80 Prozent der Deutschen haben kein Problem mit Ungleichheit

Das ist doch mal eine Schlagzeile! Allen Unkenrufen zum Trotz sind die Deutschen nicht so betrübt wegen Ungleichheit und Klima, wie man beim täglichen Verfolgen der Nachrichten glauben könnte! Und wohl auch soll!

SPIEGEL ONLINE zeigt dieses Bild:

Ich lese dort: Nur 21 Prozent der Deutschen sehen in Einkommens- und Vermögensverteilung ein Problem. Ja, es sieht optisch ganz anders aus, aber so macht man das, wenn man einen anderen Eindruck erwecken will.

Dazu schreibt man dann:

“Wo sehen die Bundesbürger dringenden Handlungsbedarf in der Wirtschafts- und Sozialpolitik? Hier zeigt sich, dass es derzeit nicht das eine, alles überstrahlende Problem gibt. Dennoch wird einem Thema von signifikant mehr Menschen Priorität eingeräumt: der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen. 21,0 Prozent der Befragten sehen hier den größten Handlungsbedarf.” – bto: Ja, es sind dreimal so viele, wie jene, die sagen, dass Arbeitslosigkeit das Problem ist. Umgekehrt kann man sagen, dass nur 79 Prozent zufrieden sind verglichen mit 94 Prozent beim Thema Arbeit. 79 Prozent klingt aber nicht schlecht.

Und die Aussichten? Nun, die Deutschen beginnen zu ahnen, was da kommt: “Eine absolute Mehrheit von 53,3 Prozent glaubt, dass die Wirtschaftslage sich in den kommenden zwölf Monaten verschlechtern wird, weitere 38,7 Prozent rechnen mit keiner Veränderung. Nur 5,9 Prozent erwarten eine Verbesserung.”

→ spiegel.de: “Den Deutschen geht es gut – doch sie fürchten den Abstieg”, 15. Juli 2019

Kommentare (46) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Thomas M.
    Thomas M. sagte:

    Ich mag sowohl Fragestellung als auch Ergebnisableitung (auch) nicht sonderlich, aber der Unterschied ist schon statistisch signifikant bei der großen Fallzahlen und den ausgewiesenen Werten. (Das angegebene Streuungsmaß ist nur eine ungefähre Zahl, weil dieses auch noch vom gemessen Wert abhängt und man auch nicht weiß auf welches Konfidenzniveau sich das bezieht. Für einen Signifikanztest kann man das nicht direkt heranziehen.)

    Aber einige andere wichtige kritische Punkte hierzu… vielleicht schärft das noch den Blick bei anderen Statistiken.

    In all diesen Studien bzw. Einzelfragen sind die Statistik und sogar die Stichprobenziehung in der Regel sekundär, wenn man sich auf die Suche macht, weil man das Ergebnis nicht mag oder nicht glaubt. Die eigentliche Musik spielt in der Fragestellung.

    Im konkreten Falle gab es eine gestützte Liste, auf der bestimmte Dinge enthalten sind, andere wiederum nicht. Zudem sind sich manche Kategorien ähnlicher als andere. Dadurch ergeben sich bereits Antworttendenzen. Die “es gibt keinen Handlungsbedarf”-Kategorie fehlt zudem.

    Die Formulierung ist auch hochrelevant. Beispielsweise sind “Wohnkosten” und “Steuern und Abgabe” schön neutral. Bei der “Ungleichheit bei Einkommen…” wird hingegen emotional aktiviert durch einen Begriff, der emotional stark negativ besetzt ist (Ungleichheit). Bei “Vereinbarkeit von Wirtschaft und Umweltschutz” wird auch anders vorgegangen, indem hier eine Gegensätzlichkeit unterstellt wird. Das lenkt auch schon wieder.

    Nur mal so als Beispiel hierzu: Man hätte auch folgende Kategorie formulieren können: “Vereinbarkeit von Sozialabgaben und Gesundheitsversorgung”

    Ich bin mir sicher, das würde ein anderes Ergebnis geben.

    Und irgendwie fehlt auch z.B. die Integration als Thema, oder? Ach ja, “in einem anderen Bereich…”

    Um noch einen fies drauf zu setzen: Vielleicht sind auch 21% der Meinung, die Politik solle etwas tun, damit die Ungleichheit *steigt*. Steht schließlich nicht dabei, dass es um Senkung geht.

    Ich denke, man sieht meinen Punkt. Solche Publikationen haben mit echter sozialwissenschaftlicher Forschung wenig zu tun… Ich persönliche finde laxe Methode bei Themen wie Schnitzelkonsum und WM-Stimmung nicht weiter schlimm. Wenn’s politisch wird, dann schon. Leider gibt es in den Medien primär den Bedarf für einfache Umfrageergebnisse, die zudem zur Story passen.

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    • Dietmar Tischer
      Dietmar Tischer sagte:

      @ Thomas M.

      >Solche Publikationen haben mit echter sozialwissenschaftlicher Forschung wenig zu tun…>

      SOLLEN sie auch nicht – und DÜRFEN sie auch nicht.

      Ist doch klar, um was es hier geht:

      Im Kontext von simplifizierten gesellschaftlichen Kontroversen soll letztlich nur Polarisierung verstärkt werden, um anhand von vermeintlichen „Repräsentativ-Ergebnissen“ die eigene Stellungnahme zu provozieren – mit hoffentlich dem Effekt der Leserbindung.

      Und das funktioniert ganz hervorragend.

      Fundiertes Wissen und tragfähige Erkenntnis?

      Viel zu differenziert und zu kompliziert – daher einfach nur abwegig im öffentlichen Diskurs.

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    • ruby
      ruby sagte:

      Thomas M.,
      eine sehr interessante Analyse der Methoden empirischer Sozialforschung(wissenschaft). Bringt Freude und weist auf die Unabhängigkeiten als Ziel der Instrumente hin, denn nur diese bringen Erkenntnis sowie gerne auch Überraschungen. Und das ist doch der Zweck👌

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      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Bitte, bitte, auch wenn am Ende des Tages fundiertes Wissen und tragfähige Erkenntnis was für Nerds ist. Und auf die hat in der Schule auch schon keiner gehört :)

  2. Richard Ott
    Richard Ott sagte:

    Civey/SPON: “Dennoch wird einem Thema von signifikant mehr Menschen Priorität eingeräumt: der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen. 21,0 Prozent der Befragten sehen hier den größten Handlungsbedarf.”

    Wieso ist das “signifikant”? Ist das die speziell “kalibrierte” Civey-Definition von Signifikanz? Laut der eigenen Erklärgrafik ist der Stichprobenfehler 2,5 Prozentpunkte (nehmen wir den einfach mal als gegeben hin, die Angabe stammt ja offenbar von Civey, wie die darauf kommen und was sie genau damit meinen wäre dann schon wieder eine Frage für sich), daraus folgt:

    Antworthäufigkeit “Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen” in Prozentpunkten: 21,0 +/- 2,5
    Antworthäufigkeit “Vereinbarkeit von Wirtschaft und Umweltschutz” in Prozentpunkten: 16,3 +/- 2,5

    Die Antworthäufigkeiten liegen so nahe beieinander und die Fehlertoleranzen sind so groß dass der Unterschied zwischen beiden Antworten eben *NICHT* signifikant ist, zumindest nicht nach der Vorstellung von Signifikanz, auf der Civeys eigene Angabe des Stichprobenfehlers basiert. Wieso können die bei Civey ihre eigenen Statistiken nicht interpretieren?

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  3. Tobias W.
    Tobias W. sagte:

    Nun ja. Zwei Anmerkungen:

    Ungleichheit von Einkommen und Vermögen sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Die Frage nach diesen zwei Dingen zu vermischen, macht jede Antwort dazu bedeutungslos. Dazu kommt, dass Einkommen in Deutschland extrem gleichverteilt ist (nach massivem staatlichen Eingriff) und Vermögen in Deutschland extrem ungleich verteilt ist.

    Und in Sachen Rente und Altersvorsorge fehlt der Mehrheit in Deutschland offensichtlich der Blick auf die Zukunft. Wenn vor allem den jüngeren in Deutschland klar wäre was für ein Pyramidenschema die Rentenversicherung ist, sähen die Ergebnisse der Befragung anders aus.

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    • Helge
      Helge sagte:

      Eines habe ich noch nie verstanden, wie kann Vermögen extrem ungleich verteilt sein, wenn Einkommen extrem gleich verteilt ist?

      Antworten
      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        @Helge

        Versuchen Sie doch einfach mal die Frage zu beantworten, wie man am effizientesten Vermögen aufbaut (Spoiler: ganz sicher nicht mit angestellter Arbeit).

        Wer angestellt erwerbstätig ist, hat eingeschränkte Möglichkeiten des Vermögensaufbaus: hohe Lohnsteuern und hohe Sozialabgaben. Dazu hohe Lebenshaltungskosten. Und speziell für Deutschland: die Deutschen im Allgemeinen haben kein Verständnis für Geldanlagen – siehe auch geringe Beteiligung am Aktienmarkt. Sogar hier bei Stelter laufen Typen rum, die meinen Gold wäre eine lohnende und effiziente Anlage zum Vermögensaufbau.

        Vermögen, Vermögensverkehr (Erbschaft/Schenkung) und Kapitalerträge werden kaum besteuert. Sozialabgaben auf Vermögen, Vermögensverkehr und Kapitalerträge fallen gar nicht an. Hier gilt ganz klar der angelsächsische Spruch: the rich getting richer. In Deutschland haben von 2002 bis 2007 die reichsten zehn Prozent ihren Anteil am Gesamtvermögen der deutschen Haushalte ausbauen können, während der Anteil aller anderen stagnierte oder gar schrumpfte – das sagt natürlich nichts über die Wohlstandsentwicklung insgesamt aus, sondern nur die Verteilung des Wohlstands.

        Was ich nie verstehen werde: wie groß der Widerstand in Deutschland vor einer höheren Besteuerung von Vermögen, Vermögensverkehr und Kapitalerträgen ist, es aber im Verhältnis dazu keinen nennenswerten Widerstand gegen die hohe Steuer- und Abgabenlast auf Erwerbseinkommen gibt. Warum ein Single mit dem 1,3 fachen des Durchschnittseinkommen in Deutschland den Spitzensteuersatz zahlen muss (und Sozialabgaben dazu), während ein Erbe so gut wie gar nichts zahlt – das werde ich nie nachvollziehen können. Geht nicht in meinen Kopf.

      • Thierry
        Thierry sagte:

        @Tobias W.

        Keine Sorge, der Erbe zahlt schon auch, sobald er das Erbe angetreten hat. Handelt es sich um Privatvermögen, gelten ja dieselben Steuersätze wie für jeden anderen auch. Handelt es sich um gewerbliches Vermögen, gibt es mehr Gestaltungsspielraum, aber auch mehr Risiken und Widerwärtigkeiten. Er kann sogar unversehens zum Unternehmer werden, ohne dieser Rolle gewachsen zu sein. Dann möchte ich lieber nicht in seiner Haut stecken.

      • Helge
        Helge sagte:

        @Tobias W.
        Einkommen sind für mich alle Einkommen: Lohn, Kapitalerträge, Erbschaften usw. Wenn dieses extrem gleich verteilt wären, könnten nie extrem ungleich verteilte Vermögen entstehen. Das die Einkommen aus abhängiger und nicht-abhängiger Beschäftigung (zu) ungleich verteilt sind, besteht wohl Konsens. Das jetzt wiederum die Löhne extrem gleich verteilt sind, was sie wohl meinten, ist meiner Meinung nach in Anbetracht nachgewiesen zugenommener Lohnspreizung und des riesigen Niedriglohnsektors doch diskussionswürdig.

      • Helge
        Helge sagte:

        Nun ja, Institut der deutschen Wirtschaft, sollte man im Hinterkopf behalten. Im Endeffekt wid gesagt, daß die Primärverteilung (Markteinkommen) überdurchschnittlich ungleich, die sekundäre Umverteilung überdurchschnittlich hoch und die Endverteilung dann im europäischen Vergleich wieder durchschnittlich ist. Das Problem aus meiner Sicht ist, daß die oberen Lohngruppen sich aus der Finanzierung der sekundären Umverteilung überdurchschnittlich heraushalten können durch Beitragsbmessungsgrenze, Versorgungswerke, PKV oder als Beamte. V.a. die Mittelschicht ist also doppelte geschröpft: seit den 90ern real nicht ausreichend steigendes Markteinkommen und überdurchschnittliche Beteiligung an de Finanzierung der sekundären Umverteilung. Genau das ist, was alle dieser Gruppe zugehörigen subjektiv empfinden. Ist das ein extrem gleich verteiltes Einkommen?
        Auch gut: “Je höher die staatliche Absicherung in einem Land, desto höher in der Tendenz die Vermögensungleichheit.” Ist es nicht eher anders herum, je höher die Vermögensungleichheit, desto notwendiger ist eine höhere staatliche Absicherung, weil es ganz einfach Einkommensgruppen gibt, die ihr Leben von Geburt bis zum Tod nicht ohne staatliche Transfers finanzieren können.
        Ich habe immer noch nicht verstanden, wie es hohe Vermögensungleichheit bei hoher Einkommensgleichheit geben kann.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Helge
        “Nun ja, Institut der deutschen Wirtschaft, sollte man im Hinterkopf behalten”
        Na dann nehmen Sie für den Vorderkopf die Daten der Hans Böckler Stiftung.
        Auch dort Einkommens Gini Für D 0,29 …
        https://www.boeckler.de/118326_118340.htm

        “Ich habe immer noch nicht verstanden, wie es hohe Vermögensungleichheit bei hoher Einkommensgleichheit geben kann.”
        Das haben Sie sich doch selbst bereits beantwortet. Durch die massenhafte Umverteilung beim Einkommen.
        Beim Vermögen ist neben dem Thema Niedriglohn wieder auch das Thema des falschen Sparverhalten der D Haushalte wichtig.
        Oder meinen Sie, dass die wirklich Vermögenden das Vermögen durch Anlage auf dem Sparbuch oder LV erreicht haben ?
        Geringe Besteuerung der Vermögen in D ist ein weiterer, m.E. aber nicht der entscheidende Punkt.

      • Tobias W.
        Tobias W. sagte:

        Hey Helge,

        “Einkommen sind für mich alle Einkommen: Lohn, Kapitalerträge, Erbschaften usw. Wenn dieses extrem gleich verteilt wären, könnten nie extrem ungleich verteilte Vermögen entstehen.”

        Bei der Betrachtung der Einkommensverteilung spielen Kapitalerträge, Erbschaften und Schenkungen aber keine Rolle, sondern lediglich sozialversicherungspflichtige Einkommen. Wenn man in Deutschland von einer Gleichverteilung der Einkommen spricht, meint man damit nicht Erbschaften, Schenkungen, Kapitalerträge.

        Ich bin ganz bei Ihnen. Ich bin auch der Meinung, dass Erbschaften, Schenkungen und Kapitalerträge Einkommen sind – und dann folglich genauso wie Erwerbseinkommen behandelt werden müssen – zumindest steuerlich.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Tobias W
        “Bei der Betrachtung der Einkommensverteilung spielen Kapitalerträge, …aber keine Rolle,”
        Das haben Sie woher ? KapitalERTRÄGE zählen sehr wohl zum Einkommen und werden deshalb beim Gini Koeffizienten mit berücksichtigt.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        Kleine Ergänzung zu den Gründen der Vermögensungleichheit:

        Nicht das achte Weltwunder vergessen – den Zinseszins, oder besser, damit dies nicht auf die falsche Fährte der Sparbuch-Vermögensbildner führt, die Rendite auf der Rendite.

        Funktioniert leider bei Einkommen nicht, auch wenn die hoch sind : – )

      • troodon
        troodon sagte:

        @ D.T.
        Wie gut das der Effekt bei Negativzinsen anders wirkt ;)
        Nach 20 Jahren mit -5% Zins p.a. sind immer noch fast 36% vom Anfangskapital vorhanden.

      • Helge
        Helge sagte:

        @troodon
        “„Ich habe immer noch nicht verstanden, wie es hohe Vermögensungleichheit bei hoher Einkommensgleichheit geben kann.“
        Das haben Sie sich doch selbst bereits beantwortet. Durch die massenhafte Umverteilung beim Einkommen.”

        Durch massive Umverteilung der Einkommen steigt die Einkommensgleichheit und höhere Einkommensgleichhheit bedingt eine Erhöhung der Vermögensungleichheit?

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Helge
        ” höhere Einkommensgleichhheit bedingt eine Erhöhung der Vermögensungleichheit?”
        Das habe ich nicht geschrieben.
        Wenn Sie meinen Post durch Verkürzung falsch interpretieren WOLLEN, dann ist das eben so.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Helge
        Ich verstehe nicht, was an meinen Sätzen nicht zu verstehen ist…

        Sie schrieben:
        “Ich habe immer noch nicht verstanden, wie es hohe Vermögensungleichheit bei hoher Einkommensgleichheit geben kann.”

        Darauf habe ich bzgl. der relativ hohen Einkommensgleichheit in D geschrieben, dass diese aufgrund der massiven Umverteilung zu Stande kommt.

        Bzgl. der hohen Vermögensungleichheit in D habe ich geschrieben:

        “Beim Vermögen ist neben dem Thema Niedriglohn wieder auch das Thema des falschen Sparverhalten der D Haushalte wichtig.”

        Niedriglohn KANN ein Sparen unmöglich machen, falsches Sparverhalten führt zu geringen Renditen, die zu einem nur geringen Vermögen führen können.

        Zudem
        “Geringe Besteuerung der Vermögen in D ist ein weiterer, m.E. aber nicht der entscheidende Punkt.”

        Was ist daran nicht zu verstehen ?

        Ergänzt hat Herr Tischer noch richtigerweise den Zinseszins.

        Die TEILWEISE vorhandene Nicht-Bereitschaft zum Sparen, stattdessen die Bevorzugung des gegenwärtigen Konsums ist auch nicht unwichtig.

        Würde man an mehreren/allen genannten Stellschrauben der Vermögensungleichheit drehen, könnte man auch hier eine größere Gleichheit herstellen.

        Ohne die individuelle Bereitschaft der Bevölkerung auch eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu ändern geht es aber nicht.
        Man verlässt sich häufig eben lieber auf den Sozialstaat.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        >Wie gut das der Effekt bei Negativzinsen anders wirkt ;)
        Nach 20 Jahren mit -5% Zins p.a. sind immer noch fast 36% vom Anfangskapital vorhanden.>

        Ich wusste es:

        Wenn man Sie herausfordert, sind Sie unschlagbar.

        Aber ernsthaft:

        Negativzinsen sind im Gespräch, die ersten Sparkassen überlegen schon, die Bankguthaben von KLEINSPARERN zu belasten.

        Dass dies geschieht, ist folgerichtig und unvermeidlich, wenn die EZB die Banken mit steigenden „Strafzinsen“ für Einlagen bei ihr belastet. In der Lage, in der die Banken sind, haben sie praktisch keine andere Wahl.

        Mich interessiert Ihre Einschätzung:

        Werden die Kleinsparer sich in Aktienanlagen und dgl. schicken lassen, also einen Mentalitätswandel bezüglich ihres Sparverhaltens vollziehen

        oder

        werde sie ihre Bankeinlagen durch Bargeldauszahlung verringern mit der Folge, dass es so etwas einen schleichenden Bankrun geben könnte?

        Was meinen Sie dazu, alles andere c. p. gedacht?

      • troodon
        troodon sagte:

        @ D.T.
        Ich denke es wird beides schleichend geben, wenn nicht politisch eingegriffen wird.

        Langsames, teilweises Umschichten in Anlageformen, in denen Aktien einen höheren Anteil als bisher haben.
        Gleichzeitig wird man sich auch ETWAS mehr Bargeld beschaffen, einen Bankrun sehe ich aber nicht. Das Risiko, welches mit zu viel Bargeld zu Hause verbunden ist, dürfte mildernd wirken. Schließfächer sind fast überall belegt, da sehe ich auch kaum Potential für starke Bargeldhortung.

        Einen abrupten Mentalitätswandel bzgl. der Geldanlage/Sparverhalten sehe ich somit aktuell nicht.
        Die jüngere Generation wird aber anders, aktienorientierter sparen. Nur dies dauert Jahrzehnte bis man dies deutlich in den Zahlen der Vermögensstruktur sehen wird.

        Ein deutlicher kurzfristiger Wandel könnte sich aber ergeben, falls die Politik hier eingreift, durch steuerliche Anreize (Steuerfreiheit von Erträgen bei einer bestimmten Mindesthaltedauer ) , massive Informationskampagne über den Sinn einer anderen Vermögensanlage (den Banken alleine vertraut man nicht), Auflegung eines Staatsfonds und/oder führende Politiker äußern sich anders als bisher zum Thema Geldanlage und gehen nicht mehr mit schlechten Beispiel voran (Danach gefragt, wie er sein Geld anlege, sagte Scholz: “Damit beschäftige ich mich kaum, es liegt einfach auf dem Sparbuch – trotz der niedrigen Zinsen.”)

        Ein Staatsfonds wäre m.E. die sinnvollste Variante hier einzugreifen, ergänzt um eine Steuerfreiheit der Erträge bis zu einer bestimmten Einzahlungssumme. Die Kostenersparnis ggü. vergleichbar strukturierten Fonds , die über Banken u.a. “verkauft” werden, wären langfristig zudem enorm.

      • Helge
        Helge sagte:

        @troodon
        Dass Sie sagen, massive Umverteilung führt zu relativ hoher Einkommensgleichheit, habe ich verstanden. Was ich nicht verstehe, ist ihre Begründung dafür, daß in einem Land mit angeblich relativ hoher Einkommensgleichheit eine relativ hohe Vermögensungleichheit entstehen kann. Sie sagen ein Aspekt ist der Niedriglohnsektor, da dies ein Sparen unmöglich machen kann. Aber der Niedriglohnsektor ist doch der Inbegriff von Einkommensungleichheit. Den Anteil am Kuchen (BIP), den der Niedriglöhner nicht bekommt, kriegt halt ein anderer. Sie sagen, die Deutschen sparen falsch. Wie sieht die Vermögensverteilung in Ländern mit in Ihren Augen vorbildlichem Sparverhalten aus, z.B. in den USA, ist das ein vermögensgleicheres Land?
        Vermögen kann ja nur aus Einkommen entstehen. Wenn man zu hohe Vermögensunterschiede kritisiert, kann man nicht zu hohe Einkommensunterschiede leugnen. Das eine Verstärkung der Effekte durch die Zeit und damit Zinseszinsen von ganz alleine entstehen, ist unbestritten. Darum ist eine höhere Besteuerung von Vermögen meiner Meinung auch ein entscheidender Punkt.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ troodon

        Danke.

        Nachvollziehbar, so könnte es divergierend laufen.

        Es gibt m. A. n. noch eine nicht zu vernachlässigende Unbekannte im Geschehen:

        Die Medien.

        Wenn BILD z. B. schreiben würde „EZB plündert deutsche Sparer aus“, kann es möglicherweise anders aussehen, vor allem wenn der Herdentrieb einsetzt.

        Ist Spekulation, wir wissen es nicht.

        Ich bin allerdings sicher, dass in der deutschen Presse vermehrt Stimmung gegen die EZB gemacht wird, wenn sie die Negativzinsen anzieht und die Banken sie an die Kleinsparer weitergeben.

        Keine Guthabenzinsen zu erhalten, wenn die Inflation (Warenkorb) bei ca. 1,5 % liegt, ist noch verschmerzbar.

        Vom Guthaben abgezogen zu bekommen, ist schon eine andere Qualität, und zwar eine, die auf dem Kontoauszug ausgewiesen wird.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Helge
        “Darum ist eine höhere Besteuerung von Vermögen meiner Meinung auch ein entscheidender Punkt.”
        Selbst wenn Sie durch Besteuerung dafür sorgen würden, dass alle das gleiche Vermögen hätten, würde sich durch unterschiedliches Verhalten des Einzelnen über Jahrzehnte wieder eine deutliche Ungleichheit ergeben.

        Grundsätzlich dürfte zudem in allen Ländern (Ausnahme ?) die Vermögensungleichheit deutlich größer sein als die Einkommensungleichheit. Die höhere Vermögensungleichheit ist für mich über Zeit die natürliche Entwicklung.

        “Wie sieht die Vermögensverteilung in Ländern mit in Ihren Augen vorbildlichem Sparverhalten aus, z.B. in den USA, ist das ein vermögensgleicheres Land?”

        Nein, die USA sind nach dem Vermögens Gini noch ungleicher. Es gibt m.E. nicht DAS starres Konzept für eine gleichere Vermögensverteilung. Es ist eine des “Wollens” von allen Seiten.

        Deshalb hatte ich auch in Bezug auf D geschrieben: “Würde man an mehreren/allen genannten Stellschrauben der Vermögensungleichheit drehen, könnte man auch hier eine größere Gleichheit herstellen.” Oder meinetwegen “geringere Ungleichheit”.

        Fakt ist, dass das durchschnittliche Finanzvermögen pro Erwachsenen in den USA rd. das Dreifache des deutschen beträgt. Da wären wir wieder beim Thema lieber alle weniger haben und “gleicher” verteilt oder im Durchschnitt und auch im Median mehr und dafür ungleicher verteilt.

        Ich bleibe dabei, dass zunächst jeder bei sich selbst anfangen sollte zu “optimieren” anstatt sich auf große Würfe der Politik zu verlassen.
        Das ist aber ganz offensichtlich nicht die grundsätzliche Einstellung in D. Man verlässt sich eben gerne in D auf den Sozialstaat.

        Dies ändert nichts daran, dass ich bekanntermaßen eine überproportionale Erhöhung der Mindestlöhne auf Sicht der nächsten Jahre befürworte.

        Warum haben Sie eigentlich offensichtlich so ein Problem mit dem (weltweiten) Thema Vermögensungleichheit?

        Was nützt mir ein relativ geringer Abstand beim Einkommen- und Vermögens Gini wie in Ungarn (0,28 zu 0,45(Quelle IW aus dem o.a. Link)) wenn dort das kaufkraftbereinigte Medianeinkommen 706€ beträgt? Da bevorzuge ich lieber D mit (0,29 und 0,79) und einem kaufkraftbereinigten Medianeinkommen von rd € 1700.

      • Helge
        Helge sagte:

        @troodon
        “Warum haben Sie eigentlich offensichtlich so ein Problem mit dem (weltweiten) Thema Vermögensungleichheit?”

        Ich habe prinzipiell nichts gegen Einkommens- und Vermögensungleichheit, die ist sogar qualifikations- und leistungsabhängig notwendig. Ich denke aber, daß ZU HOHE Vermögensungleichheit gesellschaftliche Probleme erzeugt. Menschen haben oft ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und das, was hier oft als Neiddebatte bezeichnet wird, ist Ausdruck einer diffus mehr und mehr empfundenen Ungerechtigkeit. Dann werden Schuldige gesucht und von entsprechenden Parteien auch präsentiert.

        “Was nützt mir ein relativ geringer Abstand beim Einkommen- und Vermögens Gini wie in Ungarn (0,28 zu 0,45(Quelle IW aus dem o.a. Link)) wenn dort das kaufkraftbereinigte Medianeinkommen 706€ beträgt? Da bevorzuge ich lieber D mit (0,29 und 0,79) und einem kaufkraftbereinigten Medianeinkommen von rd € 1700.”

        Ich gehe davon aus, Sie liegen über dem Medianeinkommen. Aber denken die 50% unter dem Medianeinkommen auch so, das allgemeine Preisniveau richtet sich ja nicht in allen Belangen nach dem Medianeinkommen (Mieten!).

        “Fakt ist, dass das durchschnittliche Finanzvermögen pro Erwachsenen in den USA rd. das Dreifache des deutschen beträgt. Da wären wir wieder beim Thema lieber alle weniger haben und „gleicher“ verteilt oder im Durchschnitt und auch im Median mehr und dafür ungleicher verteilt.”

        Wie hoch ist die Gesamtverschuldung der USA im Vergleich zu Deutschland? Was will man nun, weniger Schulden oder höhere Vermögen? Beides gleichzeitig geht wohl nicht.
        Und ob höhere Vermögen aus den USA eine bessere Gesellschaft machen, ist sehr fraglich. Nur eine Anmerkung: ein nicht unerheblicher Teil der v.a. männlichen Bevölkerung muß weggesperrt werden und Vermögende müssen ihre Viertel abschotten, damit die Kriminalität zu beherrschen ist.

        “Selbst wenn Sie durch Besteuerung dafür sorgen würden, dass alle das gleiche Vermögen hätten, würde sich durch unterschiedliches Verhalten des Einzelnen über Jahrzehnte wieder eine deutliche Ungleichheit ergeben.”

        Da haben Sie sicher recht, aber ob das die gleiche diffuse Unzufriedenheit erzeugt ist die andere Frage, schließlich ist es eine freiwillige Entscheidung.

        “Dies ändert nichts daran, dass ich bekanntermaßen eine überproportionale Erhöhung der Mindestlöhne auf Sicht der nächsten Jahre befürworte.”

        Auch da haben Sie recht. Wenn man von seinem Lohn seinen menschenwürdigen (!) Lebensunterhalt, nicht bestreiten kann, stimmt etwas in der volkswirtschaftlichen Bilanz nicht, ergo die Ungleichheit ist zu hoch. Und als Maßstab kann nur der Lebensstandard im eigenen Land dienen und nicht: du hast Essen und sitzt im trockenen, also sei zufrieden. Wenn der Mindestlohn so angepaßt wird, daß jemand zur Finanzierung seinen Lebens nicht mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, sinkt auch die viel kritisierte Umverteilung!

        “Ich bleibe dabei, dass zunächst jeder bei sich selbst anfangen sollte zu „optimieren“ anstatt sich auf große Würfe der Politik zu verlassen.”

        Richtig, aber dafür braucht man auch die Chance. Die sozialen Aufstiegschancen in Deutschland sind im internationalen Vergleich nicht berauschend.

      • troodon
        troodon sagte:

        @ Helge
        ” daß ZU HOHE Vermögensungleichheit gesellschaftliche Probleme erzeugt. ”

        Da bin ich grundsätzlich bei Ihnen. Aber wo fängt “zu hoch” an und wer legt das fest ? Und für mich sind eben auch die Ursachen der Vermögensungleichheit relevant, um das zu beurteilen. Hat der Einzelne eine Möglichkeit an seiner Situation etwas zu ändern oder nicht ?

        “Und ob höhere Vermögen aus den USA eine bessere Gesellschaft machen, ist sehr fraglich. ”
        Absolut.

        Zu meinem Einkommen werde ich hier natürlich nichts Konkretes schreiben. Aber es ist deutlich niedriger als ich es gerne hätte und sie wahrscheinlich denken. Nicht jeder, der keine allzu große Probleme mit finanzieller Ungleichheit hat, ist automatisch ein “Gutverdiener”. In jüngeren Jahren habe ich mehr bekommen, als ich verdient habe ;) Heute ist es eher umgekehrt ;)

        ” Die sozialen Aufstiegschancen in Deutschland sind im internationalen Vergleich nicht berauschend.”
        Deshalb wäre es so wichtig das Bildungsdesaster aufzuhalten.

  4. Susanne Finke-Röpke
    Susanne Finke-Röpke sagte:

    Vielleicht hilft hier in der Diskussion mal ein kurzer Überblick, wer oder was Civey überhaupt ist:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Civey

    Gegründet von Herrn Richter, einem Ex-Mitarbeiter von Bundesfinanzminister a.D. Hans Eichel (SPD), im Beirat sitzt Bundesjustizministerin a.D. Frau Zypries (SPD). Noch Fragen zur Unparteilichkeit?

    Zur Kritik an den wissenschaftlichen Methoden möge jeder selbst nachforschen.

    Für mich ist das keine Forschung, sondern Meinungsmache. Sonst nichts.

    Antworten
  5. Bauer
    Bauer sagte:

    “Den Deutschen geht es gut – doch sie fürchten den Abstieg“

    Die Überschrift ist schon richtig und gibt die Wirklichkeit wieder. Um das zu wissen hätte es einer solchen Umfrage aber nicht bedurft. Daher >SCRAP.

    Antworten
  6. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Zur Methodik, mit der die Ergebnisse zustande kommen (Zitat aus SPON):

    >Das Meinungsforschungsinstitut Civey arbeitet mit einem mehrstufigen vollautomatisierten Verfahren. Alle repräsentativen Echtzeitumfragen werden in einem deutschlandweiten Netzwerk aus mehr als 20.000 Websites ausgespielt (“Riversampling”), es werden also nicht nur Nutzer von SPIEGEL ONLINE befragt.>

    Was ist mit der Oma, die nicht weiß, was Internet und Websites sind?

    Antwort:

    Die gehört nicht zu dem, was als repräsentativ gilt.

    Falsch, denn das ist analoges Denken.

    Vielmehr (weiteres Zitat):

    >Die Antwort jedes Teilnehmers wird so gewichtet, dass das Resultat einer Umfrage für die Grundgesamtheit repräsentativ ist. Bei der Sonntagsfrage und beim Regierungsmonitor umfasst diese Grundgesamtheit die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Die Gewichtung geschieht vollautomatisiert auf Basis der persönlichen Angaben bei der Registrierung sowie der Historie früherer Antworten eines Nutzers. Weitere Details zur Methodik stehen im Civey-Whitepaper.>

    Aus den Websites wird also als Grundgesamtheit die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ermittelt. Das soll möglich sein aufgrund persönlicher Angaben.

    Wie da die Oma berücksichtigt wird, wenn sie weder in den Websites noch bei SPON in Erscheinung tritt, ist mir schleierhaft. Bei zufällig ermittelten Telefonnummern und Anrufen ist sie jedenfalls dabei.

    Aber vielleicht muss sie auch gar nicht in Erscheinung treten.

    Denn ENTSCHEIDEND ist:

    VOLLAUTOMATISIERUNG.

    Merke:

    Wer vollautomatisiert verarbeitet werden kann, darf sicher sein, überhaupt dazugehören.

    Antworten
    • Susanne Finke-Röpke
      Susanne Finke-Röpke sagte:

      @Herrn Dietmar Tischer:

      Hier eine Auswahl der Kritik bekannter Wissenschaftler, zitiert nach wikipedia:

      Rainer Schnell, Professor für Empirische Sozialforschung an der Universität Duisburg-Essen, bezeichnet die Civey-Methodik als „willkürliche Stichprobe“. Die Selbstauswahl sei zudem so gravierend, dass man sie „nicht mehr wegkorrigiert“ bekomme. „Wir wissen seit spätestens 1975, Freiwillige sind in vielen Dimensionen anders als Nicht-Freiwillige“, so Schnell.[16]
      Jörg Blasius, Professor am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie in Bonn, fand bei Civey diverse mathematische und inhaltliche Fehler. Seiner Ansicht nach sei die Methode „längst nicht repräsentativ“.[17]
      Gerd Bosbach, Professor für Statistik an der Hochschule Koblenz, sagte bezogen auf Civey-Umfragen dem Deutschlandfunk: „Leute, die sich dort anmelden, machen einen großen Aufwand. Denen ist es halt wichtig, dass ihre Meinung Einfluss nimmt. Und das ist schon ein ganz kleiner Ausschnitt aus der Bevölkerung. Also insofern ist das schon mal von der Warte her nicht repräsentativ.“[18]

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Susanne Finke-Röpke

        Danke für die Hinweise.

        Bezeichnend unterm Strich:

        SPON macht daraus die große MARKETING-Nummer.

        DER SPIEGEL weiß, wie das Volk tickt.

        Das ist Volksverdummung der Gebildeten.

        Dieses Beispiel ist erst der Anfang.

        Ich bin ganz sicher, dass uns zukünftig über allen Käse dieser Welt mitgeteilt werden wird, was dazu REPRÄSENTATIV ist.

  7. troodon
    troodon sagte:

    “Ich lese dort: Nur 21 Prozent der Deutschen sehen in Einkommens- und Vermögensverteilung ein Problem.”
    Nein, für mich ist das falsch gelesen.
    Es geht bei der Frage um den “größten Handlungsbedarf”, nur eine Auswahl ist möglich, entsprechend ergibt die Summe der Antworten 100%.

    Antworten
    • DCSi
      DCSi sagte:

      @troodon
      Das sehe ich auch so. Mit 6,2 % + 21 % + 13.1 % + 13,4 % = 53,7 % > 50 % wünscht sich, stark vereinfacht ausgedrückt, die Mehrheit den Sozialismus.

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ DCSi

        Vorsicht.

        Meine Lesart ist:

        95 % der Befragten (100% – 1,8% – 3,2%) wünschen sich, dass der STAAT – es geht um Wirtschafts- und Sozialpolitik – einen größten Bedarf hat, in den genannten Bereichen zu handeln.

        3,2 % der Befragten sehen einen solchen Bedarf zu handeln, in anderen nicht genannten Bereichen.

        Die meisten von ihnen, nämlich 21%, sehen diesen größten Bedarf bei der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen.

        WIE der Staat handeln sollte, ist nicht zu ersehen.

        Dass sich die Mehrheit Sozialismus wünscht, ist nicht zu schließen.

        Außerdem sind es AKTUELLE Werte, morgen kann alles ganz anders sein.

        Der Punkt, der zu denken geben sollte:

        Der STAAT soll handeln, nicht das befragte Individuum.

        Ich würde gern einmal eine Umfrage sehen, in der z. B. gefragt wird:

        In welchen Bereichen, die Ihren heutigen und ihren zukünftigen Wohlstand betreffen, sehen SIE für SICH den größten Handlungsbedarf?

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        Korrektur:

        >Die meisten von ihnen, nämlich 21%, sehen diesen größten Bedarf bei der Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen.>

        Das ist falsch.

        @ Thomas M hat recht mit

        >(Nur) 21 Prozent der Deutschen sehen den größten Handlungsbedarf der Politik bei der Einkommens- und Vermögensverteilung.>

      • DCSi
        DCSi sagte:

        @DT
        Ja, so kann man das sehen.
        Meine starke Vereinfachung bezog sich darauf, dass ich zumindest „Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen“, „Wohnkosten“ sowie „Altersvorsorge und Rente“ damit assoziiere, dass hier der Wunsch in Richtung Umverteilung im Vordergrund steht, jedenfalls keine marktwirtschaftlichen Lösungen angestrebt werden. Andererseits kann ich mir gut vorstellen, dass „Steuern und Abgaben“ eher von den Systemeinzahlern gewählt wird, die auf der marktwirtschaftlichen Seite stehen. Wenn nun alle Alternativen nur genau einmal gewählt werden, ist die Umverteilerfraktion in der klaren Mehrheit. Der größte Handlungsbedarf zielt auf KEINE marktwirtschaftliche Lösung, Sozialismus halt. Das widerspricht sich auch nicht mit der Forderung an den STAAT, dass dieser handeln solle.
        M. E. ist das „WIE der Staat handeln solle“ (@DT) kaum anders vorstellbar als in Richtung „mehr Staat“, oder glaubt jemand ernsthaft, dass eine Forderung nach Handeln bei den „Wohnkosten“ nicht in Richtung Regulierung (Sozialismus) hinausläuft? Bei „Ungleichheit bei …“ kann ich mir ehrlich gesagt auch keine andere Forderung vorstellen, als dass Ungleichheit beseitigt werden soll, aber eben nicht im Sinne einer marktwirtschaftlichen Lösung.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ DCSi

        D’accord.

        Die Umfrage passt ins Gesamtbild:

        Die Menschen haben sich bereits aufgegeben.

        Die kommunikative Maschinerie (Umfragen, Talkshows etc.) verfestigt das nur noch.

      • DCSi
        DCSi sagte:

        @DT
        Ich glaube noch nicht einmal, dass die Menschen sich größtenteils aufgegeben haben, sondern dass die Mehrheit sich einfach nur erhofft, der Staat könnte mit nichtmarktwirtschaftlichen Regeln ihr Leben verbessern. Das ist als Forderung des Einzelnen erst einmal legitim. Es macht mir aber Angst, denn (1.) hört die Politik sehr stark auf „die Menschen“. Es wird in den letzten Jahren umfragebasiert entschieden, Schätzungen gehen von ca. 2 Umfragen die Woche aus, die alleine vom Kanzleramt initiiert werden. Die Politik meint, dass sie sich an die Spitze der Bewegung (welcher auch immer) stellen muss. Ob marktwirtschaftliche oder sozialistische Ideen, ist da vollkommen egal, da die Politik auch eher KURZFRISTIG denkt und meint, die langfristigen Folgen nicht ausbaden zu müssen. So kommen die schrägsten Gedanken zum Zuge. In der Tendenz führt das meiner Überzeugung nach (2.) aber als Folge schlussendlich zu einer Verminderung des Gesamtwohlstandes, wegen immer weniger Marktwirtschaft, was aber der Masse nicht stört (s. Hauptsache alle gleich arm [bto vom 19. Juli 2019 Typisch Deutsch – lieber alle ärmer als einige etwas reicher]).

        Den Leistungsträgern stört das, die wählen als hohe Priorität „Steuern und Abgaben“. Sie sind aber in der Minderheit, die Masse fordert Sozialismus, weil sie sich erhofft, besser gestellt zu werden oder alle gleich arm zu bekommen.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ DCSi

        >Ich glaube noch nicht einmal, dass die Menschen sich größtenteils aufgegeben haben, sondern dass die Mehrheit sich einfach nur erhofft, der Staat könnte mit nichtmarktwirtschaftlichen Regeln ihr Leben verbessern.>

        Dieses Erhoffen ist n. A. n. Aufgabe.

        Ich war jedenfalls IMMER in meinem erwachsenen Leben der Auffassung, dass ICH etwas tun müsse, wenn die Dinge nicht mehr wie gewünscht liefen. Dabei habe ich natürlich auch diesen oder jenen Vorteil genutzt, der aufgrund der Gesetzgebung etc. möglich war.

        Wenn andere sich an den Staat wenden und sich von ihm eine Lebensverbesserung erhoffen, ist das legitim.

        Ich verurteile die Menschen nicht, die diese Lösung ihrer Probleme suchen.

        Gemessen an den ANSPRÜCHEN, die heute Standard sind, fühlen sich sicher viel abgehängt oder sind nicht mehr in der Lage, sich sozusagen marktwirtschaftliche Lösungen zu verschaffen.

        Ich stimme dem zu, was Sie zu Politik sagen.

        Wenn man es zu Ende denkt:

        Es ist ein sich SELBST VERSTÄRKENDER Mechanismus, der in eine immer größere Abhängigkeit vom Staat führt.

        Dem steht gegenüber, dass aufgrund der Wohlstandsverluste der Staat immer weniger die Ansprüche erfüllen kann, die an ihn gestellt werden.

        Das führt m. A. n. zu gesellschaftlicher Destabilisierung.

        Wir haben schon die Indikatoren:

        Den etablierten Parteien wird mehrheitlich die Kompetenz abgesprochen, der Vertrauensverlust nimmt zu …

    • Skeptiker
      Skeptiker sagte:

      “nur eine Auswahl möglich” also völlig unsinnige Statistik.

      Herr Stelter, wie wäre es mit folgenden reißerischen Überschriften:
      * 87% der Deutschen haben keine Probleme mit den Wohnkosten
      * 87% der Deutschen haben keine Probleme mit höheren Steuern/Abgaben
      * 87% der Deutschen haben keine Probleme mit Altersvorsorge und Rente (dass Norbert Blüm “die Rendä is sischä” noch erleben darf!)

      Antworten
      • Thomas M.
        Thomas M. sagte:

        Zwei Anmerkungen, weil’s mir wichtig scheint…

        >”„nur eine Auswahl möglich“ also völlig unsinnige Statistik.”

        Es geht inhaltlich um den (einen) größten Handlungsbereich. Das kann man schon so fragen, sonst hätte man Anspruchsinflation und viele würden gleich die meisten Sachen wählen; gibt schließlich überall was zu tun – sonst wären die Kategorien auch nicht auf der Liste. Schöner wäre natürlich eine Skala gewesen… Aber diese Civey-Umfragen sollen / müssen ja fix gehen.

        Zur Rekrutierung: Repräsentativität ist eine Daten- und Ergebnisqualität, an die man in der Praxis mehr oder weniger nah herankommen kann, sie aber nie erreichen wird, es sei denn 100% nehmen teil. Repräsentativität wird jedoch leider als “repräsentativ: ja oder nein?” dichotom betrachtet (auch durch das Gesetz bedingt, Journalisten müssen das ausweisen).

        Mittlerweile werden viele Befragungen nur noch online durchgeführt. Die ordentlichen Institute bemühen sich zumindest die gröberen Stichprobenverzerrungen durch Quotierungen und Gewichtungen zu reduzieren. Aber wenn Sie keine Oma ohne Internet in der Stichprobe haben, fehlt deren Meinung halt komplett.

        Warum befragt man dann (nur) online? Nun: Viel, viel günstiger und schneller. Vor 20 Jahren gab es die große Diskussion, ob das überhaupt statthaft sei. Das hat dann der Markt recht zügig entschieden.

        Die zwei Hauptprobleme – bezogen auf die Menge der Bürger – in Deutschland für Umfragen sind übrigens: Die Älteren, die kognitiv nicht mehr fit sind und/oder nicht erreichbar sind (weder telefonisch, noch schriftlich, noch via Internet), und – das wird ganz wenig thematisiert – der große Block der schlecht oder gar nicht Deutsch Sprechenden/Lesenden. Die fehlen in der Regel auch komplett in Erhebungen und das sind nicht wenige und es werden sukzessive mehr. Ganz pi mal Daumen (ordentliche Schätzungen sind selten und schwer zu finden) liegt man hier bei 10-15% der in Deutschland lebenden Menschen (dazu zählen sowohl Deutsche als auch Migranten). (Dann gibt es noch Bevölkerungsteile, die grundsätzlich keine Auskunft geben wollen. Aber da kann man eh nichts machen.)

        Nun würde ich aber versöhnlich abschließend sagen: Besser ein zu 70% repräsentatives Ergebnisse als nur das Bauchgefühl, abgeleitet aus der veröffentlichen Meinung der Medien und dem eigenen Umfeld sowie den eigenen Wünschen.

    • Christian Hu
      Christian Hu sagte:

      ganz genau so ist es, da hat Hr. Stelter die Statistik wohl nicht korrekt gelesen.

      Ganz nebenbei sind diese Civey-Umfragen auch reines Infotainment und haben mit seriösen wissenschaftlichen Erhebungen nichts zu tun.
      Nur, weil viele Menschen abgestimmt haben, sind sie noch lange nicht repräsentativ

      Antworten
    • Thomas M.
      Thomas M. sagte:

      Ganz korrekt ist: “(Nur) 21 Prozent der Deutschen sehen den größten Handlungsbedarf der Politik bei der Einkommens- und Vermögensverteilung.”

      Es kann z.B. sein, dass man das als größtes Problem wahrnimmt, es aber nicht als Baustelle für die Politik deklariert, weil man der z.B. ohnehin keine Lösung zutraut.

      Das ist die Krux mit der Meinungsforschung. Die einfachen Zahlen springen einen an und klare Ergebnisse sind gewünscht, aber “hinter” den einfachen Zahl wird es kompliziert.

      Antworten

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