismus der Assetproduktion natürlich eine Grenze.

    Sie wird m. A. n. durch die RENDITE gezogen.

    Wenn die erzielte RENDITE der Assetproduktion, die ja ein MARKTWIRTSCHAFTLICHES Projekt ist, nicht mehr die Finanzierungsverpflichtungen bedienen kann, ist die Grenze erreicht.

    Das ist hier am Blog immer wieder dargelegt worden und offensichtlich ist bei Evergrande und anderen Unternehmen, die Immobilien bauen, die Grenze erreicht worden.

    Antworten
    • Renée Menéndez
      Renée Menéndez sagte:

      Hallo Herr Tischer,

      sind Sie eigentlich der Meinung, daß für die Chinesen bzw. deren politische Führung das goldene Kalb auch die RENDITE ist? (Es geht hier nicht um den Außenhandel, wo Übervorteilung zum guten Ton gehört.) Oder könnte es nicht sein, daß Rendite nur ein Nebenaspekt (Mittel zum Zweck) ist? Einige aktuelle Dinge weisen darauf hin, daß der Renditeglaube in China gerade heftig was auf die Pfoten bekommt. Sogar Leute wie Jack Ma werden von ihrer Selbstüberschätzung geheilt.

      Für meine Begriffe gehört die ökonomische “West-Brille” in Bezug auf China dorthin, wo sie auch aus anderen Gründen sowieso hingehört: auf den Schrottplatz der Geschichte, über den man wenigstens den gnädigen Mantel des Schweigens ausbreiten kann…

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Renée Menéndez

        Schön, dass Sie sich auch dazu melden.

        1. Was RENDITE betrifft, glaube ich

        a) mit Bezug auf die politische Führung:

        Für sie ist sie nicht das „goldene Kalb“, weil sie ein Gebilde zusammenhalten will/muss, das sehr heterogen ist (Ethnien, Stadt/Land, Arm/Reich …).

        Sie toleriert aber das Prinzip nach möglichst hoher Rendite zu streben, soweit es den Wohlstand im Land mehrt und dabei den Zusammenhalt nicht unmittelbar gefährdet.

        Offensichtlich sieht sie mittlerweile, dass das Renditestreben in einem Bereich ist, in dem es zumindest punktuell destabilisierend wirkt.

        Daher ergreift sie Maßnahmen, dem entgegenzuwirken, d. h. das Renditestreben einzuengen.

        b) mit Bezug auf die Chinesen, also

        b1) die chinesischen Unternehmen:

        Ja, für sie ist es das goldene Kalb – bisher jedenfalls. Denn es hat den Eignern und dem Management Macht und Wohlstand ermöglicht.

        b2) die chinesische Bevölkerung:

        Sie hat durch das Renditestreben Wohlstand gewonnen, wenn auch in den Städten vermutlich mehr als auf dem Land.

        Ob sie die Wirkmechanismen verstanden hat und es daher will, ist so fraglich wie bei uns.

        Sie hat sich aber nicht dagegen gewehrt, wie etwa in den westlichen Gesellschaften und akzeptiert es wohl eher mit einer positiven Grundeinstellung – bislang.

        Zusammenfassend:

        Die Rendite bzw. das Renditestreben ist KEIN Nebenaspekt in China, wohl aber ein Mechanismus, von dem die politische Führung glaubt, darüber verfügen zu können.

        Sie kann das und demonstriert dies in einem Maß, das auch Leute Jack Ma zur Anpassung zwingt.

        Man kann dies alles sicher auch anders sehen.

        Dann hätte ich aber gern eine Erklärung, die nicht nur mit anderen Bedingungen in China, die es natürlich gib, sondern mit anderen Wirkmechanismen darlegt, wie China geworden ist, was es geworden ist in gerade mal round about 40 Jahren.

        2. Was die ökonomische „West Brille“ betrifft:

        a) was sie leistet

        Mit ihr sieht man Teilausschnitte des wirtschaftlichen Lebens nicht nur bei uns m. A. n. richtig (genauer: “empirisch adäquat”), d. h. es gibt keine bessere Erklärung als sie, um bestimmte, immer noch wesentliche Aspekte unseres und des globalen Wirtschaftens zu verstehen und – dieses Verständnis einordnend – gesellschaftliches Wollen zu bewerten und mitzugestalten.

        b) wo sie hingehört

        Diese Frage stellt sich nicht.

        Die Frage ist vielmehr, welche andere Brille man aufhaben muss, wenn sich die Realität, also wesentliche oder die überwiegenden Teile des wirtschaftlichen und damit gesellschaftlichen Lebens so ändern, dass sie mit dieser Brille nicht erfasst werden können.

        Das ist die spannende Frage für Ökonomen und Gesellschaftstheoretiker.

        c) „Schrottplatz der Geschichte“:

        Es gibt ihn nicht, also gehört auch nichts dahin.

        Was es gibt, ist eine sich ändernde Realität.

        Über die habe ich mich schon vielfach am Blog ausgelassen, so dass ich an dieser Stelle nur dazu sage:

        M. A. n. verliert das Renditestreben in den Volkswirtschaften, die auf hohem Produktivitätsniveau sehr großen Wohlstand geschaffen haben, an Relevanz.

        Erkennbar ist dies u. a. daran, dass die Bekämpfung des Klimawandels in solchen Gesellschaften eine derartig breite Dominanz gewonnen hat, dass Märkte – im klassischen Sinn verstanden – nicht mehr die Voraussetzung und damit zu erzielende Rendite nicht mehr per se die unternehmerische Zielsetzung für operatives Handeln sind, sondern sich zu Orientierungsgrößen wandeln, um bei der Verfolgung gesellschaftlicher Ziele nicht unterzugehen bzw. einen gesamtgesellschaftlichen Konsens zu bewahren, der für die Bekämpfung des Klimawandel unerlässlich ist.

        Das ist ein Prozess, der mit Zuckungen verläuft.

        Die Koalition, die demnächst die Regierung bildet, wird erkennbar Markierungen setzen, die diese Auffassung bestätigen.

    • jobi
      jobi sagte:

      >bto: … Man braucht Einkommen und deshalb können sich alle Assets nur bis zu einem bestimmten Maß von den Einkommen entfernen.>

      Eine, wenn nicht DIE Kernaussage zum Problem.

      Statt die Verschuldungsquoten in einem globalen Wettlauf bis zum bitteren Ende auszureizen könnte es an einem gewissen Punkt für einen der großen Player von strategischem Vorteil sein, das Problem aktiv anzugehen.

      Mit allen damit verbundenen Risiken.

      Antworten
  4. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    @ Peter

    >… sollten wir unser Geschäftsmodell rasant schnell umbauen… Ob wir dazu wohl in der Lage sind?>

    SELBSTVERSTÄNDLICH sind wir dazu in der Lage.

    Zurzeit wird in Koalitionssondierungen rasant daran gearbeitet.

    Die FRAGE ist lediglich, mit Blick auf WELCHE Ziele wir es WIE umbauen.

    Darüber hat sich G. Braunberger Gedanken gemacht, hier:

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ampelkoalition-muss-marktwirtschaftliche-reformen-starten-17575342.html

    Daraus:

    >Die Gefahr, dass eine möglicherweise mit großen Hoffnungen verbundene und von Aufbruchstimmung beflügelte Regierung die Zeichen der Zeit nicht erkennt, ist angesichts der wirtschaftspolitischen Überzeugungen wichtiger Akteure nicht von der Hand zu weisen.>

    G. BRAUNBERGER hat die Zeichen der Zeit NICHT erkannt.

    Sie besagen:

    Aus den ÜBERZEUGUNGEN derer, die aufbrechen eine neue Regierung zu bilden, ERGEBEN sich die Zeichen der Zeit.

    Das ist VERÄNDERUNG, wie sie z. B. Frau Baerbock VERSTEHT.

    Wenn wichtige Akteure wie sie z. B. die Kohlekraftwerke abschalten und die Landschaft mit Windrädern bespargeln und daraufhin irgendwann der Strom rationiert werden muss, IST das ein ZEICHEN der ZEIT.

    Diesen Aufbruchsakteuren gegenüber ist G. Braunberger einer dieser alten weißen Männer, die immer und ewig glauben, dass die Zeichen der Zeit besagen, WELCHE Politik betrieben werden sollte.

    Sie werden überholt, abgelöst und zur Seite geschoben – wie auch der letzte verbliebene Mohikaner Scholz es wird, der sich nur noch mit dem Taschenspielertrick „ich garantiere die Rente“ im Fotofinish als erster über die Ziellinie gerettet hat.

    He, Braunberger, Sie waren doch auch mal jung und kennen sicher die Klamotte des Nobelpreisträgers Dylan:

    The Times They Are a-Changin’ …

    Na also – einfach mal im Gedächtnis kramen, dann ERKENNEN Sie die Zeichen UNSERER Zeit ;)

    Antworten
  5. Peter
    Peter sagte:

    Danke für diesen Beitrag. Sicherlich sollten wir die aktuelle gesellschaftliche Transformation in China auch berücksichtigen.
    Die Partei stärkt die Mittelschicht. Dies führt dazu, dass die Exportpreise steigen werden. Für uns bedeutet dies höhere Inflation und für viele Händler geht ein einträgliches Geschäftsmodell kaputt. China hat uns nach der Finanzkrise “den Arsch gerettet”. Zum Dank haben wir deren Gesellschaftsmodell und deren Umgang mit für uns nicht akzeptablen gesellschaftlichen Entscheidungen stark kritisiert. China hat sich mittlerweile technologisch extrem nach vorne geschoben. Sie sind ein stolzes Volk. Nun lösen sie diese “Schecks” ein. Sie werden uns nicht mehr als nötig durch Importe hochwertiger Produkte stützen. Die chin. Exporte werden sich erheblich verteuern. Das wird nicht lustig für uns. Betrachten wir dies u. a. im Kontext mit den steigenden Energiekosten, der steigenden co2 Steuer, dann sollten wir unser Geschäftsmodell rasant schnell umbauen… Ob wir dazu wohl in der Lage sind?

    Antworten
    • foxxly
      foxxly sagte:

      @ peter
      china hat das spiel der westlichen kapitalisten und wirtschaftsexperten längst durchschaut.
      nun haben sie eine größe erreicht und beginnen mit dem westen ein für uns vernichtendes spiel zu spielen:

      die lieferengpässe und corona sind nicht ganz zufällig passiert (inwieweit china mit dem corona-vierus mit- verantwortlich ist, sei mal dahin gestellt)
      jedenfalls ist der westen durch die lieferengpässe gezwungen, eigene investitionen zu betreiben, damit eine gewisse grundversorgung sicherer geleistet werden kann.die golbalisierung wird einen schritt zurück gefahren werden müssen.
      das wird sehr teuer für den westen.

      wenn dann die produktion für die fehlenden produkte beginnen hoch zufahren, wird china ihre waren wirde verbilligen.
      was und wie wird dann der westen darauf reagierenß
      die betriebswirtschaftler werden die billigere waren wieder bevorzugen.
      der westen hat dann umsonst investiert um die versorgungslücken auszugleichen.
      dies schwächt den westen weiter.

      spätestens dannach, oder sogar noch früher kommt die nächste großkrise.
      spätestens dann, oder früher werden wir eine galoppierende inflation haben, die große vernichtung nachziehen wird,- in welcher form auch immer!

      im grunde hat der westen sich das eigene grab geschaufelt !!!!!!!!!!!!!!!
      1, durch das exponentiale krediditgeldsystem, welches ein unausweichliches ablaufdatum hat.
      2, durch das schlechte mangement krisen zu lenken und weniger schaden dadurch zu bekommen.
      3, durch den weltmachtanspruch des hegemon, der zunehmend mit dem rücken an der wand steht;- macht ihn sehr gefährlich für den weltfrieden.
      4, letztlich handeln die chinesen äußerst klug und sie werden nicht der schuldige sein, der die nächste krise zu verantworten hat.

      entweder die welt wird in wenigen jahren ein trümmerfeld sein, oder die menschen werden nach chinesischen vorbild in einer totalüberwachung und steuerung durch einschränkung mit dem punkteabzug uns total gefügig machen.

      Antworten
      • Peter
        Peter sagte:

        Besten Dank für die Kommentierung. Ich teile Ihre Einschätzung, in den grundsätzlichen Aussagen. Ich habe wirklich große Sorgen, was eventuell schon dieses Jahr auf uns zu kommt. Zusätzlich von den von Ihnen und mir skizzierten Problemfelder, ist für mich ein Klimawandel, allerdings mit einem anderen Vorzeichen (also ein “minus” und kein “plus”) eher wahrscheinlich. Das würde zu höchst Katastrophen Zuständen führen. Ergo hoffe ich, dass ich flasch liegen werde….

  6. weico
    weico sagte:

    “bto: Vermutlich wird es den Chinesen nochmals gelingen, die Märkte zu stabilisieren. Das Risiko droht, wenn im Westen die Liquidität sinkt. Doch warum sollte sie?”

    ..und wenn die Prognosen der “Experten” dann wieder nicht zutreffen, wird China einfach zu einem weiteren “Sonderfall” erklärt !

    “Ökonomie” ist ja bekanntlich die “Wissenschaft der Sonderfälle” …..wie man am beliebten Dauerthema INFLATION ja erkennen kann… :D:D

    Solche “Sonderfall”-Aussagen kennt man ja von der “Verschuldungskrise” Japan’s zu genüge .
    Die meisten “Ökonomen” (er)warten ja, schon seit vielen Jahren, auf hohe Inflation,Yen-Zerfall und Staatsbankrott in Japan …Ups

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