Inflation setzt wohl die Helikopter voraus

Dieser Kommentar erschien im März 2016 erstmals bei bto. Er unterstreicht, wie schwer es ist im heutigen Umfeld Inflation zu erzeugen. Wir werden es in Japan erleben oder auch nicht. 

Die Helikopter kommen garantiert. Doch was passiert dann? Schmerzfreie Problemlösung oder Hyperinflation aufgrund Vertrauensverlustes in das Geld? So richtig kann es niemand sagen, auch die Experten nicht. Die vermutlich am wenigsten. Die FINANZ und WIRTSCHAFT fasst die Thematik zusammen:

  • Den Begriff prägte Milton Friedman, der Vater des Monetarismus, im Jahr 1969. Er schlug vor, in schlechten Zeiten könnten Helikopter frisch gedruckte Geldscheine abwerfen, um den Konsum und die allzu tiefe Inflation anzufachen. Bereits in den Dreissigerjahren empfahl John Maynard Keynes angesichts der grossen Depression, in stillgelegten Kohleminen Geld zu vergraben, das dann von arbeitslosen Bergleuten ausgehoben würde.” – bto: Da ist es doch besser, Helikopter zu schicken, muss man nichts tun :-)
  • Im Jahr 2003 schlug der spätere US-Notenbankchef Ben Bernanke vor, Japans Regierung solle zur Bekämpfung der hartnäckigen Deflation die Ausgaben erhöhen oder die Steuern senken. Finanziert werden dürfe das aber nicht mit Staatsanleihen, sondern mit frischem Geld. (…) Eine mit Notenbankgeld finanzierte Steuersenkung sei im Wesentlichen dasselbe wie Friedmans Helikopter-Geld.” – bto: Und es wäre sehr populär. Komisch, dass das nicht von Gabriel gefordert wird.
  • Die Negativzinsen in Schweden, Dänemark, Euroland, der Schweiz und Japan dringen noch nicht bis zum Sparkonto vor, erst Vorsorgegelder werden belastet. Aus Sorge um ihre Pension sparen die Leute nun aber mehr statt weniger, was die Wirtschaft belastet statt ankurbelt.” – bto: Genau deshalb wird ja Helikopter-Geld diskutiert. 
  • Der laufende, von den Zentralbanken gross angelegte Aufkauf von Staatsanleihen und Hypothekenpapieren verteuert auch andere Vermögenswerte. Der Effekt dieser quantitativen Lockerung (Quantitative Easing, QE) ist zweifelhaft: Wer hat, dem wird gegeben. ” – bto: und wie. Dann kommen Piketty, Fratzscher und Co. und jammern.
  • Helikopter-Geld hingegen ist nicht elitär, sondern egalitär. Wohlhabende werden nicht bevorzugt, jeder Einwohner erhält den gleichen Zustupf. Die monetäre Expansion landet ohne Umweg bei den Privathaushalten.”
  • “Konsumnachfrage soll die Konjunktur anwerfen, und Inflation kann den Schuldenberg abtragen. Der ist sonst kaum zu bewältigen. Die Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff haben gezeigt: Die Gesamtschulden von Staat, Unternehmen und Haushalten in den ­Industrieländern sind mittlerweile so hoch, dass sie sich nicht mehr abbauen lassen durch eine Kombination aus Sparprogrammen, Aufschub und Wirtschaftswachstum. Die notwendige Austerität wäre viel zu harsch.” bto: Ja, so ist es. Aus einer Pleite kann man sich nicht heraussparen.
  • Für diesen schlägt Adair Turner zudem eine Variante des Helikopters vor. Das Prinzip ist einleuchtend: Die Regierung hat auf ihrer Bilanz Schulden. Die Notenbank hat in ihrer Bilanz ein Guthaben, da sie mit dem QE-Programm Staatsanleihen gekauft hat. Beide Bilanzen sind staatlich. Für die Schulden der Regierung muss der Steuerzahler geradestehen, und das Guthaben der Notenbank ist letztlich Volksvermögen. Schuld und Guthaben heben sich auf, können saldiert werden. Ein Federstrich genügt.”
  • “Aber es geht auch ohne Federstrich. Werden die Staatsanleihen in der Notenbankbilanz in zinslose ewige Anleihen verwandelt, bleiben sie dort liegen und geraten in Vergessenheit. Solches Helikopter-Geld nennt Turner ‚permanente Monetarisierung von Staatsschulden‘. Wem auch das zu alchemistisch ist, der lässt die Bilanzpositionen stehen. Endet die Laufzeit einer Staatsanleihe, zahlt die Regierung das Geld der Notenbank zurück. Dann emittiert sie eine neue Anleihe und verkauft sie wiederum der Notenbank. Deren Bilanz bleibt ewig hoch und dient als Endlager, ohne grosses Aufsehen. Das wäre dann ein Helikopter mit Tarnkappe.” bto:Genau, 5000-jährige Anleihen mit Negativzins, das wäre doch was!
  • Ein solcher Helikoptereinsatz dürfe nur einmal stattfinden. Er verhelfe zu einem Neustart, einer zweiten Chance, um eine riesige Schuldenkrise zu vermeiden.” – bto: Und selbst dann ist das Vertrauen in Geld gefährdet!
  • Helikopter-Geld ist also eine Wette, dass die Politik eine einmalige Gelegenheit nutzt und mit einschneidenden Strukturreformen das künftige Wirtschaftswachstum steigert. Lässt aber der Druck der Schulden nach, schwindet erfahrungsgemäss der Reformwille. Einmal ist schliesslich keinmal, und schon ist die Abhängigkeit von wiederkehrenden Helikoptereinsätzen da.” – bto: In Mesopotamien gab es anfangs alle 30 Jahre einen totalen Reset, später alle drei Jahre …

Der Wetteinsatz ist hoch, Turner selbst warnt vor Hyperinflation wie in der Weimarer Republik oder in Simbabwe. Nichtsdestotrotz ist damit zu rechnen, dass etwa Japan seine rekordhohen Staatsschulden bei der Notenbank im Endlager deponiert.” – bto: ja. Japan wird es vormachen. SPANNEND!

FINANZ und WIRTSCHAFT: “Helikoptergeld für Inflation”, 16. März 2016