“Wird die EU weiter bröckeln?”

Die NZZ stellt die entscheidende Frage: Wird die EU weiter bröckeln? Ich denke ja, und konnte das auch in meinem Gespräch mit dem zuständigen Redakteur verdeutlichen. Die Highlights der Bestandsaufnahme der NZZ:

  • In den Kursen und Preisen an den Finanzmärkten spiegele sich nicht nur der Brexit, sondern auch das sinkende Vertrauen der Anleger in die Macht der Zentralbanken.” bto: Das sehe ich genauso.
  • “Europa sei in einer Dauer-Rezession gefangen – und je länger diese dauere, desto unattraktiver werde es, Teil der EU zu sein, sagt der Ökonom und Autor Daniel Stelter. Aus seiner Sicht ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Lage politisch nicht mehr tragfähig ist und die EU und die Euro-Zone weiter bröckeln.”
  • “Die Europäische Zentralbank (EZB) liefere mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik den Patienten, also den europäischen Staaten, zwar Drogen und Schmerzmittel frei Haus. Doch die eigentlichen Probleme würden dadurch nicht gelöst.
  • Vielen europäischen Regierungen gelinge es nicht mehr, die Wohlstandsversprechen an ihre Bürger einzuhalten. Dies biete Populisten Möglichkeiten, Politikversagen anzuprangern. Es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis in einem Land der Euro-Zone eine Partei an die Macht komme, die den Bürgern verspreche, mittels eines Austritts aus der EU und dem Euro alle Probleme zu lösen.”
  • An den Finanzmärkten gilt hier Italien als möglicher Kandidat. Im Herbst kommt es dort zu einer Abstimmung über die neue Verfassung. Sie könnte über die politische Zukunft von Ministerpräsident Matteo Renzi entscheiden. Die Abstimmung werde von der Opposition zu einem Referendum über den Euro und die EU hochstilisiert, sagt Stelter.”
  • Einerseits seien strukturelle Reformen in vielen europäischen Ländern dringend nötig, und der Brexit-Entscheid mache etwas Hoffnung, dass es hier nun vorwärtsgehen könnte. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in vielen EU-Ländern sei die Gefahr aber gross, dass populistische Parteien weiter Aufwind bekämen.”
  • Die grösste Gefahr an den Finanzmärkten (ist das) Gegenparteien-Risiko. Bei allen Transaktionen an den Finanzmärkten gibt es eine Gegenpartei – meistens eine Bank. Fällt diese aus, benötigt der Anleger viel Geduld, um seine Investments einzufordern.”
  • Anlageberater empfehlen “Sparern ausserdem, einen gewissen Teil des Geldes aus dem Bankensystem zu schaffen und in Bargeld oder physischem Gold zu halten. Dabei sei es auch wichtig, auf den richtigen Lagerungsort zu achten. Linke rät hier zu Schliessfächern bei Anbietern, die nicht dem Finanzsystem angehören”.
  • Die Flucht in reale Werte werde sich fortsetzen. Dazu gehörten auch gute Aktien. Allerdings dürften die Kursschwankungen sehr stark bleiben.”

NZZ: “Wird die EU weiter bröckeln?”, 7. Juli 2016