Wie umgehen mit der Welt­schulden­krise?

Bei Focus erschien ein Artikel – später online bei Finanzen 100 – der sich mit den Schulden und dem besten Umgang mit den Schulden beschäftigt. Ich werde in dem Zusammenhang auch zitiert:

  • “Deutschland ist nicht das einzige Land, das Kredite in nie gekannter Höhe aufnimmt. Weltweit haben Regierungen Milliardenprogramme aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie für Bürger und Firmen abzufedern. Sie alle suchen Investoren, die dies finanzieren. Auf mehr als acht Billionen Euro taxiert der Internationale Währungsfonds (IWF) die bisherigen Hilfen. Insgesamt dürfte der globale staatliche Schuldenberg in diesem Jahr auf fantastische 66 Billionen Dollar (61 Billionen Euro) wachsen.” – bto: Im Hintergrund rattern die Notenpressen.
  • “Auch die Unternehmen sind verschuldet wie nie. Laut Analyse der OECD haben Firmen weltweit (ohne Finanzsektor) über Anleihen 12,5 Billionen Euro aufgenommen. Rund 25 Prozent davon werden Unternehmen vermutlich nicht zurückzahlen können, warnte die OECD bereits im Februar.” – bto: angereizt durch das billige Geld der Notenbanken …
  • “Daniel Stelter verfolgt die öffentliche Schuldenpolitik seit Jahren mit einer Mischung aus Entsetzen und Fatalismus. Der Ökonom arbeitete 23 Jahre lang für die Boston Consulting Group, bevor er sich als Strategieberater selbstständig machte. Heute beschreibt er in seinem Buch ‘Coronomics’ die ökonomischen Folgen der Pandemie. Das Virus, sagt Stelter, traf Volkswirtschaften, die schon vor Beginn der Pandemie ähnlich abhängig von Schulden waren wie ein Alkoholiker vom Schnaps: ‘Ob nach der Asienkrise, der Russlandkrise 1998/1999 oder nach den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001, immer reagierten die Notenbanken, indem sie das Geld billiger machten.’ Unvermeidlicher Nebeneffekt: Die Geldflut animierte Anleger, sich immer höher und komplizierter untereinander zu verschulden, sagt Stelter. Die heutigen Kapitalmärkte sind ein schwer durchschaubares Geflecht aus giftigen Abhängigkeiten, in dem diejenigen den größten Profit machen, die mit minimalen eigenen Mitteln und hohem Fremdkapital die größten Summen bewegen.” – bto: Genauso ist es.
  • “Seit Monaten warnen auch Weltbank und IWF vor Pleiten einzelner Länder. Griechenlands Notenbankchef Yannis Stournaras fürchtet, Europa drohe ‘eine neue Schuldenkrise’. Und der amerikanische Top-Ökonom Kenneth Rogoff sagt, „es wird zur Vernichtung von Vermögen in katastrophalem Umfang kommen“. Viele Regierungen spüren bereits negative Folgen der Schuldenschwemme. Reihenweise stufen Ratingagenturen die Bonität von Ländern herunter. 102 Staaten wollen bereits Hilfe vom IWF, weil sie die Schuldenlast kaum noch stemmen können. Für ein Zurück zu solidem Wirtschaften ist es zu spät, konstatiert Ökonom Stelter. ‘Deshalb kauft die US-Notenbank jetzt auch alle Papiere. Ihr bleibt nichts anderes übrig, genauso wie der EZB. Am Ende werden sämtliche Notenbanken Junkbonds und sogar Aktien kaufen.’” – bto: Nachdem es ja vorerst gut funktioniert und die Börsen steigen, dauert es noch eine Weile, bis die Notenbanken Aktien kaufen. Ist der nächste Schritt.
  • “Aus Angst vor einer neuen Finanzkrise wegen zu hoher Staatsdefizite pumpen Notenbanker weitere Milliarden in die Märkte. Der Rausch wird zum Perpetuum mobile. (…) Mario Draghi (hat, so Kritiker) mit dem massenhaften Ankauf von Staatsanleihen während seiner Amtszeit das Schuldenmachen unterstützt (…) und damit indirekt an der heutigen Krise eine Mitschuld zu tragen. So stieg etwa Italiens Defizit bis Ende 2019 auf 135 Prozent der Wirtschaftsleistung. ‘Draghi hat zu viel gekauft’, sagt ein EZB-Insider. 2020 könnte Italiens Defizitquote auf knapp 160 Prozent schnellen. (…) Die Wirtschaft stagniert oder wächst nur minimal. Eine weitere Belastung sind die vor allem seit den neunziger Jahren angehäuften Schulden. Viele Bürger haben keine Lust auf harte Reformen und einen strengen Sparkurs.” – bto: Das ist verständlich, aber ändert nichts daran, dass die Vermögen erheblich sind und durchaus zu mobilisieren wären.
  • “‘Ohne die EZB könnte Italien nicht wie bisher problemlos neue Schulden aufnehmen’, sagt Jörg Krämer. Der Chefvolkswirt der Commerzbank kritisiert die ultralockere Geldpolitik seit Jahren. Die EZB betreibe damit ‘faktisch Staatsfinanzierung’, die der Bundesbank untersagt war – und auch nach den EZB-Statuten nicht erlaubt sei. Aber die Notenbanker hätten die Regeln in den vergangenen Jahren immer weicher ausgelegt. Daran werde auch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das der EZB Auflagen bei Anleihekäufen macht, nicht viel ändern, fürchtet Krämer.” – bto: natürlich nicht, denn dann wäre der Euro-Crash da.
  • “Experten warnen, die wundersame Geldvermehrung mache das Leben teurer. Aber in Europa und auch in Japan liegen die offiziellen Inflationsraten trotz expansiver Geldpolitik unter den von den Notenbanken angestrebten Zielmarken. Die Bundesbank geht in jüngsten Analysen sogar eher von einem Rückgang der Inflation im Euroraum aus. Das kann damit zusammenhängen, dass die Statistiker bei ihren Berechnungen Vermögenswerte wie Immobilien oder Aktien nicht berücksichtigen. Am Häusermarkt wie an den Börsen gingen die Preise in den vergangenen Jahren durch die Decke. Der Leipziger Ökonom Gunther Schnabl schätzt, die wahre Inflation liege daher rund dreimal so hoch wie offiziell ausgewiesen.” – bto: Das mag sein. Klar ist, dass die Liquidität ja irgendwo hinmuss, wenn man von den explodierenden Bankreserven absieht.
  • “Vieles spricht dafür, dass die Rallye an den Börsen und auf dem Immobilienmarkt in den nächsten Jahren weitergeht. Den Notenbanken sei Dank. Denn sie kaufen nicht nur Anleihen – sie werden auch die Leitzinsen auf Jahre nicht anheben, um die Konjunktur zu stimulieren. US-Ökonom Rogoff rät den Notenbanken sogar, die Leitzinsen bis auf minus drei Prozent zu senken. Dadurch könnte man ‘viele Firmen, Staaten und Kommunen aus der Zahlungsunfähigkeit befreien’.” – bto: Wir erinnern uns: Rogoff ist schon lange für die Abschaffung von Bargeld.
  • “Ökonom Stelter plädiert für einen Schuldenschnitt – und zwar einen radikalen. ‘Die Mitglieder des Euroraums könnten jeweils Schulden in Höhe von 75 Prozent ihrer Vor-Corona-Wirtschaftsleistung in einem Schuldentilgungsfonds bündeln, dessen Anleihen von der EZB gekauft werden, die dann auf die Rückzahlung verzichtet.’ Deutschland wäre seine Schulden auf einen Schlag los, Italien blieben noch Verbindlichkeiten in Höhe von überschaubaren 60 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes.” – bto: Und wir könnten mehr im Inland investieren und die Abgaben senken. Machen werden es die Politiker leider nicht.

→ finanzen100.de: “Die Weltschuldenkrise”, 29. Mai 2020