Wie umgehen mit der Welt­schulden­krise?

Bei Focus erschien ein Artikel – später online bei Finanzen 100 – der sich mit den Schulden und dem besten Umgang mit den Schulden beschäftigt. Ich werde in dem Zusammenhang auch zitiert:

  • “Deutschland ist nicht das einzige Land, das Kredite in nie gekannter Höhe aufnimmt. Weltweit haben Regierungen Milliardenprogramme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für Bürger und Firmen abzufedern. Sie alle suchen Investoren, die dies finanzieren. Auf mehr als acht Billionen Euro taxiert der Internationale Währungsfonds (IWF) die bisherigen Hilfen. Insgesamt dürfte der globale staatliche Schuldenberg in diesem Jahr auf fantastische 66 Billionen Dollar (61 Billionen Euro) wachsen.” – bto: Im Hintergrund rattern die Notenpressen.
  • “Auch die Unternehmen sind verschuldet wie nie. Laut Analyse der OECD haben Firmen weltweit (ohne Finanzsektor) über Anleihen 12,5 Billionen Euro aufgenommen. Rund 25 Prozent davon werden Unternehmen vermutlich nicht zurückzahlen können, warnte die OECD bereits im Februar.” – bto: angereizt durch das billige Geld der Notenbanken …
  • “Daniel Stelter verfolgt die öffentliche Schuldenpolitik seit Jahren mit einer Mischung aus Entsetzen und Fatalismus. Der Ökonom arbeitete 23 Jahre lang für die Boston Consulting Group, bevor er sich als Strategieberater selbstständig machte. Heute beschreibt er in seinem Buch ‘Coronomics’ die ökonomischen Folgen der Pandemie. Das Virus, sagt Stelter, traf Volkswirtschaften, die schon vor Beginn der Pandemie ähnlich abhängig von Schulden waren wie ein Alkoholiker vom Schnaps: ‘Ob nach der Asienkrise, der Russlandkrise 1998/1999 oder nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001, immer reagierten die Notenbanken, indem sie das Geld billiger machten.’ Unvermeidlicher Nebeneffekt: Die Geldflut animierte Anleger, sich immer höher und komplizierter untereinander zu verschulden, sagt Stelter. Die heutigen Kapitalmärkte sind ein schwer durchschaubares Geflecht aus giftigen Abhängigkeiten, in dem diejenigen den größten Profit machen, die mit minimalen eigenen Mitteln und hohem Fremdkapital die größten Summen bewegen.” – bto: Genauso ist es.
  • “Seit Monaten warnen auch Weltbank und IWF vor Pleiten einzelner Länder. Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras fürchtet, Europa drohe ‘eine neue Schuldenkrise’. Und der amerikanische Top-Ökonom Kenneth Rogoff sagt, „es wird zur Vernichtung von Vermögen in katastrophalem Umfang kommen“. Viele Regierungen spüren bereits negative Folgen der Schuldenschwemme. Reihenweise stufen Ratingagenturen die Bonität von Ländern herunter. 102 Staaten wollen bereits Hilfe vom IWF, weil sie die Schuldenlast kaum noch stemmen können. Für ein Zurück zu solidem Wirtschaften ist es zu spät, konstatiert Ökonom Stelter. ‘Deshalb kauft die US-Notenbank jetzt auch alle Papiere. Ihr bleibt nichts anderes übrig, genauso wie der EZB. Am Ende werden sämtliche Notenbanken Junkbonds und sogar Aktien kaufen.’” – bto: Nachdem es ja vorerst gut funktioniert und die Börsen steigen, dauert es noch eine Weile, bis die Notenbanken Aktien kaufen. Ist der nächste Schritt.
  • “Aus Angst vor einer neuen Finanzkrise wegen zu hoher Staatsdefizite pumpen Notenbanker weitere Milliarden in die Märkte. Der Rausch wird zum Perpetuum mobile. (…) Mario Draghi (hat, so Kritiker) mit dem massenhaften Ankauf von Staatsanleihen während seiner Amtszeit das Schuldenmachen unterstützt (…) und damit indirekt an der heutigen Krise eine Mitschuld zu tragen. So stieg etwa Italiens Defizit bis Ende 2019 auf 135 Prozent der Wirtschaftsleistung. ‘Draghi hat zu viel gekauft’, sagt ein EZB-Insider. 2020 könnte Italiens Defizitquote auf knapp 160 Prozent schnellen. (…) Die Wirtschaft stagniert oder wächst nur minimal. Eine weitere Belastung sind die vor allem seit den neunziger Jahren angehäuften Schulden. Viele Bürger haben keine Lust auf harte Reformen und einen strengen Sparkurs.” – bto: Das ist verständlich, aber ändert nichts daran, dass die Vermögen erheblich sind und durchaus zu mobilisieren wären.
  • “‘Ohne die EZB könnte Italien nicht wie bisher problemlos neue Schulden aufnehmen’, sagt Jörg Krämer. Der Chefvolkswirt der Commerzbank kritisiert die ultralockere Geldpolitik seit Jahren. Die EZB betreibe damit ‘faktisch Staatsfinanzierung’, die der Bundesbank untersagt war – und auch nach den EZB-Statuten nicht erlaubt sei. Aber die Notenbanker hätten die Regeln in den vergangenen Jahren immer weicher ausgelegt. Daran werde auch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der EZB Auflagen bei Anleihekäufen macht, nicht viel ändern, fürchtet Krämer.” – bto: natürlich nicht, denn dann wäre der Euro-Crash da.
  • “Experten warnen, die wundersame Geldvermehrung mache das Leben teurer. Aber in Europa und auch in Japan liegen die offiziellen Inflationsraten trotz expansiver Geldpolitik unter den von den Notenbanken angestrebten Zielmarken. Die Bundesbank geht in jüngsten Analysen sogar eher von einem Rückgang der Inflation im Euroraum aus. Das kann damit zusammenhängen, dass die Statistiker bei ihren Berechnungen Vermögenswerte wie Immobilien oder Aktien nicht berücksichtigen. Am Häusermarkt wie an den Börsen gingen die Preise in den vergangenen Jahren durch die Decke. Der Leipziger Ökonom Gunther Schnabl schätzt, die wahre Inflation liege daher rund dreimal so hoch wie offiziell ausgewiesen.” – bto: Das mag sein. Klar ist, dass die Liquidität ja irgendwo hinmuss, wenn man von den explodierenden Bankreserven absieht.
  • “Vieles spricht dafür, dass die Rallye an den Börsen und auf dem Immobilienmarkt in den nächsten Jahren weitergeht. Den Notenbanken sei Dank. Denn sie kaufen nicht nur Anleihen – sie werden auch die Leitzinsen auf Jahre nicht anheben, um die Konjunktur zu stimulieren. US-Ökonom Rogoff rät den Notenbanken sogar, die Leitzinsen bis auf minus drei Prozent zu senken. Dadurch könnte man ‘viele Firmen, Staaten und Kommunen aus der Zahlungsunfähigkeit befreien’.” – bto: Wir erinnern uns: Rogoff ist schon lange für die Abschaffung von Bargeld.
  • “Ökonom Stelter plädiert für einen Schuldenschnitt – und zwar einen radikalen. ‘Die Mitglieder des Euroraums könnten jeweils Schulden in Höhe von 75 Prozent ihrer Vor-Corona-Wirtschaftsleistung in einem Schuldentilgungsfonds bündeln, dessen Anleihen von der EZB gekauft werden, die dann auf die Rückzahlung verzichtet.’ Deutschland wäre seine Schulden auf einen Schlag los, Italien blieben noch Verbindlichkeiten in Höhe von überschaubaren 60 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes.” – bto: Und wir könnten mehr im Inland investieren und die Abgaben senken. Machen werden es die Politiker leider nicht.

→ finanzen100.de: “Die Weltschuldenkrise”, 29. Mai 2020

Kommentare (47) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Dieter Krause
    Dieter Krause sagte:

    @ Richard Ott
    Sie sollten wirklich damit aufhören, den Begriff „Faschist“ als Synonym für „Politiker, den ich nicht gut finde“ zu verwenden.

    Ja, Sie haben recht: Italienische Faschisten waren gegen diesen Herrn Modi aus Indien irgendwie noch echte Ehrenmänner! Ich hätte besser “neuer Stalin” oder “neuer Adolf Hitler” sagen sollen! Mit denen kann man Herrn Modi wohl wirklich besser vergleichen:

    Im Fall von Gujarat hätten die Ausschreitungen vor allem der hindunationalistischen Bharatiya Janata Partei (BJP) genützt. Diese malte fleißig mit am vermeintlichen Feindbild der Muslime, damit die Hinduwählerschaft bei der BJP Zuflucht sucht. Die Rolle des derzeitigen Ministerpräsidenten von Gujarat Narendra Modi von der BJP ist bis heute ungeklärt. Immer wieder ist er in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, dass er angeblich Polizeikräfte angewiesen haben soll, nicht einzugreifen.
    https://www.dw.com/de/zehn-jahre-nach-den-gujarat-pogromen/a-15760915
    https://www.fr.de/meinung/indien-gewalt-einen-anderen-staat-13563582.html
    https://www.sueddeutsche.de/kultur/gewalt-in-indien-schlachtruf-des-mobs-1.4832606

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    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Herr Krause

      Sie sind ja ein echter Überzeugungstäter – und reiten sich immer weiter rein.

      “malte fleißig mit am vermeintlichen Feindbild der Muslime, damit die Hinduwählerschaft bei der BJP Zuflucht sucht”

      Wieso “vermeintliches Feindbild”? Kennen Sie die Geschichte Indiens? Als die Kolonie Britisch-Indien nach dem 2. Weltkrieg in Indien und Pakistan (von dem sich später Bangladesh abspaltete) geteilt wurde, gab es auf beiden Seiten Millionen von Vertriebenen und grob geschätzt insgesamt zwischen 700000 und 1 Million Tote.

      Hindus und Muslime auf dem Subkontinent sind tatsächlich verfeindet, das ist nicht bloß so ein “soziales Konstrukt”, das jetzt die deutschen Gutmenschen in ihrem globalen Weltrettungswahn mal so eben dekonstruieren können.

      PS: Die pakistanische Regierung und der pakistanische Geheimdienst (de facto das eigentliche Machtzentrum im Land) unterstützen in Afghanistan übrigens die Taliban. Sind das auch “Faschisten”? Oder mögen sie die, weil die ja den blöden Trump nicht leiden können?

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  2. Bill Miller
    Bill Miller sagte:

    Es müssten doch aber den irrwitzigen Schulden auch ein entsprechende Guthaben gegenüberstehen. Ich würde mal vermuten, dass das aber nur 0,x % pder Bevölkerun ist.
    Könnte man da nicht mal sagen “Hasse ma ‘nen Euro dicka?”
    Anstelle bei einem globalen Währungskollaps die restlichen 99+% zu ruinieren und einen dritten Weltkrieg auszulösen?

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  3. Alexander
    Alexander sagte:

    Kleinbürger Politiker werden die Weltschuldekrise niemals lösen, da sie Angst vor der eigenen Courage haben. Trump teilt diese Angst nicht, das ist ein Alleinstellungsmerkmal.

    Wollte man in der Eurozone tatsächlich Inflation auslösen müsste man das Geld tatsächlich verschenken und zwar auch an Private, z.B. anstelle der 5000€ Corona-Soforthilfe eher 50.000€ + bedingungslos.

    Über ihren Neidschatten können die kleinbürgerlichen aber nicht springen, noch nicht einmal wenn der Beschenkte z.B. der italienische Staat per Schuldentilgungsfond wäre.

    Daher erscheinen mir endlose deflationäre Qualen + Steuererhöhungen zur Kompensation des poltisichen Wurstelns die warscheinlichere Gangart für die nähere Zukunft zu sein.
    Der Neid und Kompetenz machen das möglich.

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    • Dieter Krause
      Dieter Krause sagte:

      @ Alexander
      Kleinbürger Politiker werden die Weltschuldekrise niemals lösen, da sie Angst vor der eigenen Courage haben. Trump teilt diese Angst nicht, das ist ein Alleinstellungsmerkmal.

      Trump, der sechsfache(!) Bankrotteur, versteht etwas von Geldausweitung durch die FED (da hat er schon in den 1980er Jahren, also der Reagan-Casino-Zeit, gut aufgepaßt) – aber nicht wirklich etwas von Makroökonomie oder gar sektoralen Finanzierungssalden! Und schon gar nichts davon, dass globaler Handel alle Schiffe irgendwie heben kann! Kann – nicht muss. – Warum waren eigentlich seit dem Jahr 2000 die Verbraucherpreise in den USA so niedrig? Weil die Chinesen nach ihren Beitritt zur WTO mit ihren Exporten in die USA (und dem nachfolgenden Kauf von US-Staatsanleihen zur Niederhaltung ihrer Währung) mit ihren Discountwaren die Walmarts in den USA geflutet haben! – Diese über 30 Jahre gewachsene ökonomische Verflechtung von Chimerica aufzulösen, dürfte auch Donald Trump nicht wirklich gelingen. Die volkswirtschaftlichen Schäden für die USA wären viel zu groß! – Langsam scheint Trump – jenseits des Wahlkampfgetöses – das ja zu verstehen. Auch weil Indien China als globalen Güterproduzenten niemals ablösen wird. Dafür funktioniert dieser Staat, regiert vom Hindu-Faschisten Modi, einfach viel zu schlecht!

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      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Krause

        “Dafür funktioniert dieser Staat [Indien], regiert vom Hindu-Faschisten Modi, einfach viel zu schlecht!”

        Sie sollten wirklich damit aufhören, den Begriff “Faschist” als Synonym für “Politiker, den ich nicht gut finde” zu verwenden.

      • Horst
        Horst sagte:

        “Sie sollten wirklich damit aufhören, den Begriff „Faschist“ als Synonym für „Politiker, den ich nicht gut finde“ zu verwenden.”

        Oh je, folgen sollte eine Aufzählung derjenigen Kampfbegriffen, deren Verwendung Sie unterlassen sollten, um sich zu werfen, nur weil Sie bestimmte “Gruppen” nicht “SO TOLL” (wie ein Kleinkind im Kindergarten) finden.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Horst

        Bitte heulen Sie mir nicht die Ohren darüber voll, dass Sie sich angeblich ungerecht behandelt fühlen, wenn ich Sie mit alten Sozialisten aus der DDR vergleiche.

        Dass beispielsweise die Stalinisten in der DDR und in der Sowjetunion tatsächlich jeden ihrer politischen Gegner als “Faschisten” bezeichnet hatten, müssten Sie sogar in Berlin mitbekommen haben. Sagt Ihnen der Begriff “antifaschistischer Schutzwall” vielleicht etwas?

      • Alexander
        Alexander sagte:

        @Dieter Krause

        6x Bankrott und immer noch oben auf, so löst man Schuldenkrisen.
        Unangenehm war das nur für Gläubiger und useless eaters (vgl. Harari).

        Wer Krieg führt macht das im Einverständnis von toten Bürgern/Steuerzahlern und Massen an Kollateral. Dasselbe gilt für staatliche Entschuldung und jeder darf sich heraussuchen, zu welcher Opfergruppe er gehören mag – denn auch Europa ist kriegführend.

        There is no free lunch for cititzens.

  4. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Halb off topic.

    Das ist wohl immer noch der Geist von Tichy, der durch die Redaktionsstuben der WiWo wabert und die Sinne vernebelt.

    Ja, es gibt viele Theoriedefizite in der VWL; aber mindestens ebenso viele Denkdefizite bei Dieter Schnaas. Hier nur in Kürze zum Einstieg, da mir für den Rest die Zeit fehlt:

    „Wie sähen die Grundzüge eines Wirtschaftssystems aus, das mit dem Preis des Geldes systematisch den Preis aller Preise, also den Preis an sich manipuliert?“ https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/tauchsieder-keynes-ist-tot-es-lebe-ja-was/25892458-all.html

    Antworten
      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Stöcker

        “Die (Leit)zinsen sind nicht wegen der Zentralbank so niedrig, sondern WEIL die Zinsen so niedrig sind, musste auch die Zentralbank REAKTIV die Leitzinsen senken.”

        Nicht schon wieder dieses Märchen.

        Wie hoch wären denn zum Beispiel die Zinsen in den USA, wenn die amerikanische Zentralbank keine US-Staatsanleihen und mittlerweile auch alle möglichen anderen Anleihen in Billionenhöhe aufkaufen würde?

        https://fred.stlouisfed.org/series/WALCL

        Die Nachfrage nach den Anleihen wäre dann deutlich niedriger, nicht wahr? Und damit wäre bei gleichem Angebot der Preis ebenfalls niedriger – und der Zins höher.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker, @ Richard Ott

        >„Die (Leit)zinsen sind nicht wegen der Zentralbank so niedrig, sondern WEIL die Zinsen so niedrig sind, musste auch die Zentralbank REAKTIV die Leitzinsen senken.“

        Nicht schon wieder dieses Märchen.>

        Es ist kein Märchen, aber missverständlich ausgedrückt.

        Die Zentralbank musste nicht reaktiv die Leitzinsen senken, sondern hat sie WILLENTLICH gesenkt, WEIL sie damit den negativen Folgen entgegenwirken will, die durch die REALWIRTSCHAFTLCIHE Entwicklung entstanden waren und durch SÄKULAR gefallene Langzeitzinsen entsprechend gekennzeichnet sind.

        Jede Stadtsparkasse kann ihren Kunden ZEIGEN, dass die fallende Langfristzinsen lange VOR den massiven Eingriffen der Notenbanken TENDENZIELL gefallen sind.

        Hier:
        https://blog.de.erste-am.com/30-jahre-fallende-zinsen-wie-gehts-weiter/

        Dass das QE der Notenbanken die Langfristzinsen noch WEITER gedrückt hat und dadurch AUCH ursächlich auf die Zinsentwicklung wirkt, steht nicht im Widerspruch zur tendenziellen Entwicklung.

        Kurzum:

        Es ist ein FEHLER, die Entwicklung der Langfristzinsen URSÄCHLICH an den Notenbanken festzumachen.

        Die ERSTE Ursache für diese Zinsentwicklung ist die Realwirtschaft.

        Die darauf reagierenden Notenbanken wirken selbstverständlich auch ursächlich, aber NACHGEORDNET so, wenngleich – auch das ist richtig – nicht erst jetzt, aber jetzt erst recht DOMINANT ursächlich.

      • ruby
        ruby sagte:

        @ Herr Tischer
        Das haben Sie m.A.n. sehr richtig in der Abfolge korrekt nur kompliziert in der Sprache erklärt (who will do it better).
        Aber:!
        gemäß Debitisten bleiben bei unendlicher Fortführung nur der Staat als (Gewalt)Schuldner und die Zentralbank als (Letzt)Gläubiger übrig – Monopolisten, die alles und jeden zwischen Auszahlungbuchung bis Endlagerungsforderungsbuchung bestimmen und beherrschen.
        Der Globaltotalitarismus treibt und zieht die Geldströme. Zum Glück wird das scheitern, wie wir und die Geschichte erläutern.

      • jobi
        jobi sagte:

        @ Herr Tischer

        “Die ERSTE Ursache für diese Zinsentwicklung ist die Realwirtschaft”

        So sollte es zumindest sein.

        Kurz nach seiner Amtseinführung 1987 erfand der Maestro den Greenspan-Put.
        Anlass war der Flash-Crash 1987, ein 25%-Absturz innerhalb eines einzigen Handelstages, der technische Ursachen hatte und keine realwirtschaftlichen.

        Legendär, weil sich die Geldpolitik danach in erster Linie am US-Aktienmarkt orientierte.

        Seitdem wird man die Geister dieses Zauberlehrlings nicht mehr los und eine Rettungsorgie folgte der nächsten – in immer kürzeren Abständen und in inzwischen wahnwitzigem Ausmaß.

        Aktienmärkte und Notenbanken befinden sich im Höllenritt über dem Abgrund, links der deflationäre Crash, rechts der crack-up boom mit Hyperinflation.

        Und nur HIER entscheidet sich das Endspiel.

        Vergessen Sie die Realwirtschaft.
        Ökonomische Modelle können den realen Wahnsinn schon lange nicht mehr erklären.

      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ jobi

        >… ein 25%-Absturz innerhalb eines einzigen Handelstages, der technische Ursachen hatte und keine realwirtschaftlichen.>

        Der Absturz wohl nicht.

        Aber dass etwas von so „hoch“ abstürzen konnte, hat realwirtschaftliche Ursachen.

        Es hat jedenfalls längere Perioden in der Geschichte der Aktienmärkte gegeben, in denen es nicht zu derartigen Abstürzen kam.

        Warum so?

        Weil es den elektronischen Handel nicht gab?

        Kann ich schlecht widerlegen.

        Aber eine andere Frage:

        Warum erfolgten die Abstürze immer schneller hintereinander nach 1989?

        Wohl kaum, weil der elektronische Handel immer unsicherer wurde.

        >Legendär, weil sich die Geldpolitik danach in erster Linie am US-Aktienmarkt orientierte.>

        Das halte ich für eine Legende.

        GERINGERE, in Asien generierte Verbraucherpreise in vielen Bereichen, die nicht zu entscheidend mehr Nachfrage im Inland führten, und GERINGERE Verhandlungsmacht der Gewerkschaften ab Anfang der 90er Jahre generierten nicht das erwünschte Wachstum. Da auch die Inflation gering war und konsequenterweise auch die Zinsen, KONNTE und WOLLTE die Fed die Wirtschaft mit gesenkten Zinsen mehr Wirtschaftswachstum generieren und die Regierung mit der Deregulierung der Finanzmärkte.

        Greenspan hat natürlich gesehen, DASS die Aktienmärkte unter diesen Bedingungen reagiert haben und es mit „irrational exuberance“ kommentiert.

        Hier zum Hintergrund:

        https://www.youtube.com/watch?v=qdbC-VRYVCI

        Hören Sie darauf, was Yellen am Ende sagt:

        Greenspan war zumindest DANACH mit der Realwirtschaft beschäftigt, insbesondere dem Produktivitätswachstum der US-Wirtschaft.

  5. Dietmar Tischer
    Dietmar Tischer sagte:

    Im verlinkten Artikel „Die Weltschuldenkrise“ wird Dr. Stelter eine Aussage zugeschrieben, die in seinem Beitrag am Blog fehlt. Sie lautet:

    „Für ein Zurück zu solidem Wirtschaften ist es zu spät, konstatiert Ökonom Stelter.“

    Es ist unerheblich, ob Dr. Stelter die Aussage so getroffen hat oder nicht, ich nehme sie einfach einmal als Anlass, um festzustellen:

    Es wird SOLIDE gewirtschaftet.

    Heißt:

    Unter den BEDINGUNGEN des Wirtschaftens, für die Megatrends ursächlich sind, können RATIONAL Entscheidende nicht grundsätzlich anders handeln als sie handeln.

    Das gilt natürlich nicht für Einzelfälle und Ausprägungen, aber in der großen Linie gleichermaßen für Haushalte, Unternehmen und Staaten.

    Wir haben eine GETEILTE Welt:

    China hatte über die letzten Jahrzehnte ein grandioses Wachstum (mit kontinuierlicher Mehrverschuldung), wie es die entwickelten Volkswirtschaften in Europa, wie auch Japan und die USA es nicht auch nur annähernd aufweisen.

    Diese Volkswirtschaften HATTEN ein derartiges Wachstum nach WK II, als es galt, zerstörtes Sachvermögen NEU zu schaffen und GLEICHZEITIG die Nachfrage nach innovativen langlebigen Wirtschaftsgütern (Automobile, TVs, Waschmaschinen etc.) ZUNAHM.

    Die NACHFRAGE ist nicht mehr in diesem Maß vorhanden, diese Volkswirtschaften wachsen daher nur noch vergleichsweise wenig und ALLE realwirtschaftlich agierenden Wirtschaftssubjekte haben deshalb im Schuldgeldsystem mehr oder weniger das grundsätzlich gleiche PROBLEM:

    Der Schuldendienst – Zinszahlungen und Kreditrückführung – können nicht mehr wie vereinbart geleistet werden.

    Soweit er geleistet wird, dämpft er die Nachfrage zusätzlich.

    FEHLENDE Nachfrage, die durch Megatrends verursacht wird, ist demnach der Schlüssel zum Verständnis und nicht angeblich „unsolides Wirtschaften“, zu dem wir zurückkehren sollten.

    Wie kommt man zu hinreichend MEHR Nachfrage?

    Umverteilung von Vermögen nicht berücksichtigt, weil keine nachhaltige Lösung, bleiben als grundsätzliche Alternativen:

    a) MASSENINSOLVENZEN, die Sachvermögen entwerten und Angebotsstrukturen zerstören. Wenn hinreichend, wird die Nachfrage auf Basis von reorganisiertem Sachvermögen befriedigt und die Wirtschaft kann wieder wachsen. Das wäre vermutlich nicht so effektiv wie die materielle Zerstörung durch Krieg, aber hilfreich.

    Das Problem dabei:

    Massenarbeitslosigkeit mit – historisch belegt – sozialer Instabilität.

    Diese Alternative fällt daher zumindest als die ausschließlich GEWOLLTE aus.

    b) ENTWERTUNG von Sachvermögen durch den interventionistischen Zentralismus (z. B. regulatorische Diskriminierung von Automobilen mit Verbrennungsmotoren, Verschmutzungszertifikate u. dgl.) und SCHAFFUNG neuen Sachvermögens (regenerative Energieerzeugung und Herstellung von Gütern, die derartige Energie verbrauchen)

    Dieser Weg wird in der EU forciert werden.

    Der Entwertungs- und Aufbauprozess ist mit großen FRIKTIONEN behaftet, weil er nicht auf NUTZENORIENTIERTER Nachfrage beruht, FUNKTIONSFÄHIGE Angebotsstrukturen, die mit Schuldendienst belastet sind, aber diese nicht mehr tragen können, nur KOSTENBELASTEND abwickeln kann und zudem das Problem zunehmender ARBEITSLOSIGKEIT stemmen muss, um nicht soziale Instabilität aufkommen zu lassen.

    Es ist ein hoch RISIKOBEHAFTETES Großexperiment.

    Was ist ERFORDERLICH, wenn

    a) vermieden und GLEICHZEITIG b) erfolgreich sein soll?

    Die BESCHAFFUNG von Liquidität muss GESICHERT werden, weil LIQUIDITÄT eine notwendige und zugleich hinreichende Voraussetzung ist, um INSOLVENZEN nominal zu verhindern
    und dadurch die konfliktbehaftete Entwertung von realwirtschaftlich produktivem Sachvermögen

    UND

    Die Schaffung von neuem Sachvermögen NICHT ohne zusätzlich verfügbares Geld möglich ist.

    Was ist, wenn die Beschaffung im EXISTIERENDEN Finanzwesen nicht mehr geleistet werden kann, wegen zu HOHER Verschuldung?

    Dann müssen die Notenbanken die Liquidität bereitstellen als das, was sie als EINZIGE sind – lender of last resort.

    Unabhängig davon, ob die obige Aussage Dr. Stelter zuzuschreiben ist oder nicht, ist daher seine folgende Aussage SCHLÜSSIG:

    > „Deshalb kauft die US-Notenbank jetzt auch alle Papiere. Ihr bleibt nichts anderes übrig, genauso wie der EZB. Am Ende werden sämtliche Notenbanken Junkbonds und sogar Aktien kaufen.“>

    BEWERTUNG:

    Die existierenden REALWIRTSCHAFTLICHEN Probleme werden durch LIQUIDITÄT zugeschüttet und somit entschärft.

    Sie verschwinden dadurch aber nicht, weil es bis auf weiteres und absehbar KEINE marktwirtschaftlich getriebenen Innovationen gibt, die mit MEHR Beschäftigung und HÖHEREM Wachstum eine sozial verträgliche Lösung der realwirtschaftlichen Probleme ermöglichen würden (wie ehemals die Ablösung der Pferdekutsche durch das Automobil).

    Ob die forcierte realwirtschaftliche UMORIENTIERUNG dort, wo sie betrieben und STAATLICH erfunden wird („Deutschland mit modernster Wasserstofftechnik Ausrüster der Welt“) und dort, wo das Betreiben auf Volkswirtschaften trifft, die sie nicht mitmachen, OHNE wirtschaftlich und gesellschaftliche Stabilität gefährdende DISRUPTIONEN erfolgen wird, steht in den Sternen.

    Klar ist jedenfalls, dass eine KONTINUIERLICH ausgeweitete Liquiditätsversorgung durch die Notenbanken SELBST mit erheblichen RISIKEN behaftet ist.

    Obwohl die realwirtschaftliche Umorientierung mit Blick auf das Klimaziel „globale CO2-Neutralität 2050“ IRRATIONAL begründet ist, kann ihr eine gewisse Schlüssigkeit nicht abgesprochen werden.

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      @ Dietmar Tischer

      “Dann müssen die Notenbanken die Liquidität bereitstellen als das, was sie als EINZIGE sind – lender of last resort.“

      Die Notenbanken können Liquidität bis zum Abwinken bereitstellen (Stichwort Tränke und Pferde).

      It takes two to tango. Insofern benötigen wir ZUGLEICH den aktiven SPENDER of last resort.

      Das sollte Dr. Stelter am Mittwoch beim Schuldenphobiker Steingart thematisieren und ihn – und somit viele andere – von dem kollektiven Jahrhundertirrtum befreien, dass Staatsschulden die kommenden Generationen belasten würden. Das ist…

      …BULLSHIT ! ! !

      Staatsverschuldung war, ist und bleibt bei ausgeglichener Leistungsbilanz geldvermögensneutral. Geldschulden und Geldvermögen sind zwei Seiten derselben Medaille.

      Aufgrund des Fiskalmultiplikators kommt es ZUSÄTZLICH im zweiten/dritten/x-ten Schritt am ZLB (Nullzinsgrenze) in FOLGE der zusätzlichen investiven Schulden/Vermögen via crowding-in sogar zu einer ENTLASTUNG der kommenden Generationen bei GLEICHZEITIGER Besserstellung der aktuellen Generation.

      O glücklich, wer noch hoffen kann,
      Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen.
      Was man nicht weiß, das eben brauchte man,
      Und was man weiß, kann man nicht brauchen.
      (Goethe)

      Antworten
      • Dietmar Tischer
        Dietmar Tischer sagte:

        @ Michael Stöcker

        >… benötigen wir ZUGLEICH den aktiven SPENDER of last resort.>

        Das ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung.

        >Staatsverschuldung war, ist und bleibt bei ausgeglichener Leistungsbilanz geldvermögensneutral.>

        WENN sie ausgeglichen ist.

        Das ist sie aber nicht dauerhaft, wenn der „aktive Spender of last resort“, d. h. der deutsche Staat das Geld vorrangig KONSUMTIV ausgibt bzw. es so verteilt, dass es konsumtiv WIRKT

        und

        WOANDERS das VERHÄLTNIS Investitionen zu Konsum deutlich größer ist als in Deutschland, wie etwa in China.

        Das sind seit langem die REALITÄTEN und daher zu Recht „Das MÄRCHEN vom reichen Land“, allerdings ein verdecktes durch den – für uns – zu „billigen“ Euro und anderes, was hier schon oft genug dargelegt wurde.

        Wenn der deutsche Staat so weiter macht wie bisher und mit monetärer Staatsverschuldung sowie Bürgergeld und BGE dies VERSTÄRKT fortführt, werden am Ende des Tages auch Hartz IV- Empfänger an der Tränke stehen und theoretisch Porsche fahren – es aber TATSÄCHLICH nicht können.

        Sie müssen schon darlegen, WIE der Mechanismus erheblich steigender INVESTITIONEN von der Politik REALISTISCH in Gang gesetzt werden kann, wenn es DADURCH tendenziell zu viele VERLIERER gibt aufgrund zurückgefahrenen Staatskonsums (von dem Bestreben, gleichzeitig zur Schwarzen Null zurückzukehren, rede ich gar nicht erst).

        Die Energiewende ist der Mechanismus, den ich erkenne.

        Die ENORMEN Risiken sind bereits jetzt – noch nicht einmal auf halbem Wege – deutlich sichtbar und REAL schon eingetreten, und weitere, die ich angedeutet habe, sind absehbar.

        Sie müssen AUCH darlegen, wie man Ihrer Meinung nach damit umgehen sollte und das auch kann – nicht nur konzeptionell, sondern REALISTISCH.

        Dass die Welt unser Energiewende-Produkte abkauft, ist grün eingefärbtes WUNSCHDENKEN genauso wie die Einstellung:

        Es gibt NUR diesen EINEN Weg, also gehen wir ihn – egal, WO wir ankommen.

        Ich würde auch wünschen, wenn Dr. Stelter auf der Bootsfahrt SPEZIELL am Regierungsviertel ihre „BS-These“ aufgreifen würde und darlegte, unter welchen POLITISCH zu realisierenden BEDINGUNGEN sie NICHT BS ist.

        Goethe ist hier irrelevant:

        Es geht nicht um was WISSEN, sondern um wie MACHEN.

    • Dieter Krause
      Dieter Krause sagte:

      @ Dietmar Tischer
      China hatte über die letzten Jahrzehnte ein grandioses Wachstum (mit kontinuierlicher MEHRVERSCHULDUNG), wie es die entwickelten Volkswirtschaften in Europa, wie auch Japan und die USA es nicht auch nur annähernd aufweisen.

      Warum haben die chinesischen Firmen ihre Verschuldung in den letzten 20 Jahren so hochfahren können? Weil sie glaubten – gedeckt von der chinesischen Politik – die ganze Welt mit ihren Waren beliefern zu können (Afrika! Südamerika!). Seit einigen Jahren – konkret seit Beginn der Präsidentschaft von Xi Jinping ab 2012 – stellen sie allerdings fest, dass ihnen dabei global zunehmend der Wind ins Gesicht weht. Weil andere Staaten bei diesem Wirtschaftsmodell der Chinesen zuerst ihre technologischen Kompetenzen verlieren – und bald danach ihren politischen Einfluß, da die Chinesen auch ihr Militär technlogisch forciert mit aufrüsten! – Trump, der außenpolitische Schwachkopf mit volkswirtschaftlichen Verständnis auf Demenz-Niveau, hat den Chinesen mit seinem Handelskrieg zunehmend auch die politische Bühne in Asien überlassen – vor allem in Ostasien! Trotz großem SEIDENSTRASSEN-Projekt: Die chinesische Spielwiese wird viel eher dauerhaft in Ost- und Südasien sein! Hier haben sie seit dem Amtsantritt von Trump auch zunehmend an Einfluß gewonnen – und auch ihre Wirtschaft stark mit denen der anderen Staaten vernetzt. Die Australier z.B. – als Angelsachsen von ihrer Kultur her stark den USA zuneigend – können sich der ökonomischen und politischen Umarmung Chinas, manchmal garniert auch durch eine kleine militärische Drohung, heute nur noch schwer erwehren! Weil das globale politische Gegengwicht gegen China im pazifischen Raum, die USA, unter Trump fast vollständig ausgefallen sind!
      https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/china-erhoeht-den-druck-auf-das-aufmuepfige-australien-16762869.html

      Antworten
  6. Carsten Pabst
    Carsten Pabst sagte:

    Sehr geehrter Herr Stelter,
    Sie schreiben: Die Mitglieder des Euroraums könnten jeweils Schulden in Höhe von 75 Prozent ihrer Vor-Corona-Wirtschaftsleistung in einem Schuldentilgungsfonds bündeln, dessen Anleihen von der EZB gekauft werden, die dann auf die Rückzahlung verzichtet.
    Deutschland wäre seine Schulden auf einen Schlag los, Italien blieben noch Verbindlichkeiten in Höhe von überschaubaren 60 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes.“
    Das hört sich zwar gut an. Ich frage mich nur, warum ich dann überhaupt noch einer Arbeit nachgehen sollte, um meine Verbindlichkeiten zu bedienen?! Abrakadabra und verschwunden sind die Billionen im EZB- Keller?
    Der Vergleich mag zwar etwas hinken, aber generell halte ich es nicht für abwegig, dass viele rechtsschaffende Menschen dies genauso sehen könnten. Und es wird die Büchse der Pandora öffnen (die eigentlich schon auf ist). Die Ersten die laut Schreien werden sind unsere europäischen Nachbarn im Süden und darauf hinweisen, dass Deutschland ja durch diesen Schuldentilgungsfonds ihre Schuldenquote auf Null gesenkt bekommen hat, während die meisten Länder der südlichen Peripherie noch X- Restschulden haben. Also eine neue Runde Schuldentilgungsfonds. Und selbst wenn diese Länder damit einverstanden wären, wäre zukünftiger Verschuldung Tür und Tor geöffnet. Einmal gerettet, warum nicht auch ein zweites, drittes…. Mal.
    So sehr ich Ihren Ansatz verstehe, kann und will ich an solche Experimente nicht glauben. Sie werden in meinen Augen nicht funktionieren.
    Aber egal welchen Weg wir einschlagen. Wir werden wieder mit der Tatsache konfrontiert, das Inflation der periodisch wiederkehrende Beweis ist, dass bedrucktes Papier bedrucktes Papier (Baumwolle) ist.
    Freundliche Grüße
    Carsten Pabst

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Carsten Pabst

      “Die Ersten die laut Schreien werden sind unsere europäischen Nachbarn im Süden und darauf hinweisen, dass Deutschland ja durch diesen Schuldentilgungsfonds ihre Schuldenquote auf Null gesenkt bekommen hat, während die meisten Länder der südlichen Peripherie noch X- Restschulden haben.”

      Wenn die Geldbörse so locker sitzt, kommen noch ganz andere gesellschaftliche Gruppen auf dumme Ideen. Aus aktuellem Anlass fällt mir dazu eine Forderung aus den USA ein:

      “BET founder Robert Johnson calls for $14 trillion of reparations for slavery”
      https://www.cnbc.com/2020/06/01/bets-robert-johnson-calls-for-14-trillion-of-reparations-for-slavery.html

      Ganz schön dreist. Aber andererseits: Was sind schon 14 Billionen frisch gedruckte Dollar, wenn man notfalls einen Schuldentilgungsfonds auflegen und die Staatsanleihen bei der Zentralbank parken kann?

      Antworten
      • Dieter Krause
        Dieter Krause sagte:

        @ Richard Ott
        „BET founder Robert Johnson calls for $14 trillion of reparations for slavery“
        https://www.cnbc.com/2020/06/01/bets-robert-johnson-calls-for-14-trillion-of-reparations-for-slavery.html

        Ja mir und meiner Familie stehen auch noch Entschädigungszahlungen aus der Zeit der versuchten römischen Eroberung Germaniens zu (13 v.Chr. bis 15 n.Chr.)! Meine Vorfahren haben damals wirklich kolossal gelitten – beim Rachfeldzug des Gemanicus wurden mehrere cheruskische Großtanten und Großonkels von mir ermordet bzw. nach Italien in die Sklaverei verkauft! Einer davon soll später sogar als Gladiator in der Arena in Rom mit gekämpft haben – wirklich grausam, was meiner Familie damals angetan wurde! Aber bis heute wollen die Italiener als Nachfahren der Römer ihre Schuld uns gegenüber nicht anerkennen! Ein moralisch wirklich widerliches Volk oder? – Warum sollen eigentlich Einwanderer in die USA dafür bezahlen, wenn deren Vorfahren nach 1865 in die USA eingewandert sind (die ganz große Mehrzahl der jetzigen weißen Bevölkerung der USA)? Herr Johnson soll mir das mal erklären! – Im übrigen war auch der honorige Martin Luther King ein Rassist – er hat seine Frau gern auch mal mit WEISSEN HUREN betrogen bzw. auch bei Vergewaltigungen lachend mit zugeschaut, wozu er dann gern auch ein paar Freunde mit eingeladen hat! Ist erst vor kurzem aus den damaligen Abhörprotokollen des FBI, die jetzt freigegeben wurden, an die Öffentlichkeit durchgesickert:
        https://standpointmag.co.uk/issues/june-2019/the-troubling-legacy-of-martin-luther-king/

      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        Hier ein Auszug von Werners Blog, wo man sehen kann, was er wirklich vorschlägt:

        “The solution to this concerted threat to our civil liberties and our freedom can only be to try to advance the opposite agenda: the decentralization of power.

        We can decentralize power in our monetary system by abandoning the big banks and instead creating and supporting local not-for-profit community banks and ultimately a system of local public money issued by local authorities as receipts for services rendered to the local community.

        One reason why central banks have sprung so frantically into action after their narrative had been thoroughly disproven is that the revelations about the nature of money has drawn the curtain open and allowed the public to see what is in the innermost sanctum of their central banks: nothing. Just like the Wizard of Oz in the Emerald City thrived on his reputation, while behind his curtain nothing could be found, so have central banks relied on politicians and the public not understanding the nature of money and the role of central banks.

        The truth of the matter is: We don’t need central banks. Since 97% of the money supply is created by banks, the importance of central banks is far smaller than generally envisaged. Moreover, the kind of money that commercial banks create is not privileged at law. Legally, our money supply is simply private company credit, which can be created by any company, with or without banking license.”

        Klingt nicht gerade nach investiver Kreditlenkung und QE.

      • Rolf Peter
        Rolf Peter sagte:

        Tja, vermutlich hat er inzwischen seine Meinung geändert und gemerkt, dass man niemandem verantwortlichen Bürokraten vielleicht doch nicht die Kreditentscheidung überlassen sollte. Manche Leute sind eben noch lernfähig.

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Rolf Peter

        Da haben Sie Werner wohl missverstanden. Die Kreditentscheidung wird keinem Bürokraten überlassen, sondern das System wird so umgestaltet, dass der investive Kredit gefördert und der reine Finanzkredit unattraktiv gemacht oder gar unterbunden wird. In diesem Rahmen entscheiden dann die lokalen Banken vor Ort über die Kreditvergabe. Diese Ideen hatte Werner bereits in den 90er Jahren entwickelt.

        Aber auch in einem solchen System benötigen wir Zentralbanken; allerdings so langweilige wie in den 70er und frühen 80er Jahren. Da wurden Entscheidungen der Notenbanken nur von einer kleinen elitären Gruppe von Wirtschaftsjournalisten kurz kommentiert, da sie sowieso kaum jemanden interessiert hatten. Die meisten kannten da noch nicht einmal den Unterscheid zwischen der Deutschen Bank und der Deutschen Bundesbank, geschweige denn den einer Landesbank und einer Landeszentralbank. War auch nicht so nötig, da über das Wechselgeschäft und Wechselrecht letztlich immer wieder ein Rückgriff auf Aussteller und Indossanten möglich war. Damit gab es keine Kreditexzesse via Verbriefung etc., mit denen man das System gegen die Wand fahren konnte.

        LG Michael Stöcker

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Herr Stöcker

        Ich wusste gar nicht, dass Sie so ein großer Fan des blauhaarigen Werbemännchens von Ströer-Konzern sind.

        Zum Glück produziert der Rezo nur hochwertigen Qualitätscontent und lässt sich nicht zum Herausrotzen beispielsweise von billigem Sex-Mist verleiten, auch wenn der viele Klicks bringt. Das würde ja auch seine eigene Glaubwürdigkeit völlig zerstören, ihn als opportunistisches Mietmaul entlarven und dann täte er das gleiche, was er “der Presse” vorwirft: https://youtu.be/PAK6bG4ngYY?t=368

      • JürgenP
        JürgenP sagte:

        @ Michael Stöcker
        sagte:
        8. Juni 2020, 11:29
        “Während Richard Koo sich im Kontext einer Balance-Sheet-Recession für mehr Staatsverschuldung ausspricht, plädiert Richard Werner schon seit über 25 Jahren für investive Kreditlenkung sowie QE (…)”
        > gefühlte 150 Aufrufe

        Der gleiche Inhalt (?) von Rezo:
        > 2.740.697 Aufrufe • 31.05.2020

        Tja, selbst bei gleichem Inhalt hat er wohl wegen seiner Haarfarbe und seines lustigen Auftritts eine viel größere Reichweite. So tickt die Welt nun mal.

  7. Seuchenvogel
    Seuchenvogel sagte:

    Hallo,

    die Idee mit dem Schuldentilgungsfonds ist sehr charmant. Die Frage ist: Was soll mit den privaten und betrieblichen Schulden passieren?

    Antworten
    • Michael Stöcker
      Michael Stöcker sagte:

      @ Seuchenvogel

      „die Idee mit dem Schuldentilgungsfonds ist sehr charmant.“

      Charmant ja – insbesondere für die 1 % – aber letztlich nicht zielführend. Zielführend ist insbesondere TTA (siehe Link oben).

      „Was soll mit den privaten und betrieblichen Schulden passieren?“

      Wie immer: Zurückzahlen oder revolvieren.

      Und bei Überschuldung gibt es ja noch Chapter 11.

      LG Michael Stöcker

      Antworten
      • Horst
        Horst sagte:

        “Richard Werner // Sein Vorschlag für die Lösung der Staatsschuldenkrise: Die Staaten sollten sich von den Launen der Kapitalmärkte unabhängig machen, indem sie keine Anleihen mehr ausgeben und sich stattdessen durch Kredite bei den Banken ihres Landes versorgen.”

        Welche Banken meint Werner Ihrer Ansicht nach? Landesbanken / Geschäftsbanken aus dem Sparkassen-/Raiffeisen-Verbund?

      • Michael Stöcker
        Michael Stöcker sagte:

        @ Horst

        „Welche Banken meint Werner Ihrer Ansicht nach? Landesbanken / Geschäftsbanken aus dem Sparkassen-/Raiffeisen-Verbund?“

        Vermutlich ja. Das trifft aber nur auf Deutschland zu. In den anderen Ländern Europas ist die Konzentration im Finanzsektor viel höher. Insofern würde Werner ja vielleicht auch mein Vorschlag überzeugen, der nicht die Großbanken, sondern die Bürger privilegiert: https://zinsfehler.com/2020/04/22/yes-we-can-ecbs/

        @ Seuchenvogel

        „was ist TTA?”

        Tax That Ass.

        LG Michael Stöcker

  8. Horst
    Horst sagte:

    Wie umgehen mit der Weltvermögenskrise?

    Diese Frage wäre wohl treffender und würde möglicherweise zu ganz anderen (uns neuen) Alternativen führen.

    Antworten
    • Richard Ott
      Richard Ott sagte:

      @Horst

      *gähn* Kommt jetzt wieder das hirnrissige “Argument”, dass Schulden doch gar kein Problem wären weil spiegelbildlich irgendwo gleich hohe Vermögen existieren?

      Tja, wenn die Schuldner pleite gehen, sind auch diese (Geld-)Vermögen weg.

      Antworten
      • Felix
        Felix sagte:

        @ Richard Ott:

        Nicht nur die Geldvermögen. Wenn die Forderungen in einem solchen Umfang ausfallen, lösen sich auch die Wertsteigerungen der Sachanlagen in Luft auf. Wir kommen aus der Nummer nur auf einem Weg heraus, der beide Seiten der Bilanz und die laufenden Erträge in Einklang bringt. Ich halte das nicht für unmöglich, nur läßt sich das mit dem gegebenen Personal kaum bewerkstelligen.

      • Richard Ott
        Richard Ott sagte:

        @Felix

        “Wenn die Forderungen in einem solchen Umfang ausfallen, lösen sich auch die Wertsteigerungen der Sachanlagen in Luft auf.”

        Kommt drauf an, in welcher Einheit wir den “Wert” der Sachanlagen dann messen. Immer noch in “Euros”, die es dann vielleicht nicht mehr gibt? Oder in Unzen Gold? Oder in Scheffel Weizen?

        Da größte Problem wird sein, dass so eine Neuordnung aller Forderungen eine Menge politischer Instabilität verursachen wird – und unser politisches Personal damit natürlich ganz offenichtlich überfordert wäre.

      • Felix
        Felix sagte:

        @ Richard Ott:

        Ja, aber die Bewertungen der Sachwerte in einer neuen Währung würden sich erst nach einiger Zeit einpendeln. In der krisenhaften Phase, würde alles in den Keller gehen, was illiquide ist. Auch der gute Whisky (paradoxerweise). Gold und Silber haben dann die beste Liquidität, weil sie schon immer Geld waren.

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