Warum Schul­den zu Un­gleich­heit führen

Die Kernaussagen meiner Piketty Replik in einem Gastbeitrag für Capital: Vermögen sind nun mal nur das Symptom, Schulden die wahre Ursache.

Capital.de: Warum Schulden zu Ungleichheit führen, 13. Oktober 2014

Kommentare (6) HINWEIS: DIE KOMMENTARE MEINER LESERINNEN UND LESER WIDERSPIEGELN NICHT ZWANGSLÄUFIG DIE MEINUNG VON BTO.
  1. Michael Stöcker
    Michael Stöcker sagte:

    Hallo Herr Stelter,

    ich habe in vielen Punkten eine ähnliche Sicht auf die Dinge wie Sie. Aber ein paar kleine Differenzierungen seien erlaubt: Sie schreiben:

    Unternehmen haben billiges Geld dazu genutzt, die Eigenkapitalrendite zu steigern, private Haushalte um Immobilien zu kaufen und zu konsumieren. Eine Scheinblüte.

    Der Bau von Immobilien und der erhöhte Konsum auf Kredit haben nicht nur zu einer Scheinblüte geführt, sondern auch für reales Einkommen, reale Beschäftigung sowie reale Steuereinnahmen gesorgt und somit einen Wachstumseinbruch verhindert. Andernfalls hätte die Wachstumsdebatte schon viel früher eingesetzt. Besser wäre es natürlich gewesen, wenn dieser Effekt nicht über höhere Schulden, sondern über höhere Lohnzahlungen realisiert worden wären. Dann hätten wir heute kein Schulden-/Vermögensproblem.

    Er hält die Staatsschuldenkrise in Europa für einen Ausfluss falscher Vermögensverteilung zwischen Staat und Privaten.

    Das Hauptproblem ist die ungleiche Geldvermögensverteilung bei den Privaten (Geldvermögen im engeren Sinne der Geldmenge M3 und nicht nach der Definition der Bundesbank), die eine Kredittilgung unmöglich macht, sobald Geld in einem deflationären Umfeld zu einem eigenständigen Asset wird. Dass Piketty dies nicht klar herausgearbeitet hat liegt wohl daran, dass die Ökonomie nicht nur die Finanzmärkte weitgehend ignoriert hat, wie Sie richtig betonen, sondern bis heute nicht verstanden hat, welche Funktionen das Geld in einem Kreditgeldsystem hat. Nach den Zins- und Geldmythen habe ich letzten Monat meine monetäre Mythentrilogie komplettiert. Falls es Ihre Zeit erlauben sollte, schauen Sie doch mal vorbei: http://zinsfehler.wordpress.com/2014/09/04/bankmythen/

    LG Michael Stöcker

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    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Ja, die Wachstumsprobleme bzw. die Probleme der Nicht-Fortsetzung des Kettenbriefs (siehe meinen anderen Kommentar und auch die Serie zur Eigentumsökonomik) wären dann schon früher aufgetaucht. Richtig ist auch, dass es immer eine Ungleichverteilung gibt, sobald es Schuldner und Gläubiger gibt und zudem eine abnehmende Nachfrage aufgrund von Sparneigungsunterschieden. Wir sind halt wieder am Ende einer langen Welle – Kondratieff – und da gibt es die Bereinigung. Geordnet (unwahrscheilich, leider) oder ungeordnet; auf jeden Fall nicht schmerzlos. DSt

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      • Hartmut G.
        Hartmut G. sagte:

        Guten Morgen,
        “Geordnet (unwahrscheilich, leider) oder ungeordnet;”

        Was Sie sich unter “geordnet” vorstellen, weiß inzwischen jeder Leser Ihres Blogs: Die Zentralplaner, die den Schlamassel (offenen Auges?) verursacht haben, verteilen die Kontostände so um, wie diese es eben gerade für opportun halten.

        Zumal Sie den anderen Weg offenbar für wahrscheinlicher halten, könnten Sie vielleicht ein wenig darüber schreiben, wie der sich dann entwickelt bzw. welche unterschiedlichen Entwicklungen denkbar sind?
        besten Dank & mfG

      • Daniel Stelter
        Daniel Stelter sagte:

        Danke für das – erneut – deutliche Feedback :-) Naja, ich glaube nicht an die Fähigkeit der Politik, geordnet vorzugehen, weil ich genauso wie Sie nicht an die Möglichkeit der Zentralplanung glaube. Ich denke wir bekommen deshalb: a) höhere Steuern, um das zu finanzieren. Und zwar drastisch = Piketty. b) Pleiten/Zahlungsausfälle, Moratorien – nennen Sie es, wie Sie wollen. Und das wäre “chaotisch”, weil es den Schaden 1) vergrössert, weil auch relativ gesunde Schuldner mitgerissen würden. 2) Den Schaden direkt verteilt und damit sozialen Sprengstoff entfaltet. Einhergehend damit natürlich auch Eur stritte etc. Auf jeden Fall eine deflationäre Krise. c) “Intelligente” Lösungen wie Vollgeld. Hier muss ich gestehen, dass ich trotz Lektüre immer noch nicht sicher bin, ob diese Umstellung wirklich so leicht wäre. d) Gering wahrscheinlich: Hyperinflation durch Vertrauensverlust in Geld.

        Werde ich demnächst aufgreifen und ergänzen.

        LG

        DSt

  2. Hartmut G.
    Hartmut G. sagte:

    Hallo,

    “Von der Schaffung neuen Geldes profitieren nämlich jene am meisten, die als erste Zugriff auf das frische Geld haben.”

    Eine These, die Sie so schon öfter in den Raum gestellt haben, aber nicht so ganz präzisiert haben, denn selbst noch im heutigen Teilreservesystem ist Kredit eben nicht gleich physisches Geld (was unter einem Goldstandard natürlich sehr viel offensichtlicher ist)!

    1.) Wenn Sie mittels Kredit einen Vermögensgegenstand kaufen und dieser ausschließlich aufgrund Ihres Kaufes steigt (=Giralgeldausweitung/Inflation), so fällt er eben auch wieder wenn Sie ihn verkaufen wollen, um Ihren Kredit zu tilgen bzw. die Buchgewinne auch realisieren wollen (=Kreditkontraktion/Disinflation).
    2.) Der von Ihnen beschriebene Hebel wirkt in beide Richtungen. Oder platt ausgedrückt: Nur weil Sie auf Kredit in der Spielbank spielen, erhöhen sich nicht Ihre Gewinnchancen.

    Obiges Beispiel mit “Kredit in der Spielbank” zeigt aber das wahre Dilema: Wenn Marktteilnehmer (sei es der Kreditgeber=Bank oder Kreditnehmer=Spekulant/Staat) nicht mehr Pleite gehen dürfen, warum dann überhaupt noch über die Rückzahlung von Krediten einen Gedanken verschwenden?
    mfG

    Antworten
    • Daniel Stelter
      Daniel Stelter sagte:

      Guten Morgen! Ja, dies ist richtig. Es ist ein Kettenbriefsystem, d. h. es funktioniert nur solange, wie die Kredit/Geld-Menge weiter wächst. Sobald es abbricht, u. a. weil die Verschuldungskapazität erschöpft ist, kommt es zur deflationären Reaktion. Wie seit 2008 zu beobachten. Dann kann versucht werden, diese aufzuschieben (billigeres Geld, leichtere Kreditvergabe, neue Schuldner (China, emerging markets, Deutschland, …), aber es ist nicht zu verhindern. Wir sind also mittendrin.

      DSt

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